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  #1  
Alt 03.05.2006, 11:23
asteri71 asteri71 ist offline
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Standard AW: Geheilt????

Liebe Hanne,Erika und Geli,
es ist sehr interessant,was ihr hier schreibt.Ich hoffe,ihr freut euch über einen Beirag von einer Nicht-Betroffenen,da ich ja eigentlich hier nicht mitreden kann!??
Geli,ich finde es toll,dass du auf der Beerdigung deiner Freundin für sie gesprochen hast! Sie kann stolz darauf sein,zumindest eine echte Freundin gehabt zu haben!
Hanne,ich glaube,du hast Recht,positives Denken allein kann nicht ausreichen,um gesund zu werden.Aber eine negative Einstellung ist für den Heilungsprozess bestimmt nicht förderlich! Und man macht sich das Leben dadurch noch schwerer.
Und natürlich kann jeder von uns krank sein,ohne es zu wissen.Bis die ersten Beschwerden bzw.Szmptome auftauchen,kann ja auch viel Zeit vergehen.
Ich hoffe,dass ihr geheilt seid! Mit der Angst werdet ihr wohl leben müssen,d.h.lernen,mit ihr umzugehen und sie positiv für euch zu nutzen.
Ich wünsche euch alles Gute und hoffe,ich durfte hier schreiben.
Viel Grüße von asteri
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  #2  
Alt 03.05.2006, 12:21
hanne hanne ist offline
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Standard AW: Geheilt????

Liebe Asteri,

jeder kann hier über fast alles reden oder schreiben. Was ich versuche zu sagen ist, dass man nicht trotz Krebs lebt, gegen den Krebs kämpft, sondern irgendwie mit ihm.

Das Thema sollte nicht überall verdrängt werden, sondern ich persönlich möchte, dass man da einfach drüber reden kann.

Es gibt unzählige "gesellschaftsfähige" Erkrankungen, über die man als "Small Talk" überall reden darf: Z.B. Zucker, Herzrythmusstörungen, Blutdruck, "Rückenschmerzen - soweit sie nicht zu extrem sind und in angemessenem Zeitraum wieder besser werden". Hoch im Kurs stehen natürlich Beinbrüche o.ä., weil einen Unfall kann man ja schlecht beeinflussen und alles wird wieder heil.

Wir - ob Krebspatienten oder andere mit schweren chronischen Krankheiten - werden nicht wieder gesund, das haben wir versucht, deutlich zu machen. Der Krebs bleibt im Kopf, unabhängig vom Körper. Und Ratschläge von Psychotherapeuten, die nicht selbst betroffen sind, sind manchmal wie Schläge ins Gesicht, genau wie der Ratschlag: Du musst positiv denken.

Der Einfluss, den wir und die Ärzte auf unseren Körper nehmen können, ist sehr gering. Es gibt Erfolge, es gibt Glück, aber wir mit unserem beschränkten Wissen können nicht innerhalb unseres kurzen Lebens das Wunder der Evolution entschlüsseln und allen Krankheiten bzw. dem Tod ein Schnippchen schlagen.

Wenn mir jemand "Gesundheit" wünscht, ist das ein Schlag ins Gesicht. Wenn jemand mir Kraft wünscht, Glück und noch einige schöne Jahre, dann bin ich dankbar dafür.

Vielleicht konnte ich Dir, ohne Dir zu nahe zu treten, etwas verdeutlichen, dass wir "keine Dauerkranken" sind, sondern irgendwie Menschen mit einem Händicap und mit anderen Problemen als "Gesunde", die sich vielleicht mehr Gedanken über ihren gesellschaftliche, berufliche oder finanzielle Situation o.ä. machen.

Liebe Grüße

Hanne
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  #3  
Alt 03.05.2006, 15:27
asteri71 asteri71 ist offline
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Standard AW: Geheilt????

Hallo Hanne,
ich versuche zu verstehen,wie du es meinst.
Das Thema Krebs sollte in unserer Gesellschaft nicht einfach so verdrängt werden,nicht wahr?Dem stimme ich zu.Alle schweigen betroffen,wenn es um Krebs geht,oder versuchen sich ganz schnell aus dem Staub zu machen,wenn gar ein Betroffener anwesend ist.
Mein Vater war immer der Erste,der solchen Diskussionen ausgewichen ist.Bis er schließlich selbst betroffen war...
Und dennoch muss man mit diesem Thema doch ganz behutsam umgehen,oder? Jeder ist anders und auch während der Krankheit gibt es immer wieder unterschiedliche Phasen,in denen sich der Betroffene befindet.Wenn ich mich jetzt also damit auseinandersetzen möchte,bzw.einem Betroffenen etwas Nettes sagen möchte,oder auch meine Hilfe anbieten will,ist es trotzdem nicht so einfach,dafür den richtigen Ton zu treffen.Wie du sagst,du möchtest nicht,dass man dir Gesundheit wünscht.
Das verunsichert sicherlich viele,wenn schon Gesundheit falsch ist,dann halten bestimmt die meisten von vornherein den Mund,um nichts Falsches zu sagen.
Verstehst du,wie ich es meine?
Ich glaube dir,dass der Krebs für immer in eurem Kopf bleiben wird,wie du sagst. Aber vielleicht kannst du es schaffen,dass er da eines Tages nicht mehr die Hauptrolle spielen darf.
Ich hoffe,ich habe damit nichts Falsches gesagt,
liebe Grüße von asteri!
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  #4  
Alt 03.05.2006, 18:49
hanne hanne ist offline
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Standard AW: Geheilt????

