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  #61  
Alt 01.12.2012, 00:20
juetlandfan juetlandfan ist offline
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Standard AW: mama, nun bist du ein engel

Liebe Tine,

ich drück dich einfach mal ganz fest. Es ist einfach schwer die passenden Worte zu finden... Fragen, die du dir gestellt hast bzgl lebensverlängernden Maßnahmen haben wir (mein Papa und ich) uns auch gestellt. Damals und auch immer wieder nach dem Tod meiner Mum. Meine Mama hat noch einige Wochen vor ihrem Tod eine Patientenverfügung unterschrieben, dass sie keine lebensverlängernden Maßnahmen möchte. Trotzdem nagen die Fragen auch im nachhinein an einem. Mein Vater und ich hatten damals (als meine Mama im Sterben lag) ein seeehr langes Gespräch mit einem Pfleger. Der sagte uns u.a., dass er im Verlauf der Jahre schon zahlreiche Todkranke erlebt hat, bei denen sich die Angehörigen für lebensverlängernde Maßnahmen entschieden haben. Bei KEINEM hat es zu dem "Erfolg" und der "Lebensqualität" geführt, die sich die Angehörigen gewünscht hatten. Es war eigentlich immer nur ein Verlängern des Leidensweges. Das hat mich damals sehr bewegt und ich rufe mir das Gespräch auch immer wieder ins Gedächtnis, wenn die zweifelnden Fragen an mir nagen und mich mürbe machen wollen...

Wichtig war mir damals und ist mir auch heute im Nachhinein, dass meine Mama die letzten Wochen / Tage keine Schmerzen hatte, weil sie Morphium bekam. Ich habe sie täglich gefragt, ob sie Schmerzen hat und sie verneinte. Das zählt...


Ja und dieses NIE WIEDER, das kann einen innerlich völlig zerreißen. Ich kann dich sooo gut verstehen und wünsche dir ganz viel Kraft diesen furchtbaren Schmerz auszuhalten. Weine soviel du magst und unterdrück es nicht... ich habe gemerkt, dass es mir letztlich gut tut die Tränen laufen zu lassen. Glaube, das ist einfach wichtig für die Trauerbewältigung. Hatte manchmal auch das Gefühl, dass ich mich regelrecht "leergeweint" habe... meistens ging es mir danach dann aber besser...

Katja
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  #62  
Alt 01.12.2012, 07:16
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fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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Standard AW: mama, nun bist du ein engel

liebe katja..
danke für deine lieben zeilen. ich geb dir in allem recht. es bringt eigentlich gar nichts, sich soviel kopf zu machen.ich weiß ja, wie es ausgeschaut hätte, wenn wir sie hätten behandeln lassen hätten.der vater einer sehr guten freundin wollte unbedingt behandelt werden und er lag insgesamt neun mal im sterben. das muß doch der horror pur sein.wir haben richtig entschieden.
ich bin auch sehr dankbar, daß mami keine schmerzen hatte. sie lag immer sehr entspannt da.wie schon erwähnt, ist das hospiz in wangen so klasse. auch ich wurde in den 12 tagen sehr gut betreut.
zur zeit geht es mir gut in der trauer. aber ich laß mich auch grad nicht weiter drauf ein. doch grad jetzt zur weihnachtszeit seh ich immer wieder sachen, bei denen ich denke: das wär ein tolles geschenk für mami. und dann kommt das wie ein schlag ins gesicht: du kannst mami nichts mehr schenken.
ich würd so gern öfters an ihr grab gehen. wohn aber leider fast 100km entfernt. aber ich hab ein bild von ihrem grab. das schau ich dann ab und zu an.
das weinen wird weniger. aber wenn, dann wein ich mich auch leer. hinterher gehts mir da auch immer besser.
ich wünsch dir einen schönes adventwochenende.
drückerle
tine
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  #63  
Alt 01.12.2012, 20:41
juetlandfan juetlandfan ist offline
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Standard AW: mama, nun bist du ein engel

Liebe Tine,

du machst es genau richtig. Mal die Trauer zulassen und mal unterdrücken. Anders ist es auch nicht auszuhalten... genau so mache ich das auch seit dem Tod meiner Mum... manchmal hilft es auch sich einfach in die Arbeit zu stürzen und einfach mal nur so zu funktionieren... gibt einem so ein bisschen das Gefühl von "Normalität"...Bei einem Beitrag im Forum las ich folgenden Spruch, der unsere Lebenssituation gut auf den Punkt bringt: "Der Tod ordnet die Welt neu. Alles ist wie immer, aber nichts ist mehr wie es war."

