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  #31  
Alt 07.03.2006, 13:38
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Die folgenden Verse sind sicher schon mal im Forum irgendwo zitiert worden und umschreiben sehr gut, was meine Frau mir sagen würde, wenn sie noch direkt zu mir sprechen könnte.

Wenn ich am Grab meiner Frau stehe oder auf andere Weise mit ihr kommuniziere, frage ich mich manchmal, ob ich mich anders verhalte, als wenn sie mir direkt gegenüber stünde oder ob wir beide die gleichen geblieben sind. Manches bleibt, wie es immer zwischen uns war -- nur ich nun auf der einen Seite, sie auf der anderen Seite des Weges -- .

Auf der anderen Seite des Weges

Der Tod ist nichts,
ich bin nur in das Zimmer nebenan gegangen.
Ich bin ich, ihr seid ihr.
Das, was ich für euch war, bin ich immer noch.
Gebt mir den Namen, den ihr mir immer gegeben habt.
Sprecht mit mir, wie ihr es immer getan habt.
Gebraucht nicht eine andere Redensweise, seid nicht feierlich oder traurig.
Lacht weiterhin über das, worüber wir gemeinsam gelacht haben.
Betet, lacht, denkt an mich, betet für mich,
damit mein Name im Hause ausgesprochen wird,
so wie es immer war,
ohne die Spur eines Schattens.
Das Leben bedeutet das, was es immer war.
Der Faden ist nicht durchschnitten.
Warum soll ich nicht mehr in euren Gedanken sein,
nur weil ich nicht mehr in eurem Blickfeld bin?
Ich bin nicht weit weg, nur auf der anderen Seite des Weges.
( Charles Pegeay )




In früheren Beiträgen wurden Phasenmodelle der Trauer beschrieben. Doch läuft für jeden die Trauer anders und ganz persönlich ab. Modelle können meine Gefühle einordnen helfen, mehr aber auch nicht. Sie helfen mir jedoch leider nicht, meine Trauer zu bewältigen. Lösungswege aus der Trauer sind dort auch nicht enthalten, die muß ich mühsam für mich selber finden.

Damit setzen sich nachdenklich die folgenden Bemerkungen auseinander:

ZITATANFANG:

.....Andererseits sind solche Modelle aber nicht ganz unproblematisch. Durch das schematische Abbild können sie dazu verleiten, die Individualität und die ureigene persönliche Form der Auseinandersetzung aus dem Blick zu verlieren. Ein Modell darf niemals als vorgeschriebenen Marschroute, als ein Prinzip und ein "Muss" verstanden werden. Ein brauchbarer Umgang ist nur dann möglich, wenn Raum für Individualität bleibt.

Hinzu kommt, dass solche Modelle einen bestimmten Maßstab des "richtigen" oder vertretbaren Trauerns unterstellen können. So gewinnbringend ein Modell sein kann, um die eigenen Reaktionen einzuordnen, so irritierend kann es sein, wenn die eigene Einordnung scheinbar nicht gelingen will.

Modelle bieten Orientierung und erste Anhaltspunkte. Sie dürfen nicht missverstanden werden als Patentrezepte oder Vorschriften; Sie leisten lediglich den Versuch einer Darstellung - und dieser kann dann entlastend und hilfreich sein, wenn das eigene individuelle Erleben darin seinen Platz behalten darf.

ZITATENDE

(aus: http://www.ricardas-homepage.de/Dorothee/)
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Es ist nicht genug zu wollen, man muß es auch tun.


(Johann Wolfgang von Goethe)
"Wilhelm Meisters Wanderjahre", 3. Buch, 18. Kapitel

Geändert von shalom (07.03.2006 um 13:44 Uhr)
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  #32  
Alt 12.03.2006, 22:14
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Ich habe heute auch wieder ein paar schöne Zeilen gefunden

Zwei Wölfe ...

Ein alter Indianer saß mit seinem Enkelsohn am Lagerfeuer. Es war schon dunkel geworden und das Feuer knackte, während die Flammen in den Himmel züngelten.
Der Alte sagte nach einer Weile des Schweigens: „ Weißt du, wie ich mich manchmal fühle? Es ist, als ob da zwei Wölfe in meinem Herzen miteinander kämpfen würden. Einer der beiden ist rachsüchtig, aggressiv und grausam. Der andere hingegen ist liebevoll, sanft und mitfühlend.“
„Welcher der beiden wird den Kampf um dein Herz gewinnen?“ fragte der Junge.
„Der Wolf, den ich füttere.“ antwortete der Alte.

gefunden auf:
http://radine.privat.t-online.de/index.html
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  #33  
Alt 13.03.2006, 07:46
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Liebe Andrea,

diese kleine Geschichte macht Mut. Geschichten dieser Art lassen Spielräume für Phantasien, für Gefühle und für das Nachdenken. Sie drücken häufig etwas viel feinfühliger und feinsinniger aus, als ich es selbst nur holzschnittartig ausdrücken kann.

Mir sind spontan mal wieder die drei W-Fragen eingefallen, die mir helfen, kompliziertere Knoten (dieses Mal auf die Trauer bezogen) aufzulösen:


WAS HABE ICH in mir, wenn ich Trauer in mir trage ?
(Beides: Aggression UND Liebe.)

