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  #1  
Alt 13.01.2010, 15:48
Benutzerbild von Morgana
Morgana Morgana ist offline
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Standard AW: Ein Jahr...

Zitat:
Zitat von Stefans Beitrag anzeigen
Eben. Jeder Tag ohne Lachen ist ein verlorener Tag! Mein Humor ist da eher schwarz und öfter mal Galgenhumor. Ich bin ein absoluter Fan des "frühen" Woody Allen aus den 70ern. Hat meine Frau nie verstanden (Schwäbin, kann man nichts machen...). Und was eine neue Partnerschaft betrifft, da fällt mir natürlich auch ein Woody Allen Zitat ein:

"Ich glaube nicht an ein Leben nach dem Tod. Aber ich habe vorsichtshalber immer frische Unterwäsche zum Wechseln dabei."

Ich bin also vorbereitet, falls das Unglaubliche eintreten sollte

Hallo Stefan,
auch ich liebe den schwarzen...vor allem den Galgenhumor.
Woody Allen und ich und Bette Middler haben jährlich den Geburtstag gemeinsam...das hat wohl auf mich abgefärbt

Humor ist der Schwimmgürtel auf dem Strom des Lebens (k.A. von wem das ist)
Nach dem Untergang der Titanic laß' uns jeder eine Holzplanke schnappen und einfach mal übers Meer schippern....gibt bestimmt was zu gucken...und wenn uns nur ne Möwe auf den Kopf schxxt....ich glaube HelmutL würde bestimmt mit-paddeln und mit einer Hand photographieren....

Grüß mir Katz und Hund!

LG
Morgana
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  #2  
Alt 13.01.2010, 18:11
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Ein Jahr...

Hallo Morgana,

Zitat:
Zitat von Morgana Beitrag anzeigen
Humor ist der Schwimmgürtel auf dem Strom des Lebens (k.A. von wem das ist)
Nach dem Untergang der Titanic laß' uns jeder eine Holzplanke schnappen und einfach mal übers Meer schippern....
Was den Humor betrifft, stimme ich dir zu. Aber den Untergang der Titanic würde ich lieber stilvoll begehen: auch wenn das Wasser schon bis zum Hals steht und das Schiff Schlagseite hat... um die Holzplanken können sich andere kloppen. Ich bleibe im Salon sitzen und bestelle mit Freunden noch das letzte Getränk vor'm Untergehen. Man muss einsehen, wann man verloren hat, und das mit Fassung tragen. Setzt allerdings voraus, dass der Kellner weiss, was Pflichterfüllung ist, statt sich ins Rettungsboot zu flüchten

Zitat:
Grüß mir Katz und Hund!
Schon erledigt - bei Hündchen, Killerkätzchen ist gerade aushäusig - schnorrt sich wahrscheinlich wieder mit all ihrem Charme durch's halbe Dorf. Und den hat sie allerdings! "Ach, die kleine Graue, das ist ihre? Die (fr)is(s)t bei uns auch oft..."

Mit Hündchen habe ich vorhin im Schnee (er _liebt_ Schnee, wie wohl alle Hunde) sein Lieblingsspiel gespielt: Klau mir doch den Ball, wenn du kannst! Natürlich kann ich nicht, schließlich ist Hündchen viel schneller als ich und hat die bessere Kondition. Deswegen ist es ja sein Lieblingsspiel, weil da gewinnt er immer. Ich pfeife nach 10 Min. auf dem letzten Loch, und er guckt mich (aus sicherer Entfernung natürlich) erwartungsvoll wedelnd an und fragt "was ist los, Weichei, wieso gibst du schon auf ???"

Natürlich könnte ich ihn zu mir rufen und ihm befehlen, den Ball fallen zu lassen... aber ich bin doch kein Spielverderber

Zitat:
Ich erinnere mich in einem anderen Thema (uiiii - was gab es da heftige Diskussionen!) hast Du beschrieben, dass Tod eben nicht immer "appetitlich" sein muß
Daran musste ich letztens auch denken. Aber auch daran, dass mir das "Unappetitliche" nicht nachhängt, überhaupt nicht (bin ich öfter gefragt worden). Was mir nachhängt, ist die Nacht ein paar Tage, bevor meine Frau starb. Als sie Alpträume hatte von den Leuten, die sie holen kommen und sie ins Krankenhaus bringen. Und ich ihr die Angst davor nicht nehmen konnte. Es war vereinbart, dass ich das nicht zulassen werde, aber ich musste es ihr noch x mal versprechen. Trotzdem hat sie meine Hand nicht losgelassen und gesagt, ich müßte ab sofort an ihrem Bett sitzen bleiben und dürfte nicht mehr weggehen. Weil dann sofort die Leute kämen, die sie abholen wollen.

Aber das ging doch nicht. Ich musste sie allein lassen, hatte ja "nebenher" noch einiges zu tun und musste auchmal schlafen Jedenfalls, da habe ich versagt, ich konnte ihr diese schlimmste Angst nicht nehmen, und das beschäftigt mich nachhaltig. Ich weiss aber auch nicht, wie ich es anders / besser hätte machen können ?!?!

Viele Grüße,
Stefan
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  #3  
Alt 13.01.2010, 19:10
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Morgana Morgana ist offline
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Standard AW: Ein Jahr...

Hallo Stefan,
Ach ja....
mit den Planken meinte ich ja ...auch: Egal, was kommt...Absaufen...ein bißchen plätschern...der Horizont ist weit...und dahinter...vieleicht wartet ja (doch) jemand....
Allerdings ist gegen ein letztes Getränk im Salon - gerne Champagner oder ein guter Roter nix einzuwenden...wenn die Wellen zusammenschlagen...der Kellner längst das Weite gesucht hat...dann rollen uns die Flaschen mit samt Kübel entgegen....
"Schiffbruch erleiden"...hat man wirklich verloren? Nö, ich denke, wie auch immer, ein Prost auf den Untergang oder ein Prost auf das was noch kommt = Prosit (lat. es möge nützen ).

