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  #1  
Alt 18.08.2010, 16:09
Birdie Birdie ist offline
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Frage Wie sollten Tipps für Angehörige aussehen?

Hallo liebe Gemeinde,
da hier ja nicht nur Betroffene sondern auch Patientenbegleiter/Angehörige (so wie ich eine war) fließig mitlesen und schreiben, dachte ich, ich frage euch mal wie die 10 wichtigsten Tipps für Angehörige aussehen sollten.

Ich habe viele Ideen - natürlich aus eigener Erfahrung - aber es gibt ja auch die Erfahrungen, die andere machen und anders sind - dementsprechend wäre ich für euer Gedanken und Ideen sehr dankbar, was euch so dazu einfällt.

Was würdet ihr euch als Betroffene von euren Angehörigen gerne wünschen?
Wie ist das für euch als Angehörige, wäre hättet ihr z.B. am Liebsten von Anfang an besser machen wollen?
Oder was war für euch von Anfang an das Wichtigste?

Danke für euren Input!!!
Birdie

Geändert von Birdie (18.08.2012 um 20:53 Uhr)
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  #2  
Alt 18.08.2010, 19:30
Benutzerbild von Kaffeetante
Kaffeetante Kaffeetante ist offline
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Standard AW: Wie sollten Tipps für Angehörige aussehen?

Hey Birdie

Angst...Wie gehe ich mit meiner Angst um. Was Wo Wie muss ich tun damit mir als Betroffener oder Angehöriger geholfen wird...Sprich Anlaufstellen richtige Ärzte...richtige Klinik..Wohin mit den Kinderen...Haushalt(Waschen Kochen Putzen)Für mich als Betroffener und auch als Angehöriger war das schlimmste das ich keine Ahnung hatte wie ich mit meiner Angst umgehn sollte..

Sorry etwas wirr warr..aber das ist das was mir am wichtigsten gewesen wäre.
Gruss Gabi
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  #3  
Alt 18.08.2010, 19:57
Benutzerbild von Livia
Livia Livia ist offline
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Standard AW: Wie sollten Tipps für Angehörige aussehen?

Also für mich war es ganz schlimm mit anzusehen. wie betroffen und schockiert meine Familie war. Also die Tatsache, dass ich den Menschen, die mir so wertvoll sind, soviel Kummer bereitet habe.
Ich würde mir wünschen, dass Angehörige mehr die Fassung bewahren, wenn die Diagnose Krebs bei einem ihrer Liebsten diagnostiziert wurde. Es hätte mir sehr viel mehr geholfen, wenn ich zu all dem Übel nicht auch noch in die Rolle der Trösterin gerutscht wäre.
Deshalb bin ich so gerne hier im Forum, denn hier kann ich Krebs, Krebs, Kreeebs sagen, ohne dass alle aus den Latschen kippen.
LG
Sandra
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  #4  
Alt 18.08.2010, 20:28
Benutzerbild von Cora
Cora Cora ist offline
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Standard AW: Wie sollten Tipps für Angehörige aussehen?

Mir ist es am liebsten, wenn alle so mit mir umgehen, als wäre ich gesund.
Und das tun sie auch. Weil ich auch ( noch ) so lebe, als gäbe es den Krebs nicht. Natürlich mit Einschränkungen, und lange wird es wohl nicht mehr so gut gehen, weil sich vermehrt Metas bilden.
Jeder, der das Bedürfnis hat, darüber mit mir zu reden kann das tun, umgekehrt genauso.
Ansonsten möchte ich einfach nur LEBEN und ganz normal behandelt werden
Cora
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  #5  
Alt 18.08.2010, 21:01
Benutzerbild von Stilles Wasser
Stilles Wasser Stilles Wasser ist offline
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Standard AW: Wie sollten Tipps für Angehörige aussehen?

