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  #1  
Alt 06.11.2014, 21:14
tinep tinep ist offline
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Beiträge: 34
Standard Wie kann ich helfen?

Hallo ihr,

Vor einem Jahr hatte ich mich in diesem Forum angemeldet. Ich bin 26, meine Mutter bekam die Diagnose Eierstockkrebs mit Metastasen in der Leber. Ich hatte jedoch nicht die Kraft und Energie aktiv in diesem Forum zu schreiben.
Operation, Chemo...es war unglaublich kräftezehrend. Sie hat toll mitgemacht.
Mich plagte ständig das schlechte Gewissen da ich mit meinem Freund in Berlin lebe aber meine Eltern in Süddeutschland. Also 600 km Entfernung.
Aber es ging schon irgendwie, ich war oft da, aber eben nicht so, dass ich wirklich DA sein konnte. Konnte ja auch nicht ständig Urlaub nehmen.

Nach der Chemo, die im März endete, kam dann eigentlich ein schöner Sommer! Klar, man hat das im Hinterkopf aber irgendwie konnte man die Zeit genießen. Meine Mama hat sich wieder die kurzen Haare gefärbt, sie sah super aus. Wir sind sogar 5 Tage Wandern gegangen und sie war einfach topfit! Sie ist 68 und ist super steile Strecken mit uns gelaufen. wir waren daher sicher, dass alles im grünen Bereich ist!! Ich bekam wieder das Gefühl, mich auf Berlin einlassen zu können und mein hier Leben zu starten. Dann plötzlich, nur eine Woche nach dem Urlaub wieder kein Appetit...CT...die Lebermetastasen sind wieder da.

Wir sind wieder völlig zusammengebrochen. Es waren 6 schöne Monate, aber die haben einfach nicht gereicht um genug Kraft zu schöpfen. Wenigstens ein Jahr in dem meine Mama unbeschwert sein kann habe ich ihr so gewünscht. Es fühlt sich an wie täglich grüßt das Murmeltier. Vor genau einem Jahr lag ich auch nur weinend auf dem Bett, das Leben stand komplett still. Jetzt wiederholt sich das genau ein Jahr später. Ich kann doch nicht in Berlin bleiben? Aber hier bin ich auch irgendwie zuhause. mit meinem freund und freunden. Gerade bin ich auf Jobsuche und habe bewerbungsgespräche für tolle stellen die ich eigentlich nicht einfach sausen lassen kann.
aber sollte ich nicht zurück zu meiner familie?! Meine Mama bekommt jetzt wieder eine Chemo. Sie ist aber so niedergeschlagen. Sie sagt immer so Sätze wie "ich wollte noch so schöne sachen mit euch machen" und "wieso muss mir das passieren?" und wieso sie nicht ein paar Jahre nach der Behandlung hat geschenkt bekommen können. Mir bricht das das Herz. Sie ist so traurig über ihr Schicksal. Ich versuche sie zu trösten aber nachdem es jetzt nach so kurzer Zeit zum Rückfall kam fällt es mir sehr schwer mit dem Mut machen.

Sie bekommt jetzt die Chemo und wir hoffen sie schlägt an und schenkt und noch mal Zeit aber ich kann diese Gedanken nicht verdrängen, dass sie sterben wird. mir wird richtig übel wenn diese gedanken kommen.
wo soll ich hin? job suchen in berlin oder arbeitslos bei meinen eltern?! ich habe keine ahnung was ich tun soll.

wann wurde das eigentlich unser leben frag ich mich oft? wir hatten so ein unbeschwertes leben geführt, wofür ich auch dankbar bin. (leider hat man es als viel zu selbstverständlich genommen)
In diesem Forum sind alle so positiv. Mir fällt das gerade sehr schwer.

Hinzu kommt, dass meine schwester die schon 45 ist, jetzt auch noch mit schweren depressionen im krankenhaus ist. sie lebt eigentlich in meiner Heimatstadt aber so kann sie natürlich auch nicht helfen. Und ich will meinen Papa nicht alleine lassen mit der ganzen Last.

Wie schafft man es positiv zu bleiben und wie treffe ich die richtige Entscheidung ob ich hier bleiben soll oder meine Zelte in Berlin abbreche und zurück gehe in mein Elternhaus?

Danke für eure Zeit und viele Grüße,
Tine
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  #2  
Alt 06.11.2014, 21:34
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BerliNette BerliNette ist offline
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Standard AW: Wie kann ich helfen?

