Auf einmal ging alles ganz schnell

[tina marie]

Hallo erstmal heir im Forum,
nachdem ich in den letzten zwei Jahren oft Gast auf diesen Seiten war, möchte ich mir einiges von der Seele schreiben,denn Ihr könnt besser verstehen, was in mir vorgeht, als die meisten Menschen, die noch keinen geliebten Menschen verloren haben. Ich heisse Martina und bin 36.
Morgen ist es genau eine Woche her, dass meine geliebte Mama ihren Kampf gegen den Krebs verloren hat. Bei ihr wurde vor zweieinhalb Jahren ein Adenokarzinom-vermutlich vom Eierstock-diagnostiziert, für mich und meine Familie ein Schock,denn meine Mam war unser aller Sonnenschein, Rettungsboot, immer für andere da, immer positiv. Besonders für mich war das ein Schlag, da meine Mam und ich uns in den letzten zehn Jahren sehr nahe standen und viele Höhen und Tiefen zusammen erlebt hatten. So war sie bei der Geburt meiner Tochter mit dabei, da ich alleinstehend war und wir hatten eine gemeinsame Heilpraktikerpraxis. Meine Mutter hat dort feinstofflich gearbeitet, mi Edelsteinen, Bachblüten,Reiki und Qi-Gong. Das hat ihr später auch im Umgang mit ihrer Erkrankung sehr geholfen ! Trotz 47 Chemozyklen hat sie außer Mistel,Omep und etwas gegen die Übelkeit kein Morphium oder so genommen. Bis zuletzt hat sie meine Tochter bei sich gehabt, wenn ich gearbeitet habe. Leider hat keine der Chemos wirklich angeschlagen, die Werte gingen immer weiter hoch, die Blutwerte wurden immer schlechter, auch zwei OP s konnten nicht alle Tumore und Metastasten entfernen. Wir wußten von Anfang an, es war nur eine palliative Behandlung. Nur, die Hoffnung stirbt zuletzt! In den letzten acht Wochen ging es ihr allerding immer schlechter, kleinere Infektionen kamen hinzu, sie hat sehr viel gelegen, und trotzdem den Mut nicht verloren, immer noch gelacht, wir konnten auch noch immer kurz ins Cafe oder mal auf den Flohmarkt, dass war zwar anstrengend für sie, aber sie hat es trotzdem genossen. Ich wohne nicht weit weg und war jeden Tag dort, mal kürzer, mal länger. Dann war ich im Urlaub, und wir sind danach für drei Tage nach Kiel gefahren. Dort hat meine Mutter im Krieg ihre Kindheit verbracht, ihre Schwester ist auch mitgekommen und ihr Bruder war jeden Tag dort. Außerdem war meine Tochter und meine Nichte mit, und alle zusammen haben wir uns auf eine Reise in die Vergangenheit gemacht, Spurensuche. Alle Plätze aufgesucht, die meiner Mama etwas bedeutet haben. Heute bin ich so froh, dass wir das gemacht haben, denn so glücklich, so wunderschön habe ich meine Mutter in der ganzen Zeit nicht gesehen. Ich werde nie ihr glückliches Lachen am Schöneberger Strand vergessen. Am Donnerstag Abend waren wir dann wieder zurück in Hamburg, sie war sehr erschöpft und ist gleich schlafen gegangen. Freitag war ich dann gar nicht bei ihr, da wir den ganzen Tag bei der Familie meines Freundes waren. Wir haben auch nur kurz telefoniert, und sie sagte mir, dass es ihr nicht so gut ginge, ich dachte, das kam von den drei schönen aber anstrengenden Tagen. Am Samstag morgen hat dann mein Vater ganz verzweifelt angerufen, ich müsse schnell kommen. Als ich kurz darauf eintraf, war ich total geschockt, denn meine Mama krümmte sich auf dem Sofa und konnte nicht mehr richtig sprechen. Ich rief den Notarzt, was sie nicht wollte, aber ich dachte, sie hätte einen Schlaganfall oder etwas ähnliches. Das gleiche dachte der Arzt auch, die waren zu viert dort, schleppten meine Mama auf die Bahre, sie ruderte mit den Armen und mein Vater und ich liefen völlig kopflos umher.
ich wollte dann mit ins Krankenhaus fahren, mein Vater wollte hinterher fahren, aber dann sagte der Arzt, es sieht schlecht aus und er weiß nicht ob sie den Transport überlebt. Für mich stand in diesem Moment die Zeit still.
Ich holte meinen Vater, damit er mitkommt, und er hielt ihre Hand während wir fuhren. Dann sagte der Arzt dem Fahrer, er solle rechts ranfahren und er bat mich nach hinten in den Rettungswagen. Es ist vorbei waren seine Worte.
Es ging alles so schnell. Eine Stunde. Nie werde ich den letzten Blick meiner Mama vergessen, als sie auf der Bahre lag. Alle Verzweifelung,alle Liebe lag darin. Sie war so besonders, gefühlvoll, liebevoll, immer offen für alle Nöte aller möglichen Menschen. Ich hoffe, sie ist ins Licht gegangen, daran hat sie immer geglaubt.
Ich bekomme in zwei Monaten mein zweites Kind, es ist so merkwürdig, einer kommt, einer geht, Freude und Leid so nah beieinander.
Schlimm ist es, die rotverweinten Augen meines Vaters zu sehen, der sich schreckliche Vorwürfe macht, dass er nicht früher den Notarzt gerufen hat.
Sie hatte am Abend hohes Fieber bekommen. Ich sage ihm dann, Paps, du hast nichts verkehrt gemacht, so gern wir gewollt hätten, wir konnten sie nicht festhalten.
Sie fehlt mir so, schon jetzt und ich bin sehr traurig. Es kommt wie in Wellen und haut mich dann um. Weinkrämpfe, alles was dazu gehört.
Ich glaube, Ihr kennt das.
Das war jetzt viel, aber es tut mir gut, das aufzuschreiben.
Ich wünsche allen, die in einer ähnlichen Situation sind, viel Kraft und Zuversicht. Lasst die Trauer zu, unsere Liebsten sind es wert, dass um sie geweint wird !

