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  #1  
Alt 23.01.2007, 09:57
Vierm Vierm ist offline
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Standard Die Einsamkeit

Hallo,

verliere Dein Kind und Du wirst lernen was Einsamkeit wirklich bedeutet.

Du wirst nie wieder etwas Unbeschwert tun in diesem Leben.


Das ist es was ich jetzt 3 Monate nach dem Tod meines Jungen feststellen muss.

Ich glaubte wenn Du mit ihm die 4 Jahre Kampf überstanden hast (wobei wohl er es war der Kämpfen musste!) dann wirst Du auch das danach schaffen.

Inzwischen zweifel ich daran.

Der Schmerz lässt nicht nach, er wird schlimmer, mit jedem beschissenen Tag.
Der Verstand spielt verrückt, der Körper genauso.


In Einsamkeit Wolfgang
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  #2  
Alt 23.01.2007, 13:06
Cinderella80 Cinderella80 ist offline
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Standard AW: Die Einsamkeit

Hallo Wolfgang,

als erstes möchte ich Dich einmal ganz fest in den Arm nehmen
KAnn man an dieser Stelle was tröstendes schreiben? Ich glaube nicht, oder ich kann es zumindestens nicht.

Ich kann Dir hier nur schreiben, dass Du nicht allein bist und Du hier immer jemanden finden wirst, der Dich versteht und der Dir "zuhört"!

In der "realen Welt" ist es häufig nicht so. "So langsam müßte er/sie doch drüber weg sein" ist nur ein Spruch von vielen. Für alle anderen geht das Leben ganz normal weiter. Auf der Arbeit, in der Nachbarschaft vielleicht sogar in der Verwandtschaft...

Aber in unser Leben ist ein Loch gerissen worden, dass niemals wieder zu stopfen ist!

Ich finde diesen Spruch so passend:

Es wird schon wieder,
wieder,
wieder wie was?!
Wieder wie vorher?!
Es wird nie wieder wie vorher!
Irgendwann wird es,
aber nicht
wieder!!
(Pirko)

Liebe Grüße

Cinderella80
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  #3  
Alt 23.01.2007, 22:56
gaertner gaertner ist offline
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Standard AW: Die Einsamkeit

Hallo Wolfgang,


eigentlich wollte ich nichts mehr schreiben und auch nichts mehr lesen , da mir die kraft selber gefehlt hat, immer wieder an die eigene vergangenheit erinnert zu werden.
Alles nochmal zu durchleben und immer wieder festzustellen , daß es nicht aufhört. das es nicht aufhört, daß der tod jemanden um sein leben betrügt, kinder bestraft, eltern bestraft und familien zerreißt.

meine freundin hat mich auf deine beiträge aufmerksam gemacht und ich habe sie nachgelesen.

nun, da schreib ich doch wieder. das zurückziehen funktioniert am ende nämlich auch nicht. dem geschehenen kann sich niemand entziehen.

ich möchte dir zurufen , nach 4 jahren kampf zusammen mit deinem sohn hast du dir es verdient, zu verzweifeln !

leb es aus, du darfst das jetzt ! sei wütend, sei zweifelnd, sei verrückt. mach dinge , die du in den letzten 4 jahren nicht konntest. dreh ruhig mal durch.

meinen körper und meinen geist habe ich auch gequält. exzessiv habe ich gelebt. die nacht zum tag gemacht, hier gechattet, im forum geschrieben.

irgendwann kam dann der punkt , wo ich wieder aufgeblickt habe, zurückgeschaut und festgestellt, das war ganz schön knapp und manches auch sehr verrückt........ aber es hat mir geholfen etwas zu verstehen.

es hat mir geholfen zu begreifen , daß es keine schuldigen gibt.
niemand hat das eingefädelt , was passiert ist.
niemand ist dafür verantwortlich.
niemand kann ich dafür schlagen.

das einzige was ich machen kann, ist mein leben wieder in meine hand zu nehmen.
es selber zu lenken und dabei an meinen sohn zu denken , daß er es genauso gemacht hätte.
er hat bis zuletzt nur an das leben geglaubt und uns noch hoffnung gegeben.

mach jetzt ruhig dinge , die du , und nur du für richtig hälst. pfeiff drauf, was andere von dir erwarten und über dich denken könnten.
du musst nur dich selber im spiegel anschauen können und deinen marc hinter dir lachen sehen.

bis dahin

steffen
__________________
Jede Lebensphase hat ihren eigenen Wert

und ihr eigenes Glück.


daraus das Beste zu machen

ist der Schlüssel zur Zufriedenheit.
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  #4  
Alt 24.01.2007, 22:42
Vierm Vierm ist offline
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Standard AW: Die Einsamkeit

Hallo ihr Lieben,

An erster Stelle einmal: Danke für Eure netten Worte!

