Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Allgemeine Themen > Palliativ, Hospiz, Fatigue, Übelkeit & Schmerzen

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 20.04.2017, 16:59
Chari Chari ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 20.11.2013
Beiträge: 164
Standard AW: Sterbebegleitung oder schon Sterbehilfe im Hospiz?

Hallo

Ich denke hier sind sicherlich viele Faktoren zusammengekommen, welche das Hospiz berücksichtigt hat, das sehr hohe Alter, die Schmerzen, den Wunsch zu Sterben und den sehr aggressiven Krebs.

Der Arzt auf der Palliativstation hat uns damals gesagt, dass der Mensch nicht stirbt weil er nichts mehr trinkt und isst sonder er isst und trinkt nichts mehr weil er stirbt. Selbst ohne Betäubung hat der sterbende Körper kein Bedürfnis mehr nach dem "irdischen" wie Nahrung. Der Körper fährt sozusagen langsam runter.

Was natürlich klar ist, ist das man durch die Erhöhung der Schmerzmittel den Tod schneller herbeiführen kann. Ob man dies nun als Sterbehilfe bezeichnen soll?

Meistens werden hier auch die Angehörigen gefragt wie man mit den Dosen der Schmerzmittel umgehen soll. Vielleicht haben das andere Verwandte geregelt oder sie schon selbst im vorhinein.
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 21.04.2017, 15:07
Clea Clea ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 13.01.2017
Beiträge: 560
Standard AW: Sterbebegleitung oder schon Sterbehilfe im Hospiz?

Hallo,

meine Ma war auf einer Palliativstation, die sich auch rührend gekümmert hat.
An diesem Donnerstag, der das Ende einläutete, hatte sie morgens KG und die Physios haben sich große Mühe gegeben, haben sie hingestellt und anschließend so gesetzt, dass sie frühstücken könnte.
Das hat sie dann auch gemacht, Brötchen und einen Tee gab es.
Davon war sie so geschafft, dass sie das Mittagessen verschlafen hat.
Sie bekam es am späten Nachmittag und hat wieder gut gegessen.
Nachts hatte sie dann Blut im Stuhl und die Rasselatmung war morgens da.
Das war dann der Freitag, an dem uns die Ärztin sagte, dass sie sich auf den Weg macht. Wir sollen uns soviel Morphin holen, wie wir verantworten können.
Viermal am Tag gab es Novalgin. Sie hatte noch einen Zugang.
Ich besprach mit dem Arzt, dass wir die Flüssigkeit einstellen, nur noch das Lösemittel vom Novalgin und wenn sie zu Trinken verlangt.
Der Arzt von Freitag sprach auch davon, dass jeder Tropfen das Leid verlängert.
Wir bekamen eine kleine Sprühflasche, in die wir geben könnten, was sie mochte. Mein Bruder holte dann ihr Altbier. Sie nahm es geradezu gierig, aber schluckweise wollte sie es nicht, sondern gesprüht.
Sie hatte nur noch Minutenweise Wache Momente.
Am Samstag hatte sie kaum noch welche, obwohl sie nur zwei Morphinspritzen bei Unruhe bekommen hat. Sie war nicht mehr fähig, sich zu bewegen. Beim Lagern machte sie Bewegungen wie ein Säugling, der erschreckt wird. Das ist ein Reflex, keine gezielte Reaktion mehr.
Sie schluckte ihren Speichel nicht mehr, so dass sie ein Speichelunterdrückendes Pflaster bekam. Das half.
Sonntags starb sie. In der Nacht gab es nochmal eine Spritze, aber die war zu lange her, um ihr in den letzten Sekunden noch zu helfen.
Ich frage mich andersherum, ob wir sie nicht noch viel mehr hätten "abschießen" (bitte entschuldigt den "Schwesternslang, er trifft es aber) sollen, ihr zuliebe.
Ich weiß nicht, ob sie hinter der Schwäche nicht schreckliche Angst erleiden musste, was mit ihr geschieht, oder doch Schmerzen hatte, obwohl sie sie zu wachen Zeiten immer verneint hatte.
Sie hat mit dem Arm gerudert, sagt mein Vater, daraufhin ist er an ihr Bett und hat die Hand eingefangen und festgehalten und dann war es auch schon vorbei.
Wäre es nicht besser gewesen, sie wäre einfach sediert entschlafen, hätte ihn nicht kommen sehen?
So fragt man. sich, je nach Perspektive, eigentlich immer dieselben Fragen, was wäre besser gewesen und hätte man anders handeln können?
Ich denke, wir könnten nicht loslassen und haben sie deshalb so wach wie möglich gehalten, haben vom Angebot der Ärzte nur den nötigsten Gebrauch gemacht, um sie vielleicht nur eine Stunde oder auch nur eine Minute länger im Leben zu halten. Stand uns das zu?

