|
#1
|
||||
|
||||
AW: Mögen die Engelchen dich begleiten, liebste Mama
Lieber Stefan,
es tut mir sehr leid, dass du deine Frau nun auch verloren hast. Deine Worte haben mich sehr berührt. Ich bin auch nicht religiös. Aber ich glaube daran, dass es nach dem irdischen Leben noch etwas gibt. Vielleicht muss die Seele noch einen Prozess durchleben, ehe sie "ankommt" und dann vielleicht bei uns "nach dem Rechten sieht". Ob das von oben, unten oder "drüben" ist, weiss ich nicht. Gestern lag ich im Bett und habe auf meiner Stirn und Backe ein kleines Kribbeln bzw. Kitzeln gespürt. Ich weiss nicht, ob das neurologisch bedingt war oder ob sie da war und mir übers Gesicht gestreichelt hat. Ich werde es nie wissen. Hier hilft wirklich nur ob man glaubt oder nicht glaubt, dass sie es war. Nur bin ich eben viel zu oft ein Zweifler oder Realist. Mama ist ja im Krankenhaus gestorben. Aber ich fand auch, dass sie bereits nach 30 Minuten schon nicht mehr aussah wie meine Mama. Man hat es einfach gesehen, dass das Leben, die Persönlichkeit, kurz gesagt: die Seele weg ist. Sie sah aus, wie eine Puppe. Als die Seele gerade erst gegangen ist, sah sie noch aus, wie meine Mama, die nun friedlich schläft. Aber kurz danach schon nicht mehr. 3 Tage hätte ich das wohl nicht ausgehalten. Denn das Aussehen verändert sich ja scheinbar fast stündlich. Ich bewundere dich und deine Schwägerin dafür. Es fordert viel Kraft. Ich brauche meinen Weg zu ihrem Grab ca. alle 2 Tage. Mir ist es - aus welchen Gründen auch immer - sehr wichtig, dass immer eine Kerze bei ihr brennt. Dort muss ich dann auch weinen. Bzw. ist es auch die einzige Zeit, in der ich allein bin und dann auch richtig trauern kann. Ich träume auch sehr intensiv. Aber es sind keine Alpträume mehr. Irgendein Quatsch, der aber sehr intensiv ist. Hab schon mal unter Traumdeutungen nachgelesen und da stand sogar was von Trauer. Ich habe in der Apotheke Baldriparan bekommen. Das hilft aber nicht. Habe auch schon von Hoggar gehört und werde mir dies wohl heute kaufen. Ich schlafe nur noch stundenweise und das dann nicht mal tief. Wie geht es dir jetzt? Wie fühlst du dich? Kannst du es schon begreifen? Tröstende Grüße Susanne
__________________
Für meine geliebte Mama 13.06.1964 - 16.12.2008 http://de.youtube.com/watch?v=PP_NQPrbRvM |
#2
|
|||
|
|||
AW: Mögen die Engelchen dich begleiten, liebste Mama
Hallo Susanne,
Im Moment geht es mir so gut, dass es mir fast schon peinlich ist. Denn "eigentlich" sollte ich ja gerade nur trauern und mit Leichenbittermiene rumlaufen. Tue ich aber gerade nicht. Denn bei allem Leid und aller Trauer: wir haben da einen absolut erstklassigen Abgang hingelegt. Das soll uns erstmal einer nachmachen. Meine Frau sitzt da oben, und meine Schwägerin und ich haben zu ihr gesprochen und gesagt: "Na, Christel, wie haben wir das gemacht?" Und sie hat geantwortet: "Super. Genau so, wie ich es mir gewünscht habe. Ein dickes Sonderlob für euch." Und in diesem Bewusstsein haben meine Schwägerin und ich uns umarmt, uns gegenseitig auf die Schulter geklopft und uns im Gedenken an meine Frau Montag abend so richtig einen auf die Lampe gegossen (ein Privileg der Lebenden: wer weiss schon, ob meine Frau da, wo sie jetzt ist, noch ihren geliebten Remy trinken darf - und wenn sie richtiges Pech hat, herrscht im Jenseits vielleicht sogar Rauchverbot ) Die Tage vom Sterben meiner Frau bis zur Abholung