Meine Katze (klein-knappdreifarbiggemustert-gut durchorganisiert) lebt ja ausschließlich häuslich. Sie ist der Typ für "Reich mir mal nen Schraubenzieher, die Schranktür krieg ich auf". Sie findet alles, was sie haben möchte! Wohingegen der Kater (wesentlich grösser-weißgrau-Sensibelchen) seinen Charme mit Mandel-förmigen Augen und herzerweichendem Miauen verbreitet. "Ach ist der süüüß" - so ein Typ ist das!
Respekt, dass Du so ein guter Verlierer bist mit Hündchem im Schnee. Ich glaube Hund liebt Dich dafür!
Schnee...das ist für mich sowas Grausliches. Ich mag den Winter so gar nicht. Es ist kalt - und es ist weiß...und ich mag die Farbe Weiß nicht. Sie strengt mich an, weil ich da irgendwie nix mehr sehe außer Weiß und ich mag kein Weiß! Wenn erst die ersten lila Krokusse rauskommen, dann...könnte ich heulen vor Freude!

Ja....die Angst Deiner Frau, die Du beschreibst...da habe ich ähnliche Erfahrungen mit meinem Mann, die mir auch im Gedächtnis herumspuken...
Ich konnte ihm seine Angst auch nicht nehmen! Ich habe ihn in den Armen gehalten...."unser" Lied vorgesungen...ihm gesagt, dass es ok ist, wenn er gehen will...Ich glaube, diese Angst ist so archaisch, dass die Weiterlebenden an ihre Grenze geraten.
Ich habe ja Deine Geschichte gelesen und ich bin überzeugt, dass Du es so richtig gemacht hast. Du hättest nicht mehr tun können, Du hättest nichts anders machen können. Ja, es schmerzt daran zu denken. Doch Du darfst stolz auf Dich sein...wenn Du mal in Gedanken alle Momente durchgehst, die Du mit Deiner sterbenden Frau gelebt hast...da wird es "rund" und dieser nagende Gedanke, der wird schwächer vor dem Liebesdienst den Du an ihr geleistet hast!

LG
Morgana
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  #4  
Alt 14.01.2010, 03:55
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rosa.sputnik rosa.sputnik ist offline
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Zitat:
Zitat von Stefans Beitrag anzeigen
Was mir nachhängt, ist die Nacht ein paar Tage, bevor meine Frau starb. Als sie Alpträume hatte von den Leuten, die sie holen kommen und sie ins Krankenhaus bringen. Und ich ihr die Angst davor nicht nehmen konnte. Es war vereinbart, dass ich das nicht zulassen werde, aber ich musste es ihr noch x mal versprechen. Trotzdem hat sie meine Hand nicht losgelassen und gesagt, ich müßte ab sofort an ihrem Bett sitzen bleiben und dürfte nicht mehr weggehen. Weil dann sofort die Leute kämen, die sie abholen wollen.

Aber das ging doch nicht. Ich musste sie allein lassen, hatte ja "nebenher" noch einiges zu tun und musste auchmal schlafen Jedenfalls, da habe ich versagt, ich konnte ihr diese schlimmste Angst nicht nehmen, und das beschäftigt mich nachhaltig. Ich weiss aber auch nicht, wie ich es anders / besser hätte machen können ?!?!

Viele Grüße,
Stefan
Lieber Stefan,

ich habe schon oft bei Dir gelesen, aber noch nie geschrieben... glaube ich.
Das was Du da beschreibst, ja... genauso geht es mir auch.
Meine Mama hat vom Tag der Diagnose an JEDEN Tag geweint dass sie nicht sterben will, dass sie solche Angst davor hat.
Einmal bat sie mich sogar ihr zu versprechen dass sie nicht sterben muss.
Ich dachte manchmal ich werde verrückt.
Als es ihr immer schlechter ging sah sie, unter anderem, meinen Vater. Sie waren schon lange bevor er starb geschieden, und diese Scheidung war der klassische Rosenkrieg.
Bevor er auszog gab es oft Streit, er demütigte sie, er schlug sie...
Kurz vor ihrem Tod sagte sie, dass er da gewesen sei... er habe überall weisse Tücher ausgelegt.
Ich interpretierte das spontan als Friedensflaggen...
Sie weinte dass sie Angst habe dass er sie "da oben" weiter quälen würde.
Als ich ihr antwortete dass er das sicherlich nicht tun würde, ich sei sicher dass, wenn er sich "da oben" nicht benimmt, er eh rausfliegt.
"Meinst Du?!?!?"
"Na klar, wenn er da rumstreitet fliegt er raus"
Ich glaube dieser Gedanke hat ihr ein bisschen gefallen, zumindest entlockte es ihr ein Lächeln.
Trotzdem... gute zwei Wochen bevor sie starb schaute sie mich nicht mehr an... starrte nur ins Leere.
Wenn ich mich in ihren Blick stellte... weinte sie wieder... weinte dass sie nicht sterben will, dass sie so entsetzliche Angst hätte.
Und ich? Ich konnte ihr nicht helfen... ich konnte es nicht verhindern.
Ich war hilflos,.... und dadurch auch manchmal taktlos.
Einmal sagte ich: "Ich weiss Mami, aber irgendwann müssen wir alle sterben... es ist die einzige Garantie im Leben die wir haben"
Ich fand es etwas taktlos, kaum dass ich es ausgesprochen hatte... sie aber fand es fast beruhigend.
Wir haben getan was wir konnten... ich habe den Palliativdienst gefeuert und war wild entschlossen das auch alleine mit dem Hausarzt zu schaffen...
36 Std. hatte sie Ruhe... leider nur 36 Std. ich wünschte heute ich hätte den Dienst viel viel früher gefeuert... oder am besten gar nicht erst dazugeholt...
Aber... 36 Std. hatte sie Ruhe... immerhin.
Und als sie dann ging... hatte ich sie feste im Arm... eine Hand hielt mein Mann, die andere hielt Julia, meine Tochter.
Mehr ging nicht, und obwohl ich auch etwas Angst vor dem "danach" habe... ich hätte ihr diesen Weg gerne abgenommen.
Sterben ist in den seltensten Fällen wie im amerikanischen Spielfilm... ein gütiges Lächeln des Sterbenden,... in blütenweisser Bettwäsche... leichtes Make-Up und ein gehauchtes "Ich danke Dir, für alles"... und dann werden die Augen geschlossen und das war es.

