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  #1  
Alt 11.05.2004, 12:12
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Standard 5 Wochen auf der Intensivstation

Hallo,

mein Vater liegt nun seit seiner OP (Darmkrebs Rezidiv) am Mittwoch vor Ostern auf der Intensivstation. Morgen sind das 5 Wochen. Während bzw. nach der OP gab es Komplikationen: starker Blutverlust, Lungenembolie, künstliches Koma, als nach ca. 10 Tagen die Medikamente abgesetzt wurden die ihn bis dahin schlafen liessen wachte er nicht von allein auf. Seitdem hatte er mehrere Infektionen, letzte Woche kam eine Pilzinfektion in der neu gebildeten Blase hinzu, die hat man zwar wohl soweit im Griff aber das Fieber und die Medikamente die nun dagegen gegeben werden schwächen ihn sehr. In der Zwischenzeit war er zwar etwas wacher geworden aber durch den Herz-Kreislauf-Kollaps nach dem Blutverlust wurde die 1 verbleibende Niere geschädigt, und was am Schlimmsten ist, auch sein Gehirn. Es gab zwar neurologische Verbesserungen (???) aber man weiss halt nicht auch wenn er die Augen aufmacht was er mitbekommt und ob er uns wirklich erkennt. Er wird beatmet und hängt am Dialysegerät und 1000 Schläuchen. Inzwischen wird er immer schwächer und magerer, zuletzt war ich Sonntag dort und es ist herzzerreissend zu sehen wie er immer dünner und faltiger wird. Mein Vater wird diesen Sommer 68 J. und er war immer eher stämmig und jetzt sind die Arme schon so dünn. Die Ärzte sagen es wird dauern.... aber das haben sie vor 4 Wochen auch schon gesagt. Wir wissen nicht ob er es schafft und wenn ja, welchen Preis zahlt er dafür.... denn er ist ja dann nicht "geheilt"... Ich wollte das nur mal loswerden, vielleicht hat jemand von Euch ähnliches erlebt, dann würde ich mich freuen wenn ihr schreibt. Ich finde die Situation sehr belastend, zumal er in einer Uniklinik in der nächsten Stadt liegt und ich wegen den Kindern nicht so oft und lange hinfahren kann wie ich wollte. Manchmal denke ich er muss es schaffen, dann bin ich wieder ganz mutlos weil ich denke wie soll er sich DAVON je wieder erholen. Er ging zwar ängstlich in die OP aber doch guten Mutes und dann passierte all das. Ich finde es so grausam. Es tut so weh ihn da liegen zu sehen und nichts tun zu können. Ich versuche da zu sein und ich merke dass wir uns jetzt da keine Kommunikation möglich ist näher sind als je zuvor (vielleicht in der Kindheit), und ich merke auch das ich doch mehr "aushalte" als ich gedacht hätte aber es ist trotzdem sehr schwer.

Kerstin
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  #2  
Alt 11.05.2004, 21:24
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Standard 5 Wochen auf der Intensivstation

