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  #31  
Alt 17.07.2009, 10:24
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Hasi1965 Hasi1965 ist offline
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Liebe Blume,
liebe Mariesol,
vielen Dank für Eure lieben Worte. Es schmerzt gerade wieder sehr. Ich erzähle Euch hier mal die ganze Geschichte.

@Blume - es ist eigenartig, aber es klingt wirklich so gleich, was Du sagst. Meine Mama war 71 und hatte Ihr Handy auch noch nicht so lange. Ich hatte mich irgendwann mit Ihr darauf geeinigt, das Sie mir jeden Morgen eine kurze SMS schickt, damit ich weiß, das alles okay ist. Ich wohnte weiter weg und musste ja auch arbeiten. Konnte also immer erst am Nachmittag oder Abend zu ihr fahren.

Irgendwann ging es dann auch mit dem täglichen Telefonieren nicht mehr - das war Ende April - weil der Tumor auf die Stimmbänder drückte und sie nur noch schwer zu verstehen war am Telefon. Persönliche Gespräche gingen.
Sie hatte immer ambulante Chemo und nachher Nachsorge im KH als auf "best supportive care" umgestellt wurde.
Am 14.05. musste sie dann doch ins Krankenhaus auf die Palliativstation, weil sie das mit der Medikamentendosierung zu Hause nicht hinbekommen hat. Die Ärztin fand das dann besser, das man sie stationär einstellt, bevor weitere Schritte in Angriff genommen werden können. Ich war also am 13.5. Abends bei ihr zu Hause, da hat sie mir noch Spargel gekocht. Am 14.5. habe ich sie dann morgens ins Krankenhaus gebracht zum Morphin einstellen, weil die Schmerzen zu groß geworden waren und sie mit Targin und Novalgin nicht mehr klar kam. Sie hat Ihre Tasche für eine Woche gepackt, weil man ihr gesagt hatte: " Wir stellen Sie ein und dann dürfen Sie wieder nach Hause." Davon waren wir auch ausgegangen, wobei ich immer dachte, wenn Sie jetzt ins Krankenhaus geht, kommt sie, wenn überhaupt, nur als Pflegefall wieder raus. Das wusste sie irgendwie wohl auch und sagte dann an dem Morgen zu Ihrer Wohnung: "Tschüss, ich hoffe wir sehen uns nochmal wieder.". Dazu kam es leider nicht mehr. Am 14.5. begannen Sie dann mit dem Morphium und ab da wurde es schwierig - mal ging es ihr passabel, mal war sie garnicht mehr bei sich und das alles zwei/drei Tage nachdem sie noch klaren Verstandes morgens auf dem Markt einkaufen war und mich abends bekocht hat. Für mich nicht greifbar. Die Oberschwester sprach mich dann in der Folgewoche darauf an , das wir nun eine Pfelegstufe beantragen müssten und uns entweder um einen ambulanten Hospizdienst oder ein Hospiz kümmern sollten. Das tat ich dann nach Rücksprache mit Mama gemeinsam mit dem Sozialdienst des KH auch. Ich schaute mir drei Hospize an, zeigte Mama die Fotos und erzählte ihr, was ich gesehen hatte. Und so kam sie dann am 26.5. in ein Hospiz, das sehr gut war. Es war ein Auf und Ab mit ihrem Zustand. Zwischenzeitlich glaube ich hatte sie auch Hirnmetastasen, denn ihre Sehschärfe veränderte sich und manche Worte fand sie nicht mehr. Ansonsten war sie aber, bis auf das sie wirklich schwach war, weil sie so gar nichts mehr essen konnte, eigentlich noch einigermaßen "fit". Sie hatte ihre Schwierigkeiten mit dem "sich helfen lassen", weil sie imer selbstständig war und sie hatte nie Ruhe, die sie aber gebraucht hätte. Immer war irgendwer bei ihr. Entweder die Schwestern, ich oder die Freunde und Verwandten, die verstanden hatten, das Hospiz bedeutet, das Mama auf ihrem letzten Weg ist und die sich verabschieden wollten. Am Pfingstsonntag ging es Mama garnicht gut, am Pfingstmontag war sie wieder fit: Sie konnte wieder laut sprechen, war absolut klar, konnte einigermaßen ohne Hilfe laufen und hatte richtigen Hunger und hat mit Appetit gegessen. Sie sagte dann noch zu mir:"Und jetzt schreibe ich mal auf, was man alles so im Morphiumwahn sieht - das ist sicher spannend für den Rest der Welt." Dann sagte ich ihr, das ich dann vielleicht Dienstag mal zu Hause bleiben wollte, weil sich eh wieder viel Besuch angekündigt hatte und es ihr ja auch ganz gut ging. Sie sagte dann zu mir: "Klar, KInd, bitte tu mal was für Dich - ich bin doch hier gut versorgt, Du musst nicht immer kommen. Du brauchst Deine Kraft noch für später.Vielleicht kann ich ja sogar nochmal hier raus auf Besuch und so...." Ich hab dann gesagt , das sie natürlich raus könne, weil sie ja keine Gefangene ist und wir müssten dann nur gucken wie wir sie von A nach B bekämen, weil sie ja schon recht schlapp war und auch manchmal zwischendurch und sehr plötzlich Medikamente benötigte, weil ihr schlecht war oder die innere Unruhe zu groß. Aber das wollten wir dann noch mal überlegen. Dann gingen mein Freund und ich, fuhren nach Hause, setzten uns in unseren Garten und überlegten wie lange denn die KK dem Menschen das Hospiz bezahlt: es sind 28 Tage... dann muss ein neuer Antrag gestellt werden. Mama war am Pfingstmontag genau 7 Tage dort.
Wir dachten der Professor vom Krankenhaus hätte Recht gehabt als er sagte, wenn die Verwirrung und die Schwäche vom Morphium kämen, würde sich der Körper bei dieser Dosierung darauf einstellen und sie würde wieder klarer und kräftiger. So war das am Pfingstmontag.