Liebe Tine,
Deine sorgen und Ängste sind völlig normal. Denke bitte nicht, dass wir hier alle jeden Tag stark für unsere Lieben sind. Ich kann dir nur aus leidvoller Erfahrung sagen, man wächst mit dieser Herausforderung. Man wächst auch hinein. Auch wenn ws deiner Mum jetzt nicht gut geht, meinst du sie möchte, dass du alles für sie aufgibst? Bitte griff jetzt keine voreiligen Schlüsse. Ich wünsche dir und deiner Mutter noch eine gute Zeit.
Liebe Grüße BerliNette
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Verweile nicht in der Vergangenheit, träume nicht von der Zukunft. Konzentriere dich auf den gegenwärtigen Moment!
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mein Schatz:
Lungenkrebs ED: 06/2014 - ALK-Mutation (zurzeit Behandlung mit Xalkori)
Speiseröhrenkrebs ED: 07/2015 - 16 x Bestrahlung, vollständige Ernährung mit PEG
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  #3  
Alt 07.11.2014, 10:05
tinep tinep ist offline
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Standard AW: Wie kann ich helfen?

Danke für deine Antwort und auch Danke an LiebesHerz.
Ja, eigentlich hört man oft, dass Mütter bzw Eltern einfach wollen, dass die Kinder ihr Leben weiterleben. Ich bin mir auch sicher meine Mama will, dass es mir gut geht. Sie sagt aber schon immer so sätze wie "es ist so schade, dass du so weit weg bist ich würde dich gerne umarmen" und wie weit berlin doch weg ist und dass man sich so selten sehen kann.
wenn ich dann sage, dass ich mich ja auch in stuttgart bewerben kann, widerspricht sie nicht. also ich denke sie würde sich das schon wünschen.
Mein ganzes soziales Leben ist nur eben nicht in Stuttgart sondern in Berlin. es hat auch Zeit gedauert das alles hier aufzubauen.
wobei eigentlich ist das auch egal. ich habe sowieso keine lust mehr irgendjemanden zu treffen. Ich komme überhaupt nicht mit dem gedanken klar, dass ich mit freunden rumsitze und bierchen trinke während meine mama daheim liegt und von der chemo brechen muss und nur liegen will.


Ich habe letztes Jahr mein Studium beendet und bin dann nach Berlin zu meinem Freund gezogen. Habe dann einen Job gesucht. Da kam die erste Diagnose. Bin dann wieder für 2 Monate runter zu der Familie und als sich das mit der Chemo eingependelt hatte und ich den Eindruck hatte meine Eltern kommen klar, bin ich zurück nach Berlin und habe ein Praktikum angefangen. Dieses neigt sich nun dem Ende zu und ich muss gucken, dass ich jetzt mal in das richtige Berufsleben einsteige. und jetzt... wieder genau die gleiche Situation. hatte grade angefangen mich zu bewerben.

Es fühlt sich echt an wie 2013. nur mit weniger hoffnung und zuversicht.

dieses leben dass ich führe, fühlt sich so fremd an und ich fühle mich irgendwie auch meinen ganzen freunden gegenüber total fremd. wo alles einfach "normal" läuft mit den standard problemchen wenn man mitte 20 ist. liebeskummer, wohnungssuche und so. ich halte zu niemandem mehr wirklich kontakt wiel ich das einfach nicht ertrage. es ist auch eine ekelhafte eigenschaft aber ich ertappe mich, dass ich neidisch bin. dafür schäme ich mich auch.

Geändert von gitti2002 (07.11.2014 um 23:18 Uhr) Grund: Themen zusammengeführt
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  #4  
Alt 07.11.2014, 10:25
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BerliNette BerliNette ist offline
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Standard AW: Wie kann ich helfen?

Liebe Tine,

lass dich mal umärmeln . Deine Gedankengänge sind völlig normal! Du musst dich nicht schämen! DAS ist auch keine Frage des Alters, ich bin doppelt so alt und auch ich wünsche mir mein altes unbeschwertes langweiliges Leben zurück. Ich kann es nicht ertragen wenn Kollegen sich über so belanglose Dinge wie einen verregneten Urlaub oder ein paar kg zu viel auf den Rippen beschweren. Ich igel mich im Moment total ein und spreche kaum mit "Unbeteiligten" über die Krankheit meines Mannes. Ich bin dabei nämlich schon oft verletzt worden und die Belanglosigkeiten die man hört, können sich die Menschen auch sparen.

Vielleicht hilft es dir dich mit uns hier im Forum auszutauschen. Wir sitzen hier alle in einem Boot und können den anderen oft besser verstehen.

Hast du die Möglichkeit deine Mutter regelmäßig zu besuchen? Klar es ist eine weite Strecke, aber es würde euch beiden sicher guttun zu wissen, dass du einmal im Monat (oder aller zwei) bei ihr sein kannst?! Zwischendrin kannst du ihr ja immer mal ein paar Kleinigkeiten schicken, damit sie weiß, dass du immer an ihrer Seite bist, es aber im Moment nicht möglich ist. Was mag sie denn gern?

Ich wünsche dir, dass du einen guten Weg findest.

