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  #1  
Alt 12.08.2012, 10:20
Karina* Karina* ist offline
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Standard AW: Denkfehler?

Hallo liebe Aqui!

Wir kennen uns ja schon aus deinem anderen Thread. Bei mir ist es gerade umgekehrt. Habe meine Mama verloren und mein Papi ist noch da. Meine Mama war so eine Nörgeltante wie es deine ist z.B. Thema Rasen mähen und ich könnte noch etliches aufzählen. Vielleicht würde ja das eine oder andere Thema dir ebenfalls bekannt vorkommen! D.h. ich kann dich sehr sehr gut verstehen von dieser Nörgelseite her. Ich habe Berge von Apothekerzeitungen entsorgt. Renter-Bravo! Der war echt gut HelmutL.

Dann, ich verstehe was es heißt wenn eine Person gestorben und der hinterbliebene Elternteil nun erwartet, dass man diese Person ersetzt. Bzw. der hinterbliebene Ehepartner sich hängen lässt und so gar nicht versucht ein neues soziales Umfeld aufzubauen oder das kleine vorhandene überhaupt wahr zunehmen.

Mein Fall mit meinem Papi ist zwar im Detail nun eine andere Problematik aber ich habe den Thread hier mit Spannung verfolgt weil ich auch sehen wollte wie du zurecht kommst und ich vielleicht hier den einen oder anderen Tipp/Meinung lesen kann wie es bei mir besser klappen könnte. Ich habe auch nichts dazu geschrieben da ich selbst ratlos bin.

Ich weiß wie es ist wenn es einen innerlich zerreißt. Einerseits möchte man helfen und sein hinterbliebenes Elternteil nicht im Stich lassen und andererseits wird einem dies so schwer gemacht, dass Gefühle der Abneigung entstehen welche man vorher gar nicht kannte und alles wird dann noch schwieriger.

Mit meiner Situation stehe ich auch ziemlich alleine da. Meine beiden Halbschwestern haben sich schon von meinem Papa verabschiedet bzw. er von ihnen. Im gegenseitigem Einvernehmen hat man keinen Kontakt mehr und einer schiebt es auf den anderen. Unterstützung bekomme ich in dieser Hinsicht nur von meiner Tochter und selbst die fährt nicht mehr gerne zu ihrem ehemals heißgeliebten Opa. Sie formulierte es so: "Ich fühle mich dort ungehört und ungeliebt!" Ich finde, dass sie es treffend formuliert hat und kann dies für mich so auch unterschreiben.

Manchmal bin ich auch sehr wütend auf meine Mama weil sie mir so eine riesige "Baustelle" hinterlassen hat und manchmal höre ich sie auch nörgeln und muss ihr in mancher Nörgelei sogar nachträglich zustimmen. Ein großes Problem mit Menschen die sehr viel nörgeln ist, dass man bei all der oftmals unnötigen Nörgelei das Wesentliche von nur vermeintlich Wichtigem nicht mehr so recht trennen kann als Zuhörer.

Ich weiß bei weitem nicht wie eine Lösung meines Problems aussehen wird und bin auch nicht in der Lage gute Ratschläge zu erteilen. Aber ich weiß, dass dieser Thread für mich und sicherlich auch für andere sehr wichtig ist, welche nun mit ihrem "Erbe" zu kämpfen haben. Plötzlich fehlt eine sehr wichtige Person die zwischen einem selbst und anderen eine wichtige Pufferfunktion erfüllt hat. Nur weil man dieses hinterbliebene Elternteil nämlich liebt und nicht im Stich lassen möchte und keinesfalls immer mehr Respekt verlieren möchte sucht man Hilfe. Das ist ganz ganz schwer.

Lieben Gruß
Karina

Geändert von Karina* (12.08.2012 um 10:33 Uhr)
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  #2  
Alt 12.08.2012, 10:46
franz1943 franz1943 ist offline
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Beiträge: 71
Standard AW: Denkfehler?

also, ich denke, etwas grob ausgedrückt, sobalds was zum erben gibt, sind alle wieder da, und nehm ich meine Situation, auch meine Frau hat mir ein Chaos hinterlassen, obwohl ich mir jahrelang den Allerwertesten aufgerissen habe und viel Geld und Zeit aufgebracht habe, ging ich praktisch leer aus, die Tochter, als Alleinerbin hat alles bekommen, und dann sind schlecht gerechnet und das bwegt sich im Rahmen von c 800.000€, ( bei uns herrschte eine extra Situation, dass das normale Erbrecht nicht zum Tragen kam) das Testament, von einem stadtbekannten Notar, war ein Witz: wie kann man sowas unterschreiben? fragte mich die Nachlassbeamtin, tja, wen soll man denn vertrauen ?
ich schreib das nicht, um meinen Frust loszuwerden, sondern mal zum Überlegen anregen, wenn ich mich schon um alles kümmer und alles aufgeladen bekomme, sollte es wenigstens so sein, dass man materiell entschädigt wird, dh, alles vorher klären und sich auch vergewissern, dass das ,was im Testament steht, auch tatsächlich zutrifft, sonst kann nur zusehen, wie andere die Sachen forttragen- hinterher ist man immer schlauer !
ein bischen Egoismus schadte nicht!
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  #3  
Alt 12.08.2012, 12:43
Karina* Karina* ist offline
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Standard AW: Denkfehler?

