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  #1  
Alt 13.11.2006, 01:08
Benutzerbild von Rudolf
Rudolf Rudolf ist offline
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Registriert seit: 07.05.2003
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Beiträge: 1.751
Standard AW: Leben nach Nexavar (Sorafenib)

Lieber Urs,
über Deinen Beitrag vom 25.10. habe ich mich gefreut, genauso über den vom 10.11.
Du hast Recht: in erster Linie sind wir Menschen, nur in zweiter Linie Patienten.
Sicher ist es wichtig, auch körperlich wieder gesund zu werden, aber wichtiger scheint mir das Gesundwerden und Wachsen als Mensch.
Und Du hast Recht: hier im KK geht es allermeistens um Arzneimittel und die Therapie des Körpers. Es geht zudem oft um den Krebs als Feind, um Gegnerschaft, Ablehnung. Es wird vergessen, daß es doch Zellen des eigenen Körpers sind, die aus einem wohlgeordneten Leben ausgebrochen sind. Da stelle ich mir sehr wohl die Frage: Was habe ich als Mensch, als Seele zu diesem Ausbrechen beigetragen? Welche Ereignisse oder Belastungen von außen haben mich möglicherweise psychisch mehr belastet, als ich vertragen konnte?

Als ich vor nunmehr 5 Jahren erstmals bei einem anthroposophischen Arzt war, zitierte er einen anderen Arzt: „Der Mensch wird durch die Mistel immer geheilt, auch wenn der Körper stirbt.“ Spontan äußerte ich: „Das ist mir zu wenig!“ Er lachte verstehend und stimmte zu.
Ob der zitierte Arzt nun recht hat oder nicht, mir ist es seit langem wichtig, als Mensch gesund und heil zu werden, was immer das sein mag.

Sicher ist es schwer, über Glaubensdinge zu sprechen oder zu schreiben. So ging es mir auch jahrzehntelang. Ich wußte überhaupt nicht, ob ich irgendwas „glaubte“. Inzwischen habe ich eine Position gefunden. Diese hat nichts mit Formen, Formalitäten oder Formalismen zu tun. Es ist ein stilles Wissen. Ich bin schon gefragt worden: bist du gläubig? Ich weiß es nicht. Ich verstehe die Frage nicht. Nein, ich bin nicht gläubig, denn ich hänge keinem Dogma an. Ja, ich bin gläubig, denn ich weiß mich als Teil der großartigen göttlichen Schöpfung. Es ist dieses Wissen, das bei mir auch Angst vor Krebs oder Sterben nicht entstehen läßt.

Heute genau vor 6 Jahren war meine Operation. Weder vor der Operation noch vor dem evtl. Tod, falls etwas schief gehen sollte, hatte ich Angst. Ich sagte mir, entweder wache ich in dieser Welt wieder auf, oder in jener wunderbaren anderen Welt, in der es keine Zahnschmerzen gibt. So schlief ich denn in der vorausgehenden Nacht wie in jeder anderen Nacht auch, tief und ohne Schlafmittel.
Ich gab aber der hiesigen Welt eindeutig den Vorzug gab, denn ich wußte und weiß, daß ich noch viel zu lernen habe, und auch lernen will. Ich möchte „Reif werden zum Tode“ (Buchtitel von Elisabeth Kübler-Ross.)

Die Kirche mag für diesen Weg manchmal hilfreich sein, oft genug stört sie ihn. Zu groß ist oft der Anspruch der Kirche, zu schwach das Vertrauen auf die eigentliche christliche Botschaft. Schade.

Lieber Urs, obwohl ich Deinen Weg so gut verstehe: ich bewundere Dich auch. Viel zu selten schreibt jemand ähnliches.
Liebe Grüße
Rudolf
__________________
Ich habe Krebs - aber ich bin gesund!
(Nieren-Op. Nov. 2000, Mistel seit Sept. 2001, anfangs >15 Lungenmetastasen, seit 2003 noch eine, seit 2006 ruhend, 2018 operativ entfernt)

Ich kämpfe nicht gegen den Krebs, sondern für das Leben.
Nein, ich kämpfe nicht, ich lebe!
Mein Krebs ist nicht mein Feind, er ist Teil meines Körpers. Ich will ihn verstehen.
Angst ist Gift für den Körper . . . . . und noch mehr für die Seele.
Entscheiden Sie sich für das Leben, sagte eine Psychologin . . .
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  #2  
Alt 13.11.2006, 10:39
Urs Urs ist offline
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Registriert seit: 02.07.2006
Ort: Kanton Aargau, Schweiz
Beiträge: 80
Standard AW: Leben nach Nexavar (Sorafenib)

Liebe Peti
Liebe Resala

Ich danke Euch für Eure Worte und wünsche Euch von guten Gedanken erfüllte Tage. Ich werde diese Woche nun mit meiner Chemotherapie anfangen und mal schauen, wie sich die Sache anlässt. Ich melde mich dann bald wieder. Mein Körper konnte sich in den vergangenen Wochen gut erholen. Also packen wir's an.

Lieber Rudolf

Ich denke, wir verstehen uns gegenseitig gut und dafür bin ich dankbar. Ich möchte Deine Worte gerne so stehen und sie auf die vielen Leserinnen und Leser wirken lassen.
Gerne werde ich mich wieder melden.

Ich freue mich am heutigen Tag und wünsche Euch allen, dass ihr Euch am Anblick der spätherbstlichen Farbenpracht erfreut.

Wie sagte doch Hermann Hesse in seinem Stufengedicht (und diese Aussage empfinde ich als äusserst postitiv):

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
4.5.1941

Herzliche Grüsse
Urs
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