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  #1  
Alt 21.02.2007, 00:21
stef777 stef777 ist offline
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Standard dinge, die mir angesichts des sterbeprozesses nicht aus dem kopf gehen

hallo,

ich würde gerne diese thema beginnen, habe keinen besseren titel gefunden.
sie befassen sich mit den letzten tagen/stunden eines sterbenden (ich muss ständig an diese dinge denken) und würde gerne im austausch hören, wie es euch ergangen ist....es ist die letzte "lebensphase" eines menschen, ich empfands als sehr dramatisch, es lässt mich nicht los.

-Anzeichen, wann es soweit ist:

immer wieder hört man ähnliche geschichten... im nachhinein denke ich auch, bei meinem vater gab es anzeichen, dass es bald soweit sein würde.
2 tage vor seinem tod ging es ihm unglaublich gut, er war wie verwandelt; meinte jedoch ein paarmal zu mir, dass er "gehen müsse"...
einen tag vor seinem tod hat er unverhältnismässig viel geschlafen, und immer wieder erbrochen.
als die nacht anbrach, zu deren ende er starb, hatte er kalte hände...


-was hätte ich ihm noch sagen können / was hilft dem sterbenden abschied zu nehmen

ich habe meinem vater gesagt, dass er sich um uns keine sorgen machen muss, dass ich ihn liebe, dass wir ihn immer vermissen und nie vergessen werden, aber dass er gehen könne, wenn es leichter für ihn wäre. ich habe versucht, schön über das jenseits zu reden. wir haben uns noch an vergangene urlaube erinnert.
ich hätte ihm gerne noch gesagt, dass er ein toller, lieber mensch und vater war, dass er ein erfülltes, schönes leben hatte.
ich weiss nicht und ich frage mich, was hätte ihm sonst noch den abschied leichter gemacht...


-wie erlebte ich ihn in person in seinen letzten tagen/stunden

mein vater war bis auf die knochen abgemagert, seine sonst so muskulösen beine waren nur noch haut und knochen. ebenso seine schultern, brustkorb und rücken. es gab wenig zu massieren, obwohl ich es paarmal für ihn versuchte. sein bauch war rund und steinhart. seine füsse waren unter einem klotz verbandszeug fast nicht mehr zu sehen (schutz gegen wundliegen)
und trotzdem, ich kanns und muss es immer wiederholen, ich fand ihn bis zuletzt wunderschön...wir hatten sicherlich auch etwas glück, er hatte bis dahin wenige komplikationen gehabt. seine haut war nicht gelb, sondern hatte eine recht gute farbe (wie stets in seinem leben, gewisse veranlagung). er war zerbrechlich, aber auch zart. er war viel sanfter als früher. ich hab mich bis zuletzt an seinem anblick gefreut.


-"etwas sehr Besonderes, was unvergessen bleiben wird"

um 1h morgens sah ich meinen vater zum letzten mal lebendig. ich kam rein, er sah mich aus halbgeöffneten augen an, und war TOTAL ruhig und friedlich. ich habe im nachhinein viel darüber gerätselt.......da mein Mann meinte, er wäre ansonsten sehr unruhig gewesen in jener nacht.
entweder, meine präsenz beruhigte meinen vater in jenem moment, aber was ich und mein mann eher glauben, er hat sich zusammengerissen, als ich reinkam, weil er nicht wollte, dass ich bleibe und zusehe.....

Geändert von stef777 (21.02.2007 um 20:01 Uhr)
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  #2  
Alt 21.02.2007, 14:33
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anni_s anni_s ist offline
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Standard AW: dinge, die mir angesichts des sterbeprozesses nicht aus dem kopf gehen

