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  #1  
Alt 07.02.2009, 23:17
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Pflegefrau Pflegefrau ist offline
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Standard AW: Zuhause verstorben

Ich glaube, es wünscht sich jeder einmal, zuhause im Kreise der Familie sterben zu dürfen. Aber leider ist das sehr oft garnicht möglich, sei es aus medizinischen Gründen oder aufgrund von zu aufwendiger Pflegemaßnahmen.

Meine Tochter wurde 3x an einem Hirntumor operiert, von Anfang an konnte der Tumor nicht ganz entfernt werden und somit wußte ich als Krankenschwester genau, der Tag X wird kommen in absehbarer Zeit. Aber wie der Krankheitsverlauf sein würde, das mußten wir abwarten. Die ersten 3 Jahre verliefen eigentlich bis auf kleinere Zwischenfälle oder körperlichen Beschwerden ziemlich normal. Erst nach der 3. OP stellten sich mit der Entartung des Astrocytoms III zum Glioblastom IV schon kurz nach der OP immer mehr Einschränkungen ein. Es begann mit Lähmungserscheinungen, Krämpfen, enormer Gewichtszunahme und die damit verbundenen Hautveränderungen, Ödemen und Gelenkschmerzen, dazu die Nebenwirkungen der verschiedenen Chemos, die auch keinen Erfolg zeigten. Meine Tochter mit ihren 28 Jahren war niemals bereit zu einem Gespräch über ihre Krankheit, deren Aussichten und schon garnicht über den Tod. Sie kämpfte wie ein Löwe, aber an einen Sieg wird sie nicht geglaubt haben, denn sie war Kinderkrankenschwester und hat sich sicherlich bestens informiert. Anfang Nov. 07 erlitt sie einen so schweren Krampfanfall, sie muß nach Recherchen (Telefonat) wohl 2 Std. in diesem Krampf gelegen haben bis sie gefunden wurde, von dem sie sich nicht richtig wieder erholen konnte. Sie saß zu diesem Zeitpunkt schon überwiegend im Rollstuhl, konnte kaum einige Schritte gehen. Nach dem Krankenhausaufenthalt bin ich noch 5 Tage mit ihr in ein Kurbad in der Nähe gefahren, sie hatte sich doch so auf den geplanten Urlaub gefreut. Wir wollten Wellness machen, einfach ein paar Tage nur für uns alleine haben. Wie bin ich froh, dass wir gefahren sind. Mit der Pflege kam ich noch alleine zurecht, trotz des Gewichtes und der Gehbehinderung klappte es gut. Und dort konnte ich das erste mal ein Gespräch auf die Patientenverfügung hinlenken, wäre vorher undenkbar gewesen! Ich erklärte ihr ihre und auch die Situation ihres Mannes, aber auch die der Ärzte. Und somit verfasste ich an Ort und Stelle IHRE Patientenverfügung, die ich zuhause angekommen gleich ausdruckte und von ihr unterschreiben ließ. Ich war so froh, dass diese Unsicherheit geklärt war, denn was wäre, wenn sie in ein Koma fiel? Was wäre, wenn die Krämpfe dauerhaft würden? Kaum war der Urlaub beendet, begann der Verfall der Kräfte ganz schnell. Schon in der nächsten Woche mußte ein Krankenbett her, ein Pflegedienst kam morgens und wir - Eltern, Schwiegereltern, Mann und Freundinnen- erstellten einen Plan, dass immer jemand bei ihr war. Es klappte gut und wir versprachen ihr, immer für sie zu sorgen, solange wir es könnten. Karin merkte schon längst, dass sie alle Hoffnung aufgeben mußte, sie sagt oft, sie sei so traurig. Aber dazu hatte sie allen Grund. Niemals hätte ich am 23. Nov.07 an unserem letzten Urlaubstag gedacht, dass der 23.12.07 ihr Sterbetag sein würde. Mir war schon bewußt, dass es ihr letztes Weihnachtsfest im Kreis der Familie sein würde, aber das sie es nicht mehr erleben wird, nein, dass war mir nicht in den Sinn gekommen. Am 23.12.07 schlief mein Kind in meinem Arm ein, zuhause, ganz friedlich. Und einen Tag vorher konnte ich ihr sagen, sie dürfe sich auf die Reise machen, sie brauche für uns nicht mehr zu kämpfen, sie möge nur von oben immer gut auf uns aufpassen.
Ich bin mir ganz sicher, dass meine Kleine sehr glücklich für die viele Liebe und die Pflege zuhause gewesen ist. Zuhause ist zuhause, zuhause ist da, wo man sich wohlfühlt und geborgen weiß!
Ich bin dankbar, dass ich sie in den Tod begleiten durfte. Ich hatte sie als erste auf dieser Welt im Arm und als letzte, als sie diese Welt verlassen mußte.