Hallo Franz1943!

Mit dem "Erbe" kämpfen meinte ich eigentlich nicht die materielle Hinterlassenschaft, sondern die Situation an sich. Innerhalb einer Ehe sind sicherlich Arbeitsteilungen vorhanden die sich nicht unbedingt als hilfreich erweisen wenn ein Partner dann fehlt und diese Rolle, den Part nicht mehr erfüllen kann. Unselbstständigkeiten wurden ja vom anderen Ehepartner anerzogen, gewünscht, geduldet oder wie auch immer. Zum anderen auch ungeklärte Beziehungsquerelen. Kinder sollten nicht die Fehler der Eltern ausbaden müssen vor allem wenn die Meinung der Kinder vorher auch nicht so wichtig war.

Aber leider kann ich dich auch verstehen wenn es um das materielle Erbe geht und ich gebe dir recht, hinterher ist man immer schlauer und ein bisschen rechtzeitig den Mund aufmachen oder Egoismus hätte auch in meinem Fall nicht geschadet. Bei uns gibt es auch so einen Vertrag der nicht mehr zu ändern ist, ABER meine persönliche Meinung im Grunde ist, dass das gesetzliche Erbrecht gar nicht so verkehrt ist und am liebsten wäre es mir wenn meine Eltern ihr Erspartes zu Lebzeiten gemeinsam verprasst hätten. Leider ist auch mein Vater nicht zu motivieren sein Leben etwas zu genießen oder sich etwas zu gönnen. Was nützt mir irgendwann Geld wenn ich meinem Vater jetzt zusehen muss wie er dahinvegetiert und keinerlei Freude am Leben hat oder haben will. Dieses Zusehen müssen ist mir viel mehr eine Qual als irgendwann Geld mir jemals eine Freude bereiten kann.

Dennoch gebe ich dir in allen Punkten recht und das Gedicht was du eingestellt hast entspricht meiner Einstellung.

Lg
Karina
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  #4  
Alt 12.08.2012, 15:45
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Denkfehler?

Hallo Aquintos, ihr Anderen,

ich bin ein solcher, wie ihr ihn bereits verloren habt oder besser, der noch "übrig" ist. Vater zweier Töchter, Opa zweier Enkel und zur Zeit sogar nochmal werdender Opa.

Nach dem Tod meiner Frau begann eine verd... schwere Zeit. Nicht nur für mich, für die ganze Familie. Was ich recht früh lernte war, dass die Trauer meiner Familie eine ganz andere war als die meine. In Grenzsituationen ist man sich meist der Nächste und es hat eine ganze Zeit gedauert bis ich zumindest erahnen konnte, wie sie ihre Trauer erleben und ausleben. Eine geraume Zeit habe ich mich sogar eingeigelt, mich von den Anderen abgeschottet, mehr oder weniger unbewusst den Kontakt zu ihnen auf ein Minimum beschränkt.

Ich war alleine, ich wollte alleine sein und in meiner Trauer baden. Und ich wollte meine Trauer be- und verarbeiten. Für mich alleine. Naja, fast. Es gab und gibt hier viele liebe und tolle Menschen, welche mir dabei geholfen haben und wir als Familie natürlich auch. Immer mal wieder hatten wir Gespräche und so hat sich unser Verhältnis irgendwann wieder normalisiert. Mehr sogar inzwischen, es ist besser als je zuvor.

Missverständnisse mussten zuerst mal von allen Beteiligten erkannt werden. Erst dann kann man sie ausräumen. Wie so schön geschrieben, die Kette war zerrissen. Das fehlende Glied ist nicht zu ersetzen, doch es musste überbrückt und letztendlich die Kette wieder geschlossen werden. Ich selber musste meine Stellung im Leben, innerhalb der Familie und mein Verhältnis zu meinen Kindern neu definieren. Mich selbst neu definieren. Ich trat ihnen gegenüber plötzlich nicht mehr als Wir, als Paar, als Eltern auf, sondern einzig als Vater und musste versuchen, das ihnen auch verständlich zu machen. Ich musste meine Kinder selbst überdenken.

Auch für sie war es nicht anders. Jedoch eben nur ähnlich. Noch nie zuvor hatten sie mich als Einzelmenschen erfahren. Immer nur als Teil ihres Elternpaares. Auch sie mussten sich neu orientieren im Leben in vieler Hinsicht und sie mussten einen neuen Menschen kennenlernen: ihren Vater. Der sich zudem, durch den Tot seiner Frau genau wie sie durch den Tot ihrer Mutter, teilweise grundlegend verändert hat.