hallo steff,

es stimmt, es ist, bzw war für mich ein unglaublich bewegendes erlebnis, einen menschen in dieser letzten lebensphase zu begleiten. hätte ich es nicht erlebt, wäre jetzt vieles leichter, meine mom würde noch leben und man hätte weniger probleme, ängste. aber es hat mir doch sehr viel an erfahrung und reife gegeben.
auch bei meiner mom gab es anzeichen, die ca 2 wochen vor ihrem tod anfingen ...
ihr gesicht fiel immer mehr ein, ihr augen sanken zurück. an den tagen, an denen es besonders heftig war, sagte sie immer, jetzt wäre es soweit, sie müsste gehen. aber es ging doch noch weiter. ca 2-3 tage vor ihrem tod war sie wieder fit und gut drauf, genauso, wie du es erzählt hattest. aus diesem grund hatten wir sie dann letzten endes ins hospitz gebracht, wir dachten, ihr würde noch etwas mehr zeit bleiben, ein paar wochen mehr. im hospitz verbrachte sie aber nur eine nacht, und am letzten abend rief sie zu hause an, wollte meinen bruder und mich sehen, wir fuhren hin und sie fragte ständig nach meinem vater, wo er wäre, dass er doch bitte kommen sollte, und er sollte sich doch beeilen.
sie war zwar nicht mehr ganz bei sich, aber sie hat es hundertprozentig gespürt. und wir auch.
ich hab das große glück, nicht das gefühl zu haben, dass etwas nicht ausgesprochen wurde. ich hab ihr alles, was sie bis dahin och nicht wusste, erzählt. alles, was unsere beziehung betrifft, das gute und das schlechte. das kann ich mir nur für jeden wünschen. ich habe ihr einen brief geschrieben, den ich ihr aber nie gegeben habe, denn es war nichtmehr notwendig, weil alles aus diesem brief schon gesagt war.
diesen sterbeprozess mitzuerleben war eine unglaubliche erfahrung, das kann wohl jeder hier bestätigen.
ich bin zwar erst 18, aber ich merke seit dem, dass ich in den meisten bereichen und situationen viel älter bin als meine "gleichaltrigen".
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  #3  
Alt 21.02.2007, 17:16
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berndanett berndanett ist offline
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Standard AW: dinge, die mir angesichts des sterbeprozesses nicht aus dem kopf gehen

Hallo Steff,
ich kann dich gut verstehen denn auch mir gehen die letzten Tage wo meine Frau noch gelebt hat nicht mehr aus dem Kopf, ab Freitag war das Morphium so hoch dosiert das sie nicht mehr Wach geworden ist. Freitag morgen und auch Mittags hatte ich sie noch am Telefon aber sie war zu schwach um ich mit mir zu unterhalten, sie war abgemagert innerhab von wenigen Wochen, ein Ohr war wundgelegen und diese Bilder gehen mir nicht mehr aus dem Kopf.
Ihre Brüder, Schwester unser Sohn und ich waren rund um die Uhr ab Freitag bei ihr, ich habe ihr vieles gesagt, das wenn sie keine Kraft mehr hat könnte ich verstehen, denn 2005 und auch 2006 nach meinem Herzinfarkt hat sie alleine unseren Salon geschmissen. Ihre Schwester sagte, immer wenn ich ins Zimmer kam wurde Anette ruhig also muss sie meine Anwesenheit gespürt haben.
Am letzten Abend fuhr meine Sohn und ihre Schwester mit mir nach Hause es war 01:30 die beiden wollten ihre Brüder am nächsten Morgen ablösen, Ihre Füße waren eiskalt und wir haben sie mit zusätzlichen Decken zu Wärmen versucht, heute weiß ich es hätte nichts gebracht, es war die kälte des Todes der nach ihr gegriffen hat.
Am nächsten Morgen rief einer ihrer Brüder im Geschäft an und sagte sei ganz ruhig aber bitte komme, mir war klar das meine liebe Frau nicht mehr unter uns war. Als wir im K-haus waren war sie nicht mehr, sie hatte den Kampf verloren.
Selbst am letzten Abend als ich sie verlassen habe glaubte ich immer noch an ein Wunder, aber es gab leider keins, es war der Kampf gegen die Windmühlen wir hatten zu keiner Zeit eine Chance. Hatte ein Zeit ein schlechtes Gewissen das ich nicht bei Ihr war als sie den Weg gehen musste aber ich weiß nicht ob sie es gewollt hätte.
Ich hoffe dir etwas mit dem was ich geschrieben habe dir zu helfen, es ist das erste mal das ich darüber schreibe und es fällt mir nicht leicht, obwohl es fast fünf Monate her ist, aber was sind fünf Monate zu 27 Jahren, seit alle ganz fest gedrückt ein lieber Gruß von mir Bernd.
__________________
es gibt nicht nur ansteckende Krankheit sondern auch ansteckende Gesundheit.