Bei mir stände Aufklärung über die Krankheit an erster Stelle. Viele Angehörigen wissen nicht, wie sie mit einem umgehen sollen. Der " richtige"Umgang mit dem Betroffenen. Hilfen für Angehörige in Form von Selbsthilfegruppen, Workshops, wo diskutiert und praktische Dinge im Umgang geprobt werden könnten.
Psychologische Hilfe um mit der Belastung fertig zu werden. Dann Hilfen zur Unterstützung bei der Therapie des Betroffenen, wie sie einen aktiv nicht nur mit Worten auch mit Taten z.B bei der Ausübung von z.B Krankengymnastik unterstützen könnten.
In meinem Bekanntenkreis habe ich manchmal das Wort Krebs umschrieben. Krebs heißt nicht gleich ein Todesurteil. Ich glaube, dass das in den Köpfen vieler Menschen herumschwirrt, und nicht, dass es eine Chance ist, das beste daraus zu machen, zu kämpfen.

LG

Stilles Wasser

Geändert von Stilles Wasser (18.08.2010 um 21:03 Uhr) Grund: Rechtschreibfehler
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  #6  
Alt 18.08.2010, 22:54
Benutzerbild von Marita P.
Marita P. Marita P. ist offline
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Standard AW: Wie sollten Tipps für Angehörige aussehen?

Hallo Birdie,
mir ging es so ähnlich wie Sandra. Alle waren mehr schockiert als ich. Ich musste ihnen sagen, das ich das schon wieder hin bekomme. Man war sehr um mich besorgt.Es wurde ständig angerufen wie es mir ging. Damals wollte ich das garnicht.
Heute ist genau das Gegenteil,nachdem ich 12 Jahre immer funktioniere, schnell mal zu einer Metastasenoperation gehe dann bin ich bald wieder ganz die Alte, die kocht, bäckt, wäscht und bügelt also muss sie ja gesund sein.
Heute würde ich mir mehr Einfühlungsvermögen, mehr Verständnis und mehr Rücksichtsnahme von meinem Mann wünschen. Darauf kann ich sicher nicht mehr hoffen, nachdem er auch durch seine Krankheiten sehr leidet, viele Schmerzen hat und durch die starken Schmerzmittel, die er ständig benötigt, schon Persönlichkeitsstörungen hat.
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  #7  
Alt 21.08.2010, 00:33
Benutzerbild von Rudolf
Rudolf Rudolf ist offline
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Standard AW: Wie sollten Tipps für Angehörige aussehen?

Liebe Birdie,
meine Gedanken zu Deiner Frage nach Erwartungen und Wünschen Betroffener und Angehöriger haben weit ausgeholt und ich habe zunächst die Fragen erweitert.
Welche Erwartungen und Wünsche habe ich als Betroffener:
1. an mich selbst,
2. an meine Familie und Freunde,
3. an die Gesellschaft,
4. an den Arzt,
5. an den Psychologen (ggf.).
Mir ist auch bewußt, daß ich mit fast 10 Jahren Krebserfahrung vielleicht ganz andere Wünsche äußern werde als jemand, der gerade erst seine Diagnose erhalten hat und seine Gedanken und Gefühle sortieren muß, um Wünsche zu formulieren.

Mir ist auch bewußt, daß hier viele Menschen als Gäste einfach nur lesen. Im gesamten Forum sind jetzt gerade 23 registrierte Benutzer aktiv, dazu aber 230 Gäste, also die 10fache Zahl.
Diese unsichtbaren Gäste möchte ich ermuntern, sich ein Herz zu fassen, sich einfach anzumelden und dann mutig zu schreiben, was sie auf dem Herzen haben. Je mehr Gedanken und Meinungen zusammenkommen, desto wirksamer kann eine Selbsthilfegruppe arbeiten. Und ohne Fragen können hier auch keine Antworten gegeben werden.
Ich freue mich sehr, wie dieses Forum ein Ort der Begegnung geworden ist.

Statistisch gesehen gibt es hier extrem wenig registrierte Benutzer. Denn wenn die genannten Zahlen von jährlich 10 – 15.000 NZK-Neuerkrankungen stimmen, dann sind das monatlich rund 1000 und pro Tag 33! Gefühlsmäßig würde ich sagen, daß sich 1 Betroffener monatlich neu meldet. 1 von 1000. Oder weniger.
Also Mut!