Schön wäre es,wenn es so wäre... war es aber nicht...

Ich kann nur hoffen dass ich sie mit meiner Hilflosigkeit nicht noch mehr gequält habe als die Krankheit es schon tat... und dass sie in Frieden gehen konnte.
Ich hoffe es...

Lieber Stefan, lieber Helmut... ich drück euch jetzt einfach mal ungefragt...

Alles Liebe
Jasmin
Und jetzt... wünsche ich mir nur noch einmal 5 min. mit ihr...
__________________
Meine Mama: ED 12.11.2008 Kleinzelliges Bronchialkarzinom, T4 N3 M1 (multiple Hirnfiliae)
4 Zyklen Cisplatin und Etoposit, Ganzhirnbestrahlung, dann Tumorprogression, April 09 neue Lungenmetastasen und obere Einflussstauung. Keine weitere Kontrolle, keine Chemo mehr... nur Hoffen auf ein kleines bisschen mehr Lebensqualität...Am 28.07.2009 um 11:26 Uhr Meine Mama ist in meinen Armen für immer eingeschlafen...
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  #5  
Alt 14.01.2010, 13:18
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Rachel Rachel ist offline
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ein stiller gruß stefan
lg gitti
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mein Mann: Adenokarzinom

man sieht die Sonne langsam untergehen und erschrickt trotzdem wenn es dunkel ist - Kafka
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  #6  
Alt 15.01.2010, 14:42
Stefans Stefans ist offline
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Hallo Gitti,

Zitat:
Zitat von Rachel Beitrag anzeigen
ein stiller gruß
Das freut mich,danke! Schon deshalb, weil du einen fast (aber nur fast ) so schönen Wauzi wie ich hast. Auch so ein Knickohr? Ich bitte dringend um ein größeres Foto.

Viele Grüße,
Stefan
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  #7  
Alt 15.01.2010, 15:32
mollie mollie ist offline
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Standard AW: Ein Jahr...

ihr lieben,

wenn ich das so lese, dann überkommt mich immer eine gänsehaut und eine tiefe traurigkeit. vielleicht bin ich noch nicht soweit, dass ich alles schreiben kann, dass ich für mich einen weg gefunden habe. noch mach ich alles mit mir alleine aus und bin grade in der phase "welcher zug tut mir den gefallen und überfährt mich?" - sicher keiner, denn hier gibt es weit und breit keinen bahnhof mehr, die gleise seit jahren zugewuchert...

die einsamkeit, die leere....unerträglich. funktionieren der kinder willen die mich noch brauchen...

irgendwann..ich hoffe bald, bin ich sicher ein stück weiter

liebe grüße,
mollie
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  #8  
Alt 15.01.2010, 16:02
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Ein Jahr...

Zitat:
Zitat von mollie Beitrag anzeigen
bin grade in der phase "welcher zug tut mir den gefallen und überfährt mich?" - sicher keiner, denn hier gibt es weit und breit keinen bahnhof mehr, die gleise seit jahren zugewuchert...
Das wird sich im Laufe der Zeit ändern, ganz bestimmt!

Die Phase mit dem Zug kenne ich auch. Allerdings wohne ich direkt an der Bahn. Keine 10 m vom Küchenfenster aus, und alle 15 Min. kommt ein Regionalexpress vorbei. Dazu Güterzüge. Also auch bei spontanem Entschluss _die_ Gelegenheit.

Ist aber eine Scheiss-Idee. Von der ich mich verabschiedet habe, als das hier im Sommer passiert ist. Ich war gerade im Hof. Das Hupen das Zuges, kurz darauf dieses dumpfe "Batsch", als ob jemand gegen einen leeren Pappkarton tritt. Dann der Hund, der in den Garten rast, dort am Zaun an der Bahn sitzt und genau so jault und winselt wie in dem Moment, als meine Frau gestorben ist (da war er auch dabei). Und Stefan, der den Hund zurückruft, aber selbst nicht in den Garten geht, sondern das Tor von Hof zu Garten zu macht und im Hof bleibt. Und die Polizei, die dann klingelt, den Garten nach Überresten durchsucht und mir anschließend versichert, da sei wirklich nichts mehr. Ich war trotzdem danach tagelang nicht im Garten. Sicher ist sicher.

Nein, wirklich eine Scheiss-Idee. Und der Lokführer kann schließlich auch nichts dafür. Dann lieber warten, bis du deinen Weg gefunden hast. Und den wirst du finden, ganz sicher!

Viele Grüße,
Stefan
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  #9  
Alt 14.01.2010, 13:57
Stefans Stefans ist offline
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Hallo,

Zitat:
Zitat von Morgana Beitrag anzeigen
Ich glaube Hund liebt Dich dafür!
Der liebt mich sowieso - genau so sehr wie ich ihn - seit den etwa 5 Sekunden, die wir im Tierheim brauchten... vom ersten Blickkontakt bis zum Pakt: "Wir gehören lebenslang zusammen"

Unser Killerkätzchen sprüht vor Charme. Ist eine ganz kleine zierliche, ein Karthäuser-Mischling, blaugrau mit weissen Socken und grünen Augen. Kann aber auch ganz böse gucken (siehe unten) und Hündchen, wenn er zu aufdringlich an ihr rumschnüffelt, mit einem Tatzenhieb eine blutige Nase verpassen. Zu der hatte ich bis wenige Monate vor dem Tod meiner Frau nie richtig Kontakt, weil das Fenster, das für sie offen war, halt im Schlafzimmer meiner Frau war. Seither ist es das Fenster in meinem Zimmer, und nach und nach habe ich die lieben gelernt.