Liebe untereinander, ja, immer. Respekt voreinander. Schon, irgendwie. Lange Zeit auf wackligen Füßen. Denn das Warum stimmte nicht mehr so ganz und musste neu überdacht und gefunden werden. Und die Kinder sehen ihre Mutter immer als anderen Menschen als der Vater seine Frau. Obwohl Beides der gleiche Mensch ist. Das alles geht nicht von heute auf morgen. Das braucht Zeit und läuft zum großen Teil auch gar nicht bewusst ab.

Wenn man über eine Beziehung nachdenkt, dann sollte man sich prinzipiell über verschieden Dinge klar werden:

Will ich diese Beziehung überhaupt? In deinem Fall, Aquintos, ein klares ja. Im Falle deiner Muter auch, so wie man das lesen kann.

Auf welchen Füßen sollte diese Beziehung stehen? Das Minimum: Respekt. Ohne den geht gar nichts. Um so besser, wenn, wie in deiner Situation, noch Liebe hinzu kommt. Über deine Mutter kann ich da nichts beurteilen. Eine Beziehung kann lebensfüllend funktionieren auch ohne Liebe, jedoch niemals ohne gegenseitigen Respekt. Es sei denn, eine Seite lässt sich versklaven. Das will eigentlich niemand.

Du hast also ein gehöriges Päckchen zu schultern. Du trauerst um deinen Vater, musst dich neu definieren, dein Leben in den Griff bekommen und trägst Verantwortung für deine Mutter. Vor allem willst du die Beziehung zu deiner Mutter aufrecht erhalten, willst sie festigen. Eine Beziehung, welche durch den Tod deines Vaters und gleichzeitig ihres Mannes, nicht mehr das sein kann, was sie mal war. Es wird auf jeden Fall eine neue Beziehung. Da beißt, meiner Erfahrung nach, keine Maus einen Faden ab.

Ihr habt da Beide was zu tun. Du musst dir klar sein, welcher Art diese Beziehung sein soll und dir gleichzeitig Respekt von Seiten deiner Mutter verschaffen. Deine Mutter wird ihre Trauer für sich annehmen und Respekt vor dir entwickeln müssen. Dich nicht nur als pflichterfüllende Tochter sehen, sondern auch als ganzen, eigenständigen Menschen respektieren.

Niemand muss meine Gedanken zu diesem Thema eins zu eins übernehmen. Es genügt mir, wenn sie dich zum Nachdenken anregen und du so deinen/euren Weg findest. Packe es an. Du kannst das schaffen. Ihr könnt das schaffen. Mal unter uns .... auch ich bin mir bei dieser Unterhaltung über so einiges für und über mich klar geworden. Danke, auch wenn das sicher nicht deine Absicht war.


Einen schönen Sonntag euch Beiden,

Helmut
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise.

Geändert von HelmutL (12.08.2012 um 15:47 Uhr) Grund: Rechtschreibung :)
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  #5  
Alt 12.08.2012, 18:06
franz1943 franz1943 ist offline
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Standard AW: Denkfehler?

nüchtern betrachtet, ist es ein Kommen und Gehen, wobei das Kommen zumeist Freude , das Gehen aber Schmerz und Trauer ist, aber die Natur oder auch Gott hat danach das Vergessen gesetzt und wenn ich mir meine alten Bilder und S8 Filme anschau, von meinen Eltern oder Freunden, die längst schon in der Erde ruhen, frag ich mich, wer sich wohl noch an diese Menschen erinnert, bin ich erschüttert, wenn ich erfahre, dass ein Bekannter gestorben ist? in den letzten Wochen traf ich des öfteren einen alten Bekannten in der Klinik, der Spruch: früher trafen wir uns in der Kneipe, heute in der Klinik! stammt von ihm, letzte Woche hab ich ihn zuletzt getroffen, bei seinem Begräbnis, je weiter ein Ereignis in der Vergangenheit verschwindet, desto mehr verblasst die Erinnerung, nur ein paar Bilder bleiben übrig !
und siehe unseren alten Helmut Schmidt 2 Jahre nachdem seine Loki gestorben ist, hat er eine alte/neue und alle loben ihn deswegen:

und zum Abschluss:
und wenn ich einst tot bin , sollst du denken an mich, am Abend eh du einschläfst, aber weinen sollst du nicht!
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  #6  
Alt 12.08.2012, 18:07
franz1943 franz1943 ist offline
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Standard AW: Denkfehler?

nachtrag: die zitierte Zeile stammt aus dem Lied Alle Tage ist kein Sonntag!
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  #7  
Alt 13.08.2012, 09:33
franz1943 franz1943 ist offline
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Standard AW: Denkfehler?

was mich bei Helmut stört, dieser Zusatz-keiner darf meine Beiträge weiterverwenden-ist er nun ein Profischreiber oder ein wirklich Hinterbliebener?
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