Ich vermisse meine Kleine unendlich und bin sehr traurig.

Hedwig
__________________

Jeder Tag ist ein Stück Abschied

Geändert von Pflegefrau (07.02.2009 um 23:22 Uhr)
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  #2  
Alt 10.02.2009, 16:01
Geske Geske ist offline
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Standard AW: Zuhause verstorben

Zitat:
Zitat von Pflegefrau Beitrag anzeigen
Ich glaube, es wünscht sich jeder einmal, zuhause im Kreise der Familie sterben zu dürfen. Aber leider ist das sehr oft garnicht möglich, sei es aus medizinischen Gründen oder aufgrund von zu aufwendiger Pflegemaßnahmen.
Ich hoffe, dass die vielen Berichte in diesem Thread für diejenigen, die den Weg noch vor sich haben, hilfreich und unterstützend sein können. Ich freue mich, über die zahlreichen Beiträge, mir wären sie bei der Sterbebegleitung meines Mannes sicher hilfreich gewesen. Die Angst davor, was da auf einen zukommt ist aus meiner Erfahrung sehr groß.

Liebe Grüße
Geske

Geändert von Geske (10.02.2009 um 16:08 Uhr)
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  #3  
Alt 26.02.2010, 23:37
Songbird78 Songbird78 ist offline
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Standard AW: Zuhause verstorben

Guten Abend!

Meine liebe Schwiegermama ist nun bereits seit etwas mehr als einem Jahr nicht mehr bei uns. Auch sie durfte zu Hause sterben.
Es war die härteste Zeit in unserem Leben, aber ich würde es immer wieder so machen.
Wir bekamen die Diagnose im April 2008, sie war während ihrer Erkrankung nur 1 Woche im KH, anschließend zu Hause bei ambulanter Chemotherapie.
Anfangs ging es ihr damit noch gut, sie hat noch einen Hund angeschafft und an guten Tagen sogar im Garten herumgewühlt.
Leider schlug keine der Chemos wirklich an, so dass wir ab September darauf gefasst waren, dass sie es nicht schaffen wird. Ein herber Schlag, trotzdem blieb bis zum letzten Tag die Hoffnung, dass vielleicht ein Wunder geschieht.
Vielleicht muss man sich diese Hoffnung bewahren, um nicht völlig verückt zu werden. Mir kam es oft so vor!
Ende Januar 2009 galt sie dann als austherapiert. Man bot uns an, sie in einem Hospiz unterzubringen, oder auch im KH, damit sie künstlich ernährt werden könnte, etc. Doch sie selbst wünschte sich, zu Hause bleiben zu können. Wir hatten ein sehr offenes Gespräch, in dem sie Wünsche zu ihrer Beerdigung äußerte - ein sehr schöner Abend trotz der Dinge, die uns bevorstanden.
Dann begannen ihre letzten drei Wochen. Was uns da bevorstehen sollte, war mir nicht mal in meinen kühnsten Vorstellungen klar! Es war furchtbar, mitanzusehen, wie sie von Tag zu Tag weniger wurde, weniger konnte und vorallem verzweifelter wurde. Sie wollte nicht sterben - und wir wollten es auch nicht. Ein Pflegedienst war längst beauftragt, ein Rollstuhl bestellt und die ambulante Hospizhilfe informiert. Sie war auch einmal da.. aber viel gebracht hat es nicht.
Wir hatten Angst vor dem Moment, in dem sie geht. Haben jeden Morgen damit gerechnet, dass sie einfach nicht mehr aufwacht. In diesen 3 Wochen sind wir durch die Hölle gegangen. Vorher auch.. aber besonders diese Zeit war schlimm. Trotzdem, wir konnten ihr ihren letzten Wunsch erfüllen, zu Hause sterben. Am schlimmsten waren die letzten zwei Tage vor ihrem Tod. Am Samstag vormittag hat sie das letzte Mal mit mir gesprochen - wir haben zusammen geweint. Sie hat noch versucht mich zu trösten. Dieses letzte Gespräch ist mir fest ins Herz eingewachsen. Ich werde und will es nie vergessen. Ab Mittags war sie nicht mehr ansprechbar. Ihr Todeskampf dauerte bis in die Nacht von Sonntag auf Montag. Um 2.00 Uhr war sie endlich erlöst.

