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  #1  
Alt 10.12.2017, 16:28
Polly17 Polly17 ist offline
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Beiträge: 30
Standard AW: Wo ist Platz für die Angst?

Danke an euch, Elisabeth und Nette
ihr versteht, was ich empfinde.

Ich weiß um die Kraft der positiven Gedanken aber auch das andere braucht für mich Platz.
Manchmal macht es mich wütend wenn wildfremde Leute, die nur vom Krebs wissen (nicht welcher oder welches Stadium) sofort sagen „Sie werden wieder gesund“ „Sie schaffen das“
Ach ja?
Und woher wisst ihr das so genau, ohne mich weiter zu kennen?
Aber mit ist schon klar, dass es den Menschen oft zu nah ist. Krebs ist ja etwas, „was nur die anderen haben“ und wenn man das schon mitbekommt, dann soll es zumindest ein Happy end geben
Mir helfen Formulierungen mehr wie „ich weiß nicht ob Sie das schaffen aber ich drücke Ihnen fest die Daumen“

Ja, gute Onkologen sind wichtig und dort auch die Ehrlichkeit.
Mit dem richtigen Zeitpunkt ist es so ne Sache... es geschehen halt doch oft Wunder (habe ich beruflich erlebt).
Wann also aufhören mit Therapie und Kampf.
Wieviel versuchen?

Oft lese ich hier - und das erschreckt mich zutiefst - wie schnell plötzlich alles gehen kann: Eben noch krebsfrei nach Behandlung und plötzlich massig Metastasen... evtl noch „schnell“ operiert/bestrahlt oder Chemo und doch dann elend gestorben.

Auch finde ich die jeweiligen Nebenwirkungen wichtig.
Stichwort: Lebensqualität.
Auch dort gibt es ja große Unterschiede bei den Erkrankungen.

Am Anfang ging alles so rasend schnell...
Ja klar, man unterschreibt alles
aber hatte man genug Zeit um wirklich zu überlegen?
Nein, aber es ist müßig, da jetzt drüber nachzudenken.
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  #2  
Alt 11.12.2017, 10:49
Adlumia Adlumia ist offline
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Beiträge: 305
Standard AW: Wo ist Platz für die Angst?

Auch wenn ich nicht selbst betroffen bin, sondern die vielschichtigen Gesichter dieser Krankheit nur als Angehörige "kenne", hoffe ich dass ich dazu etwas schreiben darf.

Ich lese nicht nur im Angehörigen-Bereich sondern auch im Bereich der Selbst-Betroffenen und auch ich habe manchmal das Gefühl, dass es einerseits für den Betroffenen schwer ist über die persönlichen Ängste zu schreiben, aber auch dass es verdammt schwer ist auf doch geäußerte Ängste/Sorgen/Zweifel etc. eine Antwort zu finden (gibt es überhaupt eine Antwort..?)

- Macht man demjenigen dann noch mehr Angst, nehme ich jemandem den Mut?
- Trete ich ins Fettnäpfchen wenn ich vielleicht ganz konkret nachfrage nach der Todesangst etc.?
- "Darf" ich als ein Mensch, der die Todesangst nicht selbst erlebt, überhaupt etwas dazu schreiben, ohne dass es Vermessen, altklug etc. klingt, sondern einfach nur nach persönlicher Anteilnahme?

Mir fällt es manchmal sehr schwer überhaupt hier "Antworten" zu schreiben, weil ich nie weiß, wie kommen meine Worte an? Ich sehe jemanden dabei ja nicht ins Gesicht, ich kann keine direkte Reaktion bekommen - dieses Medium macht es an dieser Stelle mit so vielen sensiblen Themen auch schwer.
Schnell fühlt man sich vielleicht angegriffen, bevormundet etc.
Eine Garantie dafür, dass es so ankommt, wie ich es gemeint habe, gibt es nicht (gibt es natürlich auch im realen Leben nicht) aber im realen Leben kann ich auf weitere Sinneseindrücke zurückgreifen, es schneller merken, korrigieren etc.