Liebe Grüße

BerliNette
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  #5  
Alt 07.11.2014, 22:25
LiebesHerz LiebesHerz ist offline
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Beiträge: 505
Standard AW: Wie kann ich helfen?

Liebe Tine,
ich kenne das auch mit den Freunden und Bekannten. Plötzlich spürt man auch instinktiv wer auch schon ähnliche Erfahrungen machen musste und wer noch unbelastet ist. Ich fühle mich momentan zu den Menschen hingezogen die auch schon liebe Menschen verloren haben. Mit den Problemchen anderer kann ich nix anfangen. Aber jeder wird Verluste erleben, es gibt keinen Weg vorbei. Und wir werden daran wachsen! Das Leben ist wahrlich kein Ponyhof, man muss lernen auch auf einen Stier zu reiten!
Dass Du schon zwei Monate bei deinen Eltern warst ist schon sehr viel. Achte auf Dich, es gibt dein Tochterleben aber eben auch dein Erwachsenenleben. Das wird dich auch auffangen und dich stützen wenn es dir nicht gut geht, du brauchst deine Freunde.
Alles alles Liebe,
Jana
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  #6  
Alt 11.11.2014, 11:29
tinep tinep ist offline
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Standard AW: Wie kann ich helfen?

Hallo ihr beiden,

vielen Dank für eure Worte. Du hast das schön ausgedrückt Jana, man muss auch den Stier reiten. Nur hab ich das Gefühl, dass mich dieser Stier bald abwirft.

Eines der schlimmsten Dinge ist, dass ich so einen riesigen Groll gegen meine Schwester hege. Sie kam vor einigen Woche mit schweren Depressionen und Panikattacken in die Klink. Meine Schwester macht eigentlich seit ich sie kenne Sorgen. Sie ist 45 und könnte ein Stütze für meine Mutter sein. Sie lebt auch im selben Ort. Stattdessen zieht sie mit ihrem Drama meine Mutter noch mit in ein riesen Loch. Meine Mama ist psychisch ganz schlecht beieinander, natürlich wegen ihrer Krankheit aber auch, weil sie sich rund um die Uhr noch Sorgen um meine Schwester machen muss und sie im krankenhaus besucht und was zu essen mitbringt weil sie nur noch 45 kg wiegt...

und ich habe riesige angst, dass ich meiner schwester einfach NIEMALS verzeihen werde, dass sie in dieser schweren Zeit meine Mutter noch zusätzlich so sehr belastet. Ich habe überhaupt keine Lust mir ihr Kontakt zu haben geschweige denn sie zu sehen. Besuche dieses Wochenende meine Familie und ich will sie einfach nicht sehen weil ich Angst davor habe was ich ihr sagen werde. Nämlich dass ich denke, dass sie die Therapie meiner Mutter negativ beeinflusst. was eine katastrophe ist!
ich weiß sie ist krank und kann nichts dafür. aber im moment bin ich einfach nur unsagbar WÜTEND. sie gefährdet das Leben meiner mutter. so einfach ist das. und das werde ich ihr nicht verzeihen. meine mutter braucht hilfe und keine last. dann soll sie in kur gehen und meine eltern erstmal in ruhe lassen. nein dann jammert sie noch ständig und isst nichts.

(nichts von dem was ich hier schreibe habe ich je zu meiner schwester gesagt, ich versuche sie aufzubauen damit ich das ein bisschen abfangen kann, aber diese gedanken plagen mich den ganzen tag).

wenn sich das nicht bald ändert, wird das verhältnis zu meiner schwester für immer gestört sein.

ich hoffe ihr dnekt jetzt nicht ich bin ein monster. aber ich bin so hilflos in dieser situation. ich wünsche mir jeden tag ich wäre nicht so weit weg und könnte helfen, bin 26 und habe eigentlich eine große schwester die dort ist, die aber alles nur noch schlimmer macht.
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  #7  
Alt 06.11.2014, 23:26
LiebesHerz LiebesHerz ist offline
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Standard AW: Wie kann ich helfen?

Liebe Tine,

es ist ein Dilemma. Ich kann sehr gut verstehen wie du dich fühlst.
So zerrissen. Ich würde Dir raten, dein Leben in Berlin nicht aufzugeben. Natürlich möchtest Du helfen und natürlich möchtest Du zeit mit und für deine Mutter haben, aber Du musst auch für dich da sein und dein Leben leben! Auch Du hast nur eines! Zudem glaube ich dass es den Eltern, gerade den Müttern, sehr wichtig ist dass es den Kindern gut geht. Elternliebe ist völlig selbstlos. Ich glaube, deine Mutter und auch dein Vater würden nicht wollen dass Du Dein Berliner Leben aufgibst. Sei für sie da aber achte auch auf Dich! Du gehst sonst kaputt.

Ich kenne dieses Gefühl was Du hast sehr gut!

Alles Liebe für Dich!

Jana
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