Wir haben besonders diese letzte Zeit sehr intensiv erlebt. Das wäre nicht möglich gewesen, wenn sie im KH gestorben wäre. Auch, dass sie nach ihrem Tod noch 12 Stunden bei uns war, zwar tot in ihrem Bett lag - aber wir eben diese Zeit hatten, um immer wieder bei ihr zu sein, uns zu verabschieden, wäre im KH soooo sicherlich nicht möglich gewesen.

Ich werde sie nie vergessen, sie war das Beste, was ich an "Mutterfiguren" hatte und hat vieles wieder gut gemacht, was andere "Damen" dieser Gattung verbockt haben. Durch ihr Heimgehen zu Hause habe ich den Tod direkt erlebt, es war hart, aber ich würde für jeden anderen, der sich das wünscht, wieder tun.

An diesem Punkt habe ich festgestellt, dass auch ich zu Hause sterben möchte, egal, wann und wie das sein wird. Sie war im Kreise ihrer Familie und das nicht nur vor, sondern auch über ihren Tod hinaus.
Es gab eine wunderschöne, sehr persönliche Überführung. Die Kirche und der Friedhof sind schräg gegenüber unseres Hauses, so ist sie immer noch ein wenig da. Wenn ich heute in unser Ankleidezimmer gehe und dort aus dem Fenster sehe, kann ich ihr Grab sehen. Oft stehe ich dort, wünsche ihr einen guten Morgen oder eine Gute Nacht...immer mit Tränen in den Augen!
Sie war ein ganz besonderer Mensch und sie hatte es verdient, dass ihr ihr Wunsch, zu Hause zu sterben ermöglicht wurde! Egal wie hart es war, egal wie anstrengend, egal wie nah und unumstößlich.. sie war es wert!!!

Es tut mir leid, nun ist mein Text viel länger geworden, als er sollte. Es geht mir immer noch sehr nah, wird wohl auch noch lange so sein.. vielleicht für immer. Wenn ich dann anfange darüber zu schreiben, finde ich oft kein Ende. Nehmt es mir bitte nicht übel.