Am Dienstag, 02. Juni rief ich morgens im Hospiz Dienstzimmer an, weil ich dachte, ich strenge Mama lieber nicht zu sehr an, wenn ich mit ihr selber telefoniere, sondern frage bei den Schwestern nach und bestelle ihr schöne Grüße. Die sagten mir dann , Sie habe eine ruhige Nacht gehabt und hätte gefrühstückt und dann wollte sie mit mir sprechen, um mir aufzutragen , das ich noch von ihren Kurzgeschichten holen soll für die Schwestern (sie hat geschrieben). Genau das hatte ich aber der Schwester morgens eh schon gesagt und die hat Mama dann meine Grüße ausgerichtet und das ich am Mittwoch mit neuen Kurzgeschichten komme. Dann war Sie beruhigt. Am Nachmittag waren dann ihre Freunde aus dem Literaturkreis bei ihr, da wurde sie plötzlich wohl müde. Aber auch das war ja normal. Um 18:00 h rief mich mein Onkel an und sagte, er sei jetzt bei ihr und ihr ginge es mit dem Atmen so schlecht und sie sei so unruhig und so schlimm hätte er es noch nicht erlebt. Ich kannte diesen Zustand jedoch zu genüge und rief dann wieder im Dienstzimmer an und fragte, ob ich mich jetzt ins Auto setzen solle, weil es vielleicht zu Ende ginge. Die hatten mir versprochem mir Bescheid zu sagen, da ich eben eine Stunde Anfahrt hatte, haben mir aber auch gesagt, das es passieren könnte, das dann falscher Alarm wäre. Aber das war mir egal. ich wollte unbedingt dabei sein. Man sagte mir an dem Abend aber, man habe ihr ein Medikament gespritzt und es ginge schon besser und heute Nacht bräuchte ich mir keine Sorgen machen. Im Übrigen habe sie am Nachmittag auch zu einer Schwester gesagt: Sie wolle endlich ihre Ruhe haben. Ich bezog das auf weitere Besuche.
Meinen Onkel rief ich dann nochmal an , er brachte Mama ins Bett und verließ das Hospiz um 19:45 h.
Um 20:00 h ließ Mama sich von einer Schwester wieder in ihren Sessel helfen, weil sie da wohl besser atmen konnte.
Um 20:15 h ging Schwester Eva am Zimmer vorbei, da saß sie im Sessel und schaute wohl aus dem Fenster.
Um 21:11 h klingelte mein Telefon: Schwester Eva wollte Mama die Medikamente bringen und ihr ins Bett helfen. Sie hat sie nur noch tot im SEssel gefunden.
Ärztlicher Befind: Exitus letalis um punkt 20:30h. Sie hat also genau die Zeit zwischen dem letzten und dem nächsten Kontakt zur Schwester genutzt und sich "davon gemacht". Ich fuhr dann direkt hin - leider war ich erst 1,5 Stunden nach Ihrem Tod dort - Ihre Seele war bereits fort. Was mir blieb , war Ihre Hülle.....

