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  #1  
Alt 28.07.2011, 02:59
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schmimm schmimm ist offline
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Standard AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

Gaaaanz herzliches Hallo an euch alle!
Es gibt leider doch zu viele Menschen,die einfach nur schrecklich neugierig sind.
Mich belustigt es aber doch immer wieder wie schwer es denen fällt dann echtes Mitgefühl zu heucheln,in der Hoffnung doch noch intime Details erzählt zu bekommen.
Vielleicht ist das auch so einen Art"Faszination des Grauens",wie einen Horrorfilm schauen mit dem Wissen sicher und behütet auf der Couch zu sitzen.
Aber diese Menschen verraten sich irgendwie dadurch,dass sie bei dem Thema Krebs immer so ein Leuchten in den Augen bekommen...
Man könnte sie auch "Emotionsaasgeier" nennen...

Hoffe ihr wisst was ich ungefähr damit sagen wollte...
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  #2  
Alt 28.07.2011, 07:39
Ilse Racek Ilse Racek ist offline
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Standard AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

@schmimm


seit ich an Krebs erkrankt bin, beobachte ich, dass ich mich im Verhalten Anderer dann doch auch oft selbst erkenne

Meine Reaktionen auf die Nachricht, dass eine Kollegin, Freundin, Verwandte oder Nachbarin erkrankt sei und mit Chemo therapiert werden müsse, sind n a c h meiner eigenen Erkrankung und Therapie doch auch etwas anders, als v o r meiner Diagnose.

"Emotionsaasgeier" gibt's natürlich überall - aber die schlechten Schauspieler erkennt man ja sofort und die Geschickten .... na ja - da hilft nur die eigene Zurückhaltung bzw. Gelassenheit

Es hat mal ein kluger Radio- und Fernsehmoderator ein schlaues Büchlein geschrieben mit der Aussage: Wie unser Zusammenleben wäre, wenn wir alles aussprechen würden, was wir denken

__________________
Ilse
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  #3  
Alt 01.08.2011, 01:38
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

Hallo,
Mit der Anteilnahme ist es so eine Sache.... ich habe einen Chef (wer hat den nicht). Der hat sich in der Zeit nach meiner Therapie nicht gerade mit Ruhm und Verständnis bekleckert, was die Zusammenarbeit mit mir betraf. Nun ist er selbst schon über ein Jahr krank und wird so schnell nicht in die Firma zurückkehren. Wenn ich an seine Krankheit denke, die da kein Krebs ist, fühle ich mich unbeteiligt. Zu einem Besuch im KH habe ich mich nicht hinreissen lassen und obwohl ich es besser wissen müsste, tut er mir nicht sonderlich leid. Ich muss immerzu daran denken, wie fies er zu mir gewesen ist..

Meiner Meinung nach sind nur engste Angehörige wie die Eltern und Freunde, die uns mögen wirklich zu echter Anteilnahme fähig. Alles anderen haken es nur als Info ab, es wird weitererzählt "..hast du schon gehört..." um es dann sofort zu vergessen. Und eine Firma, die einen komplikationslos loswerden kann, wird es auch tun. Es sei denn, die Firma hat einen Chef, dessen Frau zufällig an Brustkrebs erkrankt ist, der entwickelt dann eine gewisse Empathie und Anteilnahme.
Ich arbeite nun schon 4 Jahre mit nur einer Unterbrechung trotz Krankheit und strenge mich wirklich an, den Krebs für mich selbst und alle anderen vergessen zu machen. Wenn ich könnte, würde ich es heute niemandem mehr erzählen ausser meinen Eltern. Wenn jemand ein Herzproblem hat oder Diabetes, erzählt er es auch nicht rum, warum sollte man es tun bei Krebs, vorausgesetzt, niemand sieht es einem an. Das Dumme ist nur, dass die Therapien Spuren hinterlassen und man lange arbeitstechnisch ausfällt... da muss dann eben eine handfeste Lüge herbei. Oder man bindet es jedem auf die Nase und muss dann mit den Konsequenzen, dem falschen oder echten Mitleid leben....
__________________
Liebe Grüße
Nikita