Leise Grüße,
Songbird
__________________
Meine liebe Schwiegermama 19.01.1952 - 23.02.2009
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  #4  
Alt 27.02.2010, 00:26
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Ingrid50 Ingrid50 ist offline
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Standard AW: Zuhause verstorben

Liebe Geske,
Ich bin sehr froh über dieses Thema. Ich habe das alles gerade zum 2.mal hinter mir. Mein 1. Mann starb vor 15 Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs.
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  #5  
Alt 27.02.2010, 01:01
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Ingrid50 Ingrid50 ist offline
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Standard AW: Zuhause verstorben

Ich bins nochmal habe aus Versehen gesendet. Also nochmal. Mein 1. Mann starb vor 15 Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Er war 43 Jahre alt und die Ärzte gaben ihm noch ein Jahr. Er hat noch 5 Jahre gelebt und das schmerzfrei dank einer hervorragenden Betreuung in Heidelberg. Aber 1 Woche vor seinem Tod brach das Immunsystem zusammen und zu Hause wäre diese letzte Woche für ihn zur Qual geworden. Wir waren dann 1 Woche Tag und Nacht bei ihm im Krankenhaus unsere 3 Kinder kamen zu jeder Zeit wie es Ihnen möglich war und die Betreuung durch das Pflegepersonal war sehr liebevoll. Auch ich konnte mich bei den Pflegern und Schwestern ausweinen und wurde unterstützt. In den letzten 2Tagen erklärten mir die Ärzte wie ich die Morphiumdosierung einstellen konnte mit dem Hinweis ,wenn ich merken würde daß er sehr unruhig wäre sprich Schmerzen hätte ,ich die Dosierung auch erhöhen könne. Das war am Tag darauf der Fall und er ist friedlich eingeschlafen.
Bei meinem 2. Mann war das alles anders. Er hatte Kehlkopfkrebs und ist eigentlich buchstäblich verhungert. Er war nach Weihnachten2 Wochen wegen einer Lungenentzündung im Krankenhaus die Versorgung war denkbar schlecht und auf der Palliativstation war kein Platz da er keine Schmerzen hatte wollten die Ärzte ihn in ein Pflegeheim stecken. Ich habe ihn dann nach hause geholt und 10 Tage waren uns noch vergönnt. Der Pflegedienst war sehr gut.Es war immer die gleiche Schwester und sie stand im Notfall auch morgends um 6 auf der Matte. Da mein Mann durch Port ernährt wurde gabs halt den einen oder anderen Notfall. 3Tage vor seinem Tod sagte mir die Schwester5 vom Pflegedienst sie könne die Pflege daheim nicht mehr verantworten und rief den Notarzt. Kurz vorher war mein Mann zusammengebrochen und nicht mehr bei Bewußtsein. Als der Notarzt kam war er wieder bei Bewußtsein er wollte nicht ins Krankenhaus, aber ich habe mir das alleine ohne Pflegedienst und Hausarzt nicht zugetraut. Im KH kam er auf die gleiche Station wie vor 10 Tagen. 2 Tage ging es ihm noch gut und1 Tag vor seinem Tod sprach der Arzt doch tatsächlich mit ihm über ein Pflegeheim. Ich war fassungslos. An seienem Todestag rief das KH morgens um 7 an sein Zustand habe sich über nacht sehr verschlechtert. Ich ging sofort ins KH .Der Arzt kam fragte ob er die Porternährung abstellen könne, er würde Morphium empfehlen mein Mann wäre nicht mehr bei Bewußtsein und Morphium würde ein Hinübergleiten bedeuten. Ich saß fassungslos da. Ich wußte daß mein Mann vor allem nicht leiden wollte also habe ich zugestimmt. 8 Stunden später war er tot. Vom Pflegepersonal und von den Ärzten ließ sich die ganze Zeit niemand blicken. Heute sind genau 2 Wochen vergangen und ich grüble immer mehr darüber nach ob nicht noch ein Abschied möglich gewesen wäre.
Wie du siehst 2 völlig unterschiedliche Erfahrungen.
Ich weiß nur daß es bei meinem 1. Mann würdevoll und gut war. Über den Tod von Leo möchte ich noch gar nicht nachdenken. Von der Betreuung im KH her wars auf jeden Fall schrecklich.