@Cinderrella80

Du triffst es auf den Punkt!

@Steffen

genau das würde ich gerne tun,alles hinschmeissen, ein völlig anderes Leben versuchen aber 3 Dinge verhindern es:

1: ich bin nicht alleine, da ist eine Frau die mehr gefightet hat an der Seite unseres Jungen als ich es je gekonnt hätte.

2: Da ist eine studierende Tochter die über 4 Jahre am "Rande stand" und genau das nicht verdient hat.

3: Gäbe es 1 und 2 nicht: Ich hätte nicht mehr die Kraft dazu.
Denn offen gestanden motiviert oder interssiert mich gar nichts mehr.

Von daher.....



Ciao Wolfgang
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  #5  
Alt 25.01.2007, 05:02
Benutzerbild von Marek Jan
Marek Jan Marek Jan ist offline
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Standard AW: Die Einsamkeit

Hallo Wolfgang,

ich weiss nicht wie es ist wenn man sein Kind verliert, aber ich weiß wie es ist wenn man seinen Partner verliert.
Ich weiß, dass der Schmerz der gleiche ist, denn beides war unsere Zukunft gewesen.
Jeden Tag, auf neues gehofft und am ende doch verloren.
Es ist sehr viel Zeit vergangen und ich habe mir eins geschworen, auch wenn ich oft nicht weiter kann, wir sind es unseren lieben schuldig.
Sie haben für sich gekämpft um jeden Tag dem sie hatten, sie haben aber auch für uns gekämpft, das dürfen wir nie vergessen.
Sie haben dem Kampf gegen Krebs verloren, aber sie leben in uns weiter.
Sie leben in unseren Herzen ganz tief weiter und das kann uns keiner nehmen. Wenn ich an die Klinik zurück denke und wie viele lieben Menschen von uns gegangen sind in der ganze Zeit, da denke ich oft warum? Warum musste es so kommen? Aber es gibt keine Antworten.
Nein es gibt keine Antworten, es gibt dem Schmerz der einem die Luft zu atmen nimmt, es gibt Leere die entstanden ist.

Mario sagte immer zu mir, das Ende ist nur ein Augenblick und denke auch ab und zu an die schöne Zeit die wir erlebt haben zusammen. Ja, ich versuche mich an die Zeit die wir hatten festzuhalten.

Loslassen werde ich nie können, denn auch nach 15 Monate tut es sehr weh und wird es glaube ich mein Leben lang weh tun.

Stillen Gruss Marek Jan
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Was vergangen kehrt nie wieder,
aber ging es leuchtend nieder,
leuchtet`s lange noch zurück.

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  #6  
Alt 25.01.2007, 15:18
Vierm Vierm ist offline
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Standard AW: Die Einsamkeit

Hallo Marek Jan

Zitat:
ich weiss nicht wie es ist wenn man sein Kind verliert,....
es ist erstaunlicher Weise nicht "das verlieren" was mir so Probleme bereitet, sondern der lange Weg dorthin.
Es ist das Gesicht meines Jungen auf diesem Weg, was mag er gedacht haben (wieviel Angst und Sorge), was hätte er noch sagen wollen (aber nicht gesagt hat um uns zu schonen).
Wie einsam muss er dadurch gewesen sein nicht mit allem zu uns zu können, weil er wusste das es uns das Herz bricht?

Es ist wie ein Film im Kopf eingebrannt und lässt sich nicht löschen.

Ich nenne es inzwischen die Gespenster in meinem Kopf.

Ich weiss das mein Sohn mich mit Anlauf in den A**ch treten würde wenn es sähe wie es mir geht.
Aber all dieses "Logische Denken" dieser Versuch sachlich zu sein scheitert gnadenlos an der Geschwindigkeit des Unterbewusstseins.
Denn das tritt als 1. in Aktion!