hallo Kerstin,
ich denke, ich weiß, wie Du dich fühlst. Bei uns war es ähnlich. Wegen einer mißglückten OP mußte mein Vati in einen künstlichen Schlaf gelegt werden, die Lungen konnten nicht mehr richtig arbeiten, deshalb war es sinnvoll. Man wartete 1 Woche ab, ob sich die Lungen wieder erholen. Sie taten es nicht. Dann gab es mehrere Gespräche mit der Oberärztin der Intensiv, die meinte, das man an die Folgen für ihn denken müßte und an seine Grunderkrankung Krebs, fortgeschritten. Wir dachten sehr lange darüber nach. Was wäre denn, wenn sie meinen Vati wieder aufgewacht hätten? Quälerei, Schmerzen bis zum letzten Atemzug.Ist sein Leben noch lebenswert? Müssen wir ihn ins Pflegeheim oder Hospiz geben, da wir ihn zu Hause nicht pflegen können? Wie schaut er uns an, wenn er wieder wach wird? Mit traurigen, schmerzerfüllten Augen, dei uns fragen:Warum habt ihr das mit mir gemacht? Warum habt ihr mich nicht einfach sterben lassen? All diese Fragen mußten wir uns stellen und wir haben uns schweren Herzens dazu entschlossen, die Geräte abzustellen.Man darf in solchen Momenten nicht an sich denken (ich möchte ihn noch weiter bei uns haben, er soll noch nicht gehen usw.), man muß an ihn denken und an seine Qualen.Kann er so gut weiterleben??? Das Herz meines lieben Vatis hat nach 4 Wochen nur Morphium und Schlafmittel, sonst nichts mehr, aufgehört zu schlagen. Es war schrecklich für uns. Es ging so lange, sein herz war so stark. ich kam und komme mir manchmal vor als hätte ich es zerstört, ihn umgebracht. Aber dann muß ich mir wieder sein Leiden ins Gedächtnis rufen. Die Ärztin sagte, bei so einem starken Herz, hätte er jedes einzelne Organsterben mitbekommen bis zu Schluß.
Liebe Kerstin, ich will dir nicht sagen, was ihr machen sollt. Kann ich auch gar nicht. Aber denk an Deinen Vati. Frage die Ärzte, was auf ihn und euch zukommen wird, wenn er es schafft.Was würde er für ein Leben führen, würde er das wollen?
Ich wünsche dir die Kraft diese schwere Zeit und die schmerzenden deine Kopf zermarternden Fragen durchzustehen, dabei realistisch zu bleiben. Ich würde mich freuen, wenn du wieder schreibst. Ich selbst muß noch verarbeiten, was passiert ist.
LG Hanna
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  #3  
Alt 12.05.2004, 15:10
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Standard 5 Wochen auf der Intensivstation

Hallo Hanna,

vielen Dank für Deine Antwort. Seitens der Ärzte ist nie darüber gesprochen worden dass man nicht weiter behandeln würde, darum bin ich bisher davon ausgegangen dass es möglich ist dass er sich erholt. Natürlich frage ich mich immer wieder ob es so "richtig" ist. Und auch wenn ich zweifle ob dieses Leiden denn richtig ist und ob es das alles wert ist kann ich den anderen Weg im Moment nicht weiter denken. Hinzu kommt dass mein Vater neu verheiratet ist und seine Frau hofft und hofft und ist viel zuversichtlicher als ich es bin, aufgrund seines Zustandes und der Aussagen der Ärzte - wir hoffen natürlich auch aber ich denke dass der andere Weg für sie nicht in Frage kommt. Wir reden zwar miteinander aber so lange kenne ich sie auch noch nicht um zu wissen was wirklich in ihr vorgeht. Nachher fahre ich wieder hin und ich werde wie immer versuchen einen der Ärzte zu sprechen um zu hören wie die momentane Situation ist. Wenn ich die Kraft dazu finde werde ich versuchen zu fragen ob sie es überhaupt noch für richtig halten.... es ist so schwer sich diesem Gedanken anzunähern, zumal ich erwarten würde dass das zuerst von einem Arzt kommen müsste aufgrund der Feststellung dass er wirklich keine Chance mehr hätte. Es kann doch nicht sein dass die es schon "wissen" und darauf warten dass WIR das äussern? Also, da bisher nichts in der Richtung geäussert wurde (trotz der sehr schwierigen Situation), im Gegenteil wird immer wieder Hoffnung gemacht, bin ich immer davon ausgegangen dass es schwierig und langwierig sein wird aber dass er es schaffen kann wenn nicht plötzlich eine schwere Infektion dazwischen kommt oder sein Herz nicht mehr mitmacht oder was auch immer.... Natürlich fragen wir uns auch (mein Bruder und ich) wie denn seine "Genesung" aussehen soll, vor allem nach der Gehirnschädigung, von der uns bis heute kein Arzt sagen kann wie schwerwiegend sie möglicherweise ist.

Wie lange ist es denn her dass dein Vater gestorben ist? Ich kann mir gut vorstellen wie schwer diese letzte Zeit gewesen sein muss.

Alles Gute
Kerstin
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  #4  
Alt 24.05.2004, 12:43
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Standard 5 Wochen auf der Intensivstation

Hallo Ihr zwei,

dieses ist meine erster Eintrag, obwohl ich schon eine Weile in anderen Foren mitlese.