Alles Liebe Ingrid
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  #6  
Alt 27.02.2010, 08:49
Benutzerbild von annika1977
annika1977 annika1977 ist offline
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Standard AW: Zuhause verstorben

Hallo,

habe diesen Thread gerade entdeckt und finde ihn sehr gut.
Auch ich war froh, in der Zeit vor Tim`s Tod, wenn ich Erfahrungen von anderen lesen konnte. So hatte man die Möglichkeit sich auf Dinge einzustellen.

Tim`s sterben ging schnell.
Aber von Anfang an.

Bis Ende April ging es ihm noch sehr gut, dann kam 1 Woche in der es ihm aufgrund der Medi`s schlecht ging. Diese wurden dann abgesetzt und er bekamm "nur noch" Schmerztherapie. Ab Mitte Mai wurde das laufen rapide schlechter, bis er dann Ende Mai gar nicht mehr laufen konnte. Danach fingen die Arme und Hände an Ihren Dienst zuversagen.
Bei all dem war er noch verhältnismäßig gut drauf.
Nach außen hin zeigte er seine Qual erst ab Ende Juni.
Für uns war bis zum letzten Tag nicht wirklich zu erkennen, dass das Ende so kurz bevorsteht.
Der Appetit wurde zwar etwas weniger und die Schlafphasen nahmen zu, aber mehr Anzeichen gab es für uns nicht.
Am Tag vor seinem Tod hatte er endlich seine Morphin Pumpe und er fand mehr Ruhe, da ihm die anderen Schmerzmittel nicht wirklich halfen und er sie daher auch nicht nehmen wollte. Er hat an dem Abend noch Pizza gegessen. Im nachhinein denke ich, das er wußte das es soweit ist, aber in dem Moment habe ich das nicht gesehen oder vielleicht nciht sehen wollen.

Er ist dann Sonntags ganz friedlich eingeschlafen. Er hatte etwa 1,5 Stunden eine komische Atmung (es hörte sich so verschleimt an), aber keine Krämpfe oder ähnliches. Ich denke er war im reinen mit sich und bereit den Weg zugehen und wir haben ihn gehen lassen, so dass es für ihn leichter war seinen Frieden zu finden.


Wichtig ist bei diesem Thema auf jedenfall, dass man sich nur darauf einlassen sollte einen Angehörigen zu Hause zu pflegen bis er stirbt, wenn man sich im klaren über die Situation ist und keine falschen Hoffnungen hat und Unterstützung an der Seite, weil einer allein kann das nicht aushalten.

Liebe GRüße
Anni
__________________
Prinz Tulpe 19.01.2001 - 12.07.2009

Für immer in meinem Herzen.
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  #7  
Alt 27.02.2010, 16:40
mollie mollie ist offline
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Standard AW: Zuhause verstorben