Ciao Wolfgang
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Geändert von Vierm (25.01.2007 um 15:21 Uhr)
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  #7  
Alt 25.01.2007, 15:46
Benutzerbild von AndreaS
AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Die Einsamkeit

Lieber Wolfgang,

Du beschreibst es sehr gut. Genau diese Gefühle haben wir wohl alle, die wir unsere geliebten Menschen, ob Kind, Eltern, Ehepartner, begleitet haben und nun ohne sie weitermachen müssen.

Mein Mann hat auf dem Weg zum letzten Abschied immer zu mir gesagt: Lass die Schublade noch ein Weilchen zu.

Daran musste ich eben denken, als ich deine Zeilen las. Die Schubladen, die wir zugehalten haben, um zu funktionieren, um Mut zu machen, uns und unseren Lieben, in den Schubladen liegt unendlich viel, das noch verarbeitet werden muss, was wir im aktuten Augenblick vielleicht auch gar nicht registriert haben, es nicht begreifen konnten, es definitiv überfühlt haben.

Ja, die Geister im Kopf. Ich fürchte, sie werden uns erhalten bleiben, gehören ab jetzt zu uns. Vielleicht, ja wahrscheinlich, gelingt es eines Tages mehr oder weniger gut mit ihnen zu leben, sie zu akzeptieren. Aber bis dahin ist das Gefühlschaos einfach schier unerträglich.

Gewiss will dein Marc, dass es dir und euch als Familie wieder soweit gut gehen wird, dass euer Leben wieder lebenswert ist. ABER ich glaube auch ganz fest daran, dass er dort wo er jetzt ist, all deine/ eure Gefühle kennt, sie wirklich begreift, dass du für keinen deiner Gedanken und Emotionen in Erklärungsnot bist, nicht ihm, aber auch nicht dir gegenüber und schon gar nicht dem Rest der Welt.

Gib deiner kranken Seele Zeit. Nimm dir die Zeit, die dir die Umwelt nicht geben wird, denn kranke Seelen sieht man nicht. Setz dich nicht unter Druck.

Ich wünsche dir so sehr, dass du hier die Hilfe findest, die viele von uns bereits finden durften. Dass dir der Austausch, das Erzählen, das Weinen, das Erkennen, da sind andere, die verstehen was ich meine, Kraft geben, weiterzumachen.

Ich umarme dich.

LG
Andrea
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Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
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  #8  
Alt 25.01.2007, 16:39
Benutzerbild von rezzan
rezzan rezzan ist offline
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Standard AW: Die Einsamkeit

Lieber Wolfgang,
ich bin sprachlos. Noch nie hat es jemand so treffend beschrieben...alle glauben, dass der Verlust das schlimmste ist. Aber das ist es wirklich nicht. Diese schrecklichen Gedanken an den Leidensweg, die Schmerzen und die Ängste und Einsamkeit, die die geliebte Person ausgestanden haben muss. Diese Gedanken treffen einen immer und immer wieder wie ein kleiner Blitz aus dem Nichts und zu den unmöglichsten Gelegenheiten. Und ich glaube das wird niemals aufhören.

Aber was mir wirklich den Atem raubt, ist die Vorstellung, dass es das eigene Kind ist. Nur Gott alleine weiß wohl, wie du und deine Frau das ertragen könnt. Ich wünsche euch von Herzen, dass ihr jeden Tag aufs neue die Kraft und den Mut findet - für euren Sohn. Du bist immer noch sein Papa und du musst immer noch stark sein für ihn, bitte vergiss das niemals!

Liebe Grüße, Rezzan
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  #9  
Alt 25.01.2007, 18:28
Benutzerbild von Petra_S
Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: Die Einsamkeit

Hallo zusammen!