Demnächst mehr.
Rudolf
__________________
Ich habe Krebs - aber ich bin gesund!
(Nieren-Op. Nov. 2000, Mistel seit Sept. 2001, anfangs >15 Lungenmetastasen, seit 2003 noch eine, seit 2006 ruhend, 2018 operativ entfernt)

Ich kämpfe nicht gegen den Krebs, sondern für das Leben.
Nein, ich kämpfe nicht, ich lebe!
Mein Krebs ist nicht mein Feind, er ist Teil meines Körpers. Ich will ihn verstehen.
Angst ist Gift für den Körper . . . . . und noch mehr für die Seele.
Entscheiden Sie sich für das Leben, sagte eine Psychologin . . .
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  #8  
Alt 21.08.2010, 00:52
Birdie Birdie ist offline
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Standard AW: Wie sollten Tipps für Angehörige aussehen?

Lieber Rudolf,
der Gedanke, der Anmeldungen geht mir auch immer wieder durch den Kopf ..

Geändert von Birdie (18.08.2012 um 20:55 Uhr)
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  #9  
Alt 21.08.2010, 11:02
Arda Arda ist offline
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Standard AW: Wie sollten Tipps für Angehörige aussehen?

Liebe Birdie,

eine solche Broschüre kann für Angehörige und auch für Freunde von an Krebs Erkrankten gewiss hilfreich sein.
Bitte berücksichtigt, dass es viele, wie z.B. mich, gibt, die ohne festen Partner leben, die alleine mit dem Gefühlsansturm und den täglichen Problemen fertig werden müssen.
Meinen Söhnen teile ich immer nur die Veränderungen mit, weil ich nicht in die Rolle der Trösterin kommen möchte. Ich weiß, dass ich mich notfalls auf ihre Unterstützung verlassen kann, dass sie aber selbst in ihren Familien und Beruf ausreichend mit Problemen versorgt sind.

Trost will ich keinem geben, Trost brauche ich selber.

Aus eigenem Erleben kann ich sagen, es ist wichtig,
-dass Freunde zuhören ohne zu denken, sie müssten gleich helfen,
-wenn ich schlecht drauf bin,
-wenn ich jammere,
-wenn ich in depressiven Phasen versinke,
-dass Freunde mich einfach mal aushalten.


Freunde können auch helfen, indem sie
-mit mir zum Arzt fahren, denn vier Ohren hören mehr
und eine "neutrale" Sicht auf den Arzt und das, was er sagt ist mir auch wichtig;
-mir erlauben, sie, egal um welche Uhrzeit, anzurufen;
-es mir erzählen, wenn sie etwas von anderen über Krebsbehandlung hören;
-mich zu einem Spaziergang abholen und sich auf mein Lauftempo einstellen;
-in guten Phasen mich behandeln als wäre ich gesund;
-verstehen, dass mein Krebs wie eine chronische Krankheit ist.

Ich hoffe, ich konnte Dir einige Anregungen geben und wünsche dem Projekt viel Erfolg. Lass doch mal über den Fortgang hören.

Viele Grüße, Arda

Ich habe gerade noch mal nachgelesen, es soll ja keine Broschüre werden sondern ein Artikel.
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  #10  
Alt 25.08.2010, 16:52
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Big Sister Big Sister ist offline
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Standard AW: Wie sollten Tipps für Angehörige aussehen?

Hallochen Powerfrau Birdie,
mir hat damals der Erfahrungsbericht von Ulrike weiter geholfen.
Ich konnte so meinen Bruder besser verstehen und lernte mit seinem Verhalten besser umzugehen.
Es ist immer schwer in solch einer Situation das Richtige zu sagen, zu tun.
Auch das Thema Angst ist ein wahrer Teufelskreis zwischen Betroffenen und Angehörigen.
Der Betroffene kann/ will nicht über seine Ängste sprechen, da er seine Liebsten nicht noch weiter "belasten" will .
Mein Bruder sagte damals: "Es tut ihm so unendlich leid, was er uns da antut."
Ich war geschockt, wütend, traurig - aber danach hell wach.
Das offene Reden, Weinen , Lachen tat uns nach dieser Aussage gut.
Auch wir haben nämlich nicht mit ihm über unsere Ängste gesprochen aus dem gleichen Grund.
Wir haben unseren gemeinsamen Ängsten ein "Gesicht" gegeben und einen Namen.
Somit konnte sie nicht mehr unsere Seele auffressen.