Bei mir geht es um meinen Bruder (37), vor 7 wochen wurde bei ihm Speiseroehrenkrebs diagnostiziert. Am 19.4. wurde er operiert, zunaechst sah es auch so aus, als ob alles gut gegangen waere. Dann, nach ca 8 Tagen, bekam er Atemprobleme, die immer schlimmer wurden. Am 4.5. haben sie ihn das 2. Mal operiert und festgestellt, dass die Naht zwischen Speiseroehre und Magen geplatzt war, eine Fistel an der Luftroehre entstanden war und sich Keime aus den Verdauungswegen in Lunge und Brustraum verteilt haben. Er hatte eine saftige Lungenentzuendung. Sie haben ihn anschliessend in ein kuenstliches Koma gelegt und mit Antibiotika behandelt. Heute liegt er immer noch im Koma, seine Lunge spielt nicht mit. Die Keime haben sie wohl im Griff, aber er kann eben nicht allein atmen. Heute wollen sie einen Luftroehrenschnitt zwecks besserer Beatmung machen, vorhin habe ich gehoert, dass er gestern kurzfristig Nierenprobleme hatte.
Wenn ich eure Berichte so lese, mag ich mir gar nicht vorstellen, was noch alles kommen kann.... er ist zwar erst 37, aber seine Konstitution war nie so doll.

Meine Schwaegerin sagte mir, dass sie ihn nach dem Luftroehrenschnitt langsam wach werden lassen wollen - hoffentlich klappt das. D.h., manchmal bin ich mir nicht sicher, ob das das beste fuer ihn ist... denn der Krebs ist noch lange nicht besiegt und Speiseroehrenkrebs ist so aggressiv.

Was fuer mich so schwer ist, ist, dass ich in Australien lebe und nicht mal eben so schnell nach D fliegen kann. Das macht mir einerseits Gewissensbisse, andererseits bin ich auch zwischendurch froh, dass ich hier Ablenkung habe. Ist das schlimm? Bin ich feige??? Ich troeste mich im Moment nur damit, dass er das verstehen wird, in der Woche, in der er wach war, zwischen den beiden OPs, wollte er nur seine Frau sehen.

Und, was mich auch total wuetend macht, ist, dass es ja nun gar nicht mal um den Krebs geht, sondern in erster Linie um die Folgen der OP. Er hat zwar gewusst, was auf ihn zukommen kann (er ist selbst Arzt), aber dass es gleich so dicke kommen muss.
Ich hoffe doch, dass er erstmal wieder auf die Beine kommt, damit ich, wenn ich dann rueberfliegen kann, auch mit ihm reden kann.

Geht es euch auch schon mal so, dass Euch die ganze Situation so unreal vorkommt? So, als wenn ihr ueber andere Leute redet?

Liebe Gruesse,
Astrid astridone@yahoo.com
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  #5  
Alt 24.05.2004, 23:14
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Standard 5 Wochen auf der Intensivstation

Hallo Astrid,einen lieben Gruss nach Down Under.Du fragst ob dein Verhalten feige ist,das finde ich nicht.Du denkst doch in jeder freien Minute an deinen Bruder.Die Gedanken an deinen Bruder werden die ersten sein die du morgens nach dem Wachwerden hast.Bei mir liegt meine Mutter seid 3 Wochen auf der Intensivstation.Seit letzten Sonntag liegt sie im künstlichen Koma.Dei Nieren arbeiten seitdem auch nicht mehr.Sie wurde an einer künstlichen Niere angeschlossen.Wenn der Kreislauf nicht in Ordnung ist ,ist die Niere das erste Organ was seine Arbeit einstellt.Einen Luftröhrenschnitt bekommt sie auch,es ist dann wirklich leichter für die Betroffenen,die künstliche Beatmung kann auch nicht unbegrenzt angewendet werden.Auch ich habe zeitweise das Gefühl,das die ganze Situation unreal ist......
Ich wünsche dir ganz viel Kraft
Lieben Gruss Mechthild3
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  #6  
Alt 25.05.2004, 19:05
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Standard 5 Wochen auf der Intensivstation