Sie war genau 1 Woche im Hospiz und wurde auf den Tag genau 71 Jahre und 7 Monate alt....

Ich habe von der Diagnose Lungenkrebs in 09/2008 bis zu Ihrem Tod sehr viel Zeit mit ihr verbracht, viele Dinge besprechen und klären können, viel gemeinsam gelacht und geweint - SIE FEHLT MIR SO !

@ Mariesol: Ich bin Einzelkind, Vater vor 16 Jahren verstorben, habe aber einen lieben Lebensgefährten, der mir beisteht.

Das war sie, meine Geschichte. Schön, dass ich Sie erzählen durfte.

Liebe GRüße
Ulli
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Meine Mam: * 02.11.1937 - + 02.06.2009
"Wenn Du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es Dir sein als lachten alle Sterne. Weil ich auf einem von Ihnen wohne, weil ich auf einem von Ihnen lache..."
(Der kleine Prinz)

Mein Papa: *04.11.1935 - + 11.05.1993
Sorry, das ich Dich allein gelassen habe.

Mein Bruder:*02.06.1962 - September 1962

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  #32  
Alt 17.07.2009, 11:53
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beatex beatex ist offline
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Liebe Ulli,

Ich möchte dir mein Aufrichtiges Beileid aussprechen.
Es ist natürlich sehr schwer einen geliebten Menschen zu verlieren...
Ich habe vor 11 Jahren meinen Vater verloren,und nun ist meine Mama an Lungenkrebs erkrankt.
Wir beten auch täglich das ein wunder geschieht...
Aber eigentlich wissen wir schon das dieses wunder mit Sicherheit nicht kommen wird.
Ich wünsche dir alles liebe und gute...
Und sehr viel Kraft den Verlust deiner Mama zu überwinden.

Beate
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  #33  
Alt 17.07.2009, 12:53
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Hasi1965 Hasi1965 ist offline
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Standard AW: 6 Wochen...

Ich habe vor 11 Jahren meinen Vater verloren,und nun ist meine Mama an Lungenkrebs erkrankt.

Liebe Beatex,
wie steht es denn um Deine Mama ? Haben die Chemos angeschlagen oder konnt operiert werden ?
Ich wieß genau, was Du jetzt durchmachst. Der Verlust ist schlimm, das begleiten war es aber auch - vor jedem Handyklingeln hatte ich Angst.
LG ULLI
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  #34  
Alt 17.07.2009, 13:01
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Hasi1965 Hasi1965 ist offline
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Standard AW: Ich ziehe dann auch um....

Ihr Lieben, es tut mir sooo leid, das ich hier garnicht mehr geschrieben habe, aber irgendwie ging es nicht.
Ich hab ein einem anderen Thread einen Brief an meine Mama geschriben, den ich immer mal wieder verändere.