WOHIN WILL ICH überhaupt?

WIE ERREICHE ICH MEIN ZIEL ?

Die Antwort auf die erste Frage habe ich sofort in mir gespürt.

Die zweite Frage konnte ich auch bald beantworten: ICH WILL LEBEN. Meine Frau wünschte mir vor ihrem Tod, dass ich wieder fröhlich und glücklich werden möge. Das war schwer zu ertragen, wollte ich doch mit ihr glücklich vereint gemeinsam alt werden.

Die Beantwortung der dritten Frage ist noch nicht beendet. Es ist ein dauernder Prozess. Ich versuche jeden Tag das Glück ein wenig einzufangen, dazu habe ich alle meine Sinne auf Empfang gestellt. Nichts Wertvolles möchte ich versäumen. In Dankbarkeit und Wehmut blicke ich zurück und sehe jeden Tag ganz bewußt als Gabe an, aus der ich etwas Positives für mich machen möchte. Ich gebe zu, am Anfang meiner Trauer war es nicht leicht, Licht in den dunklen Wolken der Trauer zu erspähen, aber mit der Zeit bekam ich einen Blick dafür.

Danke Andrea

LG
Shalom
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(Johann Wolfgang von Goethe)
"Wilhelm Meisters Wanderjahre", 3. Buch, 18. Kapitel
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  #34  
Alt 16.03.2006, 08:06
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Einige Gedichte, die ein paar Mosaiksteine meiner Trauer beschreiben:

Schicksal:
Fragt man das Schicksal:
Warum, warum?
Schicksal gibt keine Antwort.
Schicksal bleibt stumm.
-----------------

Leben ist möglich.
Und nach Tagen der Trauer morgens aufwachen
und sich nicht wieder umdrehen
und sich nicht wieder in die Trauer einhüllen
sondern ganz laut schreien:
Steh auf und lebe!
-----------------

Wer Abschied wagt
bleibt lebendig
Im lebendigen
Kreislauf des Lebens
Wenn Ihr mich sucht,
dann sucht in Euren Herzen.
Wenn Ihr mich dort findet,
dann lebe ich in Euch weiter
-----------------

...es gibt nichts, was uns die Abwesenheit eines geliebten Menschen ersetzen kann;
und man soll das auch gar nicht versuchen,
man muss es einfach aushalten und durchhalten;
das klingt zunächst sehr hart,
aber es ist doch zugleich ein großer Trost,
denn indem die Lücke wirklich unausgefüllt bleibt,
bleibt man durch sie miteinander verbunden.
(Dietrich Bonhoeffer)
-----------------

Von dem Menschen,
den wir geliebt haben,
wird immer etwas zurückbleiben,
etwas von seinen Träumen,
etwas von seinen Hoffnungen,
etwas von seinem Leben,
alles von seiner Liebe.
-----------------

Weinet nicht,
dass ich von Euch gehe,
seid dankbar,
dass ich bei euch war!

Alle Zitate stammen aus: www.trauergedichte.de.vu
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(Johann Wolfgang von Goethe)
"Wilhelm Meisters Wanderjahre", 3. Buch, 18. Kapitel
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  #35  
Alt 17.03.2006, 10:17
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Den Weg über die "Brücke" mußte ich selber gehen und Lasten hat mir auch niemand abgenommen, aber im Laufe der Zeit haben sich meine Sichtweisen der Trauer ein wenig geändert.


Der Engel an der Brücke

Ich traf auf meinem Weg einen jungen Mann, der ging auf und ab. Ich fragte, was er denn mache und er schaute mich an. Seine Augen waren voll Trauer und auch voll Wut. Sein Körper war geschwächt und doch konnte er nicht ruhen. Auf seinen Schultern lastete ein großes Paket - hier und da waren ein paar Löcher, wo wohl ein Stück des Inhalts fehlte; dennoch schien es dadurch nicht minder schwer.
Ich fragte, warum er denn nur ständig auf und ab gehe? Er sagte, dass er gerne über diese Brücke gehen wolle, um auf die wunderschöne Insel gegenüber der Schlucht zu gelangen, doch er wage es nicht, denn seine Last sei so schwer und die Brücke, die er passieren müsse, mache keinen stabilen Eindruck.
Ich fragte ihn, warum er denn die Last nicht ablegen würde, dann könnte er doch ohne weiteres die Brücke passieren. Er schaute mich entgeistert an - ohne sein Gepäck??? Nein, das ginge nicht!
Ich fragte ihn, was denn so Wichtiges in diesem Paket wäre, dass er es denn nicht hier lassen könne. Er lächelte und sagte stolz - es ist meine Vergangenheit.
Er ging auf und ab - sehnsüchtige Blicke folgten dem Weg auf diese wunderschöne Insel - mit Blumen und Früchten und frischem Wasser. Er war wirklich geschwächt, so bot ich ihm Wasser an - dankend trank er.
Ich fragte, ob er seine Last absetzen möge und auf die Insel gehen wolle. Vehement verneinte er - auf keinen Fall würde er seine so kostbare Vergangenheit absetzen, nur, um auf die Insel zu gelangen - es müsse doch schließlich auch einen anderen Weg geben.
Wir schwiegen.
Ich meinte, wenn seine Vergangenheit leichter wäre, so könne er sie vermutlich mit auf die Insel nehmen. Doch wäre sie leichter, so wäre sein Eigengewicht weitaus mehr und so könnte er sowohl mit, als auch ohne Vergangenheit diese Brücke nicht passieren. Dadurch jedoch, dass er nun so lange gegangen sei, mit dieser Last, sei er selber davon so leicht geworden, dass er die Brücke passieren könne, würde er seine Last absetzen.
Er schaute mich erstaunt an - "Es ist also die einzige Möglichkeit diese Brücke zu überqueren?" fragte er.
Ich schwieg. Er dachte nach.
Dann fragte er mich, ob ich denn kurz für ihn seine Vergangenheit tragen könnte, da er das Paket ungern in den Staub stellen wolle. Er würde jedoch gern einmal auf die Insel gehen, um zu schauen, ob sich denn der Tausch auch lohnen würde.
Ich sagte, dass er gern auf die Insel gehen könne, doch ich würde ihm seine Last nicht abnehmen. Ich zeigte auf den Haufen neben der Brücke und sagte: "All das ist Vergangenheit von vielen anderen, die auch zuvor wie du unentschlossen waren. Es ist deine Entscheidung - wohin es dich trägt."
Und seit er über die Brücke lief, ruht neben seiner Vergangenheit die Vergangenheit vieler anderer glücklicher, freier Menschen!


