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#1
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AW: Ignoranz
Hi J.P.
Ich glaube, Du hast mich falsch verstanden. Ich hab es jetzt mal erwähnt, das Helfen von mir. Ich BIN so selbstlos. Ich setze mich für die Armen ein. Berate sie. Begleite sie. Das ist einfach ein IST-Zustand, den ich gerne mache. - Weil ich auch da Veränderungen will. (oftmals Politisch). Ich brüste mich damit nicht, denn ich kann das schaffen, so lange es mir gut geht. Ich helfe sehr gerne. Ich bin sogar viel zu gutmütig. Nun kam aber mein zweiter Krebs. Und damit bin ich selber wieder in eine schwache Position gerutscht. Wo ich eben selber Stütze brauche. Und genau da kommt der Konflikt. Die Erwartungen an mich sind noch immer da, weil die Leute es sich gewohnt sind, wie ich mich da so einsetze. J.P., ich bin jetzt hier, im Forum, sehr ichbezogen. Wie selten oder praktisch nie. Bitte hab Verständnis dafür. Ich kann es sonst ja nie tun. Aber wenn es Euch belastet, dann sagt es mir. Es geht für mich durchaus um das Thema "Umgang mit Krebs", und ich bin einfach eine "Rebellin", die da was ändern möchte. Verbissen halt, aber ich hab's ja eingesehen, dass ich da nichts ändern darf. Ich habe auf mich zu schauen. (Doch was ist denn jetzt egoistischer und ichbezogener? Eine Krebspatientin, die nur an sich selber denkt, oder eine Krebspatientin, die eine Lösung für einen Ausgleich sucht im Geben und Nehmen?) Rebellin |
#2
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AW: Ignoranz
Hallo Rebellin,
ich möchte nur kurz auf deinen letzten Satz eingehen. Ich habe das Gefühl, dass du so oder so nur an dich denkst. Denn du willst ja nur einen Ausgleich zwischen Geben und Nehmen schaffen, wie du es so selbst formuliert hast, damit du davon profitierst. Versteh mich nicht falsch, da ich selbst Betroffen bin weiß ich nur zu gut um das Unverständnis mancher Menschen bescheid. Und auch ich musste mit ansehen wie sich Menschen die ich gerne mochte von mir abgewendet haben und das tut weh. Allerdings habe ich gemerkt wie wichtig es ist, nicht nur sein eigenes Leid sondern auch das der Anderen zu sehen und ernst zu nehmen. Freunde, Angehörige und Kollegen eines Krebspatienten leiden ebenso Höllenqualen wie der Betroffene selbst. Sie sind machtlos, können nicht helfen und fühlen sich, als wären Ihnen die Hände gebunden. Manche sind eben in einer solchen Situation dermaßen überfordert, dass sie sich lieber abwenden aus Angst etwas falsch zu machen. Wenn du etwas ändern willst in deinem Umfeld, dann bemerke auch die Nöte der anderen und gehe offen damit um. Ich bin so am besten damit gefahren und nach und nach haben es meine Freunde und Bekannten geschafft wieder "normal" mit mir umzugehen, weil ich es geschafft habe ihnen die Ängste zu nehmen, etwas falsch zu machen. dir wünsche ich viel Glück und vorallem etwas Abstand zum Betrachten deiner Lage Gruß |
#3
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AW: Ignoranz
Seufz. Ich versuche die ganze Zeit zu erklären, wie selbslos ich bin und dauernd den anderen zuhöre, ihnen helfe, sie stütze. Dass ich aber selber Krebspatientin bin, und AUCH mal eine Stütze brauche. Da stimmt es nicht im Geben und Nehmen. Und natürlich MUSS ich doch da an mich auch denken, warum sollte ich das nicht tun dürfen? Ich stecke schliesslich mitten in den Krebstherapien. Also ein BISSCHEN Aufmerksamkeit, Stütze, Hilfe oder gute Worte brauche auch ICH mal zwischendurch! Ich bin Single, da ist das Ganze noch viel Schwieriger. - Aber GAR nichts?