der Leiche gestern früh waren halt extrem anstrengend. Ich hatte von Freitag früh bis Sonntag früh nicht geschlafen, die Wochen vorher auch nur mit mehreren Unterbrechungen die Nacht, und die Tage danach wegen Stress auch nicht richtig. Und dann natürlich xxx-mal telefoniert, am So und Mo die Freunde empfangen, die meine Frau nochmal sehen wollten, usw. Als dann Dienstag früh der Bestatter zum Abholen kam und wir das Hoftor hinter dem Leichenwagen geschlossen haben... da kehrte erstmals seit Tagen Ruhe ein. Und seither bin ich ziemlich gelöst, befreit und auch recht zufrieden. Denn, bei aller Tragik: meine Frau ist so gestorben, wie sie und ich es uns gewünscht haben. Aus der Klinik raus, rechtzeitig zu Weihnachten. Zuhause, mit Weihnachtsbaum, Ehemann, Hund und Katze. Sie hat Mutter, Schwester, Bruder und die wichtigsten Freunde noch treffen und von ihnen Abschied nehmen können. Sie hat nicht viel gelitten. Sie war die letzten 14 Tage Zuhause schmerzfrei (das Wichtigste überhaupt!), geistig wach und recht guter Dinge (wenn auch oft sehr müde und erschöpft). Sie lag nur die letzten 2 Tage lang wirklich hilflos im Bett, mit Blasenkatheter und Windeln. Und sie ist überraschend schnell und friedlich eingeschlafen. Vom ersten "Atemrasseln" bis zum letzten Atemzug verging kaum eine Viertelstunde. Sie war bereit, zu gehen - in Frieden und im Einklang mit sich. Und ich durfte sie dabei bis zuletzt begleiten. Insofern fühle ich mich im Moment fast glücklich. Weil mir klar ist, welche Gnade uns erteilt wurde. Meine Frau durfte so sterben, wie sie sich das gewünscht hat. Und ihr diesen Wunsch erfüllen zu können, erfüllt mich mit Zufriedenheit. Wenn ich daran denke, was in den letzten Wochen alles hätte schiefgehen können... Dann mache ich drei Kreuze, dass letztendlcih doch alles so "schön" geklappt hat. Und ich weiss, dass meine Frau da, wo sie jetzt ist, das ganz genau so sieht. Es hätte - wenn man schon sterben muss - gar nicht besser laufen können. Dafür sind wir Zufall / Schicksal / Fügung / liebem Gott / wem-auch-immer zutiefst dankbar. Zitat:
Das Begreifen und die tiefe Trauer werden noch kommen. Meine Frau war oft genug für längere Zeit weg. Ob mit Freunden im Urlaub, in Klinik oder Reha. Und nach etwa einer Woche ohne sie fange ich seit Jahren an, sie schmerzlich zu vermissen. Und wie es dann sein wird, wenn ich sie nicht mehr anrufen kann und ihr sagen "Du fehlst mir so. Komm doch schnell wieder nach Hause, ich freue mich schon darauf." Und wenn ich dann tagtäglich be-greifen muss, dass sie tatsächlich nie mehr nach Hause kommt... Wie sich das anfühlt, frag' mich in 1-2 Wochen nochmal. Ich weiss es noch nicht. Aber ich habe schon jetzt eine Scheiss-Angst davor, weil ich es mir so ungefähr vorstellen kann. Soviel Angst, wie ich sie mein Leben lang nicht gehabt habe. Und würde am liebsten meine Sachen packen und gleich abhauen. Irgendwohin, wo ich mich selbst und meine Gefühle nicht mitnehmen muss. Das Begreifen wird mit der Trauer und der Verzweiflung schon kommen. Sich feige Verkrümeln geht halt nicht - wir müssen irgendwie weiterleben. Und ich WILL das auch. So, wie meine Frau das für mich auch will. Also ist es beschlossene Sache: wir werden das schon irgendwie schaffen Zitat:
