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  #1  
Alt 19.07.2011, 21:59
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Uns blieben ganze 17 Tage

Liebe Jäcky,

den Kampf mit meiner Familie, das war jetzt fast aussichtslos. Ich hätte über Anwälte oder einen Notar gehen müssen mit sehr fraglichem Ausgang.

Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die man nicht (mehr) ändern kann...

Es fühlt sich immer noch alles richtig an, was ich in den letzten Tagen für meinen Vati machen konnte und wie er so friedlich eingeschlafen ist.
Ich habe heute noch mal mit meinem Sohn gesprochen, der in den letzten Momenten mit im Zimmer war, als mein Vati eingschlafen ist. Er hat auch diese Ruhe und den Frieden in diesen Sekunden wahr genommen.

Aber ihm gehen natürlich auch die Bilder der letzten Sekunden nicht aus dem Kopf. Genau wie bei mir. Ich sehe das immer wieder vor mir.

Ich habe mich auch entschieden, die Uhr, die wir meinem Vati noch am Freitag gegeben haben, zu behalten und zu seiner Beisetzung zu tragen.
Theoretisch könnten wir die Uhr sogar noch zurück schicken, weil die 2 Wochen ja noch nicht um sind. Aber kann ich das? Nein. Dann würde irgendwann ein Fremder die Uhr tragen, die mein Vati an seinen letzten beiden Tagen um hatte. Das geht für mich vom Gefühl her gar nicht. verstehst Du das?

Heute war der Schmerz nicht ganz so groß. Irgendwie fühle ich mich recht leer. Ich konnte sogar über alles reden, als ich von Freunden darauf angesprochen wurde. Ohne große Tränenausbrüche, irgendwie als wenn ich gar nicht daran beteiligt war, sondern es nur als Außenstehender gesehen hätte.

Dafür habe ich mir heute mal was gegönnt. Wollte ich schon lange gemacht haben. Mal in aller Ruhe zum Friseur gehen. Alles mal richtig schön in Ruhe machen lassen, neuer Schnitt, neue Farbe.

Das tat mir richtig gut.

Carla
__________________
Mein lieber Vati ist am 17.7.2011 um 16.30 Uhr in meinen Armen friedlich eingeschlafen.

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark
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  #2  
Alt 19.07.2011, 22:17
MavoLiMa MavoLiMa ist offline
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Standard AW: Uns blieben ganze 17 Tage

Zitat:
Zitat von carla44 Beitrag anzeigen
Heute war der Schmerz nicht ganz so groß. Irgendwie fühle ich mich recht leer. Ich konnte sogar über alles reden, als ich von Freunden darauf angesprochen wurde. Ohne große Tränenausbrüche, irgendwie als wenn ich gar nicht daran beteiligt war, sondern es nur als Außenstehender gesehen hätte.

Dafür habe ich mir heute mal was gegönnt. Wollte ich schon lange gemacht haben. Mal in aller Ruhe zum Friseur gehen. Alles mal richtig schön in Ruhe machen lassen, neuer Schnitt, neue Farbe.

Das tat mir richtig gut.

Carla
mein beileid! es sieht aus, als hättest du alles richtig gemacht. ich würde die uhr auf jeden fall behalten! das wird eine riesen erinnerung sein!

genau so geht es mir auch. meine mama ist ja vor 12 tagen eingeschlafen, nach 14 monaten...
ich kann meistens auch ganz normal drüber reden, als sei ich nicht beteiligt. ich finde es irgendwie erschreckend. aber es scheint normal! für andere sieht es dann vielleicht kalt aus, aber es geht nicht anders. es kommt wie es kommt, denke ich.

schön, dass du beim friseur warst (muss ich auch mal wieder)

ganz liebe grüße
annika
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betroffen: meine mama (1952)
diagnose 20.05.2010: epitheliales pleuramesotheliom rechts - T3N0M0
Für immer eingeschlafen: 07.07.2011
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  #3  
Alt 19.07.2011, 22:29
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Uns blieben ganze 17 Tage

Liebe Annika,
vielen Dank.