(gefunden in: http://www.zeitzuleben.de/inhalte/in...ten/index.html)
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(Johann Wolfgang von Goethe)
"Wilhelm Meisters Wanderjahre", 3. Buch, 18. Kapitel

Geändert von shalom (17.03.2006 um 11:07 Uhr)
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  #36  
Alt 22.03.2006, 19:19
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Aus der Gemeinsamkeit ging es damals (nach dem Tod meiner Frau) in die Einsamkeit, das Alleinesein, in eine nun eher verlassen wirkende Wohnung mit viel wehmütiger Erinnerung, in ein ANDERES Leben.

Ich stand (wie der Titel eines anderen Threads lautet )vor der Frage: Und nun ?

Ich wollte die Angst vor dem Alleinsein überwinden, wollte die Trauer mutig und schnell angehen, war aber eher verzagt und kraftlos. Ich wollte leben, wollte etwas tun. Viel Veränderung würde nun auf mich zukommen (dachte ich), aber wollte ich das eigentlich?

Wohin die Veränderung geht, wußte ich nicht. Warum nicht so viel wie möglich in alter Form lassen? Da kannten ich und meine Gefühle sich aus.

Einerseits gab es Zögern/Angst beim Tun/Verändern, andererseits hatte ich keine (oder wenig) Geduld mit mir und meiner Trauer.

Im eigenen Wohnort die immer wieder still fragenden Blicke: Wie geht es ihm nun?
An fremden Orten (wenn ich mich mal aufgerafft hatte): Was mache ich nun eigentlich hier ? Hier würde ich doch am liebsten mit IHR zusammen sein.

Ich konnte zwar der Trauer bewußt begegnen, sie aber (leider) nicht beschleunigen. Das geschah durch Nach-Besuch der Kliniken, des Hospizes; durch Nachwandern der vielen letzten, beschwerlichen, gemeinsamen, ganz mühsamen (weil kurzatmigen) Spazierwege.

Da es mir nach diesen (schweren) Besuchen und Spaziergängen besser ging, wurde ich etwas geduldiger mit mir. Meine Frau war mir in jenen Augenblicken sehr nah und das tat mir sehr gut. Oder: Sollte ich mir nichts Gutes tun, indem ich diese schweren Besuche und Spaziergänge vermied? Jedes Mal war es eine Überwindung, jedes Mal erlebte ich die Trauer und die Nähe zu ihr etwas anders. Jedes Mal war es gut.

Es waren viele kleine und große Wiederholungen von gemeinsam Erlebtem nötig, um mich nach und nach von ihr verabschieden zu können. Auch die Trauer und die schmerzlichen Gefühle tauchten ganz allmählich in ein milderes Licht.

Aus dem Rückblick heraus hat mir sowohl mein ETWAS-TUN-WOLLEN in kleinen Schritten geholfen, als auch die schmerzlichen (liebevollen) Gefühle kommen und auch wieder gehen zu lassen. Mit den kleinen Schritten kam irgendwie und irgendwann der Mut zur Veränderung meiner Trauer.

Anregungen zu Veränderungen bekam ich viele durch Lesen, Gespräche und eigenes Nachdenken. Alles war mir willkommen. Umsetzen in einen für mich geeigneten neuen Lebensweg war zwar mühsam, aber ich bin froh, dass ich die Herausforderung angenommen habe. Ich weiss es, es ist auch in IHREM Sinne.

