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Alt 04.11.2002, 19:45
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Standard Zwischenwelten ?

Hallo meine Lieben.
Zum Eingang muss ich hier unbedingt ein Danke an alle sagen, die mich in diesen vergangenen sehr schweren Tagen begleitet haben!
Der Schmerz über den Tod meines Vaters sitzt noch verflixt tief - es ist ja auch noch ganz kurz her - und trotzdem möchte ich Euch das Folgende erzählen (ist etwas länger, aber ihr sollt es verstehen können - begreifen werden wir es wohl nicht - ich auch nicht, was da alles passierte!)

Am Samstag, dem 12.10 11.45h verstarb mein Vati nach 5-wöchigem Krankenhausaufenthalt. Ich selber bin/war zu diesem Zeitpunkt recht schwer krank - und konnte ihn persönlich nicht besuchen. Aber ich habe täglich mit ihm telefoniert! Er wusste nichts von meiner Erkrankung - ich wollte ihn damit nicht belasten. Er wartete aber zu "unserer" Zeit - 16.15 immer auf meinen Anruf! Er sagte immer: Wenn es mir etwas besser geht, sag ich Bescheid, und dann kommst du hoch. Aber am Telefon ging es ihm immer gut... Er hat nie gesagt, wie ernst es um ihn steht und meine Tante hat auch nichts gesagt -sie hat es aber gewusst.

Beim letzten Telefonat habe er, wie sie mir später sagte, den Telefonhörer ans Ohr gerissen und sich daran festgeklammert. Seine letzten Worte - die ich aber als solche nicht erkannte, waren:" Alles Gute! Und grüß alle!". Als ich noch fragte, Vati, was ist... hat er aufgelegt, denn wir hatten ja schon tschüss gesagt.
Meine Tante und deren Tochter waren die letzten Tage schon vor Ort. Sie haben mich nicht informiert, dass es sein letzter Tag werden wird. Er bekam zu diesem Zeitpunkt Morphium und konnte angeblich nicht mehr telefonieren. Aber man richtete immer meine Grüße aus. Sie waren aber so nett, mich hinterher zu informieren.

Die ganze "liebe" Familie (ihr Zweig) war informiert - und alle waren da! Am Sonntag bin ich raufgefahren. Mein Lebensgefährte Klaus und mein Sohn kamen mit. Ich dachte ja nun müsse ich mich um die Beisetzung kümmern. Die Wohnung meines Vaters ist in ihrem Hause - sie EG er 2. Stock. Also geklingelt - "Hallo" und ich glaub nur ihr Tochter war es, die mir die Hand gab. Dann bekamen wir die Schlüssel zu seiner Wohnung. "Wir treffen uns später - Claus (der Sohn) kommt nachher kurz rauf." Na fein. Wir standen wie Fremdkörper in seiner Wohnung. Er fehlte an jeder Ecke. Es roch nach ihm aber ich spürte ihn nicht.

Gut, machen wir es kürzer- Das Gespräch mit dem Sohn war übelst. Ich wollte nicht, dass mein Vater, da er, wie sie mir vorher sagte, sehr ausgemergelt gewesen sei und schelcht ausgehesehn habe. Und es wäre auch nicht unbedingt in seinem Sinne gewesen, ihn zur Schau zu stellen. 's gab Krach. Sie habe eine Generalvollmacht, wurde mir später in der Kneipe, wo sich die ganze! Familie zum Essen traf, mir an den Kopf geknallt, und da sei es egal, ob ich die Tochter sei - sie könne bestimmen - und daher werde er OFFEN aufgebahrt. Ich hatte nicht die Kraft, mich weiter zu streiten - und stimmt also zu. "Meine Männer" haben meine Entscheidung akzeptiert, hätten aber für mich gestritten, wenn ich mich total geweigert hätte.
DAs war ein feines Essen.... Ich konnte nur noch sagen, dass ich froh sei, dass ich nicht deren Gene hätte sondern solche mit Menschlichkeit und Herz!