Sei lieb gegrüßt von Rika
__________________
Leben allein genügt nicht, sagte der Schmetterling, Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume muss man auch haben.http://www.youtube.com/watch?v=bP9_bcDPW28&translated=1
Für Per http://www.youtube.com/watch?v=OOlDp...eature=related
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  #11  
Alt 25.08.2010, 19:05
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anke1 anke1 ist offline
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Standard AW: Wie sollten Tipps für Angehörige aussehen?

Tolle Idee mal wieder von dir Birdie!!!
Sicher ein schwieriges Thema,dass mit Sicherheit auch oft einfach nur nebenher abgehandelt wird.Dabei ist es doch so wichtig darüber zu reden wie es einem geht und damit meine ich nicht nur die Betroffenen.

Für meine Family war es damals ein Schock,alle waren wie gelähmt,wussten nicht was sie sagen sollten,wie sie mit mir umgehen sollten.
Ich hab dem schnell ein Ende bereitet,indem ich ganz offen mit allen gesprochen habe...genaue Diagnose und Prognose.Ich habe nachdem ich den KK hier gefunden hatte,allen gesagt sie sollen mal hier reinschauen,einige taten es,einige nicht.
Wichtig war mir das alle offen mit mir umgehen und mich ansprechen wenn sie etwas wissen wollen.Nichts ist schlimmer als immer dieses Hintenherum.Es war bei uns hier im Ort sogar schon soweit das ich knapp 3 Monate nach Bekanntwerden meiner Krebserkrankung schon halb im Sterben lag.....grausam....und einfach nur weil ich kaum auf der Strasse zu sehen war.Ist ja auch logisch wenn man wochnlang mit ner knapp 10cm offenen Wunde rumrennt,dass man dann kaum stundenlang spazieren geht.
Der härteste Satz den ich danach gehört habe war von einer Bekannten..."Du siehst ja gar nicht krank aus"....Horror....ich hab sie einfach stehenlassen,was soll man darauf denn auch bitte antworten!!!Ich hab doch keinen Stempel auf der Stirn....KREBS!!!!ACHTUNG!
Mittlerweile wissen alle wie sie mit mir umgehen können und ich weiß sie durch meine lustige,lebensfrohe Art zu nehmen.
Fazit: Jeder sollte zu seinen Gedanken stehen und wenn jemand erstmal Ruhe brauch,denke ich sollte man das auch respektieren...aber nur nicht verkriechen lassen.Interesse zeigen aber nicht geheuchelt,normal mit dem Betroffenen umgehen,ihn nicht in Watte packen. Genauso wichtig finde ich das ein Betroffener mit seinem Umfeld normal umgeht,nicht nach Mitleid sucht,sich nicht aufdrängt,auch mal nach den Gedanken der Angehörigen/Freunde erkundigen,sie und ihre Probleme/Ängste ernst nehmen.
Und was ich für beide Seiten ganz wichtig finde...nicht den Krebs dominieren lassen,die schönen Seiten des Lebens sehen und genießen,nicht verkriechen.

Das ist meine Devise und bisher sind sowohl ich,als auch mein Umfeld gut damit gefahren!

LG an alle!
Anke
__________________
"Du kannst dem Morgen den Rücken zudrehen und im Gestern leben oder Du kannst dankbar für das Morgen sein,eben weil Du das Gestern erlebt hast"
NZK re ´02/05 Op04/05 patholog.Befund Pt 1b;Mo;No;G3
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  #12  
Alt 31.08.2010, 14:18
Henning Sp Henning Sp ist offline
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Registriert seit: 27.06.2010
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Standard AW: Wie sollten Tipps für Angehörige aussehen?

Hallo Birdie, liebe Forum Gemeinde,

möchte mich zunächst mal bekannt machen, mein Name ist Sigrid und ich bin die Ehefrau von Henning Sp. Wir kennen das Forum seit Ende Juni, finden es klasse, lesen regelmäßig eifrig und ich habe einmal auch schon im Namen von Henning geschrieben ( bzgl. Birdies Adresssammlung). Henning hat nicht so den Dreh zum Schreiben und sagt dann immer, ach mach Du das mal (das war bei uns schon immer so). Ich tue mich auch noch immer ein bisschen schwer so allgemein in einem Forum zu schreiben, und irgendwie fehlt mir auch immer ein bisschen die Zeit, aber jetzt im Zusammenhang mit Deinen Tipps für Angehörige liebe Birdie, die ich übrigens ganz, ganz wichtig finde, möchte ich eigentlich in unserer beider Namen schreiben und hoffe, dass ist so für Euch alle in Ordnung.