Manchmal meide ich das Formum bewusst, um nicht immer wieder daran erinnert zu werden, warum ich hier registriert bin..

Ich hasse diese Krankheit und um mich herum haben gerade viele Leute Lungenkrebs.....

Nun hier zurück- Euch allen vielen lieben Dank für Euren Trost.

LG ULli
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  #35  
Alt 17.07.2009, 13:12
Mariesol Mariesol ist offline
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Liebe Ulli,

Deine Geschichte hat mich sehr bewegt.
Einen geliebten Menschen zu verlieren reisst tiefe Wunden und diese müssen langsam heilen. Man muss Wundpflege betreiben und das heilen geht ganz langsam. Es werden immer Narben bleiben und das Herz wird erfüllt sein mit den Erinnerungen.
Diese Prozesse brauchen Zeit. Gestehe Dir soviel Zeit zu, wie Du benötigst.
Deine Mama hat sich davon geschlichen, als keiner da war. Dies höre und sehe ich immer wieder. Das "Gehen" fällt leichter wenn man alleine ist.Die liebenden Angehörigen halten sehr fest.Ich glaube die Seele war noch da. Sie wäre nicht gegangen ohne auf Dich gewartet zu haben.Das war ihr wichtig und ich kann es mir nicht anders vorstellen. er gab kein Grund schon so kurze Zeit später, ganz zu verschwinden.
Liebe Ulli, es gibt sehr gute Trauerbegleiter und Psychologen. Könntest Du Dir vorstellen, Dich von so jemanden ein Stück begleiten zu lassen? Das kann sehr helfen und sehr auffangen. Diese Menschen haben ein gutes Gerüst um mit all Deinen Nöten um zugehen und Dich an der Hand zu nehmen, so lange Du es für nötig befindest.
Mein Papa kam heute von der Chemo nach Hause. Er ist total kaputt und kraftlos. Er wollte heute nicht, dass ich zu ihm komme. Er sagte mir er brauche seine Ruhe und er wolle nur schlafen. Ich bin froh, dass ich ihm alles ordentlich gemacht habe und er sich ganz entspannt hinlegen kann. Auch wir führen ganz viele gute Gespräche.Wir konnten über 30 Jahre keinen engen Kontakt haben, weil seine Ex-Frau dies unterbunden hat.Die Zeit die wir jetzt gemeinsam verbringen ist kostbarer als Gold. Wir haben uns wieder und das ist ein wunderbar..auch wenn wir beide wissen, dass es nur für eine kurze Zeit sein wird.Ich habe noch zwei Geschwister. Beide waren nicht einmal da, keiner hat je nach dem Papa gefragt. Er selbst leidet sehr darunter...aber er hat mir verboten zu vermitteln...er will nicht aus Mitleid besucht werden.
Liebe Ulli, hinter jedem Menschen steht eine Geschichte.
Fühle Dich umarmt, herzlichst Mariesol

Geändert von Mariesol (20.07.2009 um 13:15 Uhr)
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  #36  
Alt 17.07.2009, 13:17
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Hasi1965 Hasi1965 ist offline
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Ganz lieben Dank !!!!
Ich zieh mich mal zurück und schaue am Wochenende mal wieder rein.....
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  #37  
Alt 17.07.2009, 13:19
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Hasi1965 Hasi1965 ist offline
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Dort ist unter dem Forsythienbaum Mamas Platz gewesen. Jetzt blüht eine einzige Blüte an ihrem Platz.

In unserem Garten blüht unter dem Rhododendron die kleine rosa Azalee, die Mama mir im Winter geschenkt hat. Es ist eine Zimmerazalee, die eigentlich draußen eingeht. Seit Mamas Todestag blüht sie wieder...
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  #38  
Alt 17.07.2009, 16:44
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Hasi1965 Hasi1965 ist offline
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Ja, es gibt sie und zwischenzeitlich gab es weitere. ich freu mich zwar sehr darüber, aber trotzdem hat mich seit gestern die Trauer wieder voll eingefangen. Fahre morgen zu meiner lieben besten Freundin - die ist Pychologin und kann mir immer ein bisschen Mut zusprechen. Außerdem kannte sie meine Mama.