Was die 3 Tage Aufbahrung Zuhause betrifft, sehe ich das inzwischen aus Erfahrung etwas differenzierter. Einfach, weil sich der Körper halt zersetzt, und weil damit (ganz unterschiedlich; hängt nicht nur von der Temperatur ab, sondern auch vom Individuum und wie / woran dieser Mensch gestorben ist) nach gewisser Zeit ein merkwürdiger Geruch entsteht, Flüssigkeiten austreten, sich die Haut pellt, Finger und Lippen blau werden, Leichenflecken entstehen usw. Das war für meine Schwägerin und ich am dritten Tag schon ziemlich eklig und eine echte Überwindung. Selbst jetzt habe ich manchmal noch kurzzeitig das Gefühl, dass ich den Leichengeruch mit mir rumtrage. Aber auch das ist nur kurzzeitig. Zumindest wissen meine Schwägerin und ich jetzt für später: wenn es bei uns mal so weit ist - 2 Tage Aufbahrung reichen, mehr möchten wir den Hinterbliebenen nicht zumuten. Viele Grüße, Stefan |
#3
|
||||
|
||||
AW: Mögen die Engelchen dich begleiten, liebste Mama
Lieber Stefan,
ich bin überwältigt von dem Humor, den du (noch) trotz allem mit dir trägst. Auch die Kraft und dieses tiefe Bewusstsein, für das, was passiert ist oder passieren wird. Liegt es an der "tollen gemeinsamen Planung" zwischen dir und deiner Frau? An der puren Offenheit und Ehrlichkeit euch beiden gegenüber? Daran, dass du einfach älter und somit reifer und lebenserfahrener bist? Ich denke nicht mehr so ununterbrochen an die vergangenen 1 1/2 Jahre, die letzten 6 Wochen im Leben meiner Mama oder an ihren Todestag, den 16.12.2008. Aber wenn ich abends im Bett liege, dann denke ich daran. Und zwar nur daran. Und ich kann es nicht abstellen. Wenn ich lache und glücklich und zufrieden bin, denke ich daran. Ich weiss, was Mama sagen würde: "Lach und freue dich für mich, dass ich es hinter mir habe! All die Qualen, die Schmerzen, die Hilflosigkeit, die Angst, die Verzweiflung, die Hoffnungslosigkeit etc.! Freue dich für mich, trink einen auf mich und lebe!!". Ich weiss auch, dass es richtig ist, sich zu freuen, wenn mir danach ist oder eben zu weinen, wenn ich das brauche oder will. Aber manchmal fühlt es sich komisch an, zu lachen. Ich habe mir immer das Bild vor Augen führen müssen, als sie tot im Bett lag, um auch zu verstehen, dass sie nie wieder kommt. Zur Zeit will ich sie immer anrufen und ihr sagen "Mama, du glaubst nicht, was ich für einen Bericht im Fernsehen gesehen habe!". Und dann merke ich, ich kann nicht anrufen. Und dann bin ich verzweifelt. Ich frage mich dann immer, wen ich denn jetzt anrufen soll. Mama konnte ich immer anrufen. Egal wegen was. Und wenn ich einfach nur reden will. Und dann muss ich ans Grab gehen und weinen. Manchmal kommt es in Arbeit, dass ich einfach feuchte Augen bekomme. Ich bin sehr durcheinander. Wenn ich weine, will ich nicht in den Arm genommen werden. Deshalb weine ich auch noch kaum zu Hause. Ich will nicht ablehnend meinem so bemühten Freund gegenüber wirken. Und ich habe Angst vor morgen. Morgen habe ich Geburtstag. Und mir wird beim Schreiben dieser Zeilen und dem Brennen der Kerzen an ihrem Sterbebild so sehr bewusst, dass sie morgen nicht kommt. Sie steht nicht aufgepackt mit Geschenken und Kuchen um 9 Uhr vor meiner Tür und singt Happy Birthday. Deshalb werde ich morgen um 9 Uhr schon nicht mehr zu Hause sein, damit ich nicht auf das Klingel warte. Meine Mama ist auch so gestorben, wie sie wollte. Sie sagte immer, wenn sie stirbt möchte sie auf der Palliativstation sterben. Und sie möchte einfach einschlafen und nicht mehr aufwachen. Und sie möchte nicht allein sein. Gegen letzteres hat