Geändert von Clea (21.04.2017 um 15:09 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 03.05.2017, 09:03
Mathias974 Mathias974 ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 26.06.2013
Ort: Bremen
Beiträge: 279
Standard AW: Sterbebegleitung oder schon Sterbehilfe im Hospiz?

Hallo,

ich schreibe hier als Betroffener mit folgender Situation.
Seit 4 Jahren erkrankt und mittlerweile unheilbar. Bin gerade im dritten Block der Chemo, hatte auch schon Bestrahlungen und drei OP´s.
Als Betroffener habe ich die volle Verantwortung übernommen, da ich Frau und Kind habe. Somit stellt sich die Frage nach dem sterben zuhause erst gar nicht.

Für mich würde nur Hospiz oder Pallistation in Frage kommen, da meine Familie hier weiter leben muss.
Der Krebstot kann lang und schrecklich sein, deswegen ist es bei mir festgelegt, dass ich ab dem Punkt wo nichts mehr hilft, dass sterben unabwendbar ist, ich nur noch abgeschossen werden will, ohne jegliche Nahrung.
Desweiteren finde ich es auch wichtig sowas vorher schriftlich zu erklären. Denn Angehörige haben immer noch die persönliche Bindung, die das ganze noch in die Länge ziehen könnte.



LG
Mathias
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 03.05.2017, 10:33
Benutzerbild von micha54
micha54 micha54 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 30.05.2009
Ort: Berlin
Beiträge: 532
Standard AW: Sterbebegleitung oder schon Sterbehilfe im Hospiz?

Hallo Matthias,

es fühlt sich irgendwie für mich richtig an, wie Du das Thema beschreibst.

Meine Frau und ich haben beide eine Patientenverfügung beim Notar gemacht und unsere Kinder wissen, dass es unser Wille ist, dass wir nicht zuhause von ihnen gepflegt werden, denn jeder ist immer für sich selbst verantwortlich und muss sein Schicksal tragen.

Mit meinen Eltern habe ich es anders erlebt, wollten bis zuletzt zuhause gepflegt werden, immer sollte jemand verfügbar sein, was aber ambulant gar nicht möglich ist.

Liebe Grüße,

Michael
__________________
Malignes Melanom pT4bN0M0, Clark IV TD12mm, Stadium IIC, 20 Jahre verschleppt
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 04.05.2017, 02:20
Thymus Thymus ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 13.10.2009
Ort: Berlin
Beiträge: 1
Standard AW: Sterbebegleitung oder schon Sterbehilfe im Hospiz?

Hallo Anne,

ich selbst habe Krebs im Endstadium, d.h. da keine Therapie mehr erfolgversprechend ist, bekomme ich nur noch Schmerzmittel, und im vergangenen Herbst hatte mein Onkologe den Mut mir auf meine Frage, wie lange er glaubt, dass ich noch habe, die Jahreszahl 2017 zu nennen.

Ich dosiere die Schmerzmittel selbst, wobei ich "gewöhnliche" Schmerzmittel wie Novaminsulfon und Ibuprofen verwende, aber auch Morphinderivate, Oxycodon und Fentanyl. Die Dosierung ist relativ konstant, ich erlebe aber immer wieder Schmerzschübe, die ein, zwei Tage andauern, und in denen ich dann die Dosis entsprechend erhöhen muss. In dieser Zeit habe ich aber auch absolut keinen Hunger und bleibe den ganzen Tag im Bett. Aus Vernunft, weil Schmerztropfen und Tabletten als einzige Nahrung natürlich auch Gift für meinen Magen sind, esse ich auch mal einen Zwieback und trinke ein Glas Tee oder Cola (ja, ich weiß, Cola ist krebserregend ), aber ich weiß inzwischen, dass es nach ein paar Tagen wieder besser wird. Natürlich nimmt man auf diese Weise auf Dauer auch ab. Doch obwohl ich in den letzten 3 Jahren etwa 30 Kg verloren habe, wiege ich jetzt bei 176 cm Körpergröße etwas unter 70 Kg - habe jetzt also beinahe mein Idealgewicht. Jetzt will ich versuchen, nicht weiter abzunehmen. Aber ich lebe allein in meiner Wohnung und versorge mich selbst, und kann das bislang auch noch bewältigen.

