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  #1  
Alt 12.08.2013, 10:45
Naxos Naxos ist offline
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Registriert seit: 30.07.2013
Beiträge: 8
Standard Angehörige wenden sich ab

Hallo Ihr Lieben

Ich lese schon längere Zeit still mit, nun habe ich mich endlich angemeldet. Bevor ich zum eigentlichen Thema komme, fasse ich unsere Geschichte zusammen:

Mein Ehemann (39) kämpft seit mittlerweile 4 1/2 Jahren gegen seine Krebserkrankung. Er hatte 3 Bestrahlungen (von innen) und 5 Operationen, bei der letzten ist es zu erheblichen Komplikationen gekommen. Leider ist der Krebs hartnäckig. Bereits seit der letzten OP im Frühling ist der Tumor wieder gewachsen und hat 2 Lymphknotenmetas gemacht. Eine Chemo ist bei seiner Tumorart nicht möglich. Es hiess, dass eine Bestrahlung von aussen gemacht werde. Letzte Woche die neue Hiobsbotschaft: Weil die Dosis der Bestrahlung viel zu hoch wäre um den Tumor beseitigen zu können, kann man die Bestrahlung vergessen! Wir haben diese Woche einen Termin im Spital wegen dem weiteren Vorgehen. Schon am Telefon hat mir der Arzt erklärt, dass wohl nur eine erneute, 6. Operation in Frage komme. Aufgrund der Komplikationen bei der letzten OP ist das Risiko aber hoch, dass mein Mann diesen Eingriff gar nicht oder behindert überleben wird. Der Chirurg, der die letzten 5mal operiert hat, wird meinen Mann nicht mehr operieren. Zwei andere Chefchirurgen würden es aber tun...

Nun komme ich auf den Punkt, den ich eigentlich ansprechen wollte. Es gibt in der Familie Leute, die die Krebserkrankung meines Mannes einfach totschweigen. Und ich rede von nahestehenden Angehörigen. Besonders schlimm finde ich meine Schwägerin. In den schrecklichen Tagen nach der missglückten letzten OP, als mein Mann auf der Intensivstation lag, habe ich die Angehörigen zwischendurch per sms über den Stand der Dinge orientiert. Von ihr kam NIE eine Antwort zurück: wirklich NIEMALS. Ich fand das ziemlich schlimm, weil ich dachte, wir würden uns nahe stehen, besonders auch durch den Umstand, dass mein Mann Patenonkel von einem ihrer Kinder ist!! Dürften wir da nicht auch ein wenig Anteilnahme erwarten?