Obwohl sie eine echte Dorfkatze ist. Im Sommer, wenn ihr Fenster immer auf ist, sehe ich die oft tagelang nicht. Irgendwann kommt sie aber schon mal vorbei, das merke ich spätestens daran, dass frische Mäuse auf meinem Bett liegen (wenn ich Glück habe, leben sie nicht mehr, sind aber noch nicht halb aufgefressen) oder das Futter im Napf etwas weniger geworden ist...

Im September ging's mir nicht so gut, da war ich mit Hündchen recht kurzfristig eine Woche im Urlaub am Meer. Killerkätzchen habe ich da mit etwas schlechtem Gewissen einfach für 7 Tage ausgesperrt. Aber kaum war ich wieder da, saß sie schon auf der Fensterbank und wartete auf Einlaß. Auch eine treue Seele

Zitat:
Zitat von Morgana Beitrag anzeigen
Du hättest nicht mehr tun können, Du hättest nichts anders machen können. Ja, es schmerzt daran zu denken.
Vielleicht ist es normal (bei mir ist das zumindest so), dass man sich an die Momente, in denen man "versagt" hat, länger / belastender erinnert als an die anderen? Gerade vorhin habe ich eine CD von Horst Evers, Kabarettist, gehört, wo er irgendwo sagt: "Ich dachte daran, mich umzubringen. Aber die Vorstellung, dass davor vielleicht mein ganzes Leben an meinem geistigen Auge an mir vorbei zieht, hat mich davon abgehalten."

Im Ernst: ich denke, ich kann mit dem Tod meiner Frau auch deshalb im Großen Ganzen recht "selbstzufrieden" leben, weil ich da (und die Zeit vorher) eben nicht versagt habe. Und mit Versagen und Schuldgefühlen kenne ich mich als Depri schon lange gut aus.

Zitat:
Zitat von HelmutL Beitrag anzeigen
Warum Hunde allerdings den Schnee lieben ist mir ein Rätsel. Obwohl ich bereits oft ebensolches beobachten konnte.
Wenn der Schnee in dicken Flocken von oben kommt, kann ich's ja noch verstehen: da will jede Schneeflocke einzeln gejagt und erlegt werden. Aber auch so will ich mich nicht beschweren: gibt es einen Menschen, dem man beim Schneeschippen hundert Schaufeln Schnee auf den Kopf kippen kann, und der sich jedes einzelne mal wie Hölle darüber freut und versucht, das meiste davon aus der Luft zu fangen und aufzufressen

Zitat:
Zitat von HelmutL Beitrag anzeigen
Ein grosses Problem mit neuer Partnerschaft ist ja auch das: der/die Andere hat genau wie wir ihre Eigenarten, Ecken und Kanten, Gewohnheiten, die er/sie nicht aufgeben möchte/kann. Wir alle sind nicht mehr so biegsam wie vor vielen Jahren. Sah man in der Jugend über so manche Eigenart der Partnerin oder des Partners hinweg oder gewöhnte sich eben daran, so wird das mit zunehmendem Alter immer schwieriger. Auch in der Hinsicht wird man müde und will nicht mehr.
Genau so. "Damals" waren wir jung, dynamisch, flexibel. Als ich mich in meine Frau verliebte, habe ich keinen Gedanken daran verschwendet, wie das werden wird. Zukunft? Wird sich schon irgendwie ergeben! Das ist heute bei mir grundlegend anders. Meine Zukunft basiert auf dem, was ich mir erarbeitet habe - und behalten möchte. Ausserdem bin ich auch über die Jahrzehnte gewachsen. Das Ergebnis ist kein schöner Baum, sondern eher ein knorriger. Den man aber nicht mehr zurechtstutzen kann, weil er dann nicht mehr der selbe ist. Von daher eher nach dem Motto: nimm mich so, wie ich bin. Ich mag mich nicht mehr von Grund auf ändern.

Zitat:
Zitat von HelmutL Beitrag anzeigen
Die Sexualität, das ist ein zweischneidiges Schwert. Sie bekommt mit zumehmendem Alter einen ganz anderen Stellenwert als in der Jugend. Nicht mehr der "Arterhaltungstrieb" steht im Vordergrund sondern eher der Spass an der Freude. Ich konnte feststellen, dass sie sogar viel intensiver wird, weil gänzlich ohne Zwänge.
Bei meiner Frau und mir war es zum Glück so, dass wir beide Antidepressiva nahmen und uns da hinsichtlich der "keinen Bock mehr"-Nebenwirkung einig waren. So passte das zumindest zusammen. Ein Problem weniger. Und dass das, wenn bei zwei Leuten die Bedürfnisse stark auseinanderlaufen, auch "im Alter" ein massives Problem sein kann, ist ja klar. Ich hätte jedenfalls ein Problem mit einer Frau, die "andauernd" ("Ja, ist denn schon wieder Weihnachten?") mit mir schlafen will. Zumindest dürfte es keinen Ehekrach geben, wenn ich mich doch mal breitschlagen lasse, aber dann zwischendurch einschlafe Frauen können in solchen Dingen ja etwas empfindlich sein; das weiss sogar ich mit meinem doch sehr übersichtlichen Erfahrungshorizont.