Vorweg schicken möchte ich noch, dass ich selbst 15 Jahre lang als Krankenschwester gearbeitet habe, dass ich zwar vor 20 Jahren den Beruf ins kaufmaännische gewechselt habe, aber meine medizinische Ader kann und will nicht ganz verleugnen. Ich war selber auch schon sehr viel und relativ schwer krank in meinem Leben, aber seit Hennings Nierenkrebs sind das alles Peanuts für mich, denn ich hatte immerhin nie Krebs.

Seit Freitag, dem 23.04.2010 ist unser Leben nun einfach anders. An diesem Tag haben wir die Diagnose, Nierentumor re. Riesengroß mit Lungenmetastasen (über 30) und Knochenmetastasen an Becken und Wirbelsäule erfahren, natürlich wie so viele von Euch, ohne jede Vorahnung, denn auch Henning hatte keinerlei Symptome. Innerhalb von fünf Std. hatte er drei Arzttermine – Urologe- Radiologe- Urologische Klinik.

Der Radiologe hatte 0 Feingefühl, er Henning die Diagnose ziemlich barsch mitgeteilt. Anschließend in der Urologischen Klinik in Herford, wo ich dann mit dabei war, war es zum Glück anders, genau das Gegenteil Der Professor hat versucht uns erst mal etwas zu beruhigen. Die Chemie zwischen ihm und uns hat vom ersten Moment an gestimmt, was wir beide extrem wichtig finden. Wir haben ihm von Anfang an gesagt, dass wir immer die volle Wahrheit wissen möchten, wie auch immer sie aussieht, ob positiv oder negativ, um uns keinen falschen Hoffnungen hinzugeben. Aber er hat uns Mut gemacht. Henning wollte natürlich so schnell wie möglich seine Niere los werden, eine Alternative gab es eh nicht aufgrund der Tumorgröße, und so wurde die stationäre Aufnahme direkt für Montags geplant.

Seine erste Reaktion noch beim Arzt in der Klinik war „dann muß ich jetzt wohl das Rauchen aufhören, wenn ich meine andere Niere behalten will“ und dass nach über 40 jährigem extrem starken Rauchen von 40-60 Zigaretten pro Tag. Ich habe tierisch Angst gehabt, dass er dabei in starken körperlichen Entzug kommt. Den Samstag und Sonntag hat er noch gequalmt und ich habe mir auch Kommentar verkniffen und danach war Schluss mit dem Rauchen ohne Probleme, es hat wohl klick gemacht und siehe da es geht mwenn man will oder muss. Um die Gedanken irgendwie zu betäuben haben wir beide an diesem Wochenende so manch ein Glas Rotwein geleert, obwohl es natürlich nicht wirklich hilft. Mir liefern in den ersten beiden Tagen immer wieder die Tränen, obwohl ich das absolut nicht wollte. Ich habe mich dafür geschämt und habe versucht es zu vertuschen, denn Henning erschien mir viel gefasster, obwohl er der Kranke war/ist und nicht ich. Da wir beide in zweiter Ehe verheiratet und kinderlos sind und seit 15 Jahren auch beruflich noch eng zusammen arbeiten, haben wir eine sicher besonders intensive Beziehung.

Hennings Sorgen gingen z.B. dahin, dass er auf jeden Fall erreichen möchte, dass ich später rentenmäßig gut versorgt bin ( was sowieso der Fall sein wird durch private Vorsorge). Ich fand dass zwar irgendwie rührend, aber das interessierte mich gar nicht. Mein Gedanke dies bzgl. war und ist immer noch, ich werde eines Tages schon zurecht kommen wenn es eines Tages sein muss. Ich hingegen denke immer nur, welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es, sicherlich auch durch meinen früheren Beruf bedingt. Ich habe fortan wochenlang kaum noch geschlafen und gegessen und die halbe Nacht versucht, mir über das Internet Informationen zu holen, (wohlgemerkt gefiltert), so bin ich dann auch auf die Anlaufstelle für Nierenkrebspatienten gekommen, was mir persönlich sehr viel geholfen hat. Ich habe mir nach ein paar Tagen dann von dort Info Material schicken lassen und alles in mich aufgesogen. Natürlich habe ich auch Henning davon erzählt, er hat sich auch alles angehört, war zu dem Zeitpunkt aber noch nicht bereit fachliches zu lesen, das kam später von alleine irgendwann.