Geändert von berndanett (22.02.2007 um 14:41 Uhr)
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  #4  
Alt 22.02.2007, 07:30
antje s. antje s. ist offline
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Standard AW: dinge, die mir angesichts des sterbeprozesses nicht aus dem kopf gehen

Hallo Steff,

auch mir gehen die letzen Wochen, Tage, Stunden, Minuten nicht mehr aus dem Kopf.
Mein Mann lag seit 2 Monaten im Krankenhaus, vorrangig nicht w/Leukämie, sondern den Begleiterscheinungen Wasser in Herz und Lunge, Lungenentzündung etc. Als er diese schweren Wochen überstanden hatte, wurde uns gesagt, daß nun schnellstens eine Knochenmarkstransplantation angegangen werden musste. Trotz geringer Chancen wurde ein passender Spender gefunden und eine Chemotherapie eingeleitet. Hierfür war mein Mann noch einmal 10 Tage zu Hause, um Kraft - sowohl psychisch als auch pysisch - zu tanken. Er hatte unglaubliche Angst vor dem Tod und davor, unser Zuhause nie wieder zu sehen. Er hat allerdings mit mir nur wenig darüber geredet, denn ich war nicht bereit dazu. Ich wollte darüber nicht nachdenken, denn es durfte ja nicht sein. Das bereue ich heute zutiefst. Ich habe das Gefühl, in in seiner Angst alleine gelassen zu haben.
Er war also wieder im Krankenhaus. Erste Woche Chemo gut, zweite Woche der Chemophase ok, dritte Woche wurde schlechter. Er konnte immer schlechter atmen, hat wieder Sauerstoff bekommen.
(Ich brauche nicht zu erwähnen, daß ich jeden Tag nach der Arbeit mehrere Stunden bei ihm war.)
An dem Sonntag konnte er nur noch aufrecht sitzen, im Liegen bekam er keine Luft mehr. Er konnte kaum einen Satz zu Ende reden und hat mich nach 2 Stunden nach Hause geschickt - sehr untypisch, denn eigentlich versuchte er immer noch ein paar gemeinsame Minuten "herauszuschlagen". Die Ärztin sagte mir damals, daß sie ihn ev. wieder auf die Intensivstation verlegen wollten, da dort die Betreuung sehr viel besser sei und sie innerhalb von Minuten überlegen könnten, ihn zu intubieren.
Uns beiden war das sehr recht. Wir kannten die Intensivstation zu gut und fühlten uns in guten Händen.
Ich fuhr also nach Hause, war mit zwei Freundinnen eine Pizza essen (das erste Warme seit Wochen) und telefonierte nochmal mit meinem Mann (das letzte Mal!). gegen 21 Uhr rief mich die Ärztin der Normalstation an, daß sie meinen Mann jetzt verlegt hätten. Worauf ich dann in der Intensivstation anrief und meinen Mann fragen ließ, ob ich kommen sollte.
Ich hörte, wie er im Hintergrund sagte, daß es nicht nötig sei (das war das letzte Mal, daß ich seine Stimme hörte). Am nächsten Morgen rief ich ab 8 Uhr halbstündig an, konnte aber niemanden erreichen. Erst um 12 Uhr sprach ich mit dem Arzt, der sagte, daß es keine Veränderung gab und ich ab 14 Uhr zur offiziellen Besuchszeit kommen könnte.
Als ich um halb zwei dort war, war mein Mann schon intubiert und ins künstliche Koma gelegt worden.
Hier habe ich erfahren, daß er eine schwere Infektion hätte und die Möglichkeit bestünde, daß er diese nicht überlebt. Das war das erste Mal, daß mir sein möglicher Tod tatsächlich bewusst wurde. Ich habe seine und meine Familie informiert (sein Vater war damals in Frankreich und flog am gleichen Abend zurück zu uns).
Sicherlich habe ich dann fast ununterbrochen an seinem Bett gesessen, mit ihm geredet, ihn gehalten und gestreichelt. Und ich bin sicher, daß er mich gehört und gespürt hat, denn er hat zusammen mit mir geweint. Aber ich werde mir nie verzeihen können (selbst wenn er es tut), daß ich nicht bei ihm war, als er die größte Angst hatte.
Am Dienstag spätabends haben wir erfahren, daß es sich um eine schwere Pilzinfektion handelt und daß die Chancen sehr schlecht seien. Am Mittwoch dann die Mitteilung, daß wir entscheiden müssten, ob weitere Maßnahmen eingeleitet werden sollten (die Niere arbeitete nicht mehr. Dialyse???), allerdings ist die Prognose mehr als ausssichtslos. Selbst wenn ein Wunder geschehen sollte, würde er das wohl nicht ohne Folgeschäden überleben. Eine weitere Behandlung der Leukämie wäre undenkbar.
Ich habe also bei ihm gesessen - Tag und Nacht - habe ihn dann nicht mehr aus den Augen gelassen.
Es war immer jemand bei mir - meine Eltern, meine Brüder sind abwechselnd angereist, seine Eltern und Geschwister. In den Nächten hat seine Schwester viele Stunden mit uns verbracht. Wir haben uns schon immer gut verstanden, aber diese Nächte haben uns noch mehr zusammen geschweißt. Donnerstag nacht war es irgendwie anders. Ich kann es nicht erklären, aber seine Herzfrequenz hatte sich verändert, die Stimmung, seine Mimik. Ich habe dann gegen halb 2 Uhr die gesamte Familie verständigen lassen. Sie waren alle um 2 Uhr da und danach dauerte es noch eine Stunde bis er uns verlassen hatte. Ich hatte meine Hand auf sein Herz gelegt bis es nicht mehr schlug.
Sicherlich hatte ich Zeit, mich zu verabschieden und ich habe alles gesagt, was mir auf der Seele brannte. Aber wir haben uns gegenseitig nicht verabschieden können. Und das begleitet mich heute noch und wird mich immer begleiten!
Es hört sich blöd und schrecklich an, aber ich beneide alle von uns, die wirklich alles noch aussprechen konnten. (Und ich wünsche es jedem, der in eine solche Situation kommen muß.)