ihr lieben,

meine mama ist zuhause gestorben, am 11.08.09. ich selbst war leider nicht dabei, ich kam etwa eine stunde zu spät. mein papa und mein bruder waren aber bei ihr und sie haben mir versichert, dass sie ruhig und friedlich eingeschlafen ist. mamas erkrankung, bsdk, war für uns alle eine schmerzvolle zeit und eine schmerzliche, weil hilflos gegen die krankheit stehend, erfahrung.
die diagnose bekam sie im februar, anfang märz wurde sie operiert. danach reha bie eine woche nach ostern. danach durfte sie heim, sollte sich erholen und danach mit der chemo anfangen. die chemo brachte mehr kummer als segen und so haben wir mit mama zusammen entschieden die chemo abzubrechen. ihr und uns war klar, dass sie bald wird sterben müssen. "aber ihr schickt mich nicht ins krankenhaus", das war ihr wichtig und wir versprachen ihr, dass sie zuhause würde sterben können. was wir damals nicht geahnt hatten war, dass wir es vielleicht nicht schaffen würden, sie zu hause zu pflegen und welch ein kampf es um jedes einzelne hilfsmittel geben würde. nicht, dass wir es nicht bekommen hätten...aber es dauerte wochen und so haben wir letztlich alles selbst organisiert und gezahlt (welch glück, dass wir das konnten).
die hauptlast lag bei meinem papa. ich selbst wohne 200 km entfernt, mein bruder zwar im gleichen dorf wie meine eltern aber er musste halt wie ich auch arbeiten. mein chef keine hilfe, urlaub gab es nicht. und so bin ich nach der arbeit zu mama gefahren, hab sie mit papa versorgt, bin früh morgens wieder nachhause, hab nach den mädels gesehen, zur arbeit, zu mama...und das über wochen hinweg. wir haben es geschafft, irgendwie und in solchen situationen wächst man auch über sich hinaus.
einmal noch hatten wir eine schwere entscheidung zu treffen. mama hatte sich furchtbar wund gelegen, mehrere offene stellen an rücken, steißbein und po. unser hausarzt (immer zur stelle, egal on nachts oder tagsüber) meinte, dass es fast nicht mehr möglich sei, diese wunden zuhause zu versorgen und fragte uns, ob wir mama nicht besser in eine klinik bringen wollten. mama schaute mich nur an.....dann meinen papa. sagen konnte sie nichts. papa und ich blickten uns an, dann zeitgleich meinten wir "wir packen das". wir haben es gepackt. immer weinend, weil es mama schrecklich weh tat, wenn wir sie verbunden haben aber wir haben es geschafft...papa oft allein. die damen vom pflegedientst sollten es machen, aber es war nicht so, wie wir es wollten. nicht, dass sie es schlecht gemacht hätten, sicher nicht. papa, meinem bruder und mir war es einfach zu lieblos. urlaub genommen, mein bruder und ich (hat mich den job gekostet) und von da an waren wir dafür zuständig. es war schwer, ohne frage. zu all dem kam ja auch noch, dass mama zusehends weniger konnte. waschen, füttern, das alles haben wir schon lange gemacht. irgendwann war der tag gekommen, da konnte sie nicht mehr vom bett auf den clostuhl. das war immer ihr horror gewesen, das, wovor sie die meiste angst hatte. es war meine älteste, damals 16, die der oma all ihre ängste nahm. "wo ist dein problem?", fragte sie "du bei mir, ich bei dir. einziger unterschied ist die größe der windel". da musste die oma lachen und das problem war gelöst. sicher war es komisch der eigenen mama den po zu wischen, sie zu windeln aber es war es nur beim ersten mal. danach war es einfach so, wir machten unsere witzchen. dabei war es egal, ob mein papa, mein bruder oder ich es machten oder eben auch meine tochter. es war normal, es gehörte dazu und niemand fand es befremdlich. mama war manchmal traurig, dass sie es nicht mehr alleine schaffte aufs clo zu gehen, das sah man ihr an aber sie war wohl auch froh, dass wir es machten..... als ich das letzte mal ihre windeln gewechselt habe meinte sie, dass ich es nicht mehr würde machen müssen.... sie wusste, dass ich für ein paar tage weg musste und wohl auch, dass sie sterben wird.
wenn ich zurückblicke muss ich sagen, dass ich frog bin, dass mama zuhause sterben konnte, dass sie da war wo sie sein wollte, da wo all ihre liebe zu uns und unsere liebe zu ihr sichtbar war. ich bin unendlich dankbar, dass wir ihr ihren wunsch erfüllen konnten. unendlich dankbar bin ich auch meinem papa, meinem bruder und meinen kindern. ohne sie wäre es nicht möglich gewesen. mein paps hat übermenschliches geleistet, war sich für nichts zu schade und im stillen hab ich ihm versprochen, dass auch er zuhause wird sterben können, wenn es sein wunsch ist und wir es schaffen. viel gehört dazu, nicht nur die angehörigen und ein super hausarzt, sondern eben auch das glück, dass eine medizinische versorgung zuahsue überhaupt gewährleistet ist.
ich danke gott dafür, dass es bei uns so war.
mollie
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