Morgen sind es nun schon 7 Wochen seit der OP. Nach mehreren Infektionen ist der Allgemeinzustand meines Vaters immer schlechter. Heute hatten wir ein Gespräch im KH mit dem Oberarzt. Nun steht es sehr schlecht um die Leber. Die Ärzte wollen in den nächsten Tagen darüber beraten ob sie noch eine weitere OP machen sollen, die notwendig wäre um die Infektionsherde die sie mit Medikamenten nicht mehr beherrschen können zu entfernen. Wenn sie zu der OP raten, wird das bei dem momentanen Zustand meines Vaters natürlich ein grosses Risiko darstellen. Nachdem schon bei der ersten OP so massive Komplikationen aufgetreten sind (die ja so gesehen Ursache für seinen jetzigen Zustand sind) haben wir natürlich Angst vor diesem Schritt. Falls die Ärzte sich dagegen entscheiden kann es nicht lange dauern dass die Leber versagt. Man hat auch schon gesagt, dass falls man sich gegen die OP entscheidet, sich die Frage stellt inwiefern oder wie lange noch mit dem lebenserhaltenen Intensivmassnahmen weiter gemacht wird. Es ist so furchtbar. Mein Vater ist zwar mit Angst vor der OP aber letztlich doch zuversichtlich mit seinem Köfferchen auf seinen zwei Beinen ins KH gegangen, und nun liegt er dort und es gibt kaum noch Hoffnung.
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  #7  
Alt 26.05.2004, 12:08
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Standard 5 Wochen auf der Intensivstation

Heute Nachmittag fahre ich wieder ins KH zu meinem Vater. Ich komme immer schlechter mit der Situation zurecht. Immer öfters muss ich an seinem Bett weinen, es schüttelt mich und ich kann kaum aufhören. Es geht mir nicht darum, dass ich meine Gefühle nicht zeigen will. Aber ich denke immer wenn er denn mal die Augen aufmacht und wache Momente hat, wie schlimm muss es dann sein in das tränenüberströmte Gesicht seiner Tochter zu blicken.... denn auch wenn ich nicht weiss inwiefern er sich über seinen Zustand im Klaren ist: dann muss er doch erschrecken und denken "so schlimm ist es also"... ich weiss nicht ob jemand versteht was ich meine. Ich will ihn einfach nicht damit BELASTEN, zumal er sich ja nicht äussern und nichts fragen kann. Der Gedanke, dass er mitbekommen wird was in den nächsten Tagen evtl. mit ihm passieren wird macht mich wahnsinnig. Und er kann nichts dagegen tun, nicht mal was dazu sagen. Gestern haben mein Bruder und ich überlegt ob man versuchen sollte ihn zu fragen was er will. Es gibt keine Patientenverfügung. Natürlich weiss niemand was er wirklich versteht, d.h. ein Kopfschütteln oder Nicken gibt uns keine Sicherheit ob er es wirklich verstanden hat. Und dann: wir wollen zwar das Richtige tun und wenn es geht nicht über seinen Kopf hinweg entscheiden. Aber selbst wenn wir die Angst überwinden und versuchen mit ihm zu sprechen wie es weitergehen soll, muten wir ihm in seinem Zustand nicht zuviel zu? Ist es egoistisch, nur damit wir uns hinterher keine Vorwürfe machen müssen, weil dann wäre es ja seine Entscheidung gewesen? Aber nach 2 Stunden oder so geht man wieder und er bleibt mit den Gedanken und den Ängsten ganz allein und stumm zurück. Muss man es ihm nicht ersparen, die Gewissheit wie schlimm es jetzt ist? Oder weiss er es schon? ... Ich bin nicht gläubig aber ich habe schon überlegt ob ich mal den KH-Seelsorger ansprechen soll, evtl. auch als Beistand für meinen Vater, obwohl der mit der Kirche auch nie was am Hut hatte. Und dann denke ich auch wieder: WENN er klar genug im Kopf ist, welche Ängste muss es dann in ihm auslösen wenn wir da mit einem Priester anrücken würden, auch wenn es "nur" zum Gespräch bzw. Trost ist.... Ich drehe mich im Kreis und weiss nicht was ich tun soll.
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  #8  
Alt 26.05.2004, 19:29
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Hallo Kerstin,
ich kann dich sehr gut verstehen, bei uns wars ja nun ähnlich und auch noch nicht so lange her.Mein Vati ist am 18.04.04 gestorben.
Ich mußte damals an seinem Bett sehr oft weinen, es überkam mich dann einfach so, hat mich regelrecht durchgeschüttelt.Der Gedanke, das er die Augen aufmacht, kam mir nicht, da die Ärzte bei einem künstlichen Schlaf die Kontrolle darüber haben, sagte man zumindest.Trotzdem habe ich mitbekommen, das sich das Gesicht manchmal verzogen hat, wenn er schmerzen hatte und wenn man mit ihm sprach, sein Puls nach oben ging. Man sagte uns, das es sein kann, daß er vertraute Stimmen hört, bzw. sein Gehirn dann einen Reflex weitergibt. Wir haben also mit ihm gesprochen. Ich selbst habe dann auch mal alle aus dem Zimmer rausgeschickt und den Mut gefunden mich von ihm zu verabschieden. Hören konnte er es sicher nicht, obwohl, man weiß es nicht. Das Unterbewußtsein ist noch nicht so weit erforscht.
Eine Patientenverfügung gab es auch bei uns nicht. Ich wäre erleichtert gewesen, wenn es eine gegeben hätte.So, mußten wir entscheiden und einschätzen, was für ein Mensch er war. Das schlimmste war immer für ihn, jemanden zu Last zu fallen und gepflegt zu werden. meine Mutti sagte mal zu mir, wenn sie ihn wieder aufgewacht hätten und er seinen zustand gesehen hätte, hätte er sich umgebracht. Diese Entscheidung war die schwerste in unserem Leben bisher, sicher die "beste" für ihn, aber es zermürbt einen total, auch jetzt noch, weil man immer trotzdem noch zweifelt und überlegt, wie wäre es anders gelaufen. Wie hoch wäre denn die Lebenserwartung von deinem Papa?Haben die Ärzte sich mal ausgedrückt?
Wie ist das denn mit dem Aufwachen bei euch, kann das denn einfach so passieren?
Zu deinem letzten Punkt, kann ich nur sagen, das mein Vati, als er noch bei Bewußtsein war, gemerkt hatte, daß es zu Ende geht. Man erinnert sich im nachhinein an viele Bemerkungen, die er gemacht hatte. Er hatte das gespürt, er hat sich von seinem neuen Auto verabschiedet, hat meiner Mutti Papierkram (Rentenbescheide, Versicherungen usw.) gezeigt, da sie sich nie darum gekümmert hatte, wollte jede sekunde mit ihr zusammen sein, sagt dann zu ihr,"wer weiß wie lange noch", usw. Lauter kleine Anhaltspunkte, auf die man nie vorher geachtet hat. Vielleich hat dein Vati auch schonmal Ähnliches gesagt oder gemacht. Was ist mit deiner Mutter, was sagt die denn? Hat dein Vati Wassereinlagerungen, an den Füßen oder im Bauch?
Liebe Kerstin, ich fühle ganz doll mit dir, glaub mir, das ist eine ganz beschissene Situation und verdammt schlimme Zeit, die ihr da durch macht.
Alles Liebe Hannabuegel@t-online.de
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  #9  
Alt 26.05.2004, 22:35
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Hallo Hanna,