Es ist interessant, die einen von Euch raten mir, dass ich nur auf mich selbst schauen soll und nicht immer auf die da draussen (was ich dann wiederum egoistisch finde), und die anderen raten mir, wie ich doch auf die anderen eingehen soll, und ihre Nöte beachten soll (wo ich dann wieder selbslos sein soll). Ich erzähle Euch die ganze Zeit: Ich tue nur zweiteres! Nehme Rücksicht. Habe Geduld. Höre IHNEN zu. - Und darum bin ich auf die Dauer jetzt ja so ratlos und rufe: Und ich? Aber ich hab's jetzt. Ich tu ersteres! Nein, ich bin eben nicht ichbezogen oder egoistisch. Und darum ist es umgekehrt: Ich muss jetzt genau den Weg des Egoismus gehen! Ich helfe nämlich viel zu viel. Höre viel zu viel zu. So viel, dass ich selber auf der Strecke bleibe. Das habe ich erkannt. - Gerade vorhin, als ich unter der Dusche stand. (Wegen dem Vorwurf von Euch, dass ich nur an mich denken würde.) Genau, ich muss jetzt egoistisch WERDEN! Viel härter! Ja. Das ist es! Damit fällt eine ziemliche Last von mir ab. Zwar eine, die ich gerne tue (das Verständnis für andere und das Helfen für sie), aber in DIESER Zeit, so lange ich noch in den Krebstherapien stecke, GEBE ich davon nichts mehr. Da muss ich für mich schauen. Egoistisch. Ich verarbschiede mich hier von Euch, Ihr Lieben. Sorry, wenn ich Euch belastet habe. - Macht es gut, vielleicht ein andermal wieder. Rebellin |
#4
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AW: Ignoranz
liebe rebellin,
ich glaube, dass gerade dein gefühl, dass du viel für andere getan hast, dir jetzt im weg steht. denn es ist schwer, einfach zu "schauen", was von wem zurückkommt und nicht allzusehr der enttäuschung raum zu geben, wenn das eben nicht in dem maß passiert, wie man es möchte. und es ist umso schwerer, wenn man von sich das gefühl hat, selbst viel gegeben zu haben. ich habe den leuten gegenüber, die so gar nicht mit meiner krankheit umgehen konnten, blöde meldungen abgaben oder sich gar nicht meldeten, eine "verzeihensmeditation" gemacht (nach simontons buch "wieder gesund werden"). denn es kostet viel energie, sich zu grämen und ich wollte nicht, dass mein groll meine energie auffrisst, die ich doch für mich brauche. @hiddelbrimpf: na klar will man einen ausgleich zwischen geben und nehmen für SICH SELBST, wenn man das gefühl hat, dass man mehr gibt als bekommt. da find ich nix schlechtes dran. die frage ist doch eher, ob sich "geben und nehmen" überhaupt so hochrechnen lässt. ich selber habe von leuten sehr viel bekommen, wo ich es nicht erwartet hatte - oft ganz überraschend. kleinigkeiten oft, die aber genau den PUNKT trafen. liebe rebellin, es tut mir leid, dass dich nun alleine fühlst - eine selbsthilfegruppe könnte dir vielleicht helfen, aber wichtig find ich auch, für dich zu klären, wann und was du von wem möchtest und dies dann ganz klar zu vermitteln. ein "nein" kann immer kommen und muss auch okay sein (man kann nicht immer "helfen" oder "unterstützend da sein" - nein MAN KANN ES NICHT IMMER, niemand). aber je klarer du formulierst, umso klarer siehst auch du, wer nun für dich da sein kann und will. und vielleicht ist es auch wichtig, zu fragen, wieviel und wann und auch warum du helfen willst und wolltest. politisch okay, das ist klar, verstehe ich, aber für mich klingt es, als hättest du versucht, die last der welt auf deine schultern zu nehmen, und das ist entschieden zuviel - und auch ein bisschen eine selbstüberschätzung. ich wünsch dir alles liebe suzie |
#5
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AW: Ignoranz
Hm, ich habe bei dir, Rebellin, auch das Gefühl, dass du laut nach Aufmerksamkeit schreist. So wie es sich für mich anhört, erwartest du aber zzt. nur Aufmerksamkeit, die in deine Richtung fließt. Wenn deine Bekannten dich anrufen, interessierst du dich zzt. dann auch noch für Ihre Probleme oder möchtest du nur noch über deine Krankheit reden und Mitleid heischen?