Dir wünsche ich ein gutes Wochenende !
GLG Ulli
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  #39  
Alt 17.07.2009, 21:43
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Blume68 Blume68 ist offline
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Liebe Ulli.

Danke, dass du noch einmal alles so beschrieben hast.

"Ich fuhr dann direkt hin - leider war ich erst 1,5 Stunden nach Ihrem Tod dort - Ihre Seele war bereits fort. Was mir blieb , war Ihre Hülle....."

Warum glaubst du, dass ihre Seele bereits fort war? Hattes du das Gefühl? Oder war es nur, weil du nicht bei ihr sein konntest, als sie ging? Die Seele bleibt ja viel länger bei uns, als der Körper...
Ja, was sichtbar bleibt, ist die Hülle. Ein merkwürdiges Gefühl - mir selbst hat es ein Gefühl von Vergänglichkeit hinterlassen - ein Wissen, dass das, was uns ausmacht, nicht allein das ist, was für uns sichtbar ist.

Wenn meine Mutter gegangen wäre, als ich nicht bei ihr sein konnte, dann wäre ich auch sehr traurig gewesen. Ich bin dankbar, dass ich bei ihr sein konnte, in dem Moment, als sie diese Erde verließ. Es war ein sehr friedliches Gehen, mit Hilfe der Medikamente...so hatte sie es erhofft und sich gewünscht - nicht leiden zu müssen. Und das war für mich der wichtigste Aspekt - dass IHR Wunsch erfüllt worden ist. (Sie hatte nur einmal ganz kurz etwas Luftnot, und das wurde gleich gelindert. Meine Mutter hatte auch Lungenkrebs.) Mich selbst habe ich komplett zurückgestellt, all die Zeit ihrer Erkrankung. Wir standen uns aber auch vorher schon sehr nah. Es war Sommer, und wie das so ist...die Aussegnungszeremonie war noch am gleichen Abend...es waren liebe Menschen dort, die ihr nahegestanden hatten. War sie bei uns? Ich habe in dem Moment nicht darüber nachgedacht. es aber auch nicht in Frage gestellt. Ich habe es hingenommen, was passiert. Die Seele kommt erst langsam nach...
Was dalag, war ihre sterbliche Hülle, das habe ich so empfunden, ja. Auch am nächsten Tag, als sie abgeholt wurde...(das klingt so nüchtern, aber so war es nun einmal...)...es war ihre sterbliche Hülle, die dalag. So empfanden es meine Schwester, wie ich auch. Trotzdem war sie für mich noch im Raum, allerdings etwas...unwirklich für mich. Ohne ein "Zeichen" von ihr, es war nur mein Empfinden. Es ist ja alles irgendwie unwirklich in dem Moment.
Meine Mutter ist eingeäschert worden. Als der Bestattungsdienst sie abholte, waren meine Schwester und ich jeweils einen Moment noch allein mit ihr. Ich sagte ihr: "Jetzt zeig es ihm nochmal richtig, dem Scheixx-Krebs!"...denn es war mein Gefühl, dass das, was da mitgenommen wurde, eben der Körper war, der sie auf diese krankhafte Weise im Stich gelassen hatte - ihre Seele blieb unbeschadet.

Sei nicht böse, wenn ich das so offen schildere. Es mag makaber klingen, aber das war es nicht. Es war für mich ein überraschend eindeutiges Gefühl, dass SIE nicht (nur) ihr Körper war, den ich kannte, und gerne umarmte.
Sie war mehr als das, und das, was sie ausgemacht hatte, war jetzt unverletzbar.

