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Alt 13.08.2011, 22:44
tanja73 tanja73 ist offline
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Registriert seit: 13.08.2011
Beiträge: 5
Standard Meine Ma - Ihre Geschichte

Hallo an alle,

meine Mutter ist am 7. August 2011 um 22:13 an den Folgen Ihrer Bauchspeicheldrüsenkrebs-Erkrankung verstorben, Diagnose: Leberversagen.

Ihre Geschichte ist eine ungewöhnliche - für die Erkrankung -.

Ich bin im Mai 2007 nach Norddeutschland gezogen, komme ursprünglich aus Frankfurt am Main. Meine Mama wollte ich nicht alleine zurücklassen, so zog sie ein Jahr später ebenfalls nach Norddeutschland. Ich hatte immer das Gefühl, dass dies der richtige Schritt ist, falls mal etwas mit ihr sein sollte. Sie muss zu diesem Zeitpunkt, also April 2008 schon den Tumor in sich gehabt haben.

Meine Mama gehört zu der Generation, die zum einen über Schmerzen nicht sprechen und immer viel zu spät zum Arzt gehen. Nachdem im Oktober 2008 ihre Oberbauchschmerzen so heftig wurden, ging sie dann doch. Wir dachten an Gallensteine o. ä. Die Diagnose war katatstrophal. Bauchspeicheldrüsenkrebs - inoperabel, da der Tumor bereits zu groß war. Ich war bei einem Spezialisten für Bauchspeicheldrüsenkrebs mit ihr, der uns aber auch nichts anderes sagen konnte. Das Schlimmste war die Wartezeit von der Erstdiagnose bis zum endgültigen Ergebnis (mit Biopsien, etc.).

Meine Mama wollte damals schon aufgeben. Sie hatten ihr dann eine palliatvie Chemo vorgeschlagen um den Tumorwachstum aufzuhalten, bzw. zu verlangsamen und vor allen Dingen das Streuen in andere Organe zu vermeiden. Sie wollte das zunächst nicht, hatte Angst vor der Chemo und den Konsequenzen und vor allem vor dem Verlust der Lebensqualität. Ich habe damals viel mit ihr gesprochen und sie gebeten es zu versuchen, wenigstens versuchen!!! Sie tat es. Und die Entwicklung war erstaunlich.

Meine Mama bekam damals Astronautennahrung um erst einmal wieder an Gewicht zuzulegen. Sie nahm innerhalb eines Jahres rund 10 Kg wieder zu, ihr bekam die Chemo sehr gut, der Tumor kam völlig zum erliegen, die Tumormaker waren perfekt. Die Krankheit rückte immer mehr in den Hintergrund. Wir haben die Zeit sehr intensiv miteinander gelebt und genutzt.

Im Juni diesen Jahres dann der Rückschlag. In der Bauchspeicheldrüse hatte sich Flüssigkeit angesammelt, die wurde ambulant im Krankenhaus entfernt. Dazu kam eine Gelbsucht, da der Tumor größer wurde und den Gallengang abdrückte. Ein Stand brachte nicht den gewünschten Erfolg. Mit der Gelbsucht musste auch die Chemo abgesetzt werden, da dann keine Behandlung erfolgen darf. Meine Mama verlor sehr schnell an Gewicht, aß kaum noch und wurde sehr, sehr schlapp... sie gab im Juli auf, wollte keine Chemo mehr und schloss irgendwie ab. Ihre Hausärztin organisierte einen Platz in einem Palliativzentrum für Schwerkranke.

Dort wurde sie am 01.08.2011 aufgenommen. Die Ärzte sagten mir, dass ihnen die Gelbsucht sehr große Sorgen macht. Aufgrund des Gelbstoffs im Blut wird dies über kurz oder lang zum Aussetzen der Gehirnleistung führen und meine Mama würde in ein Leberkoma fallen. Lebenserwartung max. 4 Wochen.

Ich war seitdem jeden Tag im Hospiz, habe mit ihr geredet, sie gestreichelt, war für sie da und habe Stunden an ihrem Bett gesessen, meine Mama ist innerhalb einer Woche verstorben. Ich hatte Sonntagabend einen Anruf aus dem Hospiz bekommen, dass es ihr nicht gut geht. Sie ist in meinen Armen gestorben, eine Stunde nach meinem Eintreffen. Sie öffnete die Augen, atmete immer langsamer, bis sie aufhörte. Dann schloss sie ihre Augen und ich wusste... Du hast es geschafft. Du hast dieser unmenschlichen Krankheit nicht soviel Raum gegeben, dass sie die zu sehr hat leiden lassen!

Ich bin heute, fast eine Woche nach ihrem Tod, sehr dankbar, dass ich sie begleiten durfte und die letzten Momente bei ihr sein konnte. Ich bin den Pflegern unendlich dankbar für die Zuwendung, die Hilfe, die Gespräche und dafür, dass es Einrichtungen wie diese in der meine Mama war, gibt. Es war immer der Wunsch meiner Mama keine lebensverlängernden Maßnahmen zu erhalten, ihr einziger Wunsch war ohne Schmerzen zu sterben und den hat man ihr erfüllt.

Sie fehlt mir sehr, ich empfinde aber eine andere Art von Trauer. Wir haben die letzten knapp 3 Jahre viel miteinander gesprochen, viele Mißverständnisse geklärt, viel was zwischen uns stand. Sie konnte gehen und ich konnte loslassen.

An alle die dies lesen. Tut euch und euren Lieben den Gefallen die Krankheit irgendwann anzunehmen. Bauchspeicheldrüsenkrebs ist eine der Krebsformen bei der die Heilungschancen sehr gering sind. Daher nutzt die Zeit, lebt euer Leben intensiv miteinander, redet über das, was wichtig ist, kümmert euch und seit dankbar für die Zeit, die man euch noch gibt. Es war für mich irgendwann leichter die Krankheit anzunehmen und damit zu leben als mich ständig in der Hoffnung zu wiegen, dass alles gut wird.

Meine Ma fehlt mir unendlich, die Gespräche, ihr offenes Ohr - einfach alles. Aber sie lebt für mich in meinem Herzen weiter. Ein wunderschöner Spruch von Immanuel Kant: "Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot, der ist nur fern; tot ist nur, wer vergessen wird.

Mama, ich werde Dich NIE vergessen.

Tanja
__________________
Meine Mama 03.08.1943 - 07.08.2011, gestorben an Leberversagen aufgrund Bauchspeicheldrüsenkrebs, Du fehlst mir!
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