Shalom

Ich fand ich eine ganz bemerkenswerte Geschichte dazu:

ZITATANFANG:

Nikos Kazantzakis, Autor von "Zorbas, der Grieche" beschreibt in seiner Autobiographie folgendes Erlebnis:
Er fand eines Tages in der Rinde eines Olivenbaumes einen kleinen Kokon, aus dem gerade ein Schmetterling zu schlüpfen begann. Fasziniert und voller Ungeduld wollte er den Prozess des Schlüpfens beschleunigen und begann den Kokon mit seinem Atem zu erwärmen. Tatsächlich erreichte er so, dass der Schmetterling schneller aus dem Kokon schlüpfte. Durch die Beschleunigung hatte der Schmetterling aber nicht die nötige Sonnenbestrahlung mit ihrer geduldigen Wärme und lebensspendenden Energie bekommen. So lag er auf der Handinnenfläche des Schriftstellers, die Flügel hoffnungslos am eigenen Körper verklebt und Kazantzakis konnte nur noch zusehen, wie das Tier wenig später starb.
Diese kleine Geschichte lehrt uns viel darüber, dass Entwicklungsprozesse Zeit und Geduld benötigen. Nehmen Sie sich selbst alle Zeit, die Sie brauchen und seien Sie nachsichtig, wenn dies auch andere Menschen tun.

ZITATENDE

entnommen aus:

http://www.zeitzuleben.de/inhalte/pe...werk_2_3g.html

P.S.:

Andrea schrieb einmal in diesem Thread:

"... mir macht es eher Angst, dass ich gegebenenfalls etwas Wichtiges überhört oder übersehen haben könnte. Ich weiß nicht, wie sterben ist, ich war nur Begleiter so gut ich es konnte."

So sehe ich es auch.

Im Internet suchte ich dann Hinweise, ob MEIN WEG IN MEIN GEÄNDERTES LEBEN FÜR MICH RICHTIG IST, oder ob ich es hätte anders machen sollen, oder etwas übersehen habe.

Daher war und bin ich stets auf der "Suche" nach Anregungen und Hinweisen, wie ich auch MIT Trauer meinen lebenswerten Weg neu erarbeiten kann. Die Einstellung, die in der folgenden URL beschrieben ist, ist gar nicht so weit von meiner eigenen Haltung entfernt.

http://www.zeitzuleben.de/inhalte/pe...llungen_1.html


Übrigens:

Mir gefallen einige Dinge aus der oben angegebenen Internet-Quelle recht gut, obwohl ich die Autoren nicht kenne und auch keines der dort zitierten Bücher besitze.
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Geändert von shalom (22.03.2006 um 19:24 Uhr)
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  #37  
Alt 22.03.2006, 20:24
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Mein lieber Shalom,

All diese Einstellungen, wunderbar. Ich trage sie in mir, ehrlich. Aber wie gesagt, mit der Umsetzung will es derzeit überhaupt nicht gelingen. Nicht heute. Keinen dieser Punkte würde ich heute auch nur annähernd gerecht.

Nikos Kazantzakis hat auch folgendes geschrieben:

„Was ist Liebe, meine Brüder?“ sagte er, die Hände wie zur Umarmung ausstreckend und zurückziehend.
„Sie ist mehr als Mitleid und Güte. Beim Mitleid sind zwei, der Leidende und der Mitleidende.
In der Güte sind zwei: der Gebende und der Nehmende.
Doch in der Liebe ist Einer, zu dem zwei verschmelzen. Sie werden untrennbar. Ich und du verschwinden.
Ich liebe, das bedeutet, ich gehe verloren.“
(Nikos Kazantzakis: Mein Franz von Assisi)

Hast du Alexis Sorbas gelesen Shalom. Eine wunderbare Lektüre. Für mich besonders die Stelle, als Alexis beschreibt, wie er Gott zur Rede stellen wird. Keineswegs Blasphemie, aber es hat mich davon überzeugt, dass nicht nur ich eines Tages Rede und Antwort stehen werde, sondern dass einige meiner Fragen vielleicht auch Beantwortung finden.

Morgen, morgen ist ein neuer Tag.

LG
Andrea,Stand heute: 8. Oktober 2004
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  #38  
Alt 23.03.2006, 08:07
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Liebe Andrea,

gib Deiner Seele Zeit, sie trägt Dich und Du trägst sie. Helft Euch gegenseitig.

Es gibt keinen Grund an den „Abers“ zu verzweifeln. Ich glaube fest daran, daß dasjenige, was Du tust, Du für Deinen Mann UND für Dich tust. Und nur das zählt.

LG
Shalom
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  #39  
Alt 28.03.2006, 08:33
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Hilfe in Trauersituation erbitten und dann auch bedenken und annehmen ist gar nicht so leicht.

In der Anfangszeit gab es nur sehr wenige, von denen ich meinte, sie verstünden wirklich meine persönliche Situation. Mein diffuses Ziel weiter "leben" zu wollen meinte ich zu kennen. Es war aber nicht die "Schuld" derjenigen, die mir helfen wollten, daß ich nicht alles übernehmen konnte. Ich konnte auch nicht alle hilfreichen Hinweise verstehen und für mich nachvollziehen. Aber ich war doch eigentlich ganz froh, daß überhaupt Äußerungen meiner Trauerbegleiter kamen. Dasjenige, was mir gut tat, habe ich übernommen, das für mich nicht Verwendbare habe ich zur Seite gestellt. Dabei habe ich mich bemüht, sorgsam mit meinen Trauerbegleitern umzugehen, denn mit oder ohne deren konkrete Hilfen: Es waren Begleiter und ich war mit meiner Trauer nicht alleine.

