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  #1  
Alt 22.09.2014, 21:46
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Hallo Heike,

ich habe deinen Beitrag gerade gelesen, danke dafür!

Die letzte Woche im Krankenhaus als es meinem Mann so schlecht ging und die nächsten Wochen nach der Beerdigung fühlte ich mich so in etwa wie du es beschreibst. Ich stand irgendwie unter Schock, musste seinen Tod hinnehmen, in den Unterlagen herumwühlen, seinen Wagen verkaufen, das Aquarium wegschaffen und vieles mehr. Das war sehr schwierig und schmerzhaft für mich, alle Dinge die ihm wertvoll und wichtig waren wurden weggegeben, denn der Tod kam überraschend schnell....

Jetzt gut sechs Wochen nach diesen Ereignissen komme ich langsam zur Besinnung und mein Mann fehlt mir mehr als je zuvor.

Ich habe zwar noch unseren Hund, aber deswegen stehe ich auch ein wenig unter Druck. Wenn ich ausfiel, wäre niemand da der sich um ihn kümmern könnte, eine blöde Situation - denn ich bin in allen Lebenslagen nun auf mich allein gestellt. Deshalb bin ich für jede Hilfe die ich bekommen kann dankbar.
Jeder einzelne ist in einer besonderen Situation.
Du hast deine Kinder die dich vielleicht ab und zu noch brauchen. Ihr könnt vermutlich unterstützend für einander da sein. Der Arbeitsalltag beginnt bald für dich, auch da gibt es einen Wiedereinstieg.

Gut möglich das dir diese Lebensperspektive schon jetzt mehr Sicherheit gibt und der Neuanfang dadurch leichter fällt. Ich würde es dir wünschen....

Eine Psychotherapie mache ich auch schon eine ganze Weile, war heute gerade wieder bei meiner Therapeutin.
Es war ein aufbauendes Gespräch. Sie bemüht sich sehr mir hilfreich zur Seite zu stehen.
Wir werden die unterschiedlichen Phasen des Abschieds und der Trauer besprechen und ich will versuchen nach und nach das unbegreifliche zu verstehen.

Für dein Gespräch mit der Psychologin wünsche ich dir einen guten Einstieg.

Liebe Grüße

Jutta

PS: Zu deiner Frage nach dem mitgehen des Partners in den Tod. Ja, so ähnlich wie du habe ich es auch formuliert. Das war das erste was ich meiner Hausärztin mitteilte, nachdem wir die niederschmetternde Diagnose hörten. Ich sagte: " Ich kann mir ein Leben ohne meinen Mann nicht vorstellen." Und sie meinte daraufhin, - mir ginge es ja seelisch schlechter als ihm, - was ich nicht glauben konnte.

Geändert von Yogi 12 (22.09.2014 um 22:00 Uhr)
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  #2  
Alt 24.09.2014, 09:22
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Hallo ihr Lieben!

Das Ende des gemeinsamen Lebens und Erlebens mit seinen Höhen und Tiefen, können nur diejenigen ermessen, deren Partnerschaft durch den Tod beendet wurde.

Wo bisher immer jemand war, der zuhörte, lachte, stritt und liebte, herrscht nun Stille und Leere.
Ich bin jetzt auf mich allein angewiesen und muss mich in diesem neuen Leben zurechtfinden.
Manchmal träume ich von Ingo, fahr von Bahnhof zu Bahnhof, irre herum und kann ihn nicht finden. Es fehlt der ruhende Pol und die Schulter zum anlehnen.

Bei jüngeren Paaren mit Kindern ist die Herausforderung in der ersten Zeit zwar mächtig groß, gerade diese Provokation kann aber in der Situation des Verlustes dem Leben einen Sinn geben...

Ich ziehe mich in mein Inneres zurück, die Suche und Sehnsucht nach meinem Mann ist noch zu groß.
Wie lange diese Phase dauert weiß ich nicht.
Die Akzeptanz das es so ist wie es ist braucht Zeit.

Allen hier einen schönen Tag....