sie sich wohl doch noch kurzfristig umentschieden. Aber sie hat sich den ganzen Tag gequält. Denn den ganzen Tag war sie nicht allein. Sie wäre sicher früher gegangen, wenn sie früher allein gewesen wäre. So sehr setzte sie mit letzter Kraft noch ihren Willen durch. Für das Aufbahren hast du allen Respekt von mir. Ich wäre dazu nicht in der Lage gewesen. Ich weiss nicht wieso, aber der tote Körper meiner Mama hat Unbehagen, ja sogar etwas Angst in mir ausgelöst. Und dann die Verwesungserscheinungen, die folgen... Ich will gar nicht daran denken. Dazu gehört viel Kraft. Ich habe mir oft die Bilder vorgestellt, wie die Krankenschwester Mama wohl gekämmt, abgewaschen, umgezogen, umgebettet und geschmückt hat. Und auch das hätte ich nicht gekonnt. Ich konnte nicht mal ihre Dinge zusammenräumen, während sie noch in diesem Bett lag. Und die Bettnachbarin noch dazu genauso aufgebahrt in ihrem Bett im gleichen Zimmer lag. Ich will gar nicht daran denken. Ich glaube, für den Partner ist das alles noch eine Ecke anders. Mein Papa hat mir gesagt, dass er es so schlimm findet, dass überall in der Wohnung ihre Sachen sind. Egal wo er hinsieht, es erinnert und schmerzt ihn. Und die Einsamkeit. Das alles habe ich ja nicht. Ich habe auch Dinge von Mama hier. Ihre Handtasche, ihren Schlüssel, ihren sorgfältig gepflegten Kalender, der einem Tagebuch gleicht, ihren Geldbeutel, ihr Armketten, das sie mir vermacht hat, ihren Jogginganzug, ihre Jacke etc. Aber ich habe das hier, weil ich das will. Ich trinke jetzt noch ein Glas Wein. Auf mich, auf meine Mama, auf dich, lieber Stefan, und auf deine Frau Christel (falls sie wirklich Alkoholverbot haben. Das Rauchverbot wäre für Mama auch fatal. Sie hat am 14.12.2008 ihre letzte geraucht ) Viele liebe Grüße Susanne
__________________
Für meine geliebte Mama 13.06.1964 - 16.12.2008 http://de.youtube.com/watch?v=PP_NQPrbRvM |
#4
|
|||
|
|||
AW: Mögen die Engelchen dich begleiten, liebste Mama
Happy Birthday !!!
Liebe Susanne, meine herzlichsten Glückwünsche für dich in deinem neuen Lebensjahr, viele glückliche Momente und viel Gesundheit ! Dein erster Geburtstag ohne deine Mama, ich weiß. Und trotzdem hoffe ich, dass du für heute einen für dich schönen Tag erleben darfst. So, wie es dir gut tut, nicht so wie es andere von dir erwarten. Bussi rechts und Bussi links und einmal feste gedrückt grüsst dich herzlichst Cindy
__________________
Meine geliebte Oma: 04.02.1916 - 22.12.08 Meine geliebte Mama: 07.04.1950 - 22.01.09 Menschenleben sind wie Blätter die von Bäumen fallen, all unsere Liebe vermag es nicht zu verhindern... |
#5
|
|||
|
|||
AW: Mögen die Engelchen dich begleiten, liebste Mama
Liebe Susanne... zu deinem Geburtstag wünsch ich alles Gute,viel Gesundheit,und die Gelassenheit, die Dinge des Lebens so anzunehmen ,wie sie halt kommen...... Ich umarm dich mal fest Regina
__________________
______________________ Erinnerungen ,die nicht verblassen, bilden ein festes Fundament in unserem Inneren Mein geliebter Vater - 16.6.2008 Und immer sind da Spuren deines Lebens |
#6
|
||||
|
||||
AW: Mögen die Engelchen dich begleiten, liebste Mama
...wünscht Dir Sanni
__________________
The best and most beautiful things in the world cannot be seen or even touched. They must be felt with the heart. Papa ich liebe Dich! |
#7
|
|||
|
|||
AW: Mögen die Engelchen dich begleiten, liebste Mama
Alles Liebe und alles Gute!