Worauf ich aber hinaus möchte: Wenn Deine Mutter keine Schmerzen hatte in ihren letzten Tagen, so ist das sehr gut. Und auch wenn sie die meiste Zeit geschlafen hat, die Schmerzmittel mögen einen zwar benommen machen, aber man wird damit nicht ruhig gestellt, wie dies z.B. mit bestimmten Psychopharmaka der Fall ist. Du hättest ganz sicher bemerkt, wenn Deine Mutter sich nicht wohl gefühlt hätte damit, und vermutlich war ihr schon länger klar, dass es mit ihr zu Ende geht. Es ist eine gute Art zu sterben, wenn man ohne Schmerzen langsam einschläft. Und um mit dieser Krankheit weiter leben zu können braucht man einen festen Willen, Zuversicht und Kampfgeist. Und wenn jemand im Inneren entschieden hat, dass die Zeit gekommen ist, dann trifft der Krebs auf keinen Widerstand mehr.

Ein gutes Hospiz, in dem der Patient mit Respekt behandelt wird und keine Schmerzen leiden muss, ist ein guter Ort zum Sterben, so, wie man ihn sich nur wünschen kann.

Lieben Gruß

Stefan
__________________
Wer bis zum Hals im Wasser steht sollte den Kopf nicht hängen lassen......
Mit Zitat antworten
  #6  
Alt 05.05.2017, 11:52
Clea Clea ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 13.01.2017
Beiträge: 560
Standard AW: Sterbebegleitung oder schon Sterbehilfe im Hospiz?

Liebe Betroffene, Thymus und Mathias,

es ist bemerkenswert, wie ihr euch mit der Situation beschäftigt und auch im Sinne eurer Angehörigen entschieden habt.
Ich weiß nicht, ob ich das könnte. Wenn du bedenke, mein Sohn könnte mich nur vergleichsweise kurz am Tag sehen, weil ich in einem Hospiz wohne, der Gedanke schnürt mir schon die Kehle zu. Mag egoistisch sein, aber ich würde versuchen, jede Minute noch bei ihm zu sein.
Bei meiner Mutter hat es keinen Unterschied gemacht, ich war jede freie Minute bei ihr.
Mein Vater hat sich in den letzten zwei Tagen auf der Station mit einquartiert.
Für uns war es besser als Zuhause.
ich weiß aber, sie wäre lieber dort gewesen. Und das nagt. Aber mein Papa hätte das nicht gewollt. Er ist Banker, kein Krankenpfleger.
Ich ziehe meinen Hut vor euch. Seid weiter stark!

Geändert von Clea (07.03.2018 um 21:39 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #7  
Alt 07.03.2018, 14:22
Töchterlein Töchterlein ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 25.11.2016
Beiträge: 45
Standard AW: Sterbebegleitung oder schon Sterbehilfe im Hospiz?

Ich bin wieder einmal sehr froh über den Gedankenaustausch hier. Mein Papa hat ja eine PEG Sonde. Ich glaube trotzdem, dass sie ihn - zwischendurch ist ja immer wieder mal wach (noch) - fragen, ob sie ihm Sondennahrung geben sollen. Sie fragen ihn auch immer wieder nach seinen Schmerzen und ob er noch etwas haben will / mehr braucht / jetzt oder später...
Was ich mich frage ist, wie sie das machen, wenn er gar nicht mehr wach ist.

Mir ist klar, dass ohne Nahrung und Flüssigkeit irgendwann "Schluss ist". Es erscheint einem ziemlich grausam, aber - lacht jetzt bitte nicht - es erinnert mich an meinen Kater, der schon sehr sehr alt war, und auch eines Tages einfach nichts mehr zu sich nehmen wollte. Irgendwie hat die Natur das wohl so vorgesehen. Wir "pfuschen" mit PEG Sonden und sowas in der Art halt dazwischen.

Ich hoffe halt, dass mein Vater so lange es geht selbst dazu in der Lage ist zu entscheiden, ob ihm etwas gegeben wird oder nicht. Denn für uns Töchter und Partnerin ist das schon eine sehr heftige Entscheidung.

Wobei ich mir bei Essen noch irgendwie vorstellen kann, dass man irgendwann eine extreme Abneigung dagegen hat, vor allem wenn einem eh übel davon wird, aber ohne Flüssigkeit zu sein? Da fühlt man sich doch extrem schrecklich, oder?!
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 06:59 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55