Die Hauptaufgabe, mein Leben neu zu gestalten, lag ganz allein bei mir selbst, auch wenn so mancher externer Hinweis hilfreich war.

Dennoch im Rückblick auf meine damalige Trauer und die Kommunikation in diesem Forum jetzt:

In Trauersituationen Verständnis füreinander zu entwickeln und echte Kommunikation miteinander zu pflegen war/ist gar nicht so leicht.

Vielleicht läßt sich die folgende Geschichte auf die (zeitweilige) Haltung/Situation von uns Trauernden und unseren Begleitern übertragen.

Typisch !?

Ein Mann fliegt alleine in einem Heißluftballon bei schönstem Wetter durch die Wolken und realisiert plötzlich, dass er die Orientierung verloren hat.
Er reduziert seine Höhe und erkennt schließlich einen Mann am Boden. Er lässt den Ballon noch weiter sinken und ruft dem Mann am Boden zu: "Entschuldigung, können Sie mir bitte helfen? Ich weiß nicht mehr, wo ich mich befinde."
Der Mann am Boden sagt: "Ja sicher. Sie befinden sich in ca. 15 - 20 m Höhe in einem runden, gelb-rot gestreiften Heißluftballon. Ihre aktuelle Position ist zwischen 40 und 42 Grad nördlicher Breite, und zwischen 58 und 60 Grad westlicher Länge."
"Sie müssen Ingenieur sein", sagt da prompt der Ballonfahrer.
"Ja, das ist richtig", antwortet der Mann. "Woher wussten Sie das?"
"Sehen Sie", sagt der Ballonfahrer, "alles, was Sie mir eben gesagt haben, ist bestimmt technisch korrekt, aber ich habe keine Ahnung, was ich nun mit Ihren Informationen anfangen soll. Daher weiß ich immer noch nicht, wo ich nun wirklich bin."
Der Ingenieur sagt hierauf: "Sie müssen ein Manager sein."
"Ja, das bin ich", antwortet der Ballonfahrer, "Und wie haben Sie das herausgefunden?"
"Also," erklärt nun der Ingenieur, "Sie wissen nicht, wo Sie momentan sind oder wohin Sie gehen. Sie haben ein Ziel definiert, von dem Sie nun keine Ahnung haben, wie Sie es erreichen können. Und nun erwarten Sie, dass ich Ihnen dieses Problem löse. Tatsache ist daher: Sie befinden sich in exakt derselben Position, in der Sie waren, bevor wir uns getroffen haben, aber irgendwie ist jetzt alles meine Schuld."


entnommen aus: http://www.zeitzuleben.de/inhalte/in/geschichten
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  #40  
Alt 29.03.2006, 08:26
shalom shalom ist offline
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Nachdenken (Nachfragen) über mich als immer noch Trauernden, der sich und seine Umgebung (auch hier im Forum) betrachtet:

Wenn ich schon mein Leben neu gestalten will (muß), was ist dann meine Orientierung ? Wenn ich mich nur an dem Verlust orientiere, wird der Teufelskreis der Trauer mich gefangen halten. Orientiere ich mich an dem gemeinsam erlebten schönen Dingen, fühle ich Wärme und Licht. So suche ich Tag für Tag etwas, das Licht und Wärme für mich bedeutet.

Wenn ich selbst Wärme und Licht in mir spüre, werden auch andere mich vielleicht wieder als lebend empfinden. Trauern macht meist einsam, wirkt unnahbar und abweisend.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass meine Umgebung dann wieder auf mich zugehen konnte, als ich - langsam ins Leben zurückkehrend - auf sie zugehen konnte. Das war nicht immer so ganz leicht, aber irgendwie stimmt der Vergleich mit dem Bumerang (siehe das Zitat unten).

Was Zorn, Aggression, Depression über den erlittenen Verlust betraf, wollte ich nicht, daß mich jeden Tag die unbändige Wut packt und so mein tägliches Handeln, meine Stimmung, meine Worte bestimmt. Eine Zeitlang hatten Zorn, Aggression eine wichtige Reinigungsfunktion für meine Seelenlage, aber dann ? Dann war alles ausgesprochen, Zorn und Aggression waren in der Wiederholungsschleife, Änderung meiner Seelenlage: Null.

Da blieb dann bald nichts anderes übrig, als mich mit mir zusammenzusetzen und den Start meines weiteren Lebens zu bedenken. Das war/ist die Hauptarbeit, ziemlich mühsam, aber aber nach einiger Zeit dann auch erfolgreich.

Die innere Stimme zu hören, zu begreifen und von Störgeräuschen zu befreien, war nicht immer so einfach. Den Gedanken überhaupt Raum zu geben, sie zu entwickeln, sie zu ordnen, sie tragfähig zu machen für meine Art des weiteren Lebens hat Zeit, Beständigkeit und das Aushalten von Frustrationen und Rückschlägen gekostet.

Jeden Tag ein klein wenig Licht und Wärme waren der Antrieb und Motor für kleine Schritte in mein anderes Leben.

