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  #1  
Alt 30.08.2007, 14:00
Benutzerbild von Ylva
Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Liebe Nikita,

ich glaube einfach,dass die Kinder von Betroffenen über die Angst nicht reden können und sich somit Ventile zum ablassen der Angst suchen. Man ist hilflos,weil das starke Elternteil,dass sich um alles gekümmert hat,dass immer da war um Halt zu geben plötzlich all das nicht mehr macht. Plötzlich ist man "erwachsen" muss stark sein,weil man stützen möchte...und nebenbei hat man all die alltäglichen Sorgen,Nöte und Freuden die man in diesem Alter eben hat.
Seit der Erkrankung meiner Mutti hat sich mein ganzes Leben verändert,ich habe mich verändert. Ich denke und fühle anders und lebe auch anders. Ich bin ernster geworden und nachdenklicher. Und stärker obwohl ich schwach bin.
Inzwischen ist meine Angst nicht mehr soo schlimm wie in der akuten Phase. Aber immerda. Vorallem eben vor den Nachsorgeuntersuchungen. Und gegen die Angst ist man machtlos. Für Kinder ist es das schlimmste was es gibt,mit ansehen zu müssen wie das Elternteil leidet. Und ich habe meine Mama erlebt,während der Chemo,der OP,der Tag als sie die Diagnose bekam war der schlimmste,dachte ich und dann wurde es immer schlimmer.
Plötzlich musste ich meiner Mama Halt geben. Von einem auf den anderen Tag.

Ich finde auch,dass es zuwenig Hilfe für Kinder von Betroffenen gibt. Vielleicht bin ich nicht ausreichend informiert,aber bisher habe ich nur von Hilfe für Mütter mit kleinen Kindern gehört. Klar gibt es Psychologen die darauf spezialisiert sind aber ich habe damals eigentlich etwas anderes gebraucht. Kontakt zu Kindern/Jugendlichen denen es genaus geht um sich auszutauschen,dazu eine gute Betreuung und mal ein anderes Umfeld. Vielleicht gibt es das ja in großen Städten?! Bei uns nicht.

Alles Gute
Y
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  #2  
Alt 30.08.2007, 14:14
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Liebe Ylva

ja, so ist es : die Eltern sind dazu da, die Kinder zu unterstuetzen - und nicht umgekehrt.
Es geht an die Substanz, wenn man von einem Tag zum anderen aus der Sorglosigkeit des Seins gerissen wird, ploetzlich sind alle Dinge wie Schule, die erste Liebe und Hobbys, alles, was das unbeschwerte Leben bis dahin ausgfuellt hat - voellig bedeutungslos geworden.
Doch ich will mich den Fakten nicht so einfach beugen. Jeder Mensch ist mal krank und immer nur daran zu denken, was wird, wenn ... hat auch keinen Zweck !
So denke ich und will versuchen, es auch Claudio zu vermitteln.
Zumal die Aerzte ganze Arbeit geleistet haben, ich wurde kurativ behandelt, nicht palliativ.

Wenn ich ohne Furcht in die Zukunft schaue, wird es Claudio auch tun (hoffe ich mal)
Was das aussprechen betrifft, so weiss ich dass er im Net hat er einen grossen Freundeskreis hat, wo er Hilfe findet. Dort spricht/schreibt er sich vieles von der Seele, Dinge, die er mit mir nicht bespricht.

Ich wuerde ihm so gern diese Last nehmen, aber wenn ich auch vieles kann - das kann ich nicht.
__________________
Liebe Grüße
Nikita


Tapferkeit ist die Fähigkeit, von der eigenen Furcht keine Notiz zu nehmen.
George Patton
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  #3  
Alt 12.09.2007, 13:03
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Neuster Stand:
Nun nimmt er also Prozac - soll so eine Glueckspille sein, die man vor allem in Amerika den Kindern schon im Schulalter verschreibt....
Damit ist er selig... dazu habe ich ihm ein Fahrrad gekauft, um sozusagen den Teufel mit dem Beezelbub auszutreiben :
Die Aerzte haben an der Lunge nichts gefunden, nun wollen sie das Herz naeher untersuchen, obwohl das EKG in Ordnung war.
Seit er jedoch auf seinem Fahrrad rumkurft und Prozac nimmt, haben die Beklemmungen nachgelassen.
Mir geht es ja bis jetzt weiterhin sehr gut, wer nichts von meiner Erkrankung weiss, sieht es mir auch nicht an.
Die lieben Bekannten helfen allerdings auch nicht weiter, so traf mein Sohn diese Woche eine Bekannte im Buchgeschaeft. Die stuerzte auf ihn zu und fragte , ob es wahr sein, dass die Mama eine toedliche Krankheit haette - und im Sterben liegen wuerde. - Claudio meinte nur trocken, dass die Mama quicklebendig sei, kam aber ganz aufgewuhlt nach Hause und erzaehlte vom Gespraech.
Es gibt wirklich so was von unsensiblen Leuten !
__________________
Liebe Grüße
Nikita