Weihnachtszeit ist ein ganz schwieriges Thema, da es so sehr mit Emotionen und Fest der "heilen" Familie (die wir ja nun leider nicht mehr haben) belegt ist. Ich hatte eine schöne Kindheit, als Einzelkind ein recht enges Verhältnis zu den Eltern und immer ein schönes Weihnachtsfest im Kreis der Familie. 2011 sind dann von Mitte Juli bis Anfang Dezember gleich 3 Verwandte gestorben: Meine Oma, meine Mama und ein Onkel. Das hat mir dann jegliche Lust an Weihnachten vermiest und ich habe 2011 Weihnachten so weit wie möglich ignoriert. Kein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt, keine Deko der Wohnung etc. War für mich, meinen Mann und auch meine verständnisvollen Freundeskreis o.k. Jeder muss da so seinen eigenen Weg finden damit umzugehen...Heute habe ich allerdings beschlossen, unsere Wohnung etwas zu schmücken (aber bewusst anders als früher) und mich gedanklich / emotional ein wenig auf die Adventszeit einzulassen... Mach es einfach so wie es für dich o.k. ist und wie es sich für dich gut anfühlt...

Liebe Grüsse
Katja
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  #64  
Alt 02.12.2012, 07:19
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fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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Standard AW: mama, nun bist du ein engel

liebe katja..
ich habe gestern das haus geschmückt.. so wie immer. und es sieht schön aus.
meine mami liebte es, uns in der weihnachtszeit zu besuchen. ihr gefiel es immer wenn ich überall geschmückt hatte. und ich weiß, sie wäre traurig, wenn ich nichts gemacht hätte. ihr gefällt es auch jetzt.
ich wünsch dir einen schönen ersten advent.
glg tine
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  #65  
Alt 02.12.2012, 16:02
juetlandfan juetlandfan ist offline
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Standard AW: mama, nun bist du ein engel

Liebe Tine,
das klingt gut. Mir kam gestern auch der Gedanke, was meine Mama bezüglich unserer Gestaltung der Adventszeit erfreuen würde. Ich kam auch zu dem Ergebnis, dass sie sich (wie früher) mit uns über die dekorierte Wohnung freuen würde. Sie hat früher auch immer viel Liebe in die Dekoration ihrer Wohnung gesteckt.
Habe mich heute emotional so stark gefühlt, dass ich zusammen mit meinem Mann einen kleinen Weihnachtsmarkt besucht habe. Bis auf das Wetter (Regenschauer mit Schnee) war es recht schön. Habe auch vorhin in unserer Wohnung bewusst eine Kerze für Mama angezündet. Ich wünsche dir und deiner Familie ebenfalls einen schönen ersten Advent.
Liebe Grüsse Katja
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  #66  
Alt 05.12.2012, 17:26
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fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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Standard AW: mama, nun bist du ein engel

danke liebe katja..
will mich mal wieder melden.. es geht mir nicht gut. hab heut mal wieder lang mit meiner schwester telefoniert und unsere trauer/gedanken laufen wie gehabt parallel ab.
ich komm einfach nicht mit dem todesablauf meiner mami klar. gut, wir waren bei ihr, aber nur wie?? als wir um drei uhr nachts gemerkt haben, daß ihre atmung immer öfters und länger aussetzt, sind wir erst mal eine rauchen gegangen. und dann saßen wir ab viertel nach drei bei ihr. eine rechts am bett, eine links. da war es noch gut, und dann kam aber der pfleger und wir waren so in einem gespräch mit ihm vertieft, daß wir überhaupt nicht wahr nahmen, daß grad mamis letzte minuten stattfinden. nur durch zufall sah ich ihre veränderung im gesicht und dann eine minute später starb sie. ich hass mich dafür. und dann, als mein bruder dazu kam, sind wir wieder eine rauchen und dann sind wir ins zimmer zu mami. da lag sie... tot.. und wir hatten nichts besseres zu tun, als zusammenzupacken und zu gehen. was war nur mit uns los?? gut, ich hab zwei nächte so gut wie nicht geschlafen und auch meine schwester war übermüdet. aber hätten wir denn nicht wenigstens noch eine stunde bei mami bleiben können?? ich weiß nicht, was ich drum geben würde, die zeit zurückdrehen zu können. ich würde mich nicht vom pfleger ablenken lassen und hätt nur auf mami geachtet. und ich wär nach ihrem sterben bei ihr geblieben. vielleicht hätt ich mit dem pfleger noch mami schön hergerichtet.und ich wär einfach noch eine weile bei ihr gesessen, um es zu begreifen. um den tod, der schon so lang im raum war, als realität zu erfahren.
es belastet mich dermaßen..meiner schwester gehts genauso.
mein verstand sagt mir, daß ich es so akzeptieren muß, wie es gelaufen ist. daß mami vielleicht genauso gehen wollte... ich weiß das ja alles. aber mein herz schreit.. schreit vor scham, wut auf mich selber und verzweiflung, weil es nicht mehr zu ändern ist.
ach ihr lieben.. der tod ist nicht nur ein moment..nein er zieht einen langen schwanz hinter sich. es ist ein langer kampf. in mir zumindest.
ich wünsch euch eine schöne restwoche
eure sehr betrübte tine
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  #67  
Alt 05.12.2012, 21:59
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Morgana Morgana ist offline
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Standard AW: mama, nun bist du ein engel