Alles Liebe,
Martina

"Wenn ich weissagen könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, so dass ich Berge versetzen könnte und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts."
1.Korinther 13,2

[stella29]

Hallo Martina,

deine Schilderung hat mich sehr berührt. Mein aufrichtes Beileid zum Verlust Deiner geliebten Mama !

Wie können alle nachvollziehen wie es in dir jetzt aussehen mag - leider sind wir hier sehr viele Menschen die trauern.

Mich überkommt es auch heute noch, 6 Monate nach dem Tod meines Papas, immer wieder in Wellen - diese verdammte Traurigkeit und der Schmerz über den Verlust.

Dein Satz sagt alles aus: wir sollen die Trauer zulassen, denn die Verstorbenen sind es wert um sie zu weinen ! So ist es !

Ich wünsche Dir für die kommende Zeit viel viel Kraft, Dir und Deiner Familie.
Und natürlich alles alles Gute für den Nachwuchs !

[Naddel2909]

Hallo Martina,

keine Worte können Beschreiben wie du dich jetzt fühlst und keine Worte können dich ausreichend trösten.

Es tut mir unendlich leid, dass auch du das gleiche Erfahren musstest wie so viele hier. Es ist unfair, unglaublich und aus unserer Sicht nicht richtig. Trotzdem passiert es immer wieder und wir können nichts tun. Alles was wir haben sind die Erinnerungen, die uns niemand nehmen kann. Das ist für mich immer ein kleiner Trost.

Ich wünsche dir für die kommende Zeit ganz viel Kraft....fühl dich gedrückt von mir...

Liebe Grüße
Nadja

[rumpelinchen]

Mein aufrichtiges Beileid zum schweren Verlust deiner geliebten Mama.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft.

Ich weiß wie du dich fühlst, ich habe meinen Papa am 2.7. verloren und es tut unheimlich weh.

LG Christina

[Desi]

Hallo Martina!
Erstmal auch von mir mein aufrichtiges Beileid.
Deine Zeilen haben mich sehr berührt. Man kann die tiefe Liebe zu deiner Mum aus deinen Worten erkennen.
Ihr habt soviel zusammen erlebt, euch verbindet soviel, dieses Band wird auch durch den Tod nicht reissen.
Eines Tages werden wir unsere lieben alle wiedersehen.
Das ihr am Ende die letzten drei Tage noch mit ihr auf den "Spuren der Vergangenheit" gewesen seit, finde ich super schön.
Damit habt ihr ihr glaub ich einen grossen Gefallen getan.
Und wenn du in 2 Monaten dein Baby bekommst, wird deine Mum immer über den kleinen Zwerg wachen. Einen besseren Schutzengel kann es nicht haben.
Ich wünsche dir ganz ganz viel Kraft für die kommende Zeit.

[tina marie]

liebe Stella, Nadja, Christina und Desi,

ich danke Euch für Eure Anteilnahme, es tut mir sehr gut, Euer ehrliches Mitgefühl zu spüren. Auch Ihr habt geliebte Menschen verloren und das tut mir leid.

Momentan ist viel zu organisieren,Trauerfeier, Blumen, na all diese Dinge. Mein Vater läßt sich ein Glück nicht hängen, er macht seine Gartenarbeit und die gewohnten Dinge, ich sehe aber an seinen Augen, dass er wenig Schlaf findet. Es ist sehr berührend, dass er jeden zweiten Tag frische Rosen an das Foto meiner Mutter stellt.
Sie hätten in drei Tagen ihren 49. Hochzeitstag ! Meine Mutter wäre nächstes Jahr zur goldenen Hochzeit 70 Jahre alt geworden.
Heute war das Gespräch mit dem Pastor, ich hatte vorher gedacht, ich müsste die ganze Zeit weinen, aber dann war das doch anders, fast schön, gemeinsam mit meinem Vater nochmal über das Leben seiner Frau, meiner Mam zu sprechen.
Mir ist dabei wieder aufgefallen, was für eine Kraft meine Mutter hatte, was sie alles gemacht hat und was ihr immer am Herzen lag - Lebensfreude und Demut.

