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  #1  
Alt 02.09.2011, 17:36
asj asj ist offline
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Standard AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

Hallo!

Mein Tipp an alle Betroffenen ist vielleicht kein wirklicher, denn er scheint nur für mich zu funktionieren - trotzdem möchte ich ihn teilen, vielleicht gibt es noch mehr Trotzköpfe wie mich.

Ich bin heuer mit gerade mal 21 Jahren an fortgeschrittenem Darmkrebs erkrankt.

Vielleicht kommt bei mir emotional erschwerend hinzu, dass der Tumor früher hätte entdeckt werden können, hätte der zuerst behandelnde Hausarzt seinen Job gemacht. Wie dem auch sei, die Diagnose löste bei mir weder Panik aus noch Zukunftsängste - ich war einfach nur wütend. Wütend, dass mich mein Körper, den ich als moderater Raucher vielleicht nicht immer ganz geschont aber sicher nicht unversöhnlich behandelt hatte, so im Stich lassen wollte.

Also wollte ich einfach nur kämpfen und lernte, jeden Tag als Geschenk zu sehen, anstatt mir ständig Gedanken um das Morgen zu machen.

Meiner Erfahrung nach ist Krebs eine Krankheit, die man alleine durchsteht. Von lieben und verständnisvollen Menschen umgeben zu sein hilft sicher eine Menge, aber letzten Endes kann niemand, der die Krankheit nicht hat, nachfühlen, wie es ist mit ihr zu leben. Deswegen erwarte ich erst gar nicht, dass irgendjemand auf eine Art und Weise reagiert, die mich selbst nicht in Unruhe versetzt. Es gibt die Dussel, die sich in jedes Fettnäpfchen setzen. Es gibt die Hilflosen, die Scherze versuchen. Es gibt die Entsetzten, die lieber gar nichts sagen.

Eine liebe Freundin von mir fuschelt mir jedes Mal wenn ich sie sehe heimlich im Haar herum um zu schauen, ob es mir durch die Chemotherapie nicht vielleicht doch noch ausgeht - sie hat es nie über sich gebracht zu fragen, warum ich meine Haare noch alle habe.
Ein anderer Freund versucht mich mit Witzen aufzuheitern á la "Was krebst Du denn so herum?". Ich kann darüber lachen, besonders berühren tut es mich nicht.

Sollte es auch nicht. Genauso, wie man als gesunder Mensch noch beschließen konnte, dass es einem am Allerwertesten vorbeiging was diese und jene Person zu sagen hat, kann man es jetzt immer noch. Und das ist nicht einmal böse gemeint.

Alles Gute!

Geändert von asj (02.09.2011 um 22:06 Uhr) Grund: Rechtschreibung
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  #2  
Alt 02.09.2011, 20:57
eda.2653589 eda.2653589 ist offline
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Standard AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

Zitat:
Zitat von asj Beitrag anzeigen
Es gibt die Dussel, die sich in jedes Fettnäpfchen setzen. Es gibt die Hilflosen, die Scherze versuchen. Es gibt die Entsetzten, die lieber gar nichts sagen.
vergiß die Schadenfrohen nicht. Die haben auch ihr Gutes: sie verhindern, daß man im Selbstmitleid versinkt. Ärgere sie, indem du überlebst - ach, ich wiederhole mich ...

Geändert von eda.2653589 (02.09.2011 um 21:00 Uhr)
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  #3  
Alt 02.09.2011, 22:05
asj asj ist offline
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Standard AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

Die "Schadenfrohen" hab ich bewusst ausgelassen. Die sind es nämlich am allerwenigsten wert, dass man sich um sie Gedanken macht. Außerdem hatten sie vermutlich sowieso eine Abneigung gegen mich und wissen einfach nicht, was sie da erzählen.