ich schreibe heute nur kurz weil ich so müde bin, bitte nicht böse sein. Mein Vater hat vorher nichts geregelt. Er hat auch mit seiner Frau nie darüber gesprochen "was ist wenn...".

Das künstliche Koma hatten sie nach ca. 2 Wochen abgesetzt, dann wachte er aber weiter über längere Zeit trotzdem nicht auf so dass sie von einer Schädigung des Gehirns ausgingen (durch den starken Blutverlust während bzw. nach der OP). In den letzten Wochen ist er überwiegend sehr schläfrig und matt und erschöpft durch die vielen weiteren Medikamente und Infektionen und und und. Aber er hat wache Momente wo er auch lächelt oder es versucht oder leicht die Hand drückt oder das Gesicht verzieht. Natürlich wird er immer schwächer. Man kann ausserdem nicht wissen WAS er mitbekommt und empfindet, da er ja wegen der Beatmung nicht sprechen kann.

Meine Eltern sind geschieden, er ist in zweiter Ehe verheiratet. Ich kenne seine Frau noch nicht sehr gut aber ich glaube sie kann auch noch nicht loslassen. Zum Glück verstehen wir uns aber recht gut und wollen alles zusammen entscheiden. Aber es ist so schwer, ich hätte es mir nie ausmalen können wie schwer das alles ist. Ich kann mir vorstellen dass einen das sehr lange nicht loslassen wird, so wie Du es auch schreibst.

Ich danke Dir für deine Anteilnahme.