All diese tröstlichen Dinge mindern aber die Trauer über den Verlust nicht.
Sie ist im Hospiz nochmal erst richtig "aufgeblüht", was ihren Lebenswillen anging. Am Wochenende vor ihrem Tod war ich ganz früh bei ihr, es war sehr warm, und ich hatte mir vorgenommen, mit ihr zusammen (mit Hilfe eines Rollstuhls, den man sich dort leihen konnte) einen kleinen Spaziergang in den nahen Wald zu machen. Sie klagte darüber, dass sie sich einsam fühlte - ihr fehlte ihr Haus, ihre alte Umgebung. Ich ging den ganzen Tag arbeiten, und hoffte nun auf zwei schöne Wochenendtage. Schon als ich ankam, ging es ihr schlecht, und es tat ihr leid, dass nun aus dem Spaziergang nichts werden würde. Ab dem Tag ging es rapide bergab - das war Samstag. Am Montag ist sie verstorben.

Während der ganzen Krankheitszeit fand ich die Unberechenbarkeit am schlimmsten. Überhaupt gar nichts mehr planen zu können. Als sie im Hospiz war, sagte sie mir, ich ich müsse ihr noch ihre ganzen Winterpullover bringen - sie würde sie ganz gewiss noch brauchen! Sie war das erste Mal seit Beginn der Erkrankung entspannt und hoffnungsvoll. Immerhin sind einige Menschen schon aus dem Hospiz wieder zurückgegangen in ihr früheres Leben...
Als ich den Samstag dort ankam, hat mich gerade das Gefühl der Unberechenbarkeit wieder vollkommen umgehauen. Ich wollte doch nur (noch) diesen Sommer mit ihr, wollte dieses Wochenende endlich mal ein bischen gute Zeit mit ihr genießen...und dann war es schon vorbei...nicht mal der letzte Sommer war uns vergönnt.

Sie fehlt mir auch sehr, Ulli. Es gibt Dinge, die man niemandem erklären kann, der es nicht schon selbst erlebt hat...dieses schwere Gehenlassenmüssen.

Wann immer dir danach ist - erzähl weiter von ihr. Es wird dir gut tun.
Ich lese bei dir mit.

Fühl dich umarmt und verstanden
von der Blume

PS. wenn ich von von mir erzähle, dann verstehe es bitt als Zeichen des Verständnisses für dich - meine Geschichte gehört nicht hierher, das weiß ich.
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In uns allen findet sich die Quelle höchster Weisheit -
die Quelle der Liebe.
(Thich Nhat Hanh)

Geändert von Blume68 (17.07.2009 um 21:55 Uhr)
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  #40  
Alt 20.07.2009, 11:22
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Hasi1965 Hasi1965 ist offline
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Liebe Blume,
liebe Gabi-Diana und alle anderen,
ich finde schon das in diesen Thread auch Eure Erfahrungen und Geschichten gehören, denn ich bin ja hier, um nicht alleine damit umgehen zu müssen und mich interessieren auch Eure Geschichten und vor allem wie ihr mit diesem schweren Verlust umgeht.

Liebe Blume, wann ist denn Deine mama gegangen ?


Ich habe ab der Diagnose erst in Jahreszeiten , dann in Monaten , dann in Wochen gerechnet. Alles ,was wir gemeinsam taten, taten wir ein letztes Mal , das habe ich jedes mal irgendwie gewusst und gemerkt. Wenn sie auch hoffte, den Sommer, den Herbst und ihren 72. Geburtstag im November diesen Jahres noch zu erleben.
Ich glaube aber, das Mama eigentlich gewusst hat, das das wahrscheinlcih nicht mehr passieren wird. Ich bin so unendlich froh, das wir an meinem Geburtstag zusammensein konnten und das wir das Frühjahr, das Knospen, das Ergrünen der Bäume und die kleinen Blüten im Wald noch erleben konnten. denn das Frühjahr war meiner Mama immer wichtig. Sie ging immer in den Wald, um die Anemonen zu begrüßen. Dieses Jahr waren wir einmal zu früh und einmal zu spät dort - haben aber stattdessen dann die Veilchen blühen sehen. Als es begann so heiß und schwül zu werden im Mai, ging es Mama nicht gut. Das Atmen wurde zusehends schwerer.

