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  #1  
Alt 26.09.2008, 20:45
Benutzerbild von meliur
meliur meliur ist offline
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Standard AW: darmkrebs notoperation

Hallo!
Robert, ich lass einfach auch mal eine Zeile in Deinem Thread von mir "hören", obwohl ich hier bisher nur mitgelesen habe - hatte am Anfang den Eindruck, als wolltest Du auch eher erstmal erzählen als in Dialog treten, hab aber bald gemerkt, dass das ein Irrtum war.
Es gefällt mir jedenfalls, mitzuverfolgen, welche Zwie- und überhaupt Gespräche sich hier entwickeln, und Deins mit Birgit ist schon was Besonderes. Da haben sich zwei Poeten getroffen, die sich trotz oder wegen ihrer verschiedenen Sprachen verstehen - find ich schön! Danke fürs Mitlesevergnügen.
meliur
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  #2  
Alt 28.09.2008, 12:02
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robert54 robert54 ist offline
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Standard AW: darmkrebs notoperation

hallo meliur,
anfangs war ich nicht auf dialog aus, das siehst du richtig. dialog bedeutete information für mich, anderes leid aufzunehmen, den eigenen abstand nicht zu finden.

aber
"sie haben sich ja überhaupt nicht verändert!" rief ein bekannter, der herrn k. lange nicht gesehen hatte. "oh!" sagte herr k. und erbleichte.....oder so ähnlich, geklaut bei brecht..... und ausserdem ist meine geschichte fast zu ende.

vorgestern kam ich aus einem krankenhaus, am ausgang zigarette anzünd, hinter mir eilige schritte. -jetzt könnte ich auch eine brauchen- sagen die schritte hinter mir. ein junger mann nimmt sich eine und sagt, dass er aus der krebsstation kommt...raucht und fängt an zu heulen. gehen zusammen zum auto. früher hätte ich mich mit ein paar floskeln hinweg gebeamt.
hab zwei bier aus dem auto geholt und reden lassen. freundin liegt mit ganz seltenem nierenkrebs frisch operiert auf der station, blutgefässe mit betroffen, irgendwas in den lungen. sie 21, er 25. wir haben stunden geredet.......etwas, das ich früher nicht konnte. wahrscheinlich hat es ihm geholfen und mir hat es nicht geschadet.

liebe birgit,
bist mir ja eine hemmungslose romantikerin
vor einem jahr bin ich am 20. september nachts um zwei zum ersten mal auf den schornstein....über die rüstung, balken und plane.
am horizont wirken die sterne viel näher, viel grösser. hab die nähe nochmal gespürt...tief eingeatmet.........wollte schreien vor glück....... langsam wieder ausgeatmet....... weil: man schreit gott nicht an
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Geändert von robert54 (10.10.2008 um 23:02 Uhr)
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  #3  
Alt 28.09.2008, 13:42
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meliur meliur ist offline
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Standard AW: darmkrebs notoperation

Servus Robert,

deine Begegnung vor dem KH zeigt, wie Du Dich verändert hast. Das passiert glaub ich einigen, die es übel erwischt hat, wenn sie einigermaßen wieder rausgekrabbelt sind aus ihrem Tal. Der Blick ist anders geworden, der auf andere (nicht nur denen es schlecht geht) und der auf sich selbst. Der auf die Welt und aufs Leben. Ich möchte diesen neuen Blick nicht mehr hergeben - daran denke ich in den Momenten, wo ich den ganzen Krankheitsmist verfluche und mir mein altes Leben zurückwünsche.

meliur
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  #4  
Alt 29.09.2008, 10:14
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Birgit4 Birgit4 ist offline
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Standard AW: darmkrebs notoperation

Liebe Meliur,
Ich sehe die Menschen schon immer durch die Augen in die Seele.
Dort schlummert das wahre ICH.
Ich habe schon immer ein tiefes Gefühl für Leid, Freude.....und Miteinander gehabt.

Diese Erfahrung "Krebs" hat meine Seele eine Ebene nach oben geschubst. dass ist richtig.....näher an meine Seele.

Aber am Anfang .....war mein Blick auf mich gerichtet.....wie komme ich wieder aus diesem kalten Wasser raus, in das ich bei meiner Diagnose geschmissen wurde." Schwimmen, oder Untergehen" das war lange meine Frage...aber meine Strömung heißt:" Lebenswille, Liebe und meine Hoffnung.....und an mich Glauben....auf meine innere Stimme zu hören"

Ein Jahr später wurde meine beste Freundin Krebskrank(Lungenkrebs) ich hatte keine Zeit mehr über mein Schicksal nachzudenken.....meine Freundin war nun wichtiger geworden.....und ich wurde wichtiger für meine liebste Freundin.....so sind wir drei Jahre Hand in Hand füreinander und miteinander. Sie starb in meinen Armen
Unsere Moni...so viele mussten vor mir gehen

Oh ja...wie kostbar das Leben mit Liebe ist.
Ich musste lernen loszulassen, und in Liebe gehen lassen.....damit ich lerne wieder für mich neu anzunehmen.
So ein scheiß.....ich muss lernen was ich an meisten Liebe (meine Kinder) Loszulassen.
Aber ich wollte das lernen....für den Tag an dem ich gehen muß....es zerreißt mir das Herz.
Oh, das tut weh.....aber ich habe es gelernt...auch ein großer Prozess in meinem Leben.