Es ist doch so schon verdammt schwer im echten Leben da draußen mit Menschen über diese Krankheit zu sprechen, so mein Eindruck. Kann man wirklich immer sagen, was man fühlt. Ja man kann es vielleicht sagen, aber wie oft helfen einem die Reaktionen des Gegenübers? Da muss man sicher schon ganz genau überlegen, bei wem kann ich wirklich mich mal richtig auskotzen, das sagen, was ich denke, auch wenn es nicht positiv, happy, kämpferisch etc. ist. --> Ist es nicht auch ähnlich mit der Trauer? Wie oft liest man hier, dass man da draußen einfach kein Gehör findet für das was man fühlt.
Weil es eben für die Meisten nicht einfach ist, Worte zu finden, zu verstehen, den Schmerz des anderen auszuhalten, die Sorgen um den weiteren Krankheitsverlauf. Niemand hat das so recht gelernt denke ich, den Umgang mit sowas. Die einen können es besser, je nach Charakter etc., die andere können (und wollen) es nicht. Viel daran ändern kann man meiner Meinung nach nicht!

Das vielleicht als weitere Gedanken, warum hier vielleicht auch gerade das ganz heikle Thema "Angst" manchmal umschifft wird, nicht weiter ausgebreitet wird etc.


Jedem einzelnen von euch, der mit dieser Krankheit konfrontiert ist, wünsche ich viel Kraft und vor allen Dingen wenigstens ein paar offene Ohren für all das, was man sagen möchte, was man fühlt!
Adlumia

Geändert von Adlumia (11.12.2017 um 10:56 Uhr)
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  #3  
Alt 11.12.2017, 14:19
Polly17 Polly17 ist offline
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Beiträge: 30
Standard AW: Wo ist Platz für die Angst?

Liebe Adlumia

natürlich darfst du hier schreiben.
Vorsicht, nicht erschrecken vielleicht oder sogar vermutlich wird es dich ja auch mal betreffen (also Tod und Sterben)

Deine Gedanken kann ich sehr gut verstehen, mag dir aber Mut machen immer wieder ohne Scheu bei Anderen zu schreiben.

Über den Inhalt der Botschaft entscheidet der Empfänger

Sprich: egal, wie du etwas meinst... wie es beim Gegenüber ankommt, entscheidet Hirn und Gefühl deines Gegenübers.
Du kannst also eigentlich nichts oder alles falsch machen
Aber ich bin der Meinung: solange die Motivation eine positive ist, kann es nicht falsch sein. Und wenn jemandem was nicht gefällt, kann er es schreiben und so mit dir klären

Mir haben deine Worte zB geholfen. Vielleicht nicht so, wie ich es jetzt grade brauchen würde aber ich fühle mich trotzdem gesehen und verstanden.
Danke dafür
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  #4  
Alt 11.12.2017, 14:47
Adlumia Adlumia ist offline
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Beiträge: 305
Standard AW: Wo ist Platz für die Angst?

Ja, zweifelsohne betrifft uns alle das Sterben bzw. der Tod. Dennoch ist es, denke ich etwas anderes, wenn man mit einer lebensbedrohlichen Krankheit konfrontiert wird und diese Gedanken um einiges präsenter sind, als ohne eine solche Krankheit. Auch wenn jeder weiß, dass man nicht unsterblich ist, so schiebt man diesen Gedanken vielleicht irgendwohin, weil man sich in einer vermeintlichen Sicherheit wähnt, dass es "irgendwann" einmal sein wird, nur eben nicht jetzt.
Vielleicht wird man sich durch ernste Krankheiten erst wirklich der Sterblichkeit bewusst...

Ich hoffe, du findest, wenn nicht hier, dann anderswo Menschen zum Austausch, so wie du ihn brauchst und ihn dir wünschst.
Und danke auch für dein Mutmachen, was das Schreiben anbelangt!