Zitat:
Zitat von rosa.sputnik Beitrag anzeigen
Meine Mama hat vom Tag der Diagnose an JEDEN Tag geweint dass sie nicht sterben will, dass sie solche Angst davor hat.
Das hatte meine Frau nicht. Zumindest hat sie es nicht geäußert. Sie hatte die größte Angst davor, nicht Zuhause sterben zu dürfen. Mit ihrem Tod selbst hatte sie sich, glaube ich zumindest, "arrangiert". Auch wenn wir darüber nicht mehr gesprochen haben. Das hatten wir Monate vorher getan, aber nicht mehr in der letzten Phase.

Zitat:
Zitat von rosa.sputnik Beitrag anzeigen
Wir haben getan was wir konnten...
Ja, wir hier auch. Was du beschreibst, diese Verwirrtheit (wie mit den weissen Tüchern vom Ex bei deiner Mutter), das hatte meine Frau nur ganz kurz vor ihrem Tod. Nachmittags war sie noch geistig fit, abends nicht mehr, und früh um 4 ist sie gestorben. Mit die letzten Worte, die sie zu mir gesprochen hat, waren: "Onkel Heinz". Da war ich ratlos, weil ich in 23 Jahren mit meiner Frau noch nie von diesem Onkel gehört hatte.

Nachher hat sich das aufgelöst, da habe ich meine Schwägerin gefragt. Onkel Heinz war der, der (eher zufällig) beim Tod des Vaters meiner Frau im Krankenhaus dabei war, weil er halt gerade auf Besuch kam... Wie meine Frau darauf kam, keine Ahnung. Sie hat ihren Vater immer gehasst, der hat sie von klein auf verprügelt und auch später als Erwachsene immer wie den letzten Dreck behandelt.

Aber was weiss ich. Vielleicht sind die letzten "nebligen" Gedanken beim Sterben so wie Träume - da weiss man ja auch meist nicht, warum einem gerade das oder das in den Sinn kommt. Jedenfalls machte im nachhinein diese letzte Ansprache meiner Frau durchaus Sinn. War ich halt _ihr_ "Onkel Heinz", der dabei war, als sie die letzten Atemzüge tat.

Viele Grüße,
Stefan


Viele Grüße,
Stefan
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Geändert von Stefans (14.01.2010 um 14:13 Uhr)
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  #10  
Alt 05.02.2010, 20:55
Esmiralda Esmiralda ist offline
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Standard AW: Ein Jahr...

Bin ich anders?
Ihr schreibt hier so frei und offen über Eure Empfindungen, den Umgang mit der Trauer, der Verarbeitung des Verlustes, ich hab mich bisher nie getraut, auch nur ein Wörtchen darüber zu sagen, gechweige zu schreiben, vielleicht wirds mir besser gehen, wenn ich mal etwas loswerde.
Eigentlich gehöre ich ja nicht hierher, bin zwar selbst Betroffene, auch Hinterbliebene, denn mein Mann starb vor 20 Jahren ohne Abschied, beiderseits ohne einen Gedanken an einen evtl. Tod (er war im KH wegen starker Luftnot aufgrund einer Bronchitis) innerhalb von 3 Tagen. Diesen Schock hab ich bis heute nicht überwunden, habe ihn nur verdrängt, tief in mir vergraben und lebe mit dem Gedanken... er ist nicht da, nun gut...war ja früher auch so wenn er auf Dienstreise war.
Mein Problem nach lesen all Eurer Beiträge ist die Feststellung, zwar mit meinem ganzen Wesen Anteil am Geschick anderer zu nehmen, am Schmerz, der Verzweiflung und der Hoffnung, die in Euren Beiträgen ausgedrückt wird, empfinde genau wie Ihr die Leere in der Wohnung, das Fehlen der Gemeinsamkeit die Gespräche, die Gefühle, das gegenseitige Verständnis und doch ist in mir etwas, das für meine eigene Person alles abblockt, es wie einen fernen Traum erscheinen läßt und die Wirklichkeit negiert
Seit dem Tode meines Mannes, als ich in dieses Loch fiel, spiele ich wohl nur noch Theater, zeige nach außen Mut, Kraft und Zuversicht, drum wird auch gesagt, ich vermittle Zuversicht, Mut und Kraft (stimmt es so wirklich, vielleicht nach außen ja, daß ist auch meine Absicht anderen zu helfen, aber ist es so für mich richtig?)
Ich stürzte und stürze mich immer noch in viel ehrenamtliche Arbeit, packe mich voll mit Aufgaben, betreue soweit es mir möglich ist Alte, Kranke und Verzweifelte (in einer Selbsthilfegruppe und bei den Senioren im Club) sodaß ich nicht oder nur selten zu mir selbst kommen kann.
Bin ich innerlich versteinert? Gegenüber meiner Person bin ich gleichgültig geworden, kleide mich, putze jmich sogar, alles für die Öffentlichkeit... weil es sich so gehört..., aber alles bringt mich nicht zur Ruhe, nur Zufriedenheit, hin und wieder ein gutes Werk vollbracht zu haben Zu Anfang war es, um Ablenkung zu bekommen, inzwischen ist mir diese ehrenamtliche Arbeit zum Bedürfnis geworden...auch wenn das ständige "Abschiednehmen" in der Krebsgruppe mich an die eigenen Erkrankungen erinnert
.
Ja, ich habe viel schweres erlebt, unsere Mutter starb mit 51 Jahen an Brustkrebs, der Bruder starb an Krebs, meine ältere Schwester hat Hautkrebs, aber andere Menschen doch auch, warum kann ich mit meinen Erinnerungen nicht leben, verdränge sie, nehme nicht mal meine eigenen Schmerzen, Unruhe, ja Unrast ernst? Dabei bin ich wahrlich kein Held, bei jedem Zipperlein erschlägt mich fast die Angst, aber dann zwinge ich mich zu der Überlegung...stell dich nicht so an, ist nicht schon wieder ein Krebs, vergeht auch wieder... und hinterher verhöhne ich mich selbst und denke dann an meine Mitmenschen, stelle sie in den Vordergrund, ihre Leiden, Ängste und Sorgen.
Und- mein Mann begleitet mich bei all meinem Tun - er, der immer sagte... nicht der Einzelne ist wichtig sondern das Ganze, die Menschheit...,ist deshalb meine Seele, mein Inneres so allein oder hab ich mich verschlossen und zeige nach außen ein frohes Gesicht um ja nicht zu zeigen, wies in mir aussieht?
Am Abend, wenn die Ablenkung vorbei ist, ich allein hier sitze dann laufen die Gedanken, was für einen Sinn hat dein Leben eigentlich noch, für andere da zu sein - schön und gut - was bleibt für dich? Die Einsamkeit. Ist das der Sinn der Lebens, die Zeit, die mir hier noch vergönnt ist für die Allgemeinheit einzubringen? Manchmal denke ich mach Schluß, was solls noch, aber ich hab mir das Leben nicht selbst gegeben, kanns mir also auch nicht nehmen. Ein Teufelskreis - find einfach keinen Ausweg aus all diesen meinen Gedanken. Falsch oder richtig, ich weiß es nicht, weiß nur, daß ich alles was ich hier geschrieben habe wohl wieder tief in mir vergraben muß.
Es ist nicht meine Art, vor mir selbst davonzulaufen, aber mir bleibt wohl keine anderer Weg oder fliehe ich vor der Wahrheit und der Wirklichkeit des Lebens oder ist es "man kann nicht immer stark sein"?
Meine Krebserkrankungen sind vorbei, meine Einstellung ist... du bist operiert, die Krebse sind raus, also bis du gesund - und - ich denke auch nicht mehr oft daran, versuche die schönen Momente des Lebens zu erhaschen durch Theater, Konzerte, Bücher, aber nicht mehr durch private Kontakte.
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  #11  
Alt 05.02.2010, 22:23
Benutzerbild von Morgana
Morgana Morgana ist offline
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Standard AW: Ein Jahr...