Antje
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  #5  
Alt 22.02.2007, 10:47
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oblivion oblivion ist offline
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Standard AW: dinge, die mir angesichts des sterbeprozesses nicht aus dem kopf gehen

Hallo Steff

Habe schon gestern überlegt ob und wenn ja was ich hier reinschreibe.

Erstmal ich bin Altenpflegerin,habe also da auch genug Erfahrung gemacht mit den "letzten Anzeichen".

Es ist fast immer so daß es ein letztes "Aufbäumen" gibt,also man denkt es geht dem Menschen besser sie scheinen sich zu erholen.(Irgenwie blöd ausgedrückt).
Stunden vor dem Tod kühlt der Körper meist sehr stark aus ,sie fühlen sich so kalt an.Ihre Haut sieht kurz vorm Ende bläulich mamoriert aus.

Ich habe meine Eltern und 2 Schwägerinnen und meinen Sohn an dieser verfluchten Krankheit verloren.

Mein Sohn ist im Nov.05,nur 3 Monate nach Diagnosestellung (Hirntumor) mit 17 Jahren verstorben.
Wir saßen 1 1/2 Tage ununterbrochen an seinem Bett auf der Intensivstation.In der Nacht vor seinem Tod sah er uns alle an und sagte lächelnd:was macht ihr alle hier. Er konnte vorher 2 Monate nicht mehr sprechen weil er eine Trachenalkanüle im Hals hatte und sein Sprachzentrum laut Ärzten zerstört wäre.
Am letzen Tag seines Lebens brauchte er Morphium und schlief nur.Er wurde ganz kalt,vorher hatte er sich nur mit einem Bettbezug zugedeckt weil ihm so warm auf der Intensiv war,jetzt halfen nicht mal eine Woll- und 2 Bettdecken um ihn zu wärmen.
Am Nachmittag des 2 Nov. (sein Todestag),bekam seine Haut diese mir bekannte bläuliche mamorierte Färbung.Ich bin erst mal raus eine Rauchen gegangen und hab geheult wie ein Schloßhund.

Ich dachte nur noch Bitte laß es schnell gehen laß ihn nicht leiden.
Was für eine Schei..situation,ich oder besser wir sein ältester Bruder seine Schwester sein Papa und sein Onkel warteten auf seinen Tod.