Alles Gute!
Adlumia

Geändert von Adlumia (11.12.2017 um 14:59 Uhr) Grund: etwas vergessen
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  #5  
Alt 15.12.2017, 09:44
nirtak nirtak ist offline
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Beiträge: 213
Standard AW: Wo ist Platz für die Angst?

ich habe keine angst vor dem sterben oder dem tod an sich
ich habe aber angst vor dem davor
ich habe angst vor nadeln, zugängen und kathetern
ich habe angst vor schmerzen und übelkeit
ich habe angst nicht mehr alleine auf toilette oder ins bad zu können
und dann ist da noch die angst vor der hilf- und machtlosigkeit, ich glaube das ist die schlimmste
und der gedanke was ich damit meiner familie antue

die angst ist immer da, machmal schläft sie, manchmal flüstert sie nur ganz leise aber immer wieder schreit sie auch ganz laut

ich weiß dass diese angst normal ist in meiner situation, ich weiß auch dass ich gar nicht so viel angst haben brauche, weil es dann immer weniger schlimm ist als die angst einem gesagt hat und ich weiß auch dass eigentlich alle angst haben müssten, weil über jeden kann jederzeit etwas hereinbrechen, die anderen wissen nur noch nichts vor dieser angst, selig die dummen, selig die ahnungslosen.

ja die angst ist immer irgendwo, aber mittlerweile ist sie nicht mehr mein feind, den es zu besiegen gilt, sondern sie ist mein begleiter der mir auch sagt lebe jetzt, genieße jetzt.
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  #6  
Alt 15.12.2017, 16:43
Clea Clea ist offline
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Beiträge: 560
Standard AW: Wo ist Platz für die Angst?

Hallo,
auch ich bin nur Angehörige. Meine Mutter war die Betroffene.
Aber ich hatte eine Scheißangst. Angst vor der Wahrheit,
Angst, dass nicht mehr alles so wird wie es sein sollte,
Angst, meine Ma leiden zu sehen, sie war doch immer so stark.
Angst vor dem Alleinsein, Angst vor der Trauer meines Papas und meines Bruders,
Angst davor, dass alle ihr Leben weiterleben und ich es nicht verpacke.
Das sind vielleicht andere Ängste als die eines Betroffenen.
Aber ich denke, dass Betroffene sich auch um ihre Hinterbliebenen sorgen
und so vielleicht auch dort noch kämpfen und hoffen, wo sie sich selbst vielleicht nur noch einen würdigen Lebensabend wünschen würden.
Man kämpft für die anderen, obwohl man selbst- und auch die aanderen- schon weiß, dass es hoffnungslos ist.
Ich persönlich hatte sehr körperliche Symptome: hoher Puls, höherer Blutdruck, schlechter Schlaf, Zittern, Übelkeit, Völlegefühl, Kloß im Hals. Da war die nackte Panik.
Und dann für mich die Notwendigkeit, stark zu sein für Ma, damit sie sich nicht auch noch Sorgen um mich macht. Sie sollte für sich kämpfen, nicht für mich.
Aber sie hat es nicht geschafft. Wir hatten 7Wochen und 5Tage.
Irgendwie stelle ich mir mein eigenes Lebensende anders vor, selbstbestimmter.
Meine Ma hat uns alles entscheiden lassen, sie hat alles unterschrieben, was wir ihr vor die Nase gehalten haben.
Als es bergab ging, war es unsere Entscheidung, keine Flüssigkeit mehr zu geben und mit dem Antibiotikum aufzuhören. Wir konnten nur mutmaßen, ob sie das so gewollt hätte. Ich hoffe es bis heute. Aber ich weiß es nicht.
Ich kann dir deine Ängste nicht nehmen, dieses Schalentier ist einfach so grausam und es kann dich binnen kürzester Zeit fressen.
Wenn du selbst für dich entscheiden kannst, was du willst und wann du etwas nicht mehr willst, kann ich dir aus meiner Erfahrung nur sagen, sage es deutlich und sage, dass es für dich so in Ordnung ist. Das könnte wenigstens deinen Angehörigen etwas Druck nehmen.
Es gibt ja solche und solche Diagnosen, bei uns war es eben eine vernichtende, aber das muss bei dir ja nicht auch so sein. Daher bist du diejenige, die entscheiden kann und sollte. Das ist vielleicht die Macht, die dir noch bleibt. Und wenn du dich entscheidest, statt an der Chemo lieber am Krebs zu sterben, dann ist das eine sehr mutige Entscheidung, der zumindest meine Hochachtung sicher ist.
Ich wünsche dir auf deinem Weg viel Kraft und liebe Menschen, die dich begleiten.
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