Ich habe am Abend Ihres Todes wirklich nur noch ihre Hülle gesehen - die Seele war fort - mir war da auch klar, das wir um sovieles mehr sind als eine Hülle und mir war auch klar, das die Seele noch irgendwo ist - aber sie war an diesem Abend wirklich nicht mehr bei mir. Sie kam später , um sich zu verabschieden.

Heute weiß ich, das alles nur noch schlimmer geworden wäre und das uns das erspart geblieben ist. Dafür bin ich wirklich dankbar. Sie konnte in einem Zustand diese Welt verlassen, der würdig war und den sie noch selbstständig beeinflussen konnte.

Schreibt mir wie es bei Euch war, wie es Euch geht - wir können uns gegenseitig stützen..... darüber bin ich sehr froh.
LG
Ulli
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Geändert von Hasi1965 (20.07.2009 um 11:26 Uhr)
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  #41  
Alt 20.07.2009, 13:21
Mariesol Mariesol ist offline
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Liebe Ulli,

ich denke an Dich!

Herzlichst Mariesol
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  #42  
Alt 20.07.2009, 15:08
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rosa.sputnik rosa.sputnik ist offline
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Liebe Ulli,

ich denk an Dich... und ich wünsche Dir viel Kraft um diese grauenvolle Zeit, wie lange sie auch immer dauern wird, zu überstehen.

Liebe Grüße
Jasmin
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Meine Mama: ED 12.11.2008 Kleinzelliges Bronchialkarzinom, T4 N3 M1 (multiple Hirnfiliae)
4 Zyklen Cisplatin und Etoposit, Ganzhirnbestrahlung, dann Tumorprogression, April 09 neue Lungenmetastasen und obere Einflussstauung. Keine weitere Kontrolle, keine Chemo mehr... nur Hoffen auf ein kleines bisschen mehr Lebensqualität...Am 28.07.2009 um 11:26 Uhr Meine Mama ist in meinen Armen für immer eingeschlafen...
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  #43  
Alt 20.07.2009, 15:11
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Hasi1965 Hasi1965 ist offline
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Liebe jasmin,
ich wünsche Dir ganz viel Kraft die kommende Zeit zu überstehen.
Vergiss nie , Du bist nicht allein !
LG Ulli
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  #44  
Alt 20.07.2009, 15:27
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Hasi1965 Hasi1965 ist offline
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ich denke an Dich!

Ich denke auch an Dich und Deinen Papa. Wie geht es ihm denn ?
Liebe GRüße
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  #45  
Alt 20.07.2009, 22:52
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Blume68 Blume68 ist offline
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Liebe Ulli,

meine Mama ist am 28.07.2008 gegangen.
Ich hatte angefangen, im KK unter "Meine Mutter auch - ich brauche bitte eure Hilfe!" im LK-Forum zu schreiben, später in diesem Eckchen unter
"Leben - nach dem Abschiednehmen?".

Was du schreibst mit "Sie konnte in einem Zustand diese Welt verlassen, der würdig war und den sie noch selbstständig beeinflussen konnte." ist treffend formuliert. Ja, es ist so - darüber war ich auch froh. Sie ist ganz friedlich gegangen, wir hielten ihre Hände und waren bei ihr. Um 11.30 Uhr kam die Schwester herein und sagte, wir könnten doch ein wenig uns abwechseln und spazierengehn. Als hätte sie das gehört und wollte uns bei sich behalten, tat Mama ganz leise eine Viertelstunde später ihren letzten Atemzug. Als wir nach der Schwester klingelten, sagtet sie lächelnd: "Das haben Sie toll gemacht, Frau Blume-Mama."

Fühl dich lieb umarmt von mir
Blume
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In uns allen findet sich die Quelle höchster Weisheit -
die Quelle der Liebe.
(Thich Nhat Hanh)

Geändert von Blume68 (20.07.2009 um 23:10 Uhr)
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