Liebe Esmiralda,
Du hast Schweres erlebt.
Du bist sehr wahrscheinlich älter als ich (52).
Deine Zeilen haben mich sehr angesprochen.
Auch wenn ich so zurück denke, da waren Abschiede...meine Mutter starb mit fast 49 Jahren an einem Hirntumor, mein Lebensgefährte mit 44 an Bronchialkrebs, meine gute Freundin mit 89 an Darmkrebs...mein Schwiegervater mit 90 schwer dement...und dann...der Mann mit dem ich alt werden wollte mit 56 Jahren....
Ja...ich habe mit 25, mit 33 Jahren...eben weitergemacht...
War ja auch nicht gerade ein Thema was mein Umfeld verstanden hätte...
Erziehung spielte da auch eine große Rolle: MeinGroßmutter sagte, unbekanntes Zitat: "Zeige der Welt ein lachend' Gesicht - Tränen im Augen verstehen sie nicht. Wenn Dir das Herze auch brechen will: Lache, Lache und sei still".
Ich habe lange gebraucht um für mich einzugestehen, dass ICH ein Recht darauf habe, zu trauern, nicht die "Starke" sein zu müssen.
Oh ja - auch ich habe mich ehrenamtlich engagiert - das war so etwas, wie die Lücke auszufüllen. Viel gegeben...doch letztlich...habe ich eingesehen, dass das nicht mein Leben sein kann; die Verlassenheit ließ sich nicht länger verdrängen.
Du hast selbst als Betroffene den Krebs erlebt.
Ich finde es ganz toll, dass Du den Mut hattest, Dich "zu Wort zu melden".
Denn genau dazu soll der Austausch im KKF dienen!
Ja, es ist gut im Leben Bilanz zu ziehen - und ganz wichtig sich zu fragen: "Tut mir das gut, was ich mache?"
Die Erinnerungen an das Abschiednehmen, werden uns immer begleiten - immer wieder wenn es eine solche schwere Situation gibt, werden wir "zurückgreifen" auf das Erlebte.
Vielleicht...greift bei Dir der Satz: "Anderen geht es doch viel schlechter!"
Puh - mach dich mehr und mehr frei davon. Du hast Deinen eigenen Schmerz und ein Recht darauf!
Ich kenne das Gefühl, abends nach getaner Arbeit, diese besondere "Ruhe" zu ertragen, wo keiner mehr mit mir auf der Couch sitzt und über den Tag redet; keiner mehr da ist, der mich einfach in den Arm nimmt...mit mir Salzstangen kaut und irgendeinen Film im Fernsehen schaut.
Es sind ja nicht die großen Erlebnisse die fehlen, sondern diese einzigartige Zweisamkeit...
Nix von dem was Du geschrieben hast solltest Du in Dir vergraben!
Im Gegenteil: Durch Deine ehrliche Schilderung kannst Du anderen Menschen Mut machen, dass sie mit ihren Gefühlen nicht alleine stehen!
Nein - es gibt keinen Grund immer stark zu sein!
Ich finde das Leben ist irgendwie nicht gerecht...stets eine Herausforderung, was wohl "morgen" wieder passieren wird.
Dennoch: Neuer Tag neue Chance!
Ich gestehe es mir ein, dass es mich langweilt, wenn sich andere Menschen über die Erhöhung von Lebensmittelpreisen, Benzinkosten oder "Na ja...nach 20 Jahen Ehe, da ist das nicht mehr so...wie am Anfang" beklagen.
Oh... jaa - deren Sorgen...sind nicht meine.
Ich möchte Dich gern bestärken, dass Du, indem Du hier Dir ein Herz fasstest Deinen Lebensweg zu reflektieren, Dir vielleicht schon selbst eine Antwort gegeben hast.
Du bist wichtig - erstmal für Dich und dann...gerne für andere!
"Theater, Konzerte, Bücher"...das ist doch was - und was die privaten Kontakte betrifft: Das kann kommen, wenn Du dann bereit bist.
Es gibt Hoffnung!