Er ist um 23 Uhr ohne nochmal aufzuwachen eingeschlafen.
Er hatte ein leichtes Lächeln im Gesicht.

Wir haben ihn am Tag vor seinem Tod als er noch ansprechbar war gesagt er soll es sich nicht so schwer machen und wir lassen ihn los um vorzugehen.Das war der schwerste Satz den ich je in meinem Leben sagen mußte.

Unser Leben ist nicht mehr wie es war,aber es geht weiter nur anders.

Ein dickes Kraftpaket und eine liebe Umarmung sendet Euch allen
Elke
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  #6  
Alt 23.02.2007, 00:06
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Standard AW: dinge, die mir angesichts des sterbeprozesses nicht aus dem kopf gehen

Auch ich weiß, wie hart die Zeit des Sterbeprozesses ist. Ich habe meinen Vater intensiv seit dem Spätsommer 2006 täglich betreut und gepflegt. Mein Vater hat täglich um eine Genesung gebetet. Aber ich bin sicher, er wußte ganz genau, dass der Tag X nicht mehr weit entfernt ist.

Im November ist er zum letzten Mal ins Krankenhaus gekommen. Mein Vater hatte 40 Fieber und eine starke Lungenentzündung bekommen. Der behandelnde Arzt meinte, dass es sich nur noch um Tage oder Stunden drehen würde. Mein Vater hat aber mit den letzten Reserven die er hatte hart gekämpft.

Wir wurden gefragt, ob Papa im Krankenhaus oder zuhause sterben sollte. Wir alle hatten uns einheitlich für zuhause entschieden. Gott sei Dank, hatten wir alle erdenkliche Hilfe geboten bekommen. Von seiten des Hausarztes, Krankenkasse aber auch vom Pflegedienst, die vier bis fünf mal am Tag gekommen waren. Mein Papa war so unendlich Dankbar. Okay es schämte sich sehr, von seiner Tochter die Windel gewechselt zu bekommen. Für mich war es sicher auch am Anfang unangenehm. Aber ich wußte zu diesem Moment das es richtig war, dies zu tun. Wir alle haben versucht ihm dies letzten Tage bzw. Wochen so schön wie nur möglich zu gestalten. Wir haben ihm alles gebracht was er wollte. Das Weihnachtsfest, was uns klar war, dass es sein letzter sein wird, wurde mit viel Liebe organisiert. Papa hatte immer seinen künstlichen Tannenbaum mit viel Liebe aufgebaut. Ihm war dieser Glanz immer superwichtig. Also haben wir Kinder ihm in diesem Jahr eine echte Nordmanntanne aufgestellt. Dann ging es ans aufbauen. Klar jedes Kind weiß, wie ein Tannenbaum geschmückt wird. Aber nein, ich habe meinen Papa in diese Arbeit mit einbezogen, sodaß er sagte konnte, dass es geholfen hatte. Paps war so stolz...Ohja das war er.

Ab Silvester wurde es kontinuierlich immer schlechter. Papa hatte sich sehr vom Wesen her verändert. Was aufjedenfall auf seinen Hirntumor zurückzuführen ist. Es wurde sehr aggressiv und vorallem fühlte er sich von allen und jedem betrogen. Es war leider zum Schluss so schlimm, sodaß wir ihn Medikamentös ruhig stellen mussten. Es ging leider nicht anders.

Die letzten Tage hat er nur geschlafen. Kurzzeitig war er zwar wach, von den Augen her, aber trotzdem schlief er. Zumindestens hatte ich diesen Eindruck. Mein Paps verweigerte eine Woche vor seinem Sterben sämtlich Medikamente. Ich sagte ihm zwar, dass er dann schneller sterben wird, aber ich glaube ihn interessierte dies nicht mehr. Oder er hat mich nicht ernst genommen. In meiner Verzweifelung fragte ich den Arzt was ich tun sollte. Schließlich war ich täglich für seine Medi`s verantwortlich. Also lag dies in meiner Hand. Der Arzt meinte, dass wir den Papa endlich gehen lassen sollten. Das alles andere ihn nur quälen würde. Glaubt mir, mir ist es so schwer gefallen, zu wissen, dass ich seinen Tod beschleunige, indem ich seinen Wunsch respektiere. Also eine superschwere Last lag auf meinen Schultern. Das einzige was ich für ihn tun konnte, war es seine Schmerzen zu nehmen. So bekam er von mir sein Fentanyl-Plaster und bei Bedarf seine Morphin-Spritze. Ich glaube, dass das Morphin letztendlich ihn so fertig gemacht hat.