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George Patton
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  #4  
Alt 13.09.2007, 19:37
Benutzerbild von Tanni2006
Tanni2006 Tanni2006 ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Hallo Nikita,

und genau das ist es, was uns Kindern ( okay ich bin 23 und kein Kind mehr )
wirklich schwer zu schaffen macht, die "gutgemeinten" Worte aus dem Bekanntenkreis! Ich hatte es leider auch erlebt, da hieß es: Tanja ich kann dich nicht ansehen, ich muss immer weinen wenn ich an dein Schicksal ohne Mutter denke... Hallo??? Meine Mama lebt noch und das so wie ich hoffe eine sehr, sehr lange Zeit.
Auch ich bin manchmal am Boden und habe körperliche Beschwerden, die wohl doch eher psychisch bedingt sind. Für uns Kinder ist es das Schlimmste wenn man auf seine Mama nicht mehr so bauen kann, einfach immer alles was man sagt dreimal überlegt um einen zu schonen und alles nicht mehr so ist wie früher.
Es freut mich sehr, dass du so fit bist. Ich wünsche euch, dass es noch mindestens bis du 100 bist so bleibt.

Ich wünsche euch alles Gute

viele liebe Grüße

Tanja
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  #5  
Alt 13.09.2007, 21:00
Juliane1979 Juliane1979 ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Hallo Nikita,

mit dem Tag der LK-Diagnose meiner Mam bekam ich heftige Angstzustände und Panikattacken. Bei uns war aber fast klar, dass es tödlich ist. Auch bei mir haben die Ärzte alles durchgecheckt (und tatsächlich einen harmlosen Herklappenvorfall entdeckt) bevor die Diagnose: "Ängste" fiel. Psychopharmaka wollte ich nicht nehmen, ich wollte die Angstzustände loswerden. Für den Notfall gab mir mein Hausarzt eine kleine Packung Lorazepam mit, die ich immer bei mir trug, falls ich an irgendeinem unangenehmen Ort einen Angstzustand bekam. Das machte mich schon wieder halb Alltagstauglich, allein das Wissen es dabei zu haben - dazu muss die Diagnose aber gesichert sein. Dann habe ich eine Verhaltenstherapie begonnen, allerdings ging es meiner Ma sehr schnell so schlecht, dass ich mich ganz um sie kümmern musste. Dieses Kümmern ließ erst einmal meine Probleme in den Hintergrund treten und verschwinden. Als meine Ma dann starb, kamen sie zurück. Dann habe ich mit Hilfe des Programmes im Buch "Ängste, Panik und Phobien" Stück für Stück dran gearbeitet. Jetzt, 1 Jahr danach, habe ich sie überwunden.

Ich wünsche Deinem Sohn eine dauerhafte Hilfe. Eine Verhaltenstherapie ist bei Angstzuständen wirklich hilfreich. Neben dem Überwinden dieser Denkmuster erlernt man Entspannungstechniken und den Umgang mit schwierigen Situationen.

lg
Juliane
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  #6  
Alt 14.09.2007, 03:47
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: mein Sohn hat Panikattacken

Liebe Tanja + Juliane,

danke fuer eure Antwort - dieser Thread hier ist mir wirklich wichtig. Und es ist auch der einzige, wo ich Hilfe suche, denn was die Krankheit an sich betrifft, kann mir kein Forum und kein Mensch der Welt helfen. (ausser den Aerzten natuerlich) - damit muss ich leben.

Doch wenn es um meinen "Kleinen" geht, geht es mir sehr an die Nieren - mit 17 sollte das Leben doch so schoen sein....
Im Moment bin ich sehr aktiv , heute haben wir das Wohnzimmer gemalert - ich habe den Eindruck, je mehr ich wieder machen kann und nicht jammernd auf dem Sofa liege, gewinnt Claudio wieder neuen Mut. Nun habe ich auch wieder Kraft und Lust, ueber sein unaufgeraeumtes Zimmer zu meckern
Die Normalitaet zieht (weigstens oberflaechlich) ein.

Ich weiss, nichts wird sein wie vor der Diagnose und niemand weiss, wie die naechsten Monate ablaufen werden, aber ich bemuehe mich sehr ihm zu vermittlen, dass ich wieder o.k. bin.
Ein bisschen Schwindeln tut ganz gut, ich benutze das Wort "schwindeln", denn wer Krebs in meinem Stadium hat, ist nicht o.k.
Ich darf garnicht daran denken, was passiert , wenn die Krankheit zurueckkommt. Eigenartig, dass ich dabei nicht so an mich denke, obwohl es ja um mich geht - aber der Gedanke, dass der Junge, mein geliebter Junge allein weiterleben muesste, laesst mich vor Angst erstarren.

Liebe Juliane.
Das Buch werde ich mal bei Amazon suchen, oder es mir aus Deutschland schicken lassen. Danke fuer den Tip.

Liebe Tanja,
Kinder sind wir alle, wenn es um unsere Eltern geht, egal wie alt wir sind.
Manche Leute machen sich keine Gedanken, wie unbedachte Worte wehtun koennen - vor allem, wenn der Patient noch lebt und sie verfrueht ihr Beileid aussprechen. Oftmals ist es nur der unbeholfene Versuch, zu verbergen, was man wirklich denkt, naemlich: "Gott sei Dank, hat es mich nicht getroffen" .......... Das sind oberflaechliche Menschen, man sollte sich nicht allzusehr darueber aergern. Sie wissen es nicht besser.
__________________
Liebe Grüße
Nikita


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