Ehrlich gesagt, ich hatte mir sogar Sorgen gemacht jemandem hier auf die Füße zu treten mit meiner ruppigen Einstellung. Andernortens unter Krebspatienten und deren Angehörigen bin ich durchaus auf die Einstellung getroffen "Solange man noch nicht auf der Palliativen liegt, lässt sich sowas leicht sagen". Und auf andere Patienten zu treffen, die ihre Krankheit s u b j e k t i v besser meistern, macht manchem sogar ein schlechtes Gewissen.

So gesehen hoffe ich, dass ich manchem (stillen?) Mitleser trotzdem etwas Mut machen konnte.
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  #4  
Alt 03.09.2011, 11:29
eda.2653589 eda.2653589 ist offline
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Standard AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

Zitat:
Zitat von asj Beitrag anzeigen
Die "Schadenfrohen" hab ich bewusst ausgelassen. Die sind es nämlich am allerwenigsten wert, dass man sich um sie Gedanken macht.
vielleicht nicht. Aber wenn es Leute sind, die in der einen oder anderen Form Macht über den Krebspatienten haben (Chef, Kollegen, Vereinsvorstände ...), wird man nicht umhin kommen, sich mit deren Einstellungen zu beschäftigen.

Viele können das nicht nachvollziehen, wie es ist, mit Krebs im Beruf, Karrieredruck usw. Das durchschnittliche Erkrankungsalter für Krebs liegt ja in der Nähe des Rentenalters. Das ist aber verdammt weit weg, wenn man in den 20ern erkrankt.

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  #5  
Alt 04.09.2011, 00:27
asj asj ist offline
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Standard AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

Hallo!

Studium + Krebs mache ich auch gerade durch. Das Verständnis bei Dozenten und Mitstudenten ist da, und ich hab aufgrund der Modalitäten wenigstens Zeit zum Lernen (keine Parties).

Dass es für Berufstätige bei uneinsichtigen Chefs noch schwerer ist, sehe ich ein. Aber da sollte doch was zu machen sein, etwa über den Betriebsrat.
Und wenn nicht - auch wenn sich das leicht dahersagen lässt - sollte man sich ab einem gewissen Grad auch fragen, ob man für so einen Chef noch arbeiten will.
Gehässige Kollegen? Drauf gesch*****. Andere Gestalten in der Freizeit? Drauf gesch*****. Es ist Dein Leben, und Du entscheidest, was Dir nahe geht und was nicht. Und wenn es zu nahe geht, gilt dasselbe wie oben - warum sollte man sich in einem Verein engagieren, in dem man so behandelt wird?

Alles Gute!
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  #6  
Alt 04.09.2011, 01:14
PetraK PetraK ist offline
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Standard AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

Hallo asj,

du hast mit vielem, was du schreibst, sicher recht, aber von Chefs und Kollegen und was die über einen denken, ist man leider doch sehr oft abhängig, ganz einfach, weil man das Geld zum Leben verdienen muß und wenn man wie ich schon um die 50 ist und schon mal Krebs hatte, findet man nicht mal so eben eine neue Stelle.......Betriebsrat gibt es in kleineren Firmen nicht (z.B. Arztpraxis). Es ist schon manchmal ein Dilemma, man weiß, dass der ganze Stress einem nur schadet und kann nichts ändern. Ich bin nach meiner ersten Krebserkrankung mit 43 entlassen worden. Bei der letzten Praxis, in der ich bis kurz vor meinem Rezidiv ( mit 50) gearbeitet hatte, gabs ständig Generve mit einer Kollegin und einer Chefin (die andere war O.K.) und ich denke, dass das auch zum Rückfall beigetragen hat, aber ich hab nichts anderes gefunden.........

Liebe Grüße

Petra
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  #7  
Alt 04.09.2011, 02:08
asj asj ist offline
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Standard AW: Anteilnahme oder Neugier der Mitmenschen

Ausgerechnet ein Arzt bringt dafür kein Verständnis auf* ?!

Das tut mir leid. Wie gesagt, ich will niemandem mit meiner ruppigen Einstellung auf den Schlips treten.

*Zahnärzte ausgenommen.

Alles Gute!
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