Am Samstag habe ich dann nach und nach mit Hennings Einverständnis unsere Familie und engsten Freunde ( ich betone hier ausdrücklich wirkliche Freunde) informiert. Jeder war zutiefst geschockt und wollte uns irgendwie helfen. Aber ansonsten wir sind zunächst für uns alleine geblieben und haben uns auf den Krankenhausaufenthalt vorbereitet, einschließlich Patientenverfügung etc. Für Henning totales Neuland, denn er ist glücklicherweise noch nie in seinem Leben krank gewesen.

Er wollte ausdrücklich auch niemanden sehen, weder zu Hause noch im Krankenhaus, er musste schließlich erst mal selber mit der Situation fertig werden. Alle hatten hierfür Verständnis, bis auf meine Schwiegermutter, aber das ist eh ein heikles Thema, auf das ich nicht näher eingehen möchte.

Ich hingegen brauchte das Reden mit anderen. Wenn ich abends auch schachmatt aus dem Krankenhaus nach Hause kam, habe ich trotzdem mit allen Lieben telefoniert und Sie auf dem Laufenden gehalten. Teilweise haben unsere Freunde eine Infokette gebildet, damit ich nicht alles 100 mal erzählen musste. Fand ich persönlich sehr gut. Alle haben sehr viel Verständnis gehabt.

Ich habe irgendwie nur noch funktioniert, denn arbeiten musste ich auch, in unserem kleinen Betrieb war Hochsaison.

Schlimm war für mich auch, dass ich mir hier gegenüber Kunden auf keinen Fall etwas anmerken lassen durfte, die Gerüchteküche in der Branche blüht schnell und kann tödlich sein. Manche Kunden die mich gut kennen haben natürlich an meiner Stimmlage etwas gemerkt, da habe ich dann Notlügen ggf. gebraucht.

Leider war die erste Woche nach der Diagnose eine Achterbahnfahrt für uns beide, wie man sie sich glaube ich kaum vorstellen kann.Als wenn die Diagnose nicht schon genug ist, musste aufgrund eines intraoperativen Herzinfarktes die OP nämlich kurz nach Beginn abgebrochen werden. Niere also noch drin.

Zunächst hieß es nur Rhythmusstörungen, Intensivstation- alles stabil – nachts dannVerschlechterung der Laborwerte (Herzenzyme), am nächsten morgen als ich wie verabredet wieder anrief, kannte keiner auf Intensiv meinen Mann, mein Herz blieb da auch bald stehen, - er war nachts auf eine andere Intensivstation verlegt worden- Folge Herzkatheteruntersucheung - Ergebnis jetzt frischer leichter Infarkt, Setzen eines Stents. Einen Tag später dann die Entlassung, war mir zwar irgendwie auch nicht ganz geheuer, aber heute läuft halt doch scheinbar so einiges anders als zu meiner aktiven Zeit als Schwester. Egal, wir sind beide erst mal etwas zur Ruhe gekommen. Die OP war vorläufig nicht möglich, da sich sein Herz erholen musste. Um die Zeit nicht ungenutzt zu verlieren wurde dann mit einer Torisel-Behandlung begonnen. Zum Glück hat Henning sie eigentlich sehr gut vertragen, aber ich bin schon hypersensibel sobald er irgend etwas besonderes merkt.

Inzwischen, am 07.07.2010 hat Henning die OP gut hinter sich gebracht, nach einer Woche wurde er entlassen, erstaunlich fit und wiederum eine Woche später haben wir einen erholsamen kleinen Urlaub auf Usedom verbracht, da Henning absolut keine Reha wollte. Dieser Urlaub hat uns beiden sehr gut getan. Im Moment beschäftigen wir uns mit der Bekämpfung der beiden Wirbelsäulen Metastasen. Wir planen eine Cyberknife Behandlung in Soest und die Voruntersuchungen laufen zur Zeit. Sobald wir da was näheres wissen, werden wir dazu schreiben. Den Lungen Metastasen rücken wir erst mal weiter mit Torisel zu Leibe.