Tapferkeit ist die Fähigkeit, von der eigenen Furcht keine Notiz zu nehmen.
George Patton

Geändert von nikita1 (01.08.2011 um 01:51 Uhr)
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  #4  
Alt 01.08.2011, 08:02
Ilse Racek Ilse Racek ist offline
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Standard AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

Liebe Nikita


das mit den handfesten Lügen ist so eine Sache - wer ist es wert, dass man sich so zurücknimmt und ein Gebäude von Ausreden und Hintertürchen erfindet

Das wären nur die eigenen Angehörigen und die sind - da eher liebevoll und hilfreich - ja sowieso von einer umständlichen Geheimnistuerei ausgeschlossen.

Natürlich sind die Lebenssituationen der hier postenden User sehr unterschiedlich und ein Rat daher nicht wirklich grundsätzlich hilfreich.

Beispielsweise hat man mir berichtet, dass es bei einem ignoranten oder unberechenbaren Chef eher wichtig war, Fakten zu schaffen und sich dahingehend durchzusetzen.

Das kostet Kraft - aber heimlichtun ist auch kraftraubend.....


Alles Gute und Lieben Gruß
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Ilse
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  #5  
Alt 01.08.2011, 12:38
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

Liebe Ilse,
ich habe meine Gedanken rückwirkend dargelegt, soll heissen, wie ich heute über das Thema denke. Vor 4 Jahren habe ich mir keine Gedanken darüber gemacht und es allen mitgeteilt..... Ich hätte auch nie gedacht, dass ich 4 Jahre später immer noch da bin und voll "funktionstüchtig". Das soll nicht heissen, dass andere das als Rat oder Aufforderung verstehen, jeder muss das seinen Lebensumständen entsprechend selbst entscheiden.

Heute bin ich der Meinung, dass ich und andere das Thema Krebs überbewerten. Natürlich kann ich das nur so flott hier niederschreiben, weil die Therapie bei mir angeschlagen hat....

Hätte ich gewusst, wie es läuft bei mir, hätte ich es niemandem auf die Nase gebunden. Fakten schaffen, kann ins Auge gehen, wie weiter oben Mia geschrieben hat, sie bekam die Kündigung. Hätte sie ein Rückenleiden angegeben, wäre das nicht passiert.
__________________
Liebe Grüße
Nikita


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  #6  
Alt 01.08.2011, 22:07
MaTini MaTini ist offline
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Standard AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

Liebe Nikita,
ich kann sehr gut nachempfinden, was Du fuehlst. Mir geht es mit diesem Thema genau wie Dir, Du sprichst mir aus der Seele.

Ich finde der Umgang mit Krebs - insbesondere der Umgang mit der bewussten Ungewissheit ist nicht einfach. Auch ist es nicht einfach, es nicht zu erzeahlen. Gerade in der Anfangszeit hatte ich das Beduerfnis mich mitzuteilen um mir die Angst von der Seele zu reden. Ich war wesentlich offener. Ich dachte, wenn ich kein Problem damit habe, ueber die Krankheit zu sprechen, haben andere es auch nicht. Das ist aber auch eine sehr hohe Erwartungshaltung, die nicht von jedem erfuellt werden kann.

Manchen Menschen moechte ich einfach nie wieder im Leben begegnen. Sie tun mir leid, so wenig staerke und groesse gezeigt zu haben. Die sollten einem am besten egal sein, sonst enttaeuscht das nur.

Zudem lerne ich gerade, dass es Freunde und gute Laune Freunde gibt. Ich dachte mal, die gute Laune Freunde sind Freunde. Die Erkenntnis ist hart, braucht man wirklich gute Laune Freunde? Ich habe oft keine Lust mehr, die gute Laue Freunde zu treffen. Ich ertappe mich dabei wie ich denke ist doch egal was ich Dir erzahle, eigentlich interessiert es Dich nicht. Aber interessiert mich immer alles? Verhalte ich mich immer richtig? Ich denke nicht. Irgenwie braucht man doch beide im Leben wenn es "normal" laeuft. Irgendwie gehoeren sie dazu. Aber sich auf beide verlassen sollte man nicht, auch nicht anvertrauen, vertrauen, ... Schade dass man das erst im nachhinein weiss. Es muesste eine Glaskugel dafuer geben ...