Liebe Grüße

Jutta
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  #3  
Alt 24.09.2014, 17:52
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Hallo Jutta,
ich glaube, wenn man Kinder hätte wäre es anders, aber nicht leichter. Man hätte eine Lebensaufgabe, denn wer könnte schon seine Kinder in einer solchen Situation allein lassen. Aber das kann auch eine sehr große Belastung sein. Als Alleinstehende müssen wir unsere Aufgaben und unseren Lebenswillen selber finden. Je älter man wird, um so mehr Lebensaufgabe hat man entweder bewältigt oder aber, es ist dafür zu spät. Ein extremes Beispiel ist das Pflegeheim. In einer empirischen Untersuchung hat man festgestellt, dass 47 % im ersten Jahr sterben. Nun kann man sagen, die waren alle sehr krank. Wer so krank ist, würde auch außerhalb des Pflegeheims sterben. Um das zu prüfen, haben die Forscher eine Kontrollgruppe gebildet mit Menschen, die nicht im Pflegeheim leben. Die Sterblichkeit im Pflegeheim war noch doppelt so hoch wie in der Kontrollgruppe. Wenn man dort ist, ist man an der Endstation, danach kommt nur noch der Tod. Wir sind noch nicht so weit. Wir können uns zurückziehen, später aber auch in die Welt zurückkehren. Ich merke, dass ich noch nicht ganz zurück bin. Aber es ist möglich
Liebe Grüße
Hermann
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  #4  
Alt 24.09.2014, 21:27
sjarissa sjarissa ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Lieber Hermann, liebe Jutta,

Zitat Hermann:

.... Wir sind noch nicht so weit. Wir können uns zurückziehen, später aber auch in die Welt zurückkehren. Ich merke, dass ich noch nicht ganz zurück bin. Aber es ist möglich
Liebe Grüße
Hermann

DANKE Hermann, ich freu mich diese Zeilen zu lesen und kann sie nur beamen.

Ich kann so vieles nachempfinden in diesem thread, habe selbst die Tiefen durchlebt ohne Gewissheit das es jemals anders werden könnte, hab gekämpft und kapituliert, wieder aufgestanden, gestrauchelt..wieder und wieder, meine Nischen gesucht aus denen ICH Kraft gewinnen konnte, fernab aller Vorstellungen der Wohlmeinenden .. und ja, zurück bin ich noch nicht, aber ich spüre tief in meinem Inneren das es möglich sein wird, das ich die Umwelt wieder wahrnehme, mich zurück an banalen Dingen freuen kann, das die Umwelt wieder Farbe trägt und diese Farbe mich innerlich berührt und mich hoffen lässt das die Welt um mich herum wieder erlebnisreich bunt werden kann

Die Trauer ist immer da, aber aus dem Schwarz wurde ein Anthrazit, ein nebliges Grau... und nun scheint manchmal das Sonnenlicht durch und tut einfach nur gut.

Ich bin dankbar für jeden ins Herz treffenden Lichtstrahl und den wünsch ich dir und Jutta immer öfter.

Nehmnt euch Zeit, eure Zeit und bleibt offen für das, was geschieht ohne etwas zu wollen.

Lieben Gruss

Sjarissa
__________________
Der Tod ist der Grenzstein des Lebens, aber nicht der Liebe.

Guido * 25.12.1953 + 03.01.2012
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  #5  
Alt 25.09.2014, 17:26
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Hallo Zusammen!

Danke Sjarissa und Hermann, ihr habt auf eine einfache Art sehr richtige Dinge
zu sagen, die mich den ganzen Tag begleitet haben.

Ich muss durch das Leid hindurch um wieder ans Licht zu kommen.

Meine Mutter war eineinhalb Jahre vor ihrem Tod in einem Pflegeheim und wir mussten mit vielen belastenden Situationen zurecht kommen.
Da sie in Bochum lebte und durch ihre Demenz seit Jahren von einem Berufsbetreuer begleitet wurde und sich von ihm nicht lösen wollte, gab es für meine Schwester und mich viel Stress mit dem Pflegepersonal in einem städtischen Dortmunder Altenheim.
Es wurde bei den vielen Versäumnissen in der Pflege und im seelisch/geistigen Bereich gerne höhnisch darauf aufmerksam gemacht, dass wir als ihre Töchter nichts zu melden hatten. Mutter konnte sich nicht verständlich machen und der Betreuer war selten vor Ort und wenn, suchte er nie das Gespräch mit uns.

