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Alt 03.07.2007, 15:00
Benutzerbild von Junie
Junie Junie ist offline
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Registriert seit: 04.05.2007
Ort: Bayreuth
Beiträge: 14
Standard Abschied von Claudia

Liebe Forumsmitglieder,

erfüllt mit schier unerträglichem Schmerz und einer unendlichen Traurigkeit muss ich Euch heute leider mitteilen, dass Claudia, meine über alles geliebte Frau, heute um 12.45 Uhr, gestorben ist. Wie schon viele vor ihr, hat letztlich auch sie den Kampf gegen den Krebs verloren. Sie konnte friedlich einschlafen und litt keine Schmerzen mehr.

Im Forum wurde in den letzten Wochen sehr viel im Thread „Für Claudia und Junie“ gepostet. Diese Postings machen überdeutlich, wie hoch ihr die Arbeit von Claudia als Moderatorin geschätzt und wie sehr sie dem einen oder anderen durch ihre mitfühlende, kompetente und menschliche Art und Weise Hilfestellung in der für alle Forumsmitglieder gleich schweren Situation geleistet hat. Ihr alle habt diese Wertschätzung so eindringlich zum Ausdruck gebracht, dass es mir schwer fällt, mich in auch nur annähernd angemessener Form zu bedanken. Ich habe Claudia bis zuletzt die Postings aus dem Forum vorgelesen. Es war ihr ganz besonderer Wunsch, Euch wissen zu lassen, dass sie Eure lieben Worte und Euere Anteilnahme an ihrem Schicksal als großen Trost in der sehr schweren letzten Zeit empfunden hat.

Bitte lasst mich Euch an dieser Stelle auch einmal ein paar Worte zu „Eurer“ Claudia aus meiner Sicht als ihr Partner schreiben.

Claudia und ich haben uns vor nunmehr 31 Jahren kennen gelernt, als wir beide in einer damals neuen Cover-Band - sie als Sängerin, ich als Bassist - anfingen. Nach einer ganz kurzen Zeit des Beschnupperns (ich weiß, sie fand eine Partnerschaft mit mir anfangs nicht gerade als besonders erstrebenswert) haben wir uns am 17. Juni 1976 (dem damaligen Tag der Deutschen Einheit) zusammengetan. Für uns beide war es immer die selbstverständlichste Sache der Welt, dass ab da nur der Tod uns trennen konnte und wir für immer zusammen gehören. Ich will nicht verhehlen, dass es auch in unserer Partnerschaft Höhen und Tiefen gab, aber ich denk, so ganz tief innen drin war uns beiden immer bewusst, dass jeder von uns ein Teil des Anderen ist. Ich kenn ein Wort dafür: LIEBE.

Unabhängig von dieser tiefen Liebe, die ich für Claudia empfunden habe, hab ich sie immer als einen außergewöhnlichen Menschen angesehen. Ihre soziale Kompetenz, ihr stetes Bestreben, in Konflikten ausgleichend zu wirken, Ihre Fähigkeit , durch kleinste Gesten Hilfsbereitschaft zu zeigen und Hilfe zu geben, ihr Bemühen gerade auch mich in schwierigen Zeiten vorbehaltlos zu unterstützen, ihr Einsatz für unsere Kinder – Claudias Verhalten war beispiellos im besten Sinn. Dies um so mehr, als sie schon als Kind erheblich sehbehindert war und diese Erkrankung immer weiter fortschritt. Claudia hatte in den letzten 20 Jahren ein Gesichtsfeld von nur noch 1 - 3 Grad. Wenn man bedenkt, dass ein so genannter Normalsichtiger 180 Grad Gesichtsfeld hat, denkbar wenig. Sie war nahezu blind. Gerade angesichts dieser massiven Behinderung war es für mich immer und immer wieder in höchstem Maß erstaunlich, wie selbstlos und aufopferungsvoll sich Claudia für mich, unsere Familie und auch viele außenstehende Dritte eingesetzt hat.

Trotz dieser Behinderung und den in Kindheit und Jugend zu erduldenden Entbehrungen hat Claudia es geschafft, sich frei von irgendwelchen Zwängen zu einer der stärksten Persönlichkeiten zu entwickeln, die mir je begegnet sind. Vielleicht gerade weil sich Claudia diese Freiheit erarbeiten und weil sie diese Freiheit leben konnte, waren ihr Gefühle wie Neid und Missgunst absolut fremd. Sie konnte sich uneingeschränkt mit anderen über deren Erfolge und Glück freuen ohne das Gefühl zu bekommen, ihr würde etwas fehlen oder sie müsste selbst an diesen Erfolgen teilhaben. Claudia war immer in ihrer Mobilität erheblich eingeschränkt. Gerade deshalb war es für sie lebenswichtig, jede Sekunde im Kreis von Verwandten und Freunden bis ins Letzte auszukosten. Hieraus hat sie einen großen Teil ihrer Kraft geschöpft.

Auch unsere ersten gemeinsamen Jahre waren nicht immer nur von Erfolg und Reichtum erfüllt. Trotzdem schaffte es Claudia in ihrer unnachahmlichen Art immer wieder unsere Partnerschaft und unsere Familie voranzubringen. Ihre Kraft war unbeschreiblich.


Ihr könnt Euch sicher denken, dass mit der Diagnose Malignes Melanom ein neuer und schwerer Lebensabschnitt für uns begann. Aber auch der Schock der damaligen Diagnose, die eine Lebenserwartung von 3 bis 6 Monaten beinhaltete, war nicht im Stande, Claudias Lebenswillen und auch ihre Lebensfreude irgendwo wirklich zu beeindrucken. Ich hatte immer den Eindruck , sie sage: komm Krankheit, kämpf mit mir, Du wirst schon sehen, so leicht wirst Du mich nicht bezwingen. Ich bin sicher, nur diese tolle Einstellung hat uns beiden die folgenden vier beschwerdefreien gemeinsamen Jahre gebracht bis die ersten Metastasen auftauchten. Ohne ihren Willen zu trotzen, wären diese Metastasen viel früher entstanden; hierin bin ich mir felsenfest sicher. Diese Grundeinstellung und ihr unstillbarer Hunger nach Wissen über die Erkrankung haben nicht nur ihr geholfen, mit der Krankheit umgehen zu lernen, der Krankheit so weit als möglich gegenzusteuern und die irgendwo absehbaren Folgen der Krankheit schlussendlich auch zu akzeptieren. Zu meiner Schande muss ich eingestehen, dass gerade Letzteres ihr viel viel besser gelang als mir.

Wie ihr seht, habt nicht nur ihr Anlass, Danke zu sagen. Es ist mir ein tiefes Bedürfnis, allen die Claudia kannten, zu sagen, wie sehr ich sie liebte und über den Tod hinaus lieben werde. Ich will mich bei ihr für die tollen 31 Jahre bedanken, die ich mit ihr zusammen sein durfte. Ich will Danke sagen für zwei prachtvolle Kinder, die sie mir und der Welt geschenkt hat. Und ich will ihr dafür danken, wie sehr sie mir durch ihre unendliche Liebe geholfen hat, in Würde Abschied nehmen zu können.

Ich möchte Euch bitten, das Andenken an Claudia stets in Ehren zu halten. Sie war die wundervollste Frau, die mir jemals begegnete. Ihr Tod hat unsäglichen Schmerz verursacht und nichts als Leere hinterlassen.

In tiefer Liebe

Junie
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