Zwei Tage vor meinem Papa seinem Tod kam Mutti ins Krankenhaus mit Verdacht auf einen Herzinfakt. Nun galt es schnell eine Lösung zu finden. Da ich alleinerziehende Mama bin, war es mir leider nicht möglich Tag und Nacht zu bleiben. Also hatten wir mit dem Pflegedienst vereinbart, dass sie ihn aufgrund der Situation 24 h pflegen. Und ich halt immer dazu komme. Am Mittwochabend, also der abend vor seinem Tod war ich nochmal bei meinem Paps, dies war das letzte Mal, dass ich ihn Lebend gesehen habe. Paps war in einem dellirium Zustand. Er hat mich nicht wahrgenommen. Und trotzdem nahm ich seinen Rosenkranz und betete für ihn, mit ihm. Auch wenn er im schlafzustand war. Ich glaube, er hat meine Worte sehr wohl gehört. Ich sagte in meinem Gebet: Lieber Gott, hilf meinem Papa loslassen zu können. Er hat es verdient.

Mir sind diese Worte so unendlich schwer gefallen. Hey ich bat darum, dass mein Papa stirbt. Ich seine Tochter. Klar im Herzen wollte ich ihn behalten. Mein Verstand sagte mir aber etwas anderes. Der Tag X war nun da. Und ich nicht bei ihm. Den Vormittag hatte ich genutzt, um Reserve für seine Pflegemittel zu besorgen. Also war ich erst beim Hausarzt und dann in der Apotheke. Und irgendwie wußte ich mein Papa stirbt gerade heute. Ich wußte es ganz genau. Ich sagte sogar dem Apotheker, dass ich nicht wüßte, ob wir all dies überhaut noch bräuchten. Kaum gesagt klingelte mein Handy. Meine Schwester war dran. Sie weinte, und sagte, Caro Paps ist gestorben. Ich war geschockt, obwohl ich doch wußte dass es passieren wird. Also rannte ich so schnell ich konnte zu ihm. Paps, war noch warm. Er sah sehr friedlich aus. Als ob er nur schlafen würde. Aber er atmete nicht mehr. Er war weg, obwohl seine Hülle, sein Körper noch in seinem Pflegebett lag. Ich war so böse mit ihm. Ich hatte ihm immer gesagt, dass ich bei ihm sein werde. Aber er hat nicht gewartet. Offensichtlich hatte er gewartet bis keiner, absolut keiner im Raum war, um endlich gehen zu können.

Noch immer, und mittlerweile ist Paps seit fast 6 Wochen Tod, quält es mich, dass ich ihn vielleicht noch einpaar Tage länger hätte Leben lassen können, wenn ich darauf bestanden hätte, dass er seine Medi`s nimmt. War es falsch von mir??? Irgendwie habe ich zugesehen, ohne was zu verhindert, dass Papa stirbt. Meine Geschwister waren in der Beziehung zu feige, diese Verantwortung zu übernehmen. Also musste ich es übernehmen. Warum fühlt es sich so beschissen für mich an. Ich weiß der Krebs hat ihn getötet, aber warum fühle ich mich für seinen Tod so verantwortlich.

Paps, es tut mir leid. Ich liebe Dich. Du fehlst mir so sehr. Jeder Tag ohne Dich ist unerträglich. Bitte verzeihe mir, für dass war ich falsch gemacht habe. Ich hatte wirklich nur, zu Deinem Wohl entscheiden wollen. Ich hoffe dass Du es weißt.

In liebe Deine Caro
__________________
Und die Welt dreht sich weiter, und das sie sich weiterdreht, ist für mich nicht zu begreifen merkt sie nicht dass einer fehlt. * HALTET DIE WELT *

Ja mein Papa fehlt. *12.10.1935 gest. 11.1.07
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