Beim Übergang von zu Hause ins Heim verweigerte sie die Nahrungsaufnahme, trank auch nicht mehr und - wollte damit zeigen dass sie sterben will.-
Erst als sie merkte das wir sie regelmäßig besuchten besserte sich ihr Zustand.
Der lieblose Umgang in diesem Altenheim gerade für Bewohner und Bewohnerinnen für die alles - Schall und Rauch war - ( wie eine Pflegerin es ausdrückte ) blieb bis zuletzt ein großes Problem.
Von Menschenwürde konnte zu keine Zeit die Rede sein. Auch mein Mann war häufig bei den Besuchen ( meist am Wochenende ) dabei.
Die sichtbaren Mängel und die Missachtung der "Alten" haben ihn so stark beeindruckt, dass er sogar mehrmals während seiner Krankheit bemerkte, das ihm so ein verwirrtes hilfloses Leben nun erspart bleiben würde..
Mutter starb ein halbes Jahr vor ihm, - sie ist friedlich eingeschlafen....

Beide liegen fünf Schritte voneinander entfernt im selben Urnengrabfeld.
Sie wurde zweiundachtzig, er durfte nur sechsundfünfzig Jahre alt werden.

Ich bedanke mich für euer Interesse und wünsche noch einen schönen Abend.

Liebe Grüße

Jutta

Geändert von Yogi 12 (25.09.2014 um 17:31 Uhr)
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  #6  
Alt 27.09.2014, 20:47
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Hallo Zusammen,

vielleicht habe ich verstanden das der Verlust unwiederbringlich ist.
Manchmal können Menschen die mich kennen vermutlich den Eindruck haben meine Trauer um meinen Mann sei am Abklingen, ich hätte seinen Tod verwunden.

Nein, sie irren in gewisser Weise ist die Trauer sogar tiefer geworden.
Wer das nicht erlebt hat wird es wohl kaum nachvollziehen können.

Vielleicht werden wir später im Jenseits die Möglichkeit haben einander zu begegnen... Nur wäre dann alles noch so wie hier auf Erden, würde ich ihn wieder erkennen?
Wäre es so wie vor der Geburt das es das "Nichts" gibt das uns verschlungen hat, ist es auch recht.
Wir versuchen Erklärungen zu finden, denn der Tod ist eine Grundtatsache, die unser Leben erschüttert wie kaum ein anderes Ereignis im Leben.
Hauptsache es gibt eine annehmbare Antwort auf diese letzten Fragen.....

Wie denkt ihr darüber?

Heute bin ich von Nachbarn gefragt worden wie es mir geht und ich habe mit "nicht so gut" geantwortet. Ich glaub mein Gegenüber hat es nicht einmal wahrgenommen.
Es wiederholt sich, aber ich möchte keine Halbwahrheiten von mir geben, lieber würde ich dann gar nichts sagen.

Liebe Grüße

Jutta
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  #7  
Alt 28.09.2014, 00:32
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Hallo Jutta,

ich glaube daran, dass wir uns wiedersehen und uns auch erkennen. Wie es sein wird, weiß niemand. Wie es sein könnte, darüber mache ich mir keine großen Gedanken mehr.

In den 6 1/2 Jahren habe ich genau vier mal von meiner Frau geträumt. Den letzten Traum erst vor ein paar Tagen. Jedes mal ging es um das Wiedersehen auf der anderen Seite. Ihre Reaktion im Traum war alles zwischen kalt/abweisend bis bestenfalls freundlich/reserviert. Willkommen war ich nicht. Vielleicht auch noch nicht?

Die Frage nach der anderen Seite steht für mich auf gleicher Höhe wie die vielen Warums. Es gibt darauf keine endgültige Antwort. Nicht auf dieser Seite der Linie. Es tut mir nicht mehr weh, keine solchen Antworten zu haben. Für mich gibt es nur eine Antwort auf die Frage, wie es sein wird: "Es gibt keine Antwort." Damit kann ich sehr gut leben.

Das sind meine ganz persönlichen Gedanken dazu.

Jeder hat seine eigenen und das soll auch so sein.


Liebe Grüße,

Helmut
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
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http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

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