Liebe Tine,

ich lese gerade Deine "frischen" Gedanken....

und finde es es genau so, wie es ist, genau richtig abgelaufen. Ihr habt es so gemacht, wie es war...auch eine rauchen gehen, Plaudern mit dem Pfleger...daneben sitzen und durchaus merken, dass sich was "verändert", das ist entspannt...das ist real und dennoch mit vielen liebevollen Gedanken an eure Mutter begleitet.
Stimmt...ich habe auch in der ersten Zeit nach dem Tod meines Mannes genau an diese allerletzte Zeit gedacht...tot, ist eben nicht tot, da kommen dann nachher allerlei Gedanken...hätte ich doch...oder hätte ich nicht doch besser...war es denn wirklich "richtig" so...Hmm...ist normal. Doch wenn sich die realen Erinnerungen und das Bauchgefühl endlich mal "ausdiskutiert" haben, dann kehrt Ruhe und friedliche Akzeptanz ein.

Liebe Tine...laß Zeit vergehen und...alles wird sich ordnen, eure Mutter hat ihren Frieden gefunden und ihr werdet, gerade, wenn ihr im Gespräch bleibt, merken, dass sich alles neu sortiert...gemeinsam werdet ihr später euch freuen, dass ihr eurer Mutter so nahe ward in ihren letzten Stunden bis sie erlöst wurde...ja...alles wird "gut", da bin ich überzeugt!

Alles Liebe von mir

Morgana
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Die Seele hätte keinen Regenbogen, wenn die Augen nicht weinen könnten.
[Indianische Weisheit]
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  #68  
Alt 06.12.2012, 07:54
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fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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Standard AW: mama, nun bist du ein engel

danke liebe morgana..
das macht mir mut, daß sich alles neu ordnen wird. ich hoffe es sehr, denn so ist das kein dauerzustand. aber es ist auch alles noch so frisch..
ich wünsch dir eine schöne, besinnliche vorweihnachtszeit.
glg tine
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  #69  
Alt 06.12.2012, 23:41
juetlandfan juetlandfan ist offline
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Standard AW: mama, nun bist du ein engel