LG
Morgana
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  #12  
Alt 06.02.2010, 00:58
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HelmutL HelmutL ist offline
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Daumen hoch AW: Ein Jahr...

Liebe Esmiralda,

ich bin verblüfft. Nicht, weil dir in deinem Leben so schreckliches widerfahren ist, sondern weil du endlich den Mut gefunden hast, dich öffentlich dazu zu bekennen. Hut ab!

Wir kennen uns bereits eine gute Zeit und ich weiss ja, was du alles erlebt hast. Schon oft haben wir uns die Zeit im Chat vertrieben und auch ausgetauscht. Manchmal die halbe Nacht über alles mögliche und auch ganz spezielles geredet. Nur ganz selten hast du in der Runde etwas rausgelassen, was dich bedrückt, sondern bist immer für andere da gewesen.

In Berlin durfte ich dich persönlich kennenlernen. Ich bewundere dich für deine jugendliche Kraft. Mag auch dein Körper durch Krankheit und Alter geschwächt sein, dein Geist ist so jung und rege wie eh und jeh. DU hast DICH längst selbst gefunden, du weisst es vermutlich nur nicht. Wo andere längst abwinken "Ich bin zu alt!", da fängst du oft erst an.

Du brauchst dich also nicht zu verstecken. Du brauchst deine Ängste, deine Probleme nicht zu verstecken. Du hast, wie Morgana bereits schrieb, ein Recht auf Trauer. Du hast ein Recht darauf, es dein Umfeld spüren zu lassen, wie schlecht es dir oft geht. Du musst das nicht runterschlucken und übertünschen. Wem tust du damit was Gutes? Niemandem, am allerwenigsten dir selber. Trauer ist keine Frage der Zeit, die vergangen ist.

Pfeif auf die anderen: jetzt bist DU an der Reihe!


Alles Liebe

Helmut
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  #13  
Alt 06.02.2010, 11:38
mollie mollie ist offline
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Standard AW: Ein Jahr...

liebe esmeralda,

nein, du bist nicht anders, gewiss nicht. vielleich geht es vielen so wie dir?? wer weiß das schon? mir ging oder geht (je nach tiefe des loches in dem ich mich befinde) auch so. noch nie war ich der mitteilsame mensch wenn es darum geht mein inneres zu zeigen. die angst vor verletzungen, zurückweissungen wenn ich schwäche zeige war immer größer als der leidensdruck des schweigens, des schreiens, des zulassnes von gefühlen. in einer lebensbedrohlichen situation im teeniealter habe ich gelernt, dass mich nur das schweigen, das nicht zeigen von gefühlen am leben erhalten hat...vielleicht habe ich auch in den jahren danach deshalb so gehandelt und dieses handeln igendwann verinnerlicht.

mein freund starb, ließ mich allein mit drei kleinen kindern, die älteste grade mal 5 jahre alt, die anderen 3 und 1 jahr. eltern weit weg, ich auf mich allein gestellt. trauer hin oder her... ich hab sie irgendwo vergraben, hab funktioniert, für die kinder. tagaus, tagein, woche für woche, monat für monat, jahr für jahr. job, kinder, haushalt. niemandem hat was gefehlt, dem chef nicht "auf sie ist immer verlass", den kindern nicht "erstaunlich, wie du alles unter einen hut bekommst und trotzdem immer ein volles haus hast, gute laune, kraft ohne ende...." ja, niemandem fehlte was...außer mir. meine leere, meine innere leere, die einsamkeit hab auch ich gefüllt mit allerlei... für jeden da, immer hilfsbereit, stets ein offenes ohr für meine mitmenschen. dabei hab ich mich mehr und mehr verloren....ohne es anfangs zu merken.manchmal war der innerer schmerz so groß, dass ich gegen ihn mit körperlichen schmerzen angekämpft habe, getreu dem motto..."wenn dein körper schmerzt hat das innere keine chance mehr weh zu tun". also habe ich holz gehackt bis zum umfallen, bin gerannt bis ich die marathon-strecke schaffte.... und dabei bin ich doch nur mir davon gelaufen. irgendwann war marathon zu kurz, mehr, weiter, länger musste es sein, dazu schwimmen und radfahren... und niemand kam in der ganzen zeit zu kurz... die arbeit nicht, die kinder... aber ich, denn rennen, radeln und schwimmen sind zwar nett aber helfen eben auch nur zeitweise.
freunde wollte ich nicht sehen, nicht m it ihnen reden... ich wusste nicht was sagen, wie mich verhalten. alle dachten doch, dass ich mein leben im griff habe, sahen den inneren kampf nicht, die verzweiflung. und je mehr zeit ins land ging, desto weniger kam ihnen in den sinn, dass es mir vielleicht doch nicht so gut ging und je weniger hatte ich den mut es ihnen zu sagen. jahre gingen ins land, ich hab alles in mir vergraben....

dann im august starb meine ma an bsdk. die monate davor waren die schlimmsten in meinem leben. das leid zu sehen und hilflos da zu stehen war wirklich schrecklich. der leere blick, dann wieder die angst in den augen meiner ma, mein paps und mein bruder, meine kinder... es war wirklich schlimm. als ma dann starb, glücklicherweise ohne dass sie vorher schlimme schmerzen hätte erdulden müssen, war es für alle eine erlösung. ma hatte ihren frieden gefunden und wir irgendwie auch. alle fielen wir in ein tiefes loch der trauer, jeder aus der famile erlebt es anders.
ich war wieder still, habe allein getrauert- habe funktioniert für meine kinder, meinen papa. meinen schmerz hab ich vergraben..... langsam sehe ich ihn an, lasse ihn zu. und mit diesem schmerz kommt auch der, den ich all die vielen jahre in mir verschlossen gehalten habe, nämlich den schmerz um meinen freund.
geholfen hat mir das forum.in ihm habe ich erlebt, gelesen, dass es auch anderen so geht wie mir, dass trauer einfach da ist, dass es okay ist sie zuzulassen, dass niemand da steht und mit dem finger auf mich zeigt wenn ich verzweifelt bin, weine, um mich schlage und mir doch eigentlich nichts mehr wünsche, als dass mich einer mal ganz fest in den arm nimmt.
ich habe gelernt, dass es einmal richtig war, meine verzweiflung, meine schwäche nicht zu zeigen (als teenie) um zu überleben. aber ich habe auch gesehen, dass eben diese schwäche, verzweiflung und ohnmacht zu zeigen auch überlebensnotwendig sein können.