Bis bald
Kerstin
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  #10  
Alt 27.05.2004, 04:27
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Hallo,

ich wollte mich noch mal eben melden. Danke, Mechthild, fuer dein Posting. Ich werde nun doch naechste Woche fuer 14 Tage nach Deutschland fliegen. Egal, ob mein Bruder in der Zeit wach wird oder weiterhin schlaeft, ich habe mit Sicherheit ein besseres Gefuehl, dagewesen zu sein und meinen Eltern und meiner Schwaegerin hilfts sicher auch. Wieviel mein Bruder mitbekommt? keine Ahnung. Er hat Musik am Bett und jeder, der bei ihm ist, erzaehlt ihm was. Ich stelle mir schon vor, dass was ankommt...

Den Luftroehrenschnitt haben sie (noch) nicht gemacht, da er immer noch einen Keim in sich traegt, den sie nicht wegbekommen und er zusaetzlich einen Stand (Stent?) in der Lutroehre hat. Also weiter kuenstlich schlafen lassen. Ansonsten haengt er weiter an der Dialyse, was lt. Aerzte aber keine Langzeitsitation sein soll. Herz- und Kreislaufmittel sind schon abgesetzt.

Sollte die Familie je zu der Entscheidung kommen muessen wie Hannas Familie, da hoffe ich, dass sich alle einig sind. Mein Bruder hat nach der Krebs-OP, bevor die Komplikationen einsetzten, noch schnell verfuegt, dass er keine lebensverlaengernden Massnahmen will. Aber wo fangen die an?
Auf alle Faelle zeigt das, wie wichtig eine Patientenverfuegung ist. Auch mit Ende 30. Und ein testament. und das man mit seinem Partner ueber solche Themen spricht, auch wenn man erst grade 4 Jahre verheiratet ist. Man verdraengt so gerne. Logisch.

Ich werde ja nun naechste Woche mit der realen Situation konfrontiert, nachdem ich die letzten 2 Monate alles nur per Telefon und Email erfahren habe. Ich muss zugeben, dass ich schon Angst habe.

Ich wuensche Euch allen alles Gute und viel Kraft weiterhin.
Astrid
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  #11  
Alt 27.05.2004, 22:03
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Morgen ist der nächste Gesprächstermin im KH. Natürlich müssen wir es auf uns zukommen lassen aber die Ärzte (immer nur diese Andeutungen, man muss ihnen alles aus der Nase ziehen!!!) haben es ja schon durchblicken lassen. Es wird um die Beendigung der Therapien gehen. Wir werden morgen noch gar keiner Option zustimmen, das ist klar. Mein Bruder und die Frau meines Vaters und ich werden dann erstmal wieder gehen und es sacken lassen (was es auch immer im Detail ist) und dann erst etwas entscheiden, wenn überhaupt. WIE soll man als (erwachsenes) Kind sowas entscheiden können? Ich drehe mich nur im Kreis. Einerseits weiss ich vor seinem Horror vor Ärzten und KH und all dem. Und möchte ihm das ersparen. Andererseits hat er die Krankheit soweit es ging ignoriert und verdrängt: heisst das er möchte unbedingt leben, oder heisst es er möchte all das nicht sehen (also auch nicht erleben)? Er hat mit niemandem jemals darüber gesprochen was sein sollte wenn er mal nicht mehr für sich entscheiden kann. Ich will nicht dass er leidet aber ich will ihm auch nicht die Chance verwehren die er vielleicht haben könnte, sei sie auch noch so klein. Ist es das alles wert - für ihn meine ich? Keine Entscheidung die ich je treffen musste war so wichtig und unwiderruflich und schmerzhaft und unmöglich zugleich. ER tut mir so leid, und ich will aber auch nicht loslassen. Ist es egoistisch? Oder muss ich ihn gegenüber den Ärzten verteidigen und die daran hindern ihn aufzugeben? Aber hat er überhaupt noch eine Chance? Wer will das wissen und beurteilen können? Ich drehe mich im Kreis. Es ist ein Alptraum.
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  #12  
Alt 27.05.2004, 22:25
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Hallo Kerstin,
es tut mir so leid, zu lesen was Euch da passiert. Was soll ich sagen, ich weiß es nicht. Denkt nur an ihn, nicht mehr an euch.Es tut weh, es ist die Hölle, der Kopf droht zu platzen. Könntet ihr ihn zu hause pflegen? Müßtet Ihr deinen Papa ins Pflegeheim oder Hospiz geben? Bitte entschuldige, vielleicht klingt das kaltherzig, aber ich sehe nun viele Sachen aus der schon geschehenen Sicht und versuche Dir nur Denkanstöße zu vermitteln.Ich will nicht das du denkst, nur weil das bei uns so war, will ich das jetzt jedem aufdrängen. Nur meine Mutti hat ihre Mama , die auch Krebs hatte bis zum Schluß gepflegt, und weiß wie es abläuf, deswegen waren wir uns damals alle einig, das ein Mensch sowas nicht ertragen sollte. ich wünsche euch von herzen alles gute, viel kraft und zusammenhalt. Ich möchte auch noch sagen, das die entscheidung, die wir fällten bei uns blieb. wir hatten angst, daß das andere nicht verstehen würden und uns vorwürfe machen könnten.
lg hanna
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  #13  
Alt 27.05.2004, 22:53
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Hallo Hanna,