Ja, Wolfgang oft herrscht die Meinung vor, dass die Anghörigen letztendlich sich selbst betrauern, das hat mich schon immer ungeheuer wütend gemacht. Du hast es tatsächlich auf den Punkt gebracht, so einfach ist es denn doch nicht, dass man sagen kann, wenn man es lang genug psychologisch zerpfückt: man tut sich selbst nur schrecklich leid. Nein, schließlich hat Liebe und Mitgefühl damit zu tun, dass man seinem lieben Menschen nur Gutes gewünscht hat, alles versucht hat, was einem selbst möglich war und leider war es doch zu wenig, gerade weil man sich so sehr liebte und beschützen wollte... es gab Grenzen, die das Leben setzte, die die eigene Kraft vielleicht setzte und nun stehen wir da. Gibt es hier Trost? Sicher haben unsere Lieben gewußt wie wichtig sie uns sind und dass wir unsere ganze Kraft aufwenden, aber tröstet uns das darüber hinweg, dass sie mit vielen Gedanken unseret wegen, um uns zu schonen allein waren? Sie haben es so entschieden, weil sie uns so sehr liebten und ihrerseits alles tun wollten um es uns nicht noch schwerer machen zu müssen. Ich glaube es fiel ihnen ganauso schwer sich in unsere bevorstehende Zukunft hinein zu versetzten, wie es uns schwer fiel zu begreifen wie sterben geht...Wo lernt man das, wie soll man das "üben" - jaja "loslassen" heißt die kluge Zauberformel, es soll Menschen geben, die haben ein Urvertrauen, sie können damit umgehen. Ich gehöre zu den Menschen, denen der liebste Mensch so sehr leid tut - aus vielen Gründen und da geht es nicht darum, dass ich nun allein lebe. Mir fehlt das Urvertrauen, ich muss mir die Hoffnung jeden Tag neu hart erkämpfen.

Gib dir Zeit und schreib so viel du kannst und willst.
Petra

Geändert von Petra_S (25.01.2007 um 22:32 Uhr)
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  #10  
Alt 25.01.2007, 19:21
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maja-s04 maja-s04 ist offline
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Standard AW: Die Einsamkeit

Lieber Wolfgang,

für Eltern gibt es nichts schrecklicheres , kaum eine größere Traurigkeit, als ein Kind zu verlieren.

Tränen des Schmerzes und der Sehnsucht, der sich nie ausleeren wird, Wut und Verzweiflung, Traurigkeit. Es brennt und schmerzt. Diesen unerträglichen Schmerz, das geliebtes Kind nie wieder in den Arm nehmen zu können, erlebe ich seit 7 Monaten! Das Vermissen wird mit keinem Monat weniger!
Der Schmerz kommt immer wieder.

Ich hoffe, Ihr habt liebe Menschen an Eure Seite, die Euch in den Arm nehmen und Euch Kraft und Halt geben.

Traurige Grüße
Maja

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  #11  
Alt 25.01.2007, 20:13
stef777 stef777 ist offline
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Standard AW: Die Einsamkeit

lieber wolfgang,

mein tiefes mitgefühl an dich. ich habe meinen vater vor ca. 2 wochen verloren, zwar "nur" ein elternteil, aber ich habe ihn mehr als jeden anderen in meiner familie geliebt...

ich verstehe sehr gut, was du meinst damit, dass der "verlust" nicht das schwierigste ist, sondern den einsamen leidensweg bis zum ende miterleben zu müssen. mir geht es genauso. es zerreisst einem das herz.
bei uns kam dazu, dass mein vater nie gut über gefühle reden konnte und immer ein tapferer, "harter" mann gewesen war. bis zuletzt wollte er uns "nicht unnötig viel" belasten mit seinen ängsten, sorgen, gedanken etc...ich frage mich heute so oft, ob und wie ich ihm nicht noch mehr hätte helfen können, habe dabei alles versucht, u.a. reiki gelernt und es ihm gegeben, was er glücklicherweise zugelassen hat. ich hatte während seiner letzten 6 monate massive gesundheitliche probleme (psychosomatisch), war körperlich sehr schwach, und hab mir deswegen oft vorwürfe gemacht, d.h. dass ich nicht stärker und in vielen situationen psychologisch weiser/besser ihm helfen konnte. aber letztendlich ist man auch nur ein mensch, und todkranke und sterbende zu betreuen, die man liebt, ist nunmal sehr schwer, v.a. wenn mans zum ersten mal erlebt.

was mir momentan hilft ist, dass ich meinem vater briefe schreibe. ich möchte wie AndreaS glauben, dass er mich so hört und versteht, dass er nun in einer welt ist, die gewissermassen über unserer steht.
ich versuche ausserdem, so sehr es mich auch verletzt, dass ich ihm nicht immer helfen konnte und er gewisse dinge alleine ausstehen musste, seine entscheidung zu respektieren, dass er uns nicht damit "so" belasten wollte und stolz zu sein auf seine stärke...
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  #12  
Alt 25.01.2007, 20:21
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Marek Jan Marek Jan ist offline
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Standard AW: Die Einsamkeit