Shalom

P.S.

Einige der folgenden Sätze habe ich im Krebsforum gefunden, andere an verschiedenen Stellen im Internet .

Es ist besser, ein kleines Licht zu entzünden, als über große Dunkelheit zu klagen.

Höre ich auf meine innere Stimme,
weiß ich, was gut für mich sein möge;
lausche ich aber den vielen Stimmen anderer,
vergesse ich meine eigene, die gewichtigsten aller Stimmen.
(Jutta)

Das Leben ist wie ein Bumerang: man bekommt zurück, was man gibt.
(Dale Carnegie)

Wenige sind imstande, von den Vorurteilen der Umgebung abweichende Meinungen gelassen auszusprechen; die meisten sind sogar unfähig, überhaupt zu solchen Meinungen zu gelangen.
(Albert Einstein)

Denken ist die schwerste Arbeit, die es gibt. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, daß sich so wenig Leute damit beschäftigen.

Achte auf deine Gedanken,denn sie werden deine Worte.
Achte auf deine Worte,denn sie werden deine Handlungen.
Achte auf deine Handlungen,denn sie werden deine Gewohnheiten.
Achte auf deine Gewohnheiten,denn sie werden dein Charakter.
Achte auf deinen Charakter,denn er wird dein Schicksal.
(Talmud)

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Geändert von shalom (29.03.2006 um 08:44 Uhr)
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  #41  
Alt 29.03.2006, 09:00
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Hallo trotz der Wolken, die sich einfach nicht verziehen wollen.

Bei mir ist mir aufgefallen, dass oftmals die Geduld fehlt auf unserem Weg. Der Kopf sieht eigentlich ganz klar, wie es sein sollte, aber die Gefühle spielen nicht mit.

Als ich noch ganz am Anfang stand, machte sich oftmals Panik breit (heute eigentlich auch manchmal noch). Wie soll es weitergehen, wie wird mein Leben aussehen? Wie kann es aussehen ohne meinen Partner zu verraten (das war und ist eigentlich bis heute für mich die schwierigste Frage)

Gedanken rasten durch meinen Kopf, von denen ich heute sage: Sie waren zu früh. Noch nicht die Zeit dafür. Aber das zu erkennen, braucht sie auch wieder, die Zeit. Schritt für Schritt. Anders geht es tatsächlich nicht. Akzeptieren, dass es ZEIT braucht, unendlich viel Zeit und Geduld, vor allem mit einem selber. Ich bin heute nicht mehr die Frau, die ich noch vor der Erkrankung meines Mannes war. Ich kann sie nicht mehr sein. Ich habe weder die Power noch die Ausgeleglichenheit, die ich hatte, um so sein zu können, wie ich einmal war. Meine Traurigkeit ist dominant, sie gehört mittlerweile zu mir und sie bremst mich aus. Auch das wieder erkennen, akzeptieren und versuchen, die Wertigkeit zu verschieben, das Anderssein nicht unbedingt zu verdammen, sondern "das Päckchen neu packen" das Gewicht anders verteilen, bis man wieder ins Gleichgewicht kommt.

Sich selbst Zeit geben, wo der Druck von außen so stark ist, ist schon beinahe ein Kunststück. Aber ich sage es mir immer wieder: Nimm dir Zeit, du bist noch nicht soweit.

Als Dieter vom Aussortieren erzählt hat, dachte ich auch wieder darüber nach. Nein, ich konnte es nicht, nicht sofort. Bloß nichts verändern, alles sollte so bleiben. Wenn Claus schon nicht mehr da war, sollte alles andere unverändert als Mahnmal verbleiben. 17 Monate dauerte es, diese Zeit hab ich mir genommen. Nun haben seine Schuhe Platz geschafft für meine. Ein wenig "Ordnung" in meinem neuen Leben. Seine Schuhe brauche ich nicht mehr, ich habe andere, unsichtbare Dinge. Jetzt aber erst.

Auch sein Wasserglas, das an seinem Bett stand an seinem Todestag. Unverändert, 17 Monate lang, regelmäßig Wasser nachgeschenkt, damit es nicht leer wird. Seine Lippen noch als Abdruck daran. Ich konnte es nicht wegräumen, brauchte es als sichtbares Zeichen, dass er noch bei mir ist. Auch das habe ich nun "entsorgt" Dieses eine Glas ist weg, aber es steht ein neues an seiner Bettseite, eines, das mir meine Tochter geschenkt hat mit dem Aufdruck "Ohne dich ist alles doof" (vielleicht kennt ihr das ja). Dieses "neue" Glas steht nun da und auch das fülle ich regelmäßig mit frischem Wasser auf. Ja, diese Zeit brauche ich noch. Aber vielleicht kann ich eines Tages auch in mein Bett gehen, ohne nachzuschauen, ob mein Mann auch wirklich noch genug Wasser hat.

Und ansonsten bete auch ich mir täglich vor: Lass positive Gedanken zu, damit sie zu dir zurückkommen. Oftmals gelingt es, das sind die Tage, an denen es mir (dadurch?) auch gut geht.