Liebe Tine,

ich hatte die letzten Tage ziemlich viel um die Ohren, sodass ich erst jetzt wieder am PC sitze. Also erstmal umarme ich dich und drück dich gaaanz fest.
Ich finde es ganz normal, dass es emotional so ein rauf und runter ist mit den Gedanken und Gefühlen. Es war bei mir genauso... jeder hat da so sein eigenes Tempo, aber irgendwie kommen immer wieder diese Bilder der letzten Tage des Abschiednehmens und dann das Reflektieren des Todes und Abschiednehmens. Es ging mir am Anfang ganz oft so und auch nach einem Jahr muss ich immer wieder daran denken (halt nur seltener als direkt nach Mamas Tod)
Ich kann dich und deine Schwester gut verstehen, doch zurückdrehen kann man es nicht. Wir alle wussten ja zu diesem Zeitpunkt nicht, dass es die letzten Lebensminuten unserer Mütter waren. Dann hätte man ganz sicher 100% der Aufmerksamkeit auf die Mama gelenkt. Ich glaube, dass unsere Mütter einfach dankbar waren / sind, dass wir so viel Zeit in ihren letzten Lebenswochen und Stunden bei ihnen verbracht haben, dass es gar nicht so sehr auf die letzten Minuten ankommt ! Es war ein so wichtiger Liebesdienst, den ihr und wir gebracht haben, dass nicht nur die letzten Minuten zählen. Eigentlich könnt ihr dankbar sein, dass ihr überhaupt vor Ort ward. Mein Papa, mein Mann und ich waren bis ca 21 Uhr bei ihr und um ca 22 Uhr starb sie. Ich habe mir auch oft Vorwürfe gemacht,warum ich nicht bei ihr geblieben bin. Mein Mann war hundemüde, wollte nach hause und ich war innerlich hin und her gerissen zwischen Mann und Mutter. Hätte ich ihn damals nach hause gebracht und wäre wieder hingefahren... doch irgendwie waren wir alle drei ziemlich ausgepowert von den drei Monaten mit Hiobsbotschaften, Besserungen, Hoffnungen und Rückschlägen...das darf man nicht vergessen,wenn man zurückdenkt und sein Verhalten refekltiert...Ich befand mich damals in einem emotionalen Ausnahme-Schock-Nicht-Wahr-haben-Wollen-Zustand und wusste nur,dass die Lage seeehr ernst ist. Jetzt hat man auf eine gewisse Weise mehr Abstand und sieht es nüchterner... klar... trotzdem ist es wichtig für euch und uns, dass wir ein inneres Ja zu unserem Verhalten in der damaligen emotionalen und physisch geschwächten Verfassung finden, damit unsere eigene Seele zur Ruhe kommen kann und wir Kraft zum Weiterleben schöpfen. Keiner ist perfekt. Unsere Mütter kannten uns besser als jeder andere Mensch auf dieser Welt und sie haben ganz bestimmt keine perfekten Töchter erwartet. Ich glaube, dass ihr und auch wir ganz ganz vieles richtig gemacht haben und das zählt. Ganz liebe verschneite Grüsse sendet dir Katja
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  #70  
Alt 07.12.2012, 06:53
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fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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liebe katja.. danke.. deine zeilen tun so gut. danke, daß du dir zeit dafür nimmst.
zu diesem "ja" bin ich noch weit entfernt, aber es ist ja auch noch keine zeit. wie du geschrieben hast, jeder hat sein eigenes tempo.aber du machst mir mut, daß es sich wenden wird und ich dieses gehen meiner mami akzeptieren werde.
ich wünsch dir ein wunderschönes adventswochenende. laß es dir gut gehen und fühl dich lieb gedrückt von
tine
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  #71  
Alt 07.12.2012, 09:07
Alpenveilchen Alpenveilchen ist offline
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Standard AW: mama, nun bist du ein engel

Liebe Tine,

ich lese immer so mit, kann Dir aber leider nicht helfen und schreibe deswegen meistens nichts. Du hast sicherlich mehr davon, wenn andere Hinterbliebene aus ihrer Erfahrung berichten. Ich möchte nur eines sagen. Ich habe nun schon von so vielen Sterbesituationen gelesen, und in so, so vielen Fällen war es so, dass der oder die Betroffene gestorben ist, als das betreuende Familienmitglied gerade nicht da war. Es sind wirklich die Ausnahmen, wo jemand in den Armen des Angehörigen einschläft. Den meisten Sterbenden scheint es sehr schwer zu fallen, loszulassen, während sie im direkten Kontakt mit ihren Angehörigen stehen. Wahrscheinlich führt das zu einer gewissen Spannung im Körper, die dem letzten Atemzug im Wege steht. Erst wenn der/die Angehörige mal kurz aus dem Zimmer geht, kurz nach Hause fährt o.ä., entspannt sich der/die Sterbende und tut seinen/ihren letzten Atemzug. Deswegen solltest Du Dir da keine Vorwürfe machen. Wahrscheinlich befand sich Deine Mutter im Nebel zwischen dem Leben hier und dem Jenseits auf der anderen Seite und konnte nur noch nicht vom Leben loslassen, weil immer jemand da war und sie sozusagen hier hielt, und sie wartete im Prinzip darauf, alleine zu sein, um entspannt hinüberziehen zu können.