ist schon Ok was Du schreibst und klingt nicht hartherzig. Ich glaube nicht dass man ihn noch verlegen kann. Ich habe neulich einen Arzt gefragt ob man ihn im gleichen KH noch verlegen würde und er meine wohl nicht. Das wäre mir insofern wichtig dass mein Vater nicht merken würde was mit ihm passiert. Er hat bestimmt Angst und ich würde es nicht zulassen dass er merkt dass es zuende geht. Aber wie genau vorgegangen wird wenn man die Intensivmassnahmen einschränkt werden wir morgen erfragen. Die können ja die Beatmung nicht abstellen, und das geht nur auf der Intensiv. Allerdings werde ich trotzdem fragen was es für andere Optionen gibt. Die Atmosphäre dort ist natürlich entsetzlich und man müsste überlegen ob es nicht eine andere etwas ruhigere Atmosphäre gibt. Nach Hause kann er sicher nicht, er wohnt auf dem platten Land und ich glaube nicht dass man da auch nur für 1 Tag die Versorgung sicherstellen könnte dass er z.B. keine Schmerzen hat. Das Problem ist dass er noch wache Momente hat (auch wenn wir nicht wissen WIE wach) und ich lasse es nicht zu dass sie etwas tun was ihn ängstig.
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  #14  
Alt 27.05.2004, 23:14
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Liebe Kerstin, ich wünsche euch viel Kraft für morgen bei dem Gespräch.
LG Hanna
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  #15  
Alt 30.05.2004, 13:27
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Hallo Hanna,

eine riesengrosse Sorge ist mir genommen worden. Zunächst sagte der Oberarzt am Freitag das sich die Leberwerte leicht stabilisiert haben, so dass DAS Gespräch erstmal nicht stattgefunden hat, sie wollen noch ein paar Tage abwarten. Allerdings schläft mein Vater seit ein paar Tagen fast nur noch und das können sie sich nicht wirklich erklären. Evtl. hat es psychologische Gründe, oder es spielt mit hinein, dass er vielleicht nicht mehr will. Aber das sind ja nur Vermutungen und man will erst noch abwarten. Ich habe trotzdem gefragt wie es denn ablaufen WÜRDE. Also, alle Ärzte setzen sich zusammen und erst wenn alle sagen es geht nicht mehr weiter, dann würden sie uns das sagen. Aber es ist die Entscheidung der Ärzte. Sie ziehen es vor wenn die Angehörigen zustimmen aber letztlich tragen sie die Entscheidung und Verantwortung. Da kullerten bei mir erstmal ein paar Erleichterungstränen, das hatte mich in den letzten Tagen doch sehr gequält. Dann fragte ich wie es ablaufen würde. Der Arzt war sehr nett und sagte sie würden ihn erst durch Medikamente ganz fest und ruhig einschlafen lassen und dann erst die andere Massnahmen zurückfahren, so dass er garnichts merken würde. Und sie lassen ihn auch da und geben ihm die Zeit die er braucht. Die Horrorvorstellungen die ich diesbezüglich hatte sind also erstmal weg (so mit Stecker raus und er merkt es....).

Es ist so alles noch schlimm genug aber wenigsten muss ich DIE Sorge nicht mehr haben. Vielleicht war das auch ein bisschen sehr naiv aber wie soll man das auch wissen......

Im Moment heisst es aber weiter hoffen und abwarten.
Kerstin
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