Liebe Meliur, auch ich möchte diese neuen Blicke nicht mehr hergeben.

"ABER" ich hätte mir so sehr gewünscht ....normal weiter zu Leben....ohne Ängste bei jeder Vorsorge....die Aussage der Ärzte ....im Sep.2007 das ich vielleicht noch ein Jahr habe ....weil Verdacht auf Bauchfellmetastasen waren....wegen meiner schweren Aszitis.Chemo hätte ich haben können....aber " NEIN" ich habe an mich geglaubt....und Die Liebe Gottes in meinem Herzen hat mich stark gemacht.....ich lasse mir keine Angst mehr machen.

Auf diesen schweren Kampf, den Verlust vieler lieber Menschen,die Angst kommt dieser Krebs wieder????

AUF das hätte ich soooo gerne verzichtet.
Einmal Krebs und für immer geheilt OK, damit hätte ich vielleicht noch umgehen können.....aber bei diesem schweren seelischen Leid hätte ich gerne auf diesen neuen Blick verzichtet.
Ich will immer noch mein altes Leben zurück

Ich kann dich sehr gut verstehen liebe Meliur.....ich freue mich sehr das du das für dich so verarbeitet hast, und deinen Weg gefunden hast.
Ich umarme dich heute mal ganz lieb....sei lieb gegrüßt von Birgit

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  #5  
Alt 29.09.2008, 11:23
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Birgit4 Birgit4 ist offline
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Standard AW: darmkrebs notoperation

Hallo du lieber Robert,
verzeih mir dass ich heute deine Seite benutzt habe ,um Meliur zu Antworten.
Aber manchmal gehen meine Gefühle so mit mir durch....dann schreibe ich einfach drauf los.


Und du warst im KH.....und gleich denn Glimmstengel im Mund

Ja,ich kann dich gut verstehen....wenn man selbst ein Schicksal durchlebt hat ....egal in welcher Form,kann man sich gleich in dieses Gefühll intregieren.....gerade wenn es auch noch sooo junge Menschen betrifft.....ist es ein hartes Brot an das ich zu knabbern habe.
Ich sehe in die Augen eines Menschen.....und meine Seele fühlt Trauer und Tränen. Und natürlich auch Freude und Erlichkeit
"Die Augen das Spiegelbild der Seele."


Lieber Robert....darf ich fragen wie es deiner Seele geht

Nur eine Frage....wenn du nicht so tief greifen magst.....ist das OK



Du bist bei Nacht auf dem Dach ,auf dem Schornstein....Wow, da wäre ich gerne dabei gewesen.


Hier ein Gedicht für dich.....dass fühle ich bei deinen Worten.

Sterne
soweit mein Auge reicht,
ich sehe euch leuchten
in mein Herz hinein.
Sie strahlen in mir
verdrängen mein Schmerz.
Rechzeitig den Absprung geschafft.
Sterne,
sie begleiten mich ein Lebenlang.
Leuchten für mich,
geben mir ein Gefühl der Wärme
geben mir Kraft.

Liebe Grüße und eine schöne Woche
von Birgit




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  #6  
Alt 01.10.2008, 10:25
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robert54 robert54 ist offline
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Standard AW: darmkrebs notoperation

ist ja nicht so, dass ich anfang oktober schon bäume ausreisse.

bekomme langsam eine ahnung davon, wie sehr mein immunsystem seit jahren mit dem tumor beschäftigt war, welche kraft und energie er mich gekostet hat. auf dem schornstein.....der schrei.....als wenn ein hengst auf der weide wiehert vor übermut. obwohl, na ja....pferde auf dem schornstein... passt irgendwie nicht.

sitze zum ersten mal seit der op im internet, paar informationen über chinesen können nichts schaden. es bleibt dabei, mein kopf wehrt sich gegen die krebswörter und ich wehre mich auch. weiss jetzt, ich habe ein....wie schreibt man das.....hhhooolhhhonn hhhaarzihhhom. es bringt mich nicht weiter, wenn ich die krebswörter vorwärts und rückwärts auswendig buchstabieren kann.
bin nicht wütend auf ihn, muss ihn respektieren, dass er es bis in mich geschafft und mich geschafft hat. aber .... wo isser denn jetzt?

wohin mit dieser energie.....womit fange ich an. es ist soviel zu tun in meiner ersten 1 bis 2 jahre-überlebensstrategie. dach muss dicht sein...und dann geht es nicht mehr um mich, sondern das leben nach mir....führerschein, auto....zwischendurch nochmal urlauben.

also los, rauf aufs dach. in der ersten woche schaffe ich die isolierung (shitkram, schwitze wie ein schwein, finde alte babywindeln und binde sie als kopftuch) und die bretter bis zum schornstein, dann mit kumpel um den schornstein und die dachfenster. first ist perfekt waagerecht, unglaublich.
zwischendurch stürmt es mal so, dass es mich fast vom dach weht. dachpappe muss ich auf der linken schulter hochtragen, der port stört.
am 11. oktober ist die pappe drauf, dachrinne, windleisten, fallrohr. winterfest. schmeisse die plane vom dach...da liegt sie dann zwei wochen auf dem rasen, denn ich kann nicht mehr.....bin fixifoxi kaputt.