Ganz liebe Grüsse
vom Alpenveilchen
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  #72  
Alt 07.12.2012, 14:28
Tiina Tiina ist offline
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Standard AW: mama, nun bist du ein engel

Liebe Tine,
ich kann das so gut verstehen, diese Gedanken... Auch ich habe mir ja immer wieder bittere Vorwürfe gemacht, dass ich bestimmte Sachen nicht oder falsch gemacht habe. Ich weiß auch, dass dem mit rationalen Argumenten nicht beizukommen ist... Ein Stück gehören solche Schuldgefühle glaube ich auch einfach dazu zur Trauer.

Es tut mir in der Seele weh zu lesen, dass Du Dich hasst dafür... Du hast Deiner Mami so voller Liebe beigestanden...

Aus meiner Erfahrung kann ich immerhin sagen, dass sich das Empfinden auch wieder ändert. Es werden wieder Zeiten kommen, wo diese Schuldgefühle nicht mehr im Vordergrund stehen! Bei Dir ist ja alles noch so frisch...
Und ich bin 100% sicher - wenn wir die Chance bekämen, nochmal zurück in der Zeit zu gehen und es tatsächlich schaffen würden, alles anders zu machen, was uns jetzt so quält, würden wir uns trotzdem Vorwürfe machen und dafür eben etwas anderes finden...

Ich wünsche Dir, dass Du wieder ein bißchen mehr Frieden findest.
Alles Liebe,
Anja
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  #73  
Alt 07.12.2012, 17:15
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fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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liebes alpenveilchen, liebe anja..
ich weiß ja.. ihr habt recht.. es hat so sein sollen, wie es gekommen ist. meine mutter wollte es so. und sie sollte ja so gehen dürfen, wie sie es wollte.
hab heut was wunderbares gelesen.. und möcht dies weitergeben:

Ich bin nicht weit weg, nur auf der anderen Seite des Weges.

Der Tod ist nichts, ich bin nur in das Zimmer nebenan gegangen.
Ich bin ich, ihr seid ihr.
Das was ich für Euch war, bin ich immer noch.
Gebt mir den Namen, den ihr mir immer gegeben habt.
Sprecht mir mir, wie ihr es immer getan habt.
Seid nicht feierlich oder traurig.
Lacht weiterhin über das, worüber wir gemeinsam gelacht haben.
Betet, lacht, denkt an mich. Betet für mich,
damit mein Name im Hause ausgesprochen wird, so wie es immer war, ohne irgendeine besondere Betonung, ohne die Spur eines Schattens.
Das Leben bedeutet das, was es immer war.
Der Faden ist nicht durchschnitten.
Warum soll ich nicht mehr in euren Gedanken sein,
nur weil ich nicht mehr in eurem Blickfeld bin?
Ich bin nicht weit weg, nur auf der anderen Seite des Weges.
Aus England (evtl.Charles Peguy)


ich drück euch.. tine
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  #74  
Alt 07.12.2012, 20:51
mia32 mia32 ist offline
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Standard AW: mama, nun bist du ein engel