Es tut mir sehr leid, dass Du Deine Mama auch gerade erst verloren hast. Ich umarme Dich mal ganz fest.

14 Monate mit dieser Gewissheit zu leben, das stelle ich mir sehr schwer vor. Bei uns war es nur eine kurze Zeit und ich hatte schon oft das Gefühl, es nicht länger zu schaffen. Aber ich weiß, dass ich durchgehalten hätte. Keine Ahnung, wo die Kräfte immer wieder herkommen.

Irgendwie ist das alles so unreal. Manchmal denke ich, das passiert doch nicht wirklich, es ist nur ein böser Traum.
Vielleicht begreife ich es irgendwann, dass ich aus diesem Alptraum nicht aufwachen werde, sondern dass mein lieber Vati nicht mehr hier ist.

In den letzten Tagen hat Zeit einfach keine Rolle mehr gespielt. Ich habe kaum auf die Uhr gesehen, wenn ich bei ihm im Heim war.
Jetzt erwische ich mich dauernd dabei, auf die Uhr zu schauen. Die Zeit vergeht so langsam plötzlich.

Carla
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  #4  
Alt 19.07.2011, 22:35
Rheingoldcat Rheingoldcat ist offline
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Standard AW: Uns blieben ganze 17 Tage

Liebe Caral,

ja die
Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die man nicht ändern kann..., das ist eines der schwersten Aufgaben.
Denn die Dinge Ändern die man Ändern kann ist meist zu meistern.
Die Weisheit, dass eine von anderen zu unterscheiden gestaltet sich manchmal etwas schwieriger.

Aber Du machst alles so gut, dein Vater wäre jetzt sehr stolz auf dich. Er würde auch nicht wollen, dass Du deine Kraft für diese Dinge gibst.

Diese Ruhe und sich was gutes tun ist jetzt für dich sehr sehr wichtig. Versuche so viel wie möglich für dich zu tun.

Ich wünsche Dir eine Gute Nacht
Lieben Gruß
Sabine
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  #5  
Alt 19.07.2011, 23:01
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Uns blieben ganze 17 Tage

Danke, liebe Sabine,

ich habe nur so ein bißchen Bammel, dass mich heute abend im Bett noch das große heulende Elend überkommt, weil es mir eigentlich zu gut ging heute und ich dieser innerlichen Ruhe so gar nicht traue.

Ist das nicht blöd? Die letzten Tage hatte ich einfach keine Zeit, auf mich selber zu achten. Und nun, wo ich alle Zeit der Welt habe, traue ich mich nicht mal, meinen momentan doch sehr ruhigen Gefühlen zu glauben.

Ich habe heute auch festgestellt, dass ich mit meiner Mutter so gar nicht wirklich mitfühlen kann. Wenn wir telefonieren nicht und wenn ich sie sehe irgendwie auch nicht. Sie tut mir schon leid. Aber ihre Art, mit Vati umzugehen besonders in seinen letzten Tagen und jetzt schon wieder das Gejammer, dass sie ja nie übrig bleiben wollte.

Ja, sie hat ihren Mann verloren. Aber sie lebt und ist gesund.
Ist schon so, wie ich immer vermutet habe. Die beiden hatten sich zwar schon lange nicht mehr viel zu sagen, aber ohne den Anderen, das geht dann auch nicht.
Im Moment bin ich aber nicht bereit, ihr weiterhin alles abzunehmen, wie in den letzten Tagen. Mal sehen, wie das noch weiter geht.

Carla
__________________
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  #6  
Alt 19.07.2011, 23:23
Rheingoldcat Rheingoldcat ist offline
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Standard AW: Uns blieben ganze 17 Tage

Liebe Carla,

es werden bestimmt noch sehr viele Momente geben, wo deine Trauer dich wider überfällt.Also lass es ruhig zu, alle Gefühle und Empfindungen sind richtig.