Zitat:
Zitat von Vierm Beitrag anzeigen
Hallo Marek Jan
es ist erstaunlicher Weise nicht "das verlieren" was mir so Probleme bereitet, sondern der lange Weg dorthin.
Es ist das Gesicht meines Jungen auf diesem Weg, was mag er gedacht haben (wieviel Angst und Sorge), was hätte er noch sagen wollen (aber nicht gesagt hat um uns zu schonen).
Wie einsam muss er dadurch gewesen sein nicht mit allem zu uns zu können, weil er wusste das es uns das Herz bricht?
Hallo lieber Wolfgang,

ich habe da andere Erfahrung gemacht über die ich gerne schreiben würde. Der Mario war 21 und hat mit mir sehr kommuniziert. Er wusste paar Monate vorher, dass unsere Zeit und seine Zeit hier auf Erden zu ende geht. Egal, wie es mir weh tat drüber zu sprechen, denn ich wollte es nicht wirklich bis zu letzte Minute wahr haben, ich habe mit Mario bis zum Schluss gehofft. Ich wusste aus Medizinische Sicht, dass es keine Rettung mehr gibt, aber man will es einfach nicht akzeptieren.

Wir haben uns versucht richtig vorzubereiten. Kann man sich drauf vorbereiten? Ich sage zur Teil ja, man kann es.

Er sprach immer und ganze Zeit sein Ängste und Sorgen aus. Er sagte immer wieder, dass nicht das gehen Angst macht, dass nicht das sterben das so schlimm ist ins ungewisse zu gehen. Er hatte Angst wie es mir dabei ergeht, wenn er geht und ich zurück bleibe. Er war traurig, dass er seine Nichte nicht gross werden sieht, er war traurig, dass er nicht erlebt wie seine kleine Schwester gross wird und mal heiratet. Er machte sich Soren um andere Menschen wie Familie und Freunde.

Er hat alles ausgesprochen, drum habe ich Mario sehr oft gebeten, zu sagen was er denkt, egal wie unwichtig es erscheint. Egal, ob es mir sehr weh tun würde, ich wollte sein doch so intime Gedanken wissen und dass er mir Sie mitteilt.

Wir haben bis zum Schluss über alles gesprochen, über die Trauerfeier, wie er es gerne hätte, über dem Ort. Was genau passieren soll wenn er verstorben ist, was Mario sehr wichtig war. Z.B. Mario hat sich in der Uni Klinik Aachen nie von anderen Schwestern oder Pflegern waschen gelassen, es war dem Mario wichtig, wenn der Kampf zu ende ist, dass ich das mache, was ich auch tat. Dass ich dem Mario anziehe und er sagte was er gerne an haben würde. Er suchte sich meine Lieblingshose aus.

Ich denke es tat damals sehr weh, drüber zu reden, aber im nachhinein war ich sehr dankbar drüber, dass wir es getan haben, denn ich wusste wie er sich was wünscht. Welche Gedanken er mit sich trägt. So konnte ich auch seine Familie seine Wünsche äussern. Ich kenne dein Schmerz, denn seine Familie wurde von Mario übergangen, er konnte sich keinen anderen Menschen mitteilen als mir. Er machte alles nur mit mir aus, jede Entscheidung die er traf, fragte er nur mich um Rat.

Das aller schlimmste war, los zu lassen. Mario hatte zum Schluss Hirnmethastasen und dadurch wurden sehr starke Anfälle ausgelöst. Mario sagte zu mir, er hat keine Kraft mehr weiter zu kämpfen, er will in Ruhe in der Uni jetzt sterben. Wir haben 1 Jahr vorher eine Patientenverfügung für Fall der Fälle gemacht, wo alles regelt. Weisst Du, es war die schwerste Entscheidung meines Lebens mit der ich weiter zu leben habe und mir sehr oft drüber Vorwürfe gemacht habe, dass ich zu schnell gesagt habe er darf aufgeben. Ja es war sehr schwer, aber wir haben uns die CT Bilder angesehen, haben uns die Lunge angesehen die voll von Tumor war, wir haben uns das Hirn angesehen und erklären gelassen welche Stellen befallen sind. Leber usw, waren befallen. Ich nahm ihm fest in meinen Arm als wir zusammen da lagen und uns unterhielten, er bat mich jetzt gehen zu dürfen.

