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Alt 07.07.2003, 21:45
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Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Liebe Katrin,

So viele verschiedene Gefühle und Gedanken gehen einem durch den Kopf.
Auch ich habe zeitweise Schuldgefühle, weil ich mich zu wenig um sie gesorgt habe, die letzten Jahre mich nur um mich und meine Familie gekümmert habe.
Weil ich meine Mama nicht mehr an mich ran liess, weil ich verletzt war durch Dinge, die vor Zehn Jahren passierten.
Meine Mutter hat mir Stärke gelehrt,
jetzt erst merke ich, dass meine Mutter nicht so stark war, weil es keine Stärke ist, nie zu weinen und immer nur nach vorne zu schauen.
Mit Ihrer Art, immer alles als "nicht so schlimm" anzusehen, fühlte ich mich irgendwann nicht mehr ernst genommen, fühlte mich zwar geliebt und geborgen, aber die Zeichen der Liebe konnte sie nicht senden, und so fehlte mir immer irgendwas.

Jetzt erst weiss ich, warum es so war, dass sie auch nicht gelernt hatte, ihre Gefühle zu leben und herauszulassen.
Jetzt erst sehe ich, wie ähnlich wir uns darin sind, und dass ich meinen Kindern auch oft genug nicht die Liebe und Anerkennung gebe, die sie verdient haben.

Ich habe meine Mutter nie, und das ist war, ich habe sie nie jammern hören, selbst in der Zeit vor Ihrem Tod nicht.
Sie lag da und wartete einfach ab.
Und wenn man fragte warum, dann sagte sie,tja, das ist halt einfach so.
Aber dann sagte sie zum Glück auch: Wenn ich meinen Glauben nicht hätte, dann würde ich den ganzen Tag schreien.

Ich weiss jetzt, meine Mama war nicht
gefühlskalt. sie konnte ihre Gefühle nur nicht aussprechen. Und auf einmal sind da keine Vorwürfe mehr, sie tut mir total leid deswegen. Wie fühlt man sich wohl, wenn man so alles schluckt?
Manchmal frag ich mich, ob sie deswegen an Gallenblasenkrebs gestorben ist, weil sie alles in sich reinfrass.
Wir hatten nur 7 Wochen von Diagnosestellung an bis zu Ihrem Tod.
Und wir zwei sassen zusammen und keiner konnte was sagen. Ich hab mich dann dazu gezwungen, Ihr wenigstens nochmal die Wichtigsten Sachen zu sagen, ich rasselte sie runter, all die Dinge, die Sie verletzt haben, alle Dinge, die sie nicht verstand, weil wir auch so verschieden waren.

Manchmal bin ich wütend darüber, dass von ihr immer noch nichts kam,
dann bin ich wieder dankbar. Dankbar, dass sie mir ihre Liebe doch irgendwie zeigte, und dankbar,dass ich meinen inneren Schweinehund überwinden konnte und ihr sagen konnte, was sie nie vermochte:
Ich hab´ Dich so lieb Mama!!!
Am Telefon sagte ich es, immer wieder.
Nie hatten wir uns das gesagt, und es fehlte mir so!!!
Ich hab Dich so lieb Mama!!!
Und dann bekam ich die so sehnlich
vermissten Worte
Ich hab Dich so lieb Mama!!!
Ich Dich auch, mein Mädchen!!!
Oh, mein Gott, wie lange schon hatte sie nicht mehr mein Mädchen gesagt.
Da merkte ich, auch ich nannte sie wieder Mama, wo sie doch mein ganzes Leben unsere Mutti war. Als sie krank wurde nannte ich sie unbewusst wieder Mama.
Hätte ich mich nicht aufgerafft, diese Worte zu sagen, dann hätte ich sie nie gehört.
Und nie hätte ich gewusst, wie sie fühlt.

Lass Deine ganzen Gefühle raus, Katrin, lass sie alle raus.
Gefühle und Gedanken, die nicht war sind, verschwinden auch wieder.
Aber ich glaube, man kann diese Gedanken und Gefühle nicht ausschalten, sie rennen einem eh durch den Kopf.
Und sie müssen raus.
Ich war teilweise so wütend, ich wusste nicht, auf wen ich es sein sollte, aber ich war´s.
Und Schuldgefühle mache ich mir tagtäglich mit vielen einzelnen Gedanken. Aber ich weiss, ich muss diese erst haben, um dann sagen zu können, nein,ich habe keine Schuld.

Karin, es tut mir so leid für Dich, dass Du das erleben musst.

Es tut weh, zu sehen, wie viele Menschen auch dieselben Schmerzen haben und so leiden.


ich denke an Euch, es tut mir so leid für Euch

Damaris

Cas, Du hast recht, irgenwann funktioniert der Schutzmechanismus nicht mehr, aber das ist auch gut so.
Die letzten Wochen waren so schlimm für mich, weil es sich immer mehr staute, der Schmerz immer grösser in mir wurde, und ich keinen zum Reden hatte.
Mein Herz war wie gefangen.Es fühlte sich an, als würde der Käfig immer enger. Endlich ist was geplatzt. Es tut verdammt gut, endlich zu weinen.

Das wünsche ich Euch allen, und irgendwann kommt es bei jedem raus.
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