Wir kamen in die Wohnung zurück. Es war ca. 21 Uhr. Mein Sohn rif mich: Komm mal in den Flur." Das ist gleichzeitig der Eingangsbereich mit Sitzecke. Die Funkuhr über der Tür lief Amok. Die Zeiger rannten so schnell, wir konnten fast nicht folgen. Ca. 10 Miniten stand wir da und schauten.....
"Ich glaube, der Opa will uns oder dir was sagen!", meinte mein Sohn. Ich stand etwas verwirrt da. "Vati, wenn du etwas sagen willst - hier bin ich. Lass einen Zeiger der Uhr so stehen, dass er in die Richtung zeigt, auf die ich achten soll!"
Die Zeiger blieben um 12.35 stehen! Der Minutenzeiger zeigte somit direkt in Richtung Wohnung meiner Tante. Steht die 12 für ihn - seine Richtung? Auf jeden Fall sprang die Uhr nicht mehr an! Ich hatte nun ein "Gefühl", dass er tierische Angst gehabt hat - als der Doc mit "der Spritze" gekommen sei, deren Verabreichung der Sohn meiner Tante zugestimmt hat. Er ist nicht, wie die in der Anzeige schrieben, würdevoll eingeschlafen. Nein, er hatte viehische Angst! Und er umgab mich in diesem Flur jetzt mit etwas "Warmem". Irgendwie war es völlig warm um mich herum. Und ich hatte das Gefühl, er wolle mir noch ganz viel sagen. Er war zu Lebzeiten der große Schweiger.

Montag zum Bestatter - die Anzeige - der Sarg . Danach noch zur Gärtnerei. War ja alles schon fix gemacht. Was wollte ich eigentlich noch hier? - so fragte man mich zwischen den Zeilen. Letztendlich akzeptierte man meinen Anzeigen-Text. "Der ist besser - aber kombiniere mit unserem!"
"Auf dem Rückweg kommst du an einem Bäcker vorbei. Da kannst du dir ja was zum Essen mitnehmen." Ich hatte von daheim Kaffee, Zucker und Milch, Brot, Margarine und Wurst dabei. Also Selbstversorger - unten gab es keinen Kaffee.... Ich wusste ja nicht, was noch in der Wohnung war. War auch alles leer! (Ach ja und es fehlen jetzt vor der Testamentseröffnung schon diverse Sachen aus der Wohnung - das nur am Rande)
(Mein Vater rechnete nicht!!! mit seinem Tode - er plante, mich zu besuchen....)


Wir kamen zurück - mein Sohn "durch den Wind!": "Mama, die Uhr, sie hat wieder gesponnen!" In dem Moment, als ich durch die Tür nach draussen gegangen sei, seien die Zeiger wieder losgelaufen. Er war recht irritiert und ist ins Wohnzimmer gegangen. Dort sei die andere Funkuhr ebenfalls "durchgedreht". Alle Werte hätten geblinkt. Temperatur, Zeit, Datum etc.
Diesmal blieb die Uhr über der Tür um 13.40 stehen. Sie ist, bis wir gefahren sind, nicht mehr angesprungen.
Ursprünglich wollte ich mit meinem Sohn bis zu Beisetzung dort bleiben. Aber der Lebensgefährte meiner Tante hat uns mehr oder weniger aus der Wohnung komplimentiert. "Das ist das Haus deiner Tante und ihr seid hier nur Gast in ihrem Haus! Und hier wird nicht geraucht!" Wir sind gefahren und wollten zur Beerdigung zurückkommen. Kommt doch einen Tag eher. Haben wir aber gleich abgesagt. Noch eine Nacht in diesem gastlichen Haus? Nein danke.