Mach Dir einen schönen Tag mit lieben Menschen. die Pialotte
__________________
Eines Morgens wachst Du nicht mehr auf, die Vögel aber singen wie sie immer sangen. Nichts ändert diesen Tageslauf. Nur Du bist fortgegangen. *** Mein Vater *12.02.1948 +27.09.2008 Diagnose: Hochmalignes Non-Hodgkin Lymphom der T-Zellreihe Stadium IIIB |
#8
|
||||
|
||||
AW: Mögen die Engelchen dich begleiten, liebste Mama
Liebe Susanne,
Zitat:
Man stirbt wie man lebt. Das Sterben gehört zum Leben, nicht zum Tod. So ist es. Und meine Frau und ich haben halt eher unkonventionell gelebt. Und aus Erfahrung mit der Überzeugung, dass jeder Tag, an dem man nicht lacht, ein verlorener Tag ist. Selbst, wenn es mitunter nur noch zu Galgenhumor reicht. Zitat:
Und dass wir das konnten, hat mit Lebenserfahrung zu tun. Nicht meiner, sondern unser gemeinsamer! Wir leben seit über 20 Jahren zusammen. In der Zeit sind wir beide gereift und haben viele Krisen zusammen durchstanden. Jahrelang kriselte es, und es war reiner Zufall, dass wir uns damals nicht getrennt haben. Geheiratet haben wir erst nach 14 Jahren "Probezeit" - als wir beide die absolute Sicherheit empfunden haben, dass unsere Partnerschaft ein Leben lang hält; dass wir einander blind vertrauen und uns auf den anderen verlassen können - und zusammen alt und grau werden möchten. Meine Frau und ich haben Depressionen. Seit ewigen Zeiten, und seit noch nicht so sehr vielen Jahren durch Medikamente gut im Griff. Ich habe sie oft genug am Boden liegen sehen, und sie mich. Meine Frau hat mir das Leben gerettet, indem sie mich vor ca. 7 Jahren in meiner akut suizidalen Phase (als mir alles egal war und ich stundenlang mit Vollgas über die Landstraßen gerast bin, immer auf der Suche nach dem "letzten" Straßenbaum) bei der Hand genommen und zum Psychiater und dann in die Klapsmühle gezwungen hat. Und ich habe ihr in ihren schlimmsten Phasen geholfen, so gut ich eben konnte. Das schweisst zusammen. Und gab irgendwann die Gewissheit, dass wir uns, was auch immer passieren mag, jederzeit absolut bedingungslos auf den anderen verlassen können. Zitat:
Meine Frau und ich und ihre Schwester (die selbt Brustkrebs hat) haben in den letzten Monaten und besonders in den letzten Wochen einen knallharten "Chrash-Kurs" in Sachen Lebenserfahrung machen müssen. Wir haben in dieser kurzen Zeit so viel erfahren und gelernt wie in vielen Jahren zuvor nicht. Das ist genau das, was dir und deiner Mutter auch widerfahren ist. Und für mich ist es keine Frage des Alters, ob / wie Mensch solche Krisen meistert und vielleicht etwas daraus lernt. Schon bei deinen ersten postings hier (damals in einem anderen Forum / thread) habe ich gespürt, dass du mit deiner Mutter zusammen diese schwere Krise bewältigen wirst. Weil du stark bist, aber deine Grenzen spürst. Und nicht zögerst, hier deine Probleme zu offenbaren und Hilfe (so wenig, wie man virtuell auch geben kann) anzunehmen. Und weil du "authentisch" bist. Du machst aus deinem Herzen keine Mördergrube, sondern legst die Karten zeitnah und offen auf den Tisch. Ich bin dem lieben Gott (oder wer auch immer da oben ist) zutiefst dankbar dafür, dass er mir und meiner Frau die Fähigkeit zur Reflektion und Selbsterkenntnis mitgegeben hat. Und die Stärke, auch in schweren Situationen dem Schicksal ins Angesicht zu blicken und sich ihm zu stellen, statt in Panik davonzulaufen. Und diese Fähigkeiten und Stärken hast du auch, genau