Liebe Asteri,

der Krebs ist im Kopf, da geht er nicht mehr raus. Das geht nicht nur mir so. Das heißt nicht, dass ich den ganzen Tag daran denke, aber das heisst, dass ich meine Zeit bewusster nutze oder auch nur bewusster nicht nutze (faulenze).

Wenn man einmal die Diagnose Krebs bekommen hat, wird man nicht wieder "gesund" im Sinne der Gesunden. Außerdem, wer von all den Gesunden ist wirklich gesund, was ist Gesundheit, gibt es dafür bestimmte Kriterien?

Und trotzdem habe ich - wie jeder andere Normale - gute und schlechte Zeiten.

Einen Vorteil hat es für die Meisten: Den von einer der Betroffenen Zustand der Gelassenheit.

Es gibt immer Menschen, nicht nur Krebskranke, die Angst haben vor Krankheit und Sterben, wobei der Krebs wohl am Negativsten gesehen wird. Aber auch das Sterben gehört zum Leben. Wir wären nicht auf der Welt, wenn nicht irgendjemand für uns "Platz gemacht" hätte und so werden wir irgendwann mal Platz machen für jemand anderen. Und die wenigsten Menschen sterben "gesund", abgesehen von Unfällen.

Und zu dem Wunsch "Gesundheit": Würdest Du einem Menschen, dem man beide Beine abggenommen hat, wünschen, dass er wieder "auf eigenen Beinen stehen kann"? Glaubst Du, der könnte ein menschwürdiges Leben führen, wenn er nur darüber nachdenken würde, wie er wieder "richtige Beine" bekommt?


Ich versuche, jede Minute meines Lebens einigermaßen zu genießen, egal, ob ich eine Garantie für 5, 10 oder 40 weitere Jahre habe, die hat ein "Gesunder" auch nicht. Nur bin ich mir der "Vergänglichkeit" meines Lebens bewusst und verdränge es nicht.

Apropo, ich kann mit Wünschen wie Gesundheit leben, derjenige muss allerdings dann aber auch mit einer entsprechenden Antwort leben.

Ich meine das nicht böse, aber es ist schon schwierig, jemandem, der auch Betroffen ist, mit Worten seine Gefühle zu beschreiben, ein "Gesunder" wird es erst begreifen, wenn er betroffen ist. Man wundert sich dann, wieviel der Mensch erträgt, ohne den Mut zu verlieren.

Liebe Grüße

Hanne
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  #5  
Alt 03.05.2006, 22:12
asteri71 asteri71 ist offline
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Standard AW: Geheilt????

Hallo Hanne,
meinst du mit Gelassenheit,dass du durch deine Krankheit keine Angst mehr vor dem Tod hast-oder davor,krank zu werden?
Sicherlich haben sich Betroffene viel intensiver mit ihrer Krankheit und dem eventuell drohendem Sterben auseinanderzusetzen.Und dadurch führt ihr vielleicht auch euer Leben unter anderen Vorraussetzungen,bewusster,intensiver.Und wahrscheinlich weißt du um die echten Werte im Leben!
Für mich ist es in einem Alter von 35 Jahren das erste Mal,dass ich mit dem Sterben einer meiner liebsten Menschen konfrontiert werde.Ich beschäftige mich ständig in Gedanken mit diesem Thema und allem,was dazugehört.
Meine Eltern sagen schon seit vielen Jahren,dass sie jeden einzelnen Tag genießen wollen,nicht so sehr an morgen denken,sondern heute leben.
Und so haben sie es auch gehalten.Dafür bewundere ich sie.
Aber jedes Alter setzt natürlich andere Prioritäten.In meiner Situation wäre es schrecklich,wenn ich nicht mehr an morgen denken dürfte,da ich zwei kleine Kinder habe,da muss man auch ein bisschen in die Zukunft sehen,oder nicht?

Hast du auch Familie und Kinder,Hanne? Und wenn ja,wie gehen sie mit deiner Erkrankung um?Ist das Thema für die Angehörigen erledigt,wenn man als geheilt gilt? Ich könnte mir vorstellen,dass das Thema von ihnen dann wieder verdrängt wird,ist es so?
Wenn du auf persönliche Fragen nicht antworten möchtest,ignoriere sie einfach.Ich möchte dir nicht zu nahe treten.
Eine gute Nacht wünscht dir asteri!
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  #6  
Alt 03.05.2006, 22:24
Kampfzwerg Kampfzwerg ist offline
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Standard AW: Geheilt????