in diesem sinne bist du auf dem richtigen weg, sind wir auf dem richtigen weg. steine mögen sich ihm in den weg legen und das umkehren leichter erscheinen als das weitergehen, doch solltest du es dir wert sein und ich es mir auch.

einen schönen tag euch allen

mollie
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  #14  
Alt 14.01.2010, 00:34
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HelmutL HelmutL ist offline
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Daumen hoch AW: Ein Jahr...

Zitat:
Zitat von Morgana Beitrag anzeigen
Humor ist der Schwimmgürtel auf dem Strom des Lebens (k.A. von wem das ist)
Nach dem Untergang der Titanic laß' uns jeder eine Holzplanke schnappen und einfach mal übers Meer schippern....gibt bestimmt was zu gucken...und wenn uns nur ne Möwe auf den Kopf schxxt....ich glaube HelmutL würde bestimmt mit-paddeln und mit einer Hand photographieren....
Ich schwimme zwar sehr gerne, doch am liebsten in Wasser so ab 25°C. Da bin ich ein Weichei. Ausserdem, wie soll ich mich mit nur 2 Händen gleichzeitig am Planken festklammern, paddeln und fotografieren? Geht nicht. Da bleib ich viel lieber im Salon. Zur Not hol ich den Schampus noch selber vom Tresen. Soll der Kellner doch rennen wohin er will. Irgendwann müssen wir alle einsehen, dass unsere Titanic untergeht. Selbstverständlich wird diese letzte Feier dann auch fotografiert, wenns sein muss mit den Zähnen.

Stefan, dein Hund ist ein schlaues Kerlchen. Er weiss genau, dass, wenn du rufst, er gehorchen muss. Gerade deshalb steht er so auf deiner Seite, wenns drauf ankommt. Warum Hunde allerdings den Schnee lieben ist mir ein Rätsel. Obwohl ich bereits oft ebensolches beobachten konnte.

Ein grosses Problem mit neuer Partnerschaft ist ja auch das: der/die Andere hat genau wie wir ihre Eigenarten, Ecken und Kanten, Gewohnheiten, die er/sie nicht aufgeben möchte/kann. Wir alle sind nicht mehr so biegsam wie vor vielen Jahren. Sah man in der Jugend über so manche Eigenart der Partnerin oder des Partners hinweg oder gewöhnte sich eben daran, so wird das mit zunehmendem Alter immer schwieriger. Auch in der Hinsicht wird man müde und will nicht mehr. Ich z.B. liebe es meine Socken vors Bett auf den Boden zu werfen, was für andere bereits ein Scheidungsgrund ist .

Die Sexualität, das ist ein zweischneidiges Schwert. Sie bekommt mit zumehmendem Alter einen ganz anderen Stellenwert als in der Jugend. Nicht mehr der "Arterhaltungstrieb" steht im Vordergrund sondern eher der Spass an der Freude. Ich konnte feststellen, dass sie sogar viel intensiver wird, weil gänzlich ohne Zwänge. Was ich allerdings am meisten vermisse ist einfach Körperwärme. Dass jemand da ist, an den man sich anlehnen kann. Nicht nur körperlich sondern auch mental. Genau so wichtig ist, dass man jemand in die eigenen Arme nehmen kann, wenn er/sie es möchte. Nicht mehr gegen die Wand reden und mein Echo hören und gegen ein bisschen kribbeln im Bauch hätte ich auch nichts einzuwenden. Dazu braucht es nicht unbedingt ein ständiges, räumliches Zusammensein. Jeder sollte seinen Freiraum haben. Den brauchen wir, die Narben sind zu tief bei allen Beteiligten.

Deiner Frau hättest du diese Angst auch nicht nehmen können, wenn du tatsächlich an ihrem Bett geblieben wärst. Es war ihre Angst, ihr ureigenstes Gefühl. Das kann man teilen, gemeinsam erleben, jedoch nicht abnehmen. Das geht nicht, nicht in dieser Situation. Sie hatte diese Angst auch, als du ihre Hand hielst. Eure Wege hatten sich da bereits getrennt. war schon lange kein gemeinsamer Weg mehr. Du konntest den ein oder anderen Stein aus ihrem Weg räumen. Gehen musste sie ihn alleine, letztendlich. Diese Steine hast du beseitigt, mehr konntest du nicht tun, mehr stand nicht in deiner Macht. Sie hatte nur noch ein einziges, grosses Ziel, du hattest Verantwortung für dich und andere. Also mach dir deswegen keinen Kopf. Ich weiss, dass diese Gedanken immer wieder kommen, der Kasten da oben zwischen den Ohren lässt sich nicht abschalten. Nur, irgendwann findet man ehrliche, stichhaltige Gegenargumente.

Tja, die lieben Haustiere. Meine beiden Katzen sind eher von dem Typ: "Ich mag dich, weil du den Dosenöffner bedienen kannst." oder "Ich mag dich, weil, wenn du auf der Couch liegst, man so schön weich und warm auf deinem Bauch schnurren kann." .


Alles Liebe

Helmut
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