Lieben Gruss
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  #7  
Alt 01.08.2011, 23:27
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

Zitat:
insbesondere der Umgang mit der bewussten Ungewissheit
Liebe Mia
Das hast du genau auf den Punkt getroffen .. die Ungewissheit....! Man weiss ja nicht was kommt.

Im Nachhinein ist man schlauer, heute würde ich es wirklich keinem mehr erzählen. Zu Beginn war ich extrem mitteilungsbedüftig, so als wollte ich allen Zuspruch, der nur irgend möglich ist und bin da manchmal auf Granit, Mitleid aber auch Tröstung gestossen. Je nachdem, wie die Personen, die es erfuhren, zu mir standen.

Meine Familie habe ich nervös und unglücklich gemacht, alle, die mich lieben, haben gelitten. Einzig mein Hausarzt, dort konnte ich mich mal ausheulen, ohne Konsequenzen egal welcher Art fürchten zu müssen. Mit der Zeit habe ich mir ein dickes Fell zugelegt, nichts ist wie es mal war, alles verändert sich, auch meine Einstellung zum Krebs und was ich von meinem Unglück den anderen preisgebe. Denn das es ein grosses Unglück ist, wird niemand bestreiten. Wie man damit umgeht, muss man wohl erst lernen....Soll heissen, nicht nur die anderen, die es erfahren, sondern auch man selbst.

Und mit so einem Unglück im Nacken, ist man schwach und somit angreifbar, was sich bestimmte Leute aus Prinzip zum Anlass nehmen, mal tüchtig nachzutreten. Man muss lernen, auch damit umzugehen. Dazu gehört, dass mein Chef, der nun selbst erkrankt ist, von mir keinen Funken Mitgefühl bekommt
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Liebe Grüße
Nikita


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George Patton

Geändert von nikita1 (01.08.2011 um 23:39 Uhr)
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  #8  
Alt 02.08.2011, 21:52
eda.2653589 eda.2653589 ist offline
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Standard AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

ärgere diejenigen, die sich als deine Feinde aufspielen, dadurch, daß du den Krebs überlebst
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  #9  
Alt 03.08.2011, 03:23
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schmimm schmimm ist offline
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Daumen hoch AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

Letztendlich bin ich doch dankbar für die Erkenntnis,dass man,wenn es richtig schief läuft im Leben,eigentlich eher alleine da steht.Das ist natürlich erstmal ein komisches Gefühl.Aber dann merkt man,dass es auch Vorteile hat.Und irgendwann stellt man fest,dass es sehr entspannend ist zu wissen,dass man sich auf sich selbst verlassen kann.Das wusste ich aber auch schon vor meiner Erkrankung.Vielleicht habe ich deswegen nie einen Sinn darin gesehen anderen davon zu erzählen.Tue ich bis heute nicht.
Und mal ehrlich:was hat man davon,wenn es einem sowieso die ganze Zeit eher schlecht geht(warum oder wovon auch immer),es dann auch noch jemandem zu erzählen? Solche Gelegenheiten sollte man doch besser nutzen um sich mal etwas abzulenken.Es tut doch sogar gut dann mal mit Bekannten über deren "Probleme"zu quatschen. Das bringt irgendwie so ein bisschen Normalität in den Alltag,oder?So erfrischend banale Dinge wie Gewichtsprobleme oder den Stress mit dem Ex.
Ich finde diese Diskussion so spannend,weil sich hier wirklich mal wieder zeigt,wie komplett unterschiedlich die Menschen so sind.
Alles Gute,liebe Grüsse und weiter so...
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