Ich selbst befinde mich zzt. auch in einer Chemo, die noch eine Weile dauert. Ich kann absolut nicht feststellen, dass sich einer meiner Freunde zurückzieht, im Gegenteil, so viele Anrufe, Besuche, Post wie in den letzten Monaten habe ich sonst nicht bekommen. Alle fiebern mit mir mit, ABER ich möchte auch am Leben der Anderen teilhaben und interessiere mich ehrlich für meine Freunde. Ich lasse mich nicht in ein Loch fallen - ist auch für den Heilungsprozess nicht gut -, sondern versuche mein Leben, auch mein Arbeitsleben, so weit wie es möglich ist, weiterzuleben. Ich hoffe, dass es mit deiner Seele bergauf geht und wünsche dir für deine Gesundheit das Allerbeste.
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Follikuläres Lymphom Grad 2, Stadium II Ab 24. November 2008 6 x Chemo R-CVP im April/Mai 2009 18 Bestrahlungen im Juli Rezidiv festgestellt jetzt watch & wait |
#6
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AW: Ignoranz
Hallo Rebellin
Naja, ich denke das es auch nicht einfach für alle in deinem Umfeld ist. Ich weiß, das hört sich an als wenn DU jetzt noch Rücksicht auf die anderen nehmen sollst, aber so ist es nicht gemeint. In meinem Freundeskreis.. und sicher auch im Familienkreis, gibt es den einen oder anderen, der auch nicht wirklich damit klar kommt. Ich habe auch schon Sprüche erhalten wie: Och das ist doch kein Weltuntergang.. wurde doch früh genug festgestellt. Und wenn erstmal die Gebärmutter raus ist, haste Ruhe. Oder, wenn du alles hinter dir hast, möchte ich aber erstmal nichts mehr von schlechten Neuigkeiten hören Es verletzt ganz klar.. aber sie wissen nicht, wie man selbst sich fühlt. Sie sind Unwissend. Ich habe Heilig Abend einen Anruf von einer sehr sehr guten Freundin erhalten, die mir mitteilte, das sie Notdürftig mit ihrer Tochter zu ihrer Mutter ziehen mußte. Sie ist aus der Wohnung geflogen (Gründe sind ja jetzt egal)! Das tat mir undendlich leid und ich sagte ihr, Mensch wenn du Hilfe brauchst sag bescheid.. bin da! Sie erschrack wohl .. hielt einen Moment inne und meinte, Ich heul hier rum und dabei ist das was mich plagt ein kleines.. im gegensatz zu dir. Du denkst da noch an andere? Sieh zu, das du Gesund wirst und wenn DU Hilfe brauchst, melde dich bitte SOFORT! Naja, du siehst, es gibt Menschen die haben auch ihre Probleme die in diesem Moment Große erscheinen.. sich aber dann doch im klaren werden, das "unser" Päckchen ein größeres ist. Und mit denen, wo ich so eine Reaktion erhalten habe (dumme Sprüche), mit denen haben ich ein ganz ganz ruhiges Gespräch geführt.. über das was wirklich in mir vor geht und was passieren KANN! Sie wurden ruhiger.. haben nachgedacht, denn ich denke auch ihr Fehlverhalten uns gegenüber spricht von Hilflosigkeit und schützendes Mauerwerk. Sie wollen sich mit dem Thema nicht eingehend beschäftigen, da es für viele Emotional schon alleine ein TABU ist. Krebs bedeutet für viele noch, sterben! Was ja nicht der Fall sein muß! Und so lange man nicht sterbenskrank im Bett liegt, ist man für sie Gesund
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Auch wenn ein Leben beschädigt ist, wirft man es nicht weg! Liebe Grüße Silke |
#7
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AW: Ignoranz
Zitat:
tut mir leid wenn sich bei anderen betroffenen die freunde zurückgezogen haben... echt ! ich denke rebellins größtes dilemma ist ihr liebeskummer. sie hat wenig darüber geschrieben, aber es ist sicherlich für niemanden schön in einer akuten krankheitsphase verlassen zu werden. dann hadert man schnell mit gott und der welt und zerfließt in selbstmitleid. @rebellin dein leben verläuft gerade nicht so wie du es gerne hättest, denke positiv und mach dir deine zukunft nicht schwerer als sie eh schon ist. ich wünsche dir von herzen ein schönes und gesundes 2009, alles liebe und eine menge lebensfreude, vielleicht liest du ja noch hier. gruß gina-lisa |
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