Hallo Tine,

ich kann gut verstehen, dass Du Dir wegen der letzten Minuten Deiner Mami Vorwürfe machst. Bei mir ist es auch so.
Meine Schwester und ich haben meine Mama die letzten 2 Wochen gemeinsam Zuhause gepflegt (mit minimaler, aber verlässlicher Unterstützung durch einen Hausarzt). Ca. 6 Tage vor ihrem Tod setzte sie sich auf, weil sie mit unserer Hilfe auf den Toilettenstuhl wollte. Sie saß eine ganze Weile, doch dann ließ sie sich wieder fallen und ächzte leise "Ich schaff es nicht!". Sie war einfach zu schwach geworden. Ich sagte ihr, dass es nicht schlimm sei, wir hätten im Sanitätshaus Windeln zum Testen bekommen. Selbst da redete ich mir ein, dass wir sie noch ganz lange bei uns haben würden. Einen Tag später holten wir den Hausarzt, weil meine Mama nichts mehr essen konnte (obwohl sie vom Verstand her eigentlich wollte) und er sagte uns, dass wir sie in den Wachphasen nicht mehr daran erinnern sollen, da es jetzt mit ihr zuende gehen würde und die Aufforderung sie in ihren letzten Tagen nur belasten würde. Ich hatte das Gefühl ich müsste sie verhungern lassen, obwohl ich vom Verstand und von Recherchen im Web her wusste, dass er Recht hatte. Ab diesem Tag war sie nicht mehr wirklich ansprechbar und ihre Augen waren durchweg geschlossen. Wir versuchten aber auch nicht mit Nachdruck sie anzusprechen, da sie sehr große Angst vor dem Tod hatte und wir dachten, dass der Schlaf bestimmt besser für sie wäre. Wir lasen ihr vor und waren rund um die Uhr teilweise abwechselnd bei ihr. Morgens an ihrem Todestag erhöhte ich den Kopfteil des Pflegebettes etwas, um ihr das Schlucken der zusätzlichen Schmerztropfen zu erleichtern. Leider fing sie durch die Lageveränderung an zu Würgen und machte auch ihre Augen wieder halb auf (ohne klar zu gucken). Das hätte ich ihr gerne erspart. Ich hatte große Angst, dass sie wegen mir ersticken könnte, aber es ging nochmal gut. Ab da war Mama sehr unruhig und ich bin fast durchgedreht bei dem Gedanken, was jetzt wohl in ihr vorgehen mag. Meine Schwester und ich rechneten jeden Moment damit, dass sie von uns gehen würde. Gegen Mittag wurde sie wieder ruhiger. Meine Schwester und ich atmeten tief durch und meine Schwester meinte, dass jetzt ein guter Moment sei, um die Windel mal zu wechseln. Während wir das machten, verstarb sie einfach!!! Deshalb und wegen des Würgens am Morgen mache ich mir heute noch Vorwürfe!!! Mein Verstand sagt mir zwar, dass es keine Absicht war und dass ich es einfach in dem Moment nicht besser wusste. Trotzdem würde ich mir sehr, sehr wünschen die Zeit zurückzudrehen und es besser machen zu können ...
Du siehst also, dass es nicht nur Dir so geht. Auch ich bereue sehr, was passiert war. Manchmal hilft zwar der Verstand, aber wenn die Gefühle Oberhand haben (was recht häufig ist), geht es mir auch heute noch - nach über 2 Jahren und aml davon abgesehen, dass ich sie sowieso extrem vermisse - beschissen bei dem Gedanken an Mamas letzte Stunden.
Fühl Dich mal ganz doll gedrückt!
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  #75  
Alt 08.12.2012, 06:46
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liebe mia..
ich danke dir sehr für deine zeilen. oh, wie gut kann ich dich verstehen.
meine mami hat 12 tage nichts gegessen und heut frag ich mich, ob sie eigentlich verhungert ist. sie war nur noch haut und knochen. und auch da schleicht sich gleich schlechtes gewissen dazu.
ich kann gut nachvollziehen, daß du dir vorwürfe wegen dem verschlucken machst. aber es ging ja nochmal gut....wie auch immer man das in so einer situation sagen kann. es muß furchtbar für dich gewesen sein. meine mami mußte man immer wieder absaugen. das erste mal hat sie es noch mitbekommen. meine schwester hörte sie bis ans ende des ganges schreien. ich war zum glück da grad nicht da. die anderen male hat sie es aber nicht mehr mitbekommen. da war ich froh.
ich kann auch deine gedanken verstehen, was deine mami in der unruhigen phase wohl so grad durchmacht hat. das war bei uns auch so. meine mami wollte noch so lange bei uns bleiben. sie wollte noch nicht gehen. sie war noch nicht bereit, wie manch andere es sind. wir haben mit der ärztin des hospizes gesprochen, woher diese unruhe denn kommt. sie meinte, daß mami jetzt viele dinge aufarbeitet, und dadurch daß ihr gehirn vergiftet ist, sie es nicht mehr ausmachen kann, ob sie das grad nochmal erlebt. ich fand das so schlimm, sie tat mir unsagbar leid. die ärztin gab ihr dann zusätzlich zum morphium noch tavor. das machte sie etwas ruhiger. und gegen ende war sie gar nie wach. sie schlief ganz ruhig.
weißt du, liebe mia... wir lieben unsere mamis sehr und hätten gern alles richtig gemacht. aber woher sollten wir wissen, was richtig und was falsch ist. es gibt kein handbuch dafür. es ist genau, wie beim kinderhaben. da machen wir mütter beim ersten kind auch immer wieder fehler. wir müssen es als gegeben hinnehmen und das fällt so schwer.
ich wünsch dir schöne gedanken an deine mami und eine besinnliche adventszeit.
fühl dich lieb umärmelt von tine
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