Heimfahrt..... Autobahnausfahrt... Einordnen um in den Kreisverkehr zu kommen.... PENG ich stand fast mit meinem Wagen. Mit ca. 40 km/h ist uns hinten ein Auto aufgefahren.
(Das Auto hat mir mein Vati gesponsert und ich fühlte mich immer so, als würde ich, stieg ich ein, in seine Arme schlüpfen). Ich kam mit dem Sanka ins Krankenhaus. Meinen Männern und der Fahrerin ging es gut. Im Krankenhaus wurde festgestellt, dass mein Bauchaortenaneurysma dabei um 2,6 cm "gewachsen" war. Der Sicherheitsgurt lief darüber. Und ein schweres Schleudertrauma. Die hatten Angst, ich hätte mir einen Wirbel gebrochen oder könnte Bluteinsickerung ins Rückenmark haben... dito natürlich auch mit dem Bauch. Man entließ mich nach 5 Stunden ernsthaftester Untersuchungen mit der Auflage, mich beim Gefäßspezialisten zu melden und hinlegen - hinlegen hinlegen! NEIN - NICHT Auto fahren! Nein, nicht Zug fahren. Das Aneurysma drohe zu platzen. Keine unnötigen Gefahren provozieren. (Sagten 3 Ärzte!)


Wir fuhren nicht zur Beisetzung. Ich bin fast verzweifelt. Meine Tante sagte, als wir sie informierten: Die Toten wollen nicht, dass wir dafür unser Leben drangeben.
Zeitgleich zur Beisetzung sind wir hier vor Ort zum Grab von Klaus' Oma gegangen. Haben dort ein Gesteck und ein weißes Herz hingelegt. Es war sehr ruhig und sehr schön und ich meinte, meinen Vater zu spüren. An diesem Grab haben wir sowieso immer ein gutes Gefühl.
Manchmal habe ich immer noch dieses Gefühl, als stehe mein Vater "um mich rum". Also nicht über oder neben mir, sondern wir Wärme um mich her. Aber Trauer zulassen.... ich muss immer eine starke Frau sein - und traue mich nicht zu weinen. Das versteht hier niemand. Und ich muss arbeiten... am liebsten wär ich einfach nur mal 14 Tage für mich gaz alleine.
Ich habe an diesem usäglichen Samstag mit ihm "gesprochen" - ich habe gesagt, dass ich ihn loslasse, dass er in die schöne Welt gehen solle. Das ich ihm alles Liebe wünsche und dass es ihm dort gut geht! Das ich hier den Klaus und den Per habe, und nicht allein bin... ich habe ihn frei gegeben! Ich habe losgelassen!
Nagut, das war diese Geschichte. Was soll man davon halten? Ach ja, mein Sohn sagte hinterher: "Der Opa hat auf dem Wagen hinten gesessen - der hat auf uns aufgepasst." Und Klaus sagte: Ich bekam "Gefühle im Bauch", dass wir nicht zur Beerdigung fahren sollen - die wollten dich ganz fertig machen dort. Und ich denke, das wollte dein Vater verhindern. Das einzige, was dich von der Fahrt abhalten konnte, war dein eigenes Leben! Nein lass uns nicht fahren - ich möchte dich nicht in 4 Wochen auch beerdigen müssen!"
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DAS war die "Geschichte". Was halte ich davon? Ich weiß es nicht... Ich hoffe viel... ich wünsche mir viel... ich wünsche mir, dass wir mit unseren Gefühlen richtig lagen. Ich wünschemir, dass er es akzeptierte, das wir hier eine eigene Andacht hielten. Ich hoffe, dass er mich lieb hatte. (Er hat es mir ziemlich zum Schluss endlich gesagt - das hat er sonst nicht... er war ja ein alter Soldat...)
Vielleicht könnt ihr mir helfen - das wäre schon sehr wichtig für mich. Ob ich esoterisch angehaucht bin? Ich weiß es nicht mal. Vielleicht. Herzlichen Dank an Euch alle.... ich lehne mich einfach mal an eure schulter und vielleicht kann ich endlich mal tief durchatmen.
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