Ich kann sehr gut verstehen, nach dem was alles in der letzten Zeit passiert ist, dass Du so für für deine Mutter empfindest.
Aber gehe nicht zu hart mit Ihr ins Gericht, man weiß nie warum jemand so handelt.
Ihr alles abnehmen, dass würde ich auch nicht. Den sie ist für sich selbst verantwortlich.

Ich habe Heute einen fürchterlichen Tag, aber es tut mir gut, hier zu lesen und auch vielleicht etwas Trost und Unterstützung zu bringen.

Bis bald

Sabine
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  #7  
Alt 20.07.2011, 14:48
Jaecky Jaecky ist offline
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Standard AW: Uns blieben ganze 17 Tage

Liebe Carla,

ich hoffe, du bist ein bisschen zur Ruhe gekommen bist und konntest gestern mal ein wenig schlafen. Ich wünsch es dir.

es ist gut für dich, den Kampf mit deiner Familie nicht auch noch aufzunehmen. Ich denke du machst das richtig.

Auch das du die Uhr behälst find ich toll. Würde ich genauso machen, ich würd sie auch nicht zurück schicken. Sie hat, obwohl er sie nur kurz tragen konnte, einen großen Wert für dich. Und das du sie tragen möchtest finde ich auch super. Ich würde das alles nicht anders machen.

Das du beim Friseur warst, ist echt schön. Man sagt immer, Menschen gehen in einen neuen Lebensabschnitt, wenn sie ihren Typ verändern. Vielleicht ist das der erste Schritt in der Hinsicht, das du anfängst es zu akzeptieren. Du musst auch einfach mal an dich selber denken und dir ein wenig Zeit für dich nehmen. Ich hab mir gestern auch die Haare machen lassen. Was fürn Zufall.

Ich drück dich

Liebe Grüße Jäcky
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  #8  
Alt 21.07.2011, 08:45
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Uns blieben ganze 17 Tage

Liebe Jäcky,

mit dem Friseur das wollte ich schon lange mal machen. Aber diese Zeit hätte ich dann nicht für meinen Vati da sein können. Und das war einfach wichtiger, jede freie Minute bei ihm zu verbringen.
Schön, dass Du Dir das auch mal gegönnt hast. Wenn man sich schon nicht gut fühlt, muss es ja nicht gleich jeder sehen, oder?

Ich habe nun auch noch die ganze nächste Woche frei. Eigentlich bin ich ja im Urlaub. Zum Glück. Sonst hätte ich auch nicht so viel Zeit für Vati gehabt.
Gestern, als ich das im Büro soweit geregelt habe, traf ich natürlich jede Menge Kollegen. Alle haben sehr großen Anteil daran genommen. Das tut schon sehr gut.

Auf dem Weg nach Hause muss ich immer durch die Straße fahren, wo auch das Heim in einer Nebenstraße ist. Das sind die ganz schlimmen Momente. Ich möchte dorthin abbiegen, einfach durch die Gänge in sein Zimmer gehen und ihn in den Arm nehmen. Und das geht einfach nicht mehr...
Es ist noch nicht in mir drin, dass er gar nicht mehr da ist. Es fühlt sich eher an, als ob er nur mal für eine Weile weg ist und dann doch wieder kommen wird.
Oder ich einfach in mein Auto steigen und zu meinen Eltern in die Nachbarstadt fahren kann.

Ich sehe in der Erinnerung oft die letzten Minuten vor mir. Dafür fehlen mir viele Erlebnisse der letzten Woche mit ihm. Ich weiß manchmal gar nicht, was wir da alles noch gemacht haben.

Vielleicht waren die letzten 2 Stunden mit meinem Vati neben der Geburt meiner Kinder die wichtigsten Momente in meinem Leben.

Oh Mann, ich möchte das alles irgendwie begreifen, die Zeit anhalten, ihn festhalten.

Morgen um 13.00 Uhr wird die Beisetzung sein. Ich weiß noch gar nicht, wie ich das überstehen soll.

Carla
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