Mein Buchtip an dieser Stelle: Bestellungen beim Universum von Bärbel Mohr, ein wunderschönes Buch, das genau das beschreibt: Schick das Positive auf die Reise, und du wirst es bekommen.

Ich wünsche euch allen, dass jemand die Wolken wegschiebt (@Danke an der Stelle an einen lieben Menschen )

LG
Andrea
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  #42  
Alt 29.03.2006, 09:30
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Hallo liebe Andrea,

lass Dich einfach mal in den Arm nehmen und nun schauen wir Dein neues Wasserglas an, denn das alte Glas hat seine Funktion erfüllt. Ist Dein Wasserglas halbvoll oder halbleer ? Es ist nun ein anderes Glas. Jedes Mal, wenn Du das Glas wechselst, wird sich etwas verändert haben. Das ist ein schönes Symbol für Wechsel UND Beständigkeit.

Zu Licht, Wärme, Dunkelheit, Angst vor Veränderung passt vielleicht (aus der von mir "so innig geliebten" Geschichtensammlung ) die folgende Begebenheit.

LG
Shalom


Die Angst der Kerze

Eines Tages kam ein Zündholz zur Kerze und sagte: "Ich habe den Auftrag, dich anzuzünden." "O nein!" erschrak da die Kerze. "Nur das nicht. Wenn ich brenne, sind meine Tage gezählt! Niemand mehr wird meine Schönheit bewundern!" Und sie begann zu weinen. Das Zündholz fragte: "Aber willst du denn dein Leben lang kalt und hart bleiben, ohne je gelebt zu haben?" "Aber brennen tut doch weh und zehrt an meinen Kräften", schluchzte die Kerze unsicher und voller Angst. "Das ist schon wahr." entgegnete das Zündholz. "Aber das ist doch auch das Geheimnis unserer Berufung: Wir sind berufen, Licht zu sein. Was ich tun kann, ist wenig. Zünde ich dich aber nicht an, so verpasse ich den Sinn meines Lebens. Ich bin dafür da, das Feuer zu entfachen. Du bist die Kerze. Du sollst für andere leuchten und Wärme schenken. Alles, was du an Schmerz und Leid und Kraft hingibst, wird verwandelt in Licht. Du gehst nicht verloren, wenn du dich verzehrst. Andere werden dein Feuer weitertragen. Nur wenn du dich versagst, wirst du sterben."
Da spitzte die Kerze ihren Docht und sprach voller Erwartung: "Ich bitte dich, zünde mich an."

entnommen aus: http://www.zeitzuleben.de/inhalte/in/geschichten
__________________
Es ist nicht genug zu wissen, man muß es auch anwenden.
Es ist nicht genug zu wollen, man muß es auch tun.


(Johann Wolfgang von Goethe)
"Wilhelm Meisters Wanderjahre", 3. Buch, 18. Kapitel
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  #43  
Alt 29.03.2006, 14:58
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Hallo Shalom

zu deiner Frage
Zitat:
Ist Dein Wasserglas halbvoll oder halbleer
musste ich ein wenig schmunzeln, denn speziell bei dem Wasserglas freut es mich immer, wenn ich sehe, dass es wieder halbleer ist, denn wie gesagt bekennend fast "verrückt" vor Schmerz, habe ich keinen Zweifel daran, dass mein Mann nachts da gewesen ist und einen ordentlichen Schluck daraus getrunken hat, Deshalb achte ich auch peinlichst genau darauf, dass immer zumindest genügend drin ist.

Was den Rest betrifft, so wechselt meine Empfindung, mit Tendenz zu halbvoll.

LG
Andrea, die Sonne kämpft
__________________
Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
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  #44  
Alt 31.03.2006, 13:44
shalom shalom ist offline
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Ort: Baden-Württemberg
Beiträge: 222
Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

In verschiedenen Threads des Hinterbliebenen-Forums wurde gesprochen von den Farben der Trauer, die eben nicht nur aus SCHWARZ und WEISS bestehen, sondern man kann in Liebe und Erinnerung auch weichere und hellere Farben zulassen:

" Man muss in der Seele wie bei den Farben auf einem Gemälde das Heitere und Leuchtende in den Vordergrund stellen."
(Plutarch)

Das Dramatische und Entgültige tritt in den verblassenden Hintergrund und das gemeinsam wunderbar Erlebte gewinnt immer mehr an Bedeutung, wenn ich an meine Frau denke, je weiter ihr Todestag zurückliegt.

Ich denke sehr gerne an sie, ihr Lachen, ihre Lebendigkeit. Dann ist mir warm und hell. Dann geht es mir gut.

LG Shalom
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(Johann Wolfgang von Goethe)
"Wilhelm Meisters Wanderjahre", 3. Buch, 18. Kapitel

Geändert von shalom (09.06.2006 um 13:40 Uhr)
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  #45  
Alt 12.04.2006, 00:11
Elly Elly ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 30.03.2006
Beiträge: 1
Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Hallo Seelenverwandte,

lange habe ich nicht in das Forum geschaut.
Es war einfach zu schmerzhaft zu sehen, wie immer mehr lieb gewordene Menschen es nicht geschafft haben.

