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  #1  
Alt 02.02.2018, 22:50
Däumling Däumling ist offline
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Registriert seit: 01.01.2018
Beiträge: 100
Standard AW: Abschied vom Vater steht bevor

Hallo Stefan,

ersteinmal möchte ich sagen, dass ich deine Gedanken die du dir machst gut und richtig sind.
Ich verlor meinen Vater letzten Freitag und es brach mir schon vorher dass Herz, dass mein Bruder die Vergangenheit nicht ruhen lassen kann und damit seine letzte Chance auf ein paar schöne gemeinsame Stunden mit seinem Vater vergeben hat.
Mein papa hat viele Fehler gemacht früher aber er war so bemüht alles besser zu machen. Diese Leistung habe ich mit Vergebung „belohnt“.
Er war trotz allem was passiert ist ein sehr guter Vater der alles ihm mögliche für uns tat. Mein bruder konnte seinen Stolz nicht überwinden und wird nun von seinem Gewissen geplagt.
Was ich sagen möchte ist, dass es jetzt so wichtig ist, den Weg zu ebnen, für eine gute Reise. So dass dein Vater auch die Gewissheit hat, es ist JETZT in Ordnung. Er erfreut sich an seinem Enkel, an deinen/euren Besuchen.

Ich wünsche euch alles Liebe und hoffe euch bleibt noch viel gemeinsame Zeit.
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  #2  
Alt 03.02.2018, 01:40
lotol lotol ist offline
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Registriert seit: 10.04.2016
Beiträge: 716
Standard AW: Abschied vom Vater steht bevor

Lieber StefanW1969,

dem bereits ganz richtig Gesagten der Vorredner will ich aus eigener Erfahrung noch etwas hinzufügen, das sich auch nur auf das nachfolgend Zitierte beschränkt:
Zitat:
Wir haben alles andere als ein ungetrübtes Verhältnis und überhaupt erst wieder seit ein paar Monaten Kontakt.

Den ganzen Tag geht mir im Kopf der Gedanke herum, dass ich mich wohl bald von meinem Vater verabschieden muss, und dass ich überhaupt keine Ahnung habe, wie ich das anstellen soll. Ich müsste lügen, wenn ich nur warme Worte finden würde. Aber ich will zum Abschied auch keine Rechnungen begleichen oder ihm noch mal "einen mitgeben".

Für unsere Begegnungen hatte ich mir vorgenommen, ihn nur noch so zu sehen, wie er jetzt ist. Er sagte und schrieb mir wiederholt, dass unsere Treffen, bei denen mein vierjähriger, schwerstbehinderter Sohn immer dabei ist, sehr tröstlich und schön seien. Er liebt sein Enkelkind und es ist von mir auch eine Art Abschiedsgeschenk an ihn, dass wir uns treffen. Denn ich sehe, dass er mit seiner Erkrankung und der meiner Mutter (Parkinson und wohl Demenz, Pflegegrad 2) ein schweres Schicksal trägt.
Dein Vater wurde, wie auch ich, im 2.WK geboren.

Und er hatte einen Vater, in dessen Generation es keineswegs selbstverständlich war, daß Väter ihren Kindern auch mal klipp und klar sagen, daß sie geliebt werden.

Nun weiß ich natürlich nicht, welche Konsequenzen Dein Vater daraus bzgl. seines Verhaltens zu Dir zog.
Und kann Dir nur berichten, wie das bei mir lief, um Dir vielleicht verdeutlichen zu können, wie Du am besten handeln könntest.

Mein Vater wurde 1899 geboren.
Durch die Nachkriegswirren war er (beruflich) gezwungen, an einem anderen Ort tätig zu sein, um seine Familie "durchbringen" zu können.
Bis ca. 1955 kam er deshalb nur alle drei Monate nachhause.

Das war alles für ihn nicht einfach, aber wir Kinder (meine Schwester und ich) konnten es damals nicht so recht einordnen, daß er auch gezwungen war, uns mal (nach dem, was unsere Mutter von uns berichtete) "zurechtzurücken".

Außer dieser Schelte habe ich natürlich auch sehr gute Erinnerungen an gemeinsame Unternehmungen unserer kompletten Familie.
Ausflüge, Wanderungen, Reisen, Weihnachtsfeiern usw.

Aber keine daran, daß unser Vater uns jemals sagte, daß er uns Kinder liebt.
Unsere Mutter war da ganz anders "gestrickt".
Höchst kommunikativ und liebevoll "überbrückte" sie die Wortkargheit unseres Vaters locker flockig.
Meine Schwester und ich hielten zeitlebens zusammen wie "Pech und Schwefel".
Von Kindesbeinen an.
Hatten beide aber kein besonders inniges Verhältnis zu unserem Vater.
Dafür aber umso mehr zu unserer Mutter.
Ich als ihr Sohn sowieso.

Genau genommen hatte ich zu meinem Vater nur das Verhältnis, daß er halt mein Vater war.
Zwar sorgend für uns, aber ich war nicht fähig dazu, erkennen zu können, daß er dies nur aus Liebe zu uns tat.
Ich denke, Kinder sind nur beschränkt befähigt, das erkennen zu können.

Erst nach dem Tod unserer Mutter fanden mein Vater und ich zueinander.
Innerhalb von drei Monaten bis danach unser Vater starb.

Ganz abgesehen davon, daß ich mir selbst schon längst vorher "geschworen" hatte, mich meinen Kindern gegenüber ganz anders zu verhalten, bin ich froh, daß mir die Zeit gegeben wurde, um zu meinem Vater "finden" zu können.

Kurzum:
Vergiß einfach den ganzen Schmarrn mit Rechnung begleichen und "einen mitgeben" und geh auf Deinen Vater zu.
Er signalisiert Dir doch (wenn auch indirekt), daß er Dich mitsamt Enkelkind liebt.
Vielleicht war auch er niemals fähig dazu, Dir direkt zu sagen, daß er Dich liebt.
Er liebt aber mit Sicherheit auch Dich.

So, wie alle Väter ihre Kinder lieben - auch, wenn sie das nicht artikulieren können.

Nutz bitte die Euch beiden noch verbleibende Zeit dazu, Dich Deinem Vater nähern zu können.
Gib diese Chance Deinem Vater und Dir!!

Bevor Du es später bereust, das nicht getan zu haben.
Weil dann alles unwiderruflich Vergangenheit sein wird.


Liebe Grüße
lotol
__________________
Krieger haben Narben.
---
1. Therapie (2016): 6 Zyklen R-CHOP (Standard) => CR
Nach ca. 3 Jahren Rezidiv

2. Therapie (2019/2020): 6 Zyklen Obinutuzumab + Bendamustin => CR
Nach ca. 1 Jahr Rezidiv, räumlich begrenzt in der rechten Achsel

3. Therapie (2021): Bestrahlung

Geändert von lotol (03.02.2018 um 01:55 Uhr) Grund: Korrektur
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Stichworte
abschied, gestörte beziehung


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