12. oktober chemotag. will unbedingt allein hin, habe keine lust auf das gelaber im taxi über das, was auf mich zukommt, will mich mit meiner musik zudröhnen bis zum get no. brauche ein zeichen, wieder einmal. auf der autobahn stelle ich den cd-wechsel auf zufallswidergabe...der erste hammer schlägt ein...clapton singt von den tränen und dass ich noch nicht in den himmel gehöre...weiter so.
vor dem krankenhaus wieder dirk, aber diesmal absicht.....so als wenn ich nicht dazu gehör, so als ob ich nicht mit ihnen reis´, so als wäre ich in allem nicht mehr als ein fischlein unterm eis.... das ist jetzt die endlosschleife in meinem kopfkino für die nächsten stunden. und das ganze karma ist mir shitegal
herz-ultraschall ist ok....stelle ich mich ans ende der schlange und warte auf eintritt ins museum. sicherheitsabstand zur toilettentür, kein papier in der hand, nur ein paar splitter und abschürfungen....
mache ein gesicht, als wenn ich nur ein rezept für die oma abholen will......die böseguckschwester glaubt mir das nicht und wusch....piekst die mich in den arm so als wenn ich nicht dazu gehör schreit es in mir, kurzes LECKTMICH kann ich noch denken..... aber .... dann haben die mich
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Geändert von robert54 (10.10.2008 um 23:02 Uhr)
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  #7  
Alt 06.10.2008, 15:06
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robert54 robert54 ist offline
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Standard AW: darmkrebs notoperation

muss auf die blutwerte warten...entdecke einen zweiten warteraum...leer und mit kaffeeautomat .
nachdem blutkontrolle ok ist, mit tunnelblick rein zu den infusionen. es ist unhöflich, nicht zu grüssen. kann nicht anders.
steht da ein bequemer sessel für mich..... -NEIN nicht auf die lehnen stützen, dann brechen sie ab- ruft die schwester.....also doch im museum.
bald hänge ich an der nadel. das ganze gift in mich rein....herz schreit lammiinfrido lammiinfrido, von der schreierei kommt es fast aus dem takt.

trinken hab ich dabei, riesenstullenpakete, was zum lesen. vorsichtig guck ich zum ersten mal in die runde. zehn leute schweigen, jeder hat mit sich zu tun. zwei stühle sind wirklich aus dem museum, waren schon die neandertaler auf chemo. bequem ist was anderes. die schwester zeigt mir, dass ich den stuhl zurückfahren kann, bequem liegen. leise sagt sie mir, dass sie mit mir fühlt, hat auch schon auf so einem stuhl gesessen isse ganz liebe schwester. lehne zurück, beine hoch flüchte ich aus dieser situation und schlafe ein.

als ich wach werde, ist der raum halbleer und neue leute sitzen rum. muss heftig geschnarcht haben, aus dem geschmunzel zu schliessen. irgendwie geht mir alles zu langsam mit den infusionen, aber schwupps kommt schon der nächste beutel, oxi mit platin.

halb drei ist endlich schluss und ich muss zur böseguckschwester ganz schlechtes karma. sie füllt alle möglichen papiere für mich aus, hängt mir den audio-führer um, der ohne kopfhörer sauschlechtes karma das dings übermorgen erst abstöpseln.
in 14 tagen wieder termin, drückt mir nen stapel papiere in die hand und....und wusch......ne riesentasse kaffee umschmeisst...tsunami-kaffeesee auf dem schreibtisch. während sie heulend wegrennt, greif ich ne tonne papiertaschentücher aus dem handtuchspender und ditsche den schreibtisch ab. da schwimmt ne aufgeschlagene akte mitten im kaffeesee...53 jahre, 185 cm, 83 kilo....menno...das bin ja ICH. wwoooowwwganz gutes karma bade jedes einzelne blatt im kaffeesee und komme fast in lebensgefahr vor lachen. chinesen baden nicht gern im kaffee.
die böseguckschwester-kollegin kommt vorbei und hilft. irgendwann ist alles sauber.
zerreisse alle zettel, die sie mich in die hand gedrückt haben LECKTMICH war das ein schöner tag heute
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Geändert von robert54 (10.10.2008 um 23:04 Uhr)
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