hallo,
ich lebe, lebe seit dem 11.2004 mit der Diagnose Ovarialcarzinom. Große Op, Chemo, Reha, Erwerbunfähigkeitsrente bis Ende des Jahres und gehe regelmäßig in eine Selbsthilfegruppe.
Ich lebe nach meinem Motto, ich beuge mich meiner Erkrankung, aber ich gebe mich nicht geschlagen.
Ich bin im Moment Krebsfrei, im Moment das bedeutet für mich, ich muss ab jetzt jederzeit mir einem Rückfall rechnen.Und doch hab ich eine gewisse innere Ruhe gefunden.
Einige in meinem Umfeld halten mich wohl für bescheuert. Ich würde doch so gut aussehen, wie das blühende Leben, wie ich an einen Rückfall denken könnte, man muss sich das nicht einreden.
Ich brauch mir nichts ein zureden, ich habe eine medizinische Ausbildung und sehe das realistisch. wenn ich keinen Rückfall bekomme, kann ich sehr dankbar sein.
Ich bekam eine 2. Chance und lebe heute viel bewusster, für einige auch unverschämt egoistisch.Heute leiste ich mir den gesunden Egoismus.
So lieb, wie es manche Leute meinen, sie können sich nicht in unsere Lage hinein versetzen. Wir haben das Tor zur Hölle gesehen.

Liebe Grüsse Marlene
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  #7  
Alt 03.05.2006, 22:30
asteri71 asteri71 ist offline
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Standard AW: Geheilt????

Lieber Kampfzwerg,
ich hoffe nur,du spielst nicht auf mich an.Ich würde mir nie anmaßen zu sagen,ich könnte mich in euch hineinversetzen.
Jeder kann immer nur für sich in der gegebenen Situation sprechen.
Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft!
Liebe Grüße von asteri
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  #8  
Alt 03.05.2006, 23:05
hanne hanne ist offline
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Standard AW: Geheilt????

Liebe Marlene,

ich bin auch viel egoistischer geworden. Niemand kann einem diese Krankheit - auch nach der sog. Heilung - abnehmen. Der Vorteil ist, dass es einem meist egal ist, was die anderen denken. Am Anfang versucht man noch, Verständnis zu finden, Leute die einfach zuhören, Jemanden, bei dem man sich "auskotzen kann", aber das funktioniert - auch innerhalb der Familie - meist nur kurze Zeit, dann heisst es : Was willst du, du bist doch geheilt. Dass man Zeit seines Lebens 1 - 2 mal im Jahr zur Nachsorge muss, vergessen sie meist, dass es jedesmal mit der Angst verbunden ist, da könnte wieder etwas sein....

Ich war mal wegen meiner Wirbelsäule in einer Schmerzklinik, danach habe ich mir gesagt: Sei dankbar, im Gegensatz zu den Krebskranken im Endstadium geht es dir gut, du hast es nur mit der Wirbelsäule. 3 Jahre später hatte ich dann auch Krebs. Shit happens.

Ich bin dankbar, dass man den Krebs so früh entdeckt hat und dass ich eine echte Chance für ein" zweites Leben" bekommen habe, aber ich kann nie wieder sagen: ich bin gesund geworden.

Liebe Asteri,

ich habe Kinder, die ich alleine großgezogen habe, die haben Kinder und leben ihr Leben, sollen sie auch. Aber jetzt denke ich an mich. Ich habe aus anderen Gründen Dauerschmerzen und seit ich das Morphium nicht mehr regelmäßig nehme (wg. Nierenkrebs) bin ich sehr geräuschempfindlich. Ich erwarte, dass sie mich anrufen, bevor sie kommen, und mich fragen, ob sie kommen können. Ich bin nicht jeden Tag in der Verfassung, Besuch zu empfangen. Ich bin kein Dauerbabysitter mehr, obwohl ich mich freue, wenn mein Enkel kommt. Ich will mit ihm auch eine Woche nach Sylt fahren. Ich jammer nicht rum, sage aber auch ganz deutlich, wenn ich mal eine Auszeit brauche, dann hat er ruhig zu sein. Er ist 13 und es funktioniert ganz gut. Aber jüngere Kinder, die sehr lebhaft sind, gehen mir (sorry) oft ganz schön auf den Keks, obwohl ich Kinder immer sehr gern mochte.

Du siehst, manche Dinge erledigen sich von selbst, ich fühle mich nicht mehr für Kinder/Kindeskinder verantwortlich und habe auch nicht das Gefühl, diesbezüglich Verpflichtungen erfüllen zu müssen.

Und die Zeit, die ich mit ihnen verbringe, ist rein zum Vergnügen, beschränkt sich manchmal nur auf eine Stunde, manchmal ein Wochenende, aber nach meinen Regeln und nach meiner Verfassung.

Es gibt einen Buchtitel: Ich habe Dir nie einen Rosengarten versprochen. Das Leben ein ständiger Kampf, so gerne ich es früher wollte, ich kann meinen Kindern das Leben, den Kampf und das Leid nicht abnehmen. Aber ich hoffe, dass sie gelernt haben, die kurzen netten Momente im Leben zu geniessen und sich an ihnen zu erfreuen. Mehr konnte und kann ich für sie nicht tun.

Gute Nacht

Hanne
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