Ich konnte egoistisch sein und sagen kämpfe für mich weiter, aber nein das tat ich nicht weil ich Mario über alles liebte. Denn ich habe zu Mario immer gesagt, kämpfe solange Du kannst, aber wenn die Zeit gekommen ist und Du nicht weiter kannst sage es mir, ich will nicht, dass Du dich nur für mich quellst.

Wir haben die Ärzte gerufen und gesagt, dass die Dialyse abgestellt wird. Es waren die schlimmsten 7 Tage meines lebens, für die ich aber sehr dankbar bin, denn als er erlöst worden ist wurde es still und freidlich. Keine Schmerzen mehr, keine Krämpfe mehr, kein schnappen nach Luft und Angst er erstickt. Ich habe 7 Tage fast ohne schlaf am Bett gesessen und Mario die Hand festgehalten, als die Zeit kam, drückte er meine Hand drei mal ganz fest, machte die Augen auf, schaute mich an, lächelte und machte einen Kuss, dann nahm ich Mario ganz fest in meine Arme und er ging zu den Sternen.

Er wollte leben, durfte es nicht. Er hat gekämpft und wir haben gemeinsam verloren, aber eins weiß ich, er starb so wie er es sich gewünscht hat in meinem Armen, ganz still, leise und freidlch.

Jetzt kann ich im Moment nicht weiter schreiben.

Stillen Gruss Marek Jan
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  #13  
Alt 25.01.2007, 20:27
stef777 stef777 ist offline
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Standard AW: Die Einsamkeit

lieber wolfgang,

mein tiefes mitgefühl an dich. ich habe meinen vater vor ca. 2 wochen verloren, zwar "nur" ein elternteil, aber ich habe ihn mehr als jeden anderen in meiner familie geliebt...

ich verstehe sehr gut, was du meinst damit, dass der "verlust" nicht das schwierigste ist, sondern den einsamen leidensweg bis zum ende miterleben zu müssen. mir geht es genauso. es zerreisst einem das herz.
bei uns kam dazu, dass mein vater nie gut über gefühle reden konnte und immer ein tapferer, "harter" mann gewesen war. bis zuletzt wollte er uns "nicht unnötig viel" belasten mit seinen ängsten, sorgen, gedanken etc...ich frage mich heute so oft, ob und wie ich ihm nicht noch mehr hätte helfen können, habe dabei alles versucht, u.a. reiki gelernt und es ihm gegeben, was er glücklicherweise zugelassen hat. ich hatte während seiner letzten 6 monate massive gesundheitliche probleme (psychosomatisch), war körperlich sehr schwach, und hab mir deswegen oft vorwürfe gemacht, d.h. dass ich nicht stärker und in vielen situationen psychologisch weiser/besser ihm helfen konnte. aber letztendlich ist man auch nur ein mensch, und todkranke und sterbende zu betreuen, die man liebt, ist nunmal sehr schwer, v.a. wenn mans zum ersten mal erlebt.

was mir momentan hilft ist, dass ich meinem vater briefe schreibe. ich möchte wie AndreaS glauben, dass er mich so hört und versteht, dass er nun in einer welt ist, die gewissermassen über unserer steht.
ich versuche ausserdem, so sehr es mich auch verletzt, dass ich ihm nicht immer helfen konnte und er gewisse dinge alleine ausstehen musste, seine entscheidung zu respektieren, dass er uns nicht damit "so" belasten wollte und stolz zu sein auf seine stärke...
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  #14  
Alt 25.01.2007, 20:34
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Marek Jan Marek Jan ist offline
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Standard AW: Die Einsamkeit

Eins möchte ich noch loswerden:
Ich wünsche uns allen hier Kraft,
Kraft die uns dem Rücken stärkt,
Kraft die uns die Zukunft nicht raubt,
Kraft die uns lernt weiter zu leben,
Kraft es nie zu vergessen,
Kraft weiter zu glauben und hoffen.
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  #15  
Alt 28.01.2007, 01:17
ieggers22 ieggers22 ist offline
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Zitat:
es ist erstaunlicher Weise nicht "das verlieren" was mir so Probleme bereitet, sondern der lange Weg dorthin.
...der lange und herzzerbrechende Weg dort hin!!! Warum ist es so? Was sollen wir lernen? Warum wurden unsere Lieben erwaehlt und warum sind wir uebrig?!?!?!? Was sollen wir weitergeben??
HELP?!??!
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