Mir persönlich hat die Beratung die Anlaufstelle für Nierenkrebspatienten sehr viel Mut gegeben. Nachdem wir zum LH Forum in Frankfurt waren hat auch Henning sich auf einmal mit dem Lesen „spezieller Krebs Lektüre“ beschäftigt und das finde ich sehr gut, aber er musste es von selbst wollen und nicht weil ich ihn dränge. Mir selbst ist nichts zuviel ich würde und werde alles für ihn tuen.

Abschließend sind wir beide der Meinung das es dass Wichtigste ist, offen und liebevoll miteinander umzugehen, jeder hat mal einen Hänger und manchmal fressen einen die Ängste auch auf. Aber auch die Ängste muss man zwischendurch zulassen, sie gehören einfach dazu. Außerdem haben wir uns nie im Freundeskreis zurück gezogen und sprechen auch hier offen und wenn einem jemand mal „blöd“ kommt mit guten Ratschlägen oder extremen Bedauern, sollte man dass demjenigen auch offen sagen.


So das sind unsere Tipps, bzw. unsere Einstellung
Liebe Grüsse
Henning & Sigrid

Geändert von Birdie (18.08.2012 um 20:59 Uhr) Grund: Verweis auf Anlaufstelle gelöscht
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  #13  
Alt 31.08.2010, 21:04
Benutzerbild von Marita P.
Marita P. Marita P. ist offline
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Standard AW: Wie sollten Tipps für Angehörige aussehen?

Liebe Sigrid,

schön, dass Du nun hier die Gewschichte geschrieben hast, so kannst Du die weiteren Behandlungen und Op's weiter in diesen Thread schreiben.

Ich wünsche Euch viel Durchhaltevermögen und viel Kampfgeist. Es lohnt sich immer.

Liebe Grüße an Henning.
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  #14  
Alt 03.09.2010, 09:13
Benutzerbild von doreen
doreen doreen ist offline
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Beiträge: 206
Standard AW: Wie sollten Tipps für Angehörige aussehen?

Einen sonnigen Guten-Morgen-Gruß an alle in die Runde!
Ich denke, der Umgang mit der Diagnose ist ganz dolle abhängig von der Grundeinstellung des "Kranken" und der Angehörigen. Menschen, die sich umdrehen gehen und klagen , wenn es schwierig, traurig, anstrengend wird, werden auch in diesem Falle wenig hilfreich sein, egal ob Schwester, Vater, Tochter - und sollten sich dann lieber im Hintergrund halten bevor sie anstrengend werden. Mein Vater als Betroffener zB könnte diese Geschichten hier wahrscheinlich gar nicht verkraften. Ich filtere ihm das raus, wovon ich weiß, dass es für ihn hilfreich ist, erzähle ihm all eure positiven Geschichten- habe ihm Maritas Geschichte zu lesen geschickt - er war total begeistert von dir- liebe Marita!.........und lasse die traurigen gelesenen Erzählungen weg. Was nützt es ihm, wenn er wüsste ...??????? Ich versuche, soviel es geht aus euren Erfahrungen zu lernen und das Beste für ihn zu tun. Er lässt das zu, das ist extrem wichtig- er nörgelt zwar jedes mal über die langen Fahrwege nach Berlin und Wartezeiten bei Dr. Johannsen- aber er vertraut mir , das es das wert ist.
Euch allen ein schönes WE!!!!!
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  #15  
Alt 19.08.2012, 08:45
Ed1 Ed1 ist offline
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Beiträge: 285
Standard AW: Wie sollten Tipps für Angehörige aussehen?

Das ist wirklich eine schwierige Frage, jeder braucht was anderes. Für mich ist es wichtig nicht selbst diejenige zu sein, die trost spenden muss. Diese Kraft habe ich momentan nicht. Und dass es auch erlaubt sein soll, kein Optimismus auszustrahlen weil es halt auch schwarze momente gibt, die man überwinden muss. Da hilft ein "wird schon wieder" wirklich nicht weiter.

Und lachen und weinen, wie man sich gerade fühlt. Das tut gut. Auch Ablenkung, denn es soll sich nicht alles um Krebs drehen, auch normalität ist ein stück leben, das man zurückgewinnt.
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