so wie deine Mutter. Deswegen habe ich dir schon vor langem hier größten Respekt gezollt. Und war überzeugt, dass du diese Krise meistern wirst. Und daran reifen und wachsen. Scheissegal, ob du 23 oder 43 bist. Die Fähigkeit hast du jetzt schon, das hast du hier eindrücklich bewiesen. Und ich bin mir sicher, trotz allem Leid und aller Trauer, die jetzt herrscht... es ist langfristig gesehen gut für dich, so wie es gut für mich ist (der ich fast 20 Jahre älter bin als du). Du wirst daran wachsen, und du kannst in Zukunft so in Frieden weiterleben, wie deine Mutter in Frieden gehen konnte. Wenn du in x Jahren an das Sterben deiner Mutter und diese traurige Zeit zurückdenkst, wirst du dir sagen: Gott sei Dank habe ich mich dem gestellt, habe die Herausforderung angenommen und diese schwierige Phase gemeistert. So gut gemeistert, dass ich keine Schuldgefühle haben muss, mich nicht dauernd fragen muss, was ich hätte damals bloss anders / besser machen können. Nein, du kannst im Rückblick im Frieden mit dir selbst zurückschauen und sagen: Ja, es war extrem hart. Aber es war gut so, wie ich es gemacht habe. Ich habe nichts zu bereuen. Und deine Mutter wird dir von da oben zustimmen und sagen: "Genau, Susanne - das hast du so prima gemacht, besser hätte ich es mir gar nicht wünschen können!" Und weil das so ist, werden im Rückblick auf diese schwere Zeit bei dir die positiven Erinnerungen überwiegen. Weil du die negativen Dinge angegangen bist, als es an der Zeit war. Und sie bewältigt hast und deshalb "abgehaken" kannst. Das ist keine Altersfrage. Schau dir deinen Vater an. Der wird auch mit 60 oder 80 nicht in der Lage sein, sich dem Leben zu stellen. Er ist vor dieser Krise davongelaufen, indem er sich zugeschüttet hat. Und das wird er auch weiterhin tun. Weil er die Bürde hat, sich Rest seines Lebens das Hirn zu zermarten, warum er unfähig war, seine Frau und Tochter in dieser schlimmen Zeit zu begleiten. Warum er nichts anderes konnte als zu streiten, zu saufen und anderen Vorwürfe zu machen. Damit muss er in Zukunft leben. Und er wird ganz beschissen damit leben. Das einzige, was sich für ihn ändert: er hat jetzt noch ein paar mehr Gründe dafür, sich tagtäglich zu besaufen. Weil er mal wieder versagt hat, und er das auch genau weiss. Und das kaum ertragen kann. Aber damit bis zu seinem Ende leben muss - und jedes Anzeichen von Selbsterkenntnis jedesmal erneut sofort mit Hilfe von Alk "wegdrücken" muss. In dessen Haut - in völliger Klarheit des eigenen Versagens - möchte ich nicht stecken. Dein Vater ist ein armes Schwein. Und wenn er als Alki nicht so widerlich, lästig und bösartig wäre, könnte ich fast Mitgefühl mit ihm empfinden. Du aber bist ein authentischer, starker und liebenswerter Mensch! Das spüren alle hier im Forum. Und deswegen wirst du in Zukunft viel eher im Einklang mit dir leben können als viele andere. Und du wirst niemals alleine sein. Weil zu deiner Stärke auch gehört, Schwäche einzugestehen und Hilfe zu suchen, wenn es nötig ist. In die Offensive zu gehen, bevor es zu spät ist. Deswegen bin ich nicht nur zutiefst überzeugt davon, dass du deinen Weg gehen wirst. Sondern dass du auch anderen künftig viel von deiner Lebenserfahrung und Reife abgeben kannst. Das ist sehr schön, und das ist ein großes Privileg. Wer auch immer dir diese Gabe (und ich glaube, es ist eine Gabe; und nicht etwas, was man nur "mit dem Kopf" lernen kann) verliehen hat - du kannst ihm zutiefst dankbar dafür sein. Zitat:
Und deshalb hast du es dir verdient, in Ruhe ein Glas Wein (und künftig noch viele weitere) zu trinken - und dabei ohne Reue und Bitterkeit an das Sterben und den Tod deiner Mutter zu denken. Sondern mit der Gewissheit, dass du das genau richtig gemacht hast, so wie deine Mutter es sich wünschte. Und wenn du deiner Mama zuprostet und sie fragst: "Na, Mama, wie habe ich das gemacht?". Dann weisst du, dass sie dir immer antworten wird: "Super! Susanne, ich bin stolz auf dich!" Viele Grüße, Stefan |
#9
|
|||
|
|||
AW: Mögen die Engelchen dich begleiten, liebste Mama
Hallo Stefan,
bin so ganz 'zufällig' hier gelandet und habe gerade deine Beiträge gelesen. Es gefällt mir ausgesprochen gut, wie du deine Erfahrungen mit dem Leben und dem Sterben so treffend in Worte gefasst hast. Hatte dabei stellenweise das Gefühl, daß mir da jemand aus der Seele gesprochen hat. Vor allem gefällt mir, daß du den Humor und das Lachen auch so schön neben dem Weinen und der Traurigkeit stehen lassen kannst, das ist halt eben genau das, was unser Leben ausmacht. Auch meine Erfahrungen mit den schwierigen Zeiten im Leben sind mir besonders wertvoll, es waren Aufgaben um daran als Mensch zu wachsen. Das ist es auch, was hier in diesem Forum so besonders hervorkommt. Hier braucht niemand eine 'Fassade' aufrecht zu halten, Mitgefühl und Beistand sind hier keine leeren Worte. Für mich 'tobt hier das Leben', denn auch und gerade Sterben, Loslassen und der Umgang damit bringt uns Menschen dem Leben erst wirklich nah. Alles Gute für dich, Ilona @ Susanne: Da ich natürlich gesehen habe, daß du heute Geburtstag hast möchte ich dir natürlich ebenfalls ganz liebe Wünsche dalassen und ganz herzlich gratulieren. Das Leben ist eine Herausforderung. Wir nehmen sie an. |
#10
|
||||
|
||||
AW: Mögen die Engelchen dich begleiten, liebste Mama
|
#11
|
||||
|
||||
AW: Mögen die Engelchen dich begleiten, liebste Mama
Liebe Susanne,
auch von mir herzliche Glückwünsche zum Geburtstag! Ich ziehe den Hut vor dir, wie du alles gemeistert hast und deine Mama wäre bestimmt ganz stolz auf dich. Den Worten von Stefan kann ich mich nur anschliessen. Du bist für dein Alter seeeehr erwachsen und reif.(Kompliment) Alles Liebe Petzi59 |
#12
|
||||
|
||||
AW: Mögen die Engelchen dich begleiten, liebste Mama
Hallo meine lieben!
So, mein Geburtstags-Stress ist vorbei :-) Alle Besucher sind weg, es ist wieder aufgeräumt und der Tag geht zu Ende. Es war sehr schwer, dass Mama nicht da war. Nicht, wie jedes Jahr um 9:00 Uhr aufgepackt mit Geschenken und Kuchen vor der Tür stand und Happy Birthday sang. Dafür war ich heute bei ihr. Auch, wenns sehr weh tat... Ich danke euch allen für eure lieben Glückwünsche. Es hat mich sehr gefreut, dass ihr alle an mich gedacht habt und mir so liebe und persönliche Zeilen geschrieben habt. Ihr seid klasse und ich bin froh, euch zu haben! Lieber Stefan, ich lese deine Worte so gerne. Und schreibst so schön und treffend. Und du bringst mir immer ein Lächeln. Und ein Gefühl der Zufriedenheit, dass die Zweifel an dem, ob ich es besser hätte machen können, verschwinden lässt.... So, jetzt gehe ich aber ins Bett! Bin echt geschafft heute! Gute Nacht euch allen! Susanne
__________________
Für meine geliebte Mama 13.06.1964 - 16.12.2008 http://de.youtube.com/watch?v=PP_NQPrbRvM |
Lesezeichen |
Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1) | |
|
|