Ich wünsche Euch allen Kraft und Zuversicht,
Martina

Ein paar Zeilen, die meine Mutter ausgeschnitten hatte :

"Ganz am Ende des Regenbogens werde ich auf dich warten. Und wenn Du dann endlich kommst werde ich mit veschränkten Armen auf den Knien sitzen bleiben, damit Du nicht zu früh erfährst, mit welcher Sehnsucht ich dich erwartet habe."

[Ronnya]

Liebe Martina....
Auch mich haben deine Zeilen tief berührt...
Mein aufrichtiges Beileid zum Tod deiner Mutter...

Es gibt so wenig Trost in dieser schweren Zeit drum fühle dich einfach umarmt.
Ich selber habe meinen geliebten Vater vor 2 Monaten in den Tod begleitet....
Wir alle hier wissen wie du dich fühlst

Die Zeilen deiner Mutter haben mir die Tränen in die Augen schießen lassen.Ich sitz hier und weine.....
Es ist sehr sehr schön....

Viel Kraft für die kommenden Tage
Regina

[rumpelinchen]

Die Zeilen deiner Mutter sind wunder wunderschön *schnief*

[heistof]

Hallo,
die Zeilen deiner Mutter sind wirklich schön, und machen Mut.
Ich habe am 11.07.08 meinen Mann verloren, nach einem Jahr Krebs.
Ich kann mir sehr gut vorstellen wie du dich fühlst.
Bei uns ist es so, meine Zwillingsschwester bekommt nun in 3 Wochen ihr Baby, als mein Mann starb, wars der gleiche Abstand wie bei dir 2 Monate - der eine Stirbt, der andere wird kommen.
Aber ich weiß auch, dass mein Mann auf jeden Fall der Schutzengel sein wird für das Baby, wäre er noch am Leben so wäre er Taufpate geworden. So war der Plan, leider helfen alle Pläne nicht.
Ich wünsch dir viel Kraft.

Heike

[tina marie]

Hallo Ihr Lieben,
kann mal wieder nicht schlafen... morgen kommt meine Tochter wieder, sie war bei ihrem Daddy in London. Dienstag ist die Beerdigung, ich hab da schon Angst vor, weil so viele kommen, ich möchte im Moment aber eigentlich nur meine Ruhe. Kennt Ihr das auch ? Ich gehe auch kaum noch ans Telefon. Einige Freundinnen meiner Mama haben mich angerufen, aber dann ist es so, dass die weinen und ich trösten muss, dafür habe ich momentan echt nicht die Kraft. Habe die Trauerfeier organisiert, Blumenschmuck, Musik usw und jetzt fühle ich mich einfach nur noch leer. Ist doch ein merkwürdiges Gefühl, dass das Leben einfach so weiter läuft, als hätte es meine Mutter nie gegeben - außer für mich und meine Familie. Das kennt Ihr bestimmt alle.
Ich drück Euch und schicke liebe Grüße
Martina

[Tina71]

Ich habe so lange hier nichts mehr geschrieben... ich kann mich auch nicht mehr mit dem "alten" Namen einloggen, deshalb jetzt Tina71.

Liebste Mama, letzte Woche war Dein Geburtstag, Du wärst 70 geworden und wir wollten den zusammen mit Eurer goldenen Hochzeit im August richtig "groß" feiern.... Ich habe wunderschöne Blumen an dein Grab gebracht, Rosen, Löwenmäulchen, es ist ein richtiges Blumenmeer und auch der Engel steht dort und hält Wache.
Ich denke immer noch so oft, ich muß Dich mal wieder anrufen oder Dir etwas schönes mitbringen und dann kommt immer wieder die Erkenntnis, dass Du nicht mehr da bist.
Ich fühle so oft eine solche Leere, trotz der Kinder, niemand kann Dich ersetzen. Du fehlst mir, Dein Rat fehlt mir und Dein unglaublicher Humor- Dein Lachen und Deine schöne Stimme - Lili kann immer noch alle Lieder, die Du ihr beigebracht hast, und ich lasse mir ganz oft Abendstille vorsingen - das singt sie so schön, dass ich oft die Tränen zurückhalten muß.
Ich hab dich so lieb, meine süße, starke Mamschi, ach, könnte ich ich nur einen Tag noch mit Dir haben....
Deine Puppe- suppe

[Tina71]

Liebste Mama,
in unserer Familie geht momentan so viel drunter und drüber... Ricky kommt nicht über deinen Tod hinweg und einige andere sind auch ganz merkwürdig... du weißt schon. Jetzt hat auch noch Onkel Rolf Krebs und es sieht gar nicht gut aus. Die nächste Zeit wird bestimmt sehr schwer - Holger geht es auch nicht gut, aber er macht nach wie vor keine Therapie.
Und ich denke immer noch darüber nach, ob ich etwas falsch gemacht habe... warum ich mich abends nicht mehr gemeldet habe... vielleicht wäre dann doch alles anders gekommen und du wärst noch bei uns. Du fehlst mir so ! Ich habe dich lieb, meine süße, wunderbare Mama. Ich vermisse Deine Wärme und deinen klugen, weisen Rat.
Deine Süße