Zu meiner/unserer Geschichte:

Im Februar 2005 wurde bei meinem Mann Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert.
Unsere ganze Hoffnung setzten wir in eine OP. Aber leider waren schon zu viele Metastasen vorhanden, so dass die Whipple-OP nicht durchgeführt werden konnte.
Auch eine Chemotherapie war erfolglos gegen diesen Krebs.
Mein Mann verstarb im Juni 2005 im Alter von 55 Jahren.

In den 5 Monaten der Krankheit sind wir alle Wege der Krankheit, des Hoffens und Bangens gemeinsam gegangen, unsere beiden Kinder immer mit dabei.
Ich hatte das Glück, bis zur letzten Minute bei meinem Mann sein zu können. Wir konnten uns voneinander verabschieden. Das betrachte ich als das größte Geschenk Gottes. Mein Mann war nicht allein und das ist trotz des großen Verlustschmerzes ein Trost und ein Halt für das "Weiterleben".

Zur Trauer:

Kurz, es geht mir ganz genau wie Euch.
Freunde und Verwandte standen uns lieb und hilfreich zur Seite. Es hat uns alle zusammengeschweißt.
Doch die eigentliche Traurigkeit kann sicher nur ein Betroffener nachempfinden.
Das "Thema" wird kaum noch erwähnt, weil es ja schon eine Weile vorbei ist und die meisten nicht verletzten wollen, indem sie es wieder erwähnen.
Bin manchmal richtig traurig und auch wütend geworden, wenn immer wieder Sätze, wie:"Denk an Deine Kinder...", "Das Leben geht doch weiter, Du musst jetzt an Dich denken...", Versuch doch, nicht immer daran zu denken..." und noch ähliches...
Jetzt bin ich versöhnlicher gestimmt, weil ich einfach nicht von anderen verlangen kann, sich in meine Gefühlswelt hineinzuversetzen. Es kam mir aber ganz automatisch aus der Seele, dass sich doch alle Welt nach meinem Mann erkundigen müsste und auch danach, wie es mir geht. Mit seiner Trauer ist man allein und das ist auch gut so.
Trost finde ich bei genau den Gedichten und Geschichten, die Ihr aufgeschrieben habt. E. Kübler-Ross war sehr hilfreich zum Verstehen der Gedanken und Gefühle von Sterbenden.
Besonders aber ist mir Dietrich Bonhoeffer ein wichtiger Trauerbegleiter.
Seine Gedanken und besonders auch "Von guten Mächten..." trösten und spenden Hoffnung. "Von guten Mächten" war auch der Abschiedsspruch, den unser Pfarrer am Grab gesprochen hat.

Da während der Zeit der Krankheit meines Mannes auch noch meine Mutter Ende April 2005 verstarb und im November 2005 noch meine Schwiegermutter, sah ich mich am Ende meiner Kräfte. Plötzlich waren alle Menschen, die noch ein Bindeglied in die Vergangenheit darstellten, nicht mehr da. Auch da hat mir ein Gedicht von D. Bonhoeffer so sehr geholfen, nicht zu verzweifeln:

Ich glaube

Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten,
Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er
Menschen, die sich alles zum Besten dienen lassen.

Ich glaube,
das Gott uns
in jeder Notlage
soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen.

Aber er gibt sie nicht im voraus,
damit wir uns nicht auf uns selbst,
sondern allein auf ihn verlassen.

In solchem Glauben müsste
alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.

Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht
vergeblich sind, und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen
fertig zu werden, als mit unseren vermeintlichen Guttaten.

Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass
er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.

Dietrich Bonhoeffer


Im Moment erlebe ich meine Trauer sehr intensiv. Tagsüber bin ich an der Arbeit abgelenkt, muss mich konzentrieren.
Doch oft kommt die Traurigkeit anfallartig. Kann gar nichts dagegen machen und will es auch nicht. Die Gefühle muss ich spüren, um sie verarbeiten zu können. Das habe ich jetzt begriffen.

Wie Ihr auch, gehe ich alte Wege nun allein und nur so kann ich Ruhe finden.
Viele Freunde raten mir davon ab, mich wieder bewusst in diese schmerzlichen Erinnerungen zu stürzen.
Für mich sind sie ein sehr wichtiger Bestandteil meiner Trauer geworden und nur so bin ich in der Lage, Schritt für Schritt die Gedanken zu ordnen.

Es ist so wohltuend, Eure Beiträge zu lesen.
Besonders die Worte von Dir, "shalom" , haben mir geholfen, indem Du schreibst, dass wir das Produkt unserer Gedanken sind.
Wenn wir es wollen, können wir unsere Gedanken beeinflussen. Daran glaube ich auch. Es fällt sehr schwer, sich nicht gehen zu lassen.
Dankbarkeit, dass wir den Partner (32 Jahre Ehe) bei uns haben durften, ist das Ziel, das die Traurigkeit mildern oder sogar besiegen soll.
Nicht zusammen alt werden zu können, ist sehr schmerzhaft. Aber es ist eben Gottes Bestimmung gewesen. Mit Gottes Hilfe wird es auch weitergehen. Darauf vertraue ich bei all der Traurigkeit im Herzen.

Euch allen herzlichen Dank für Eure Worte. Viel Kraft!

Elly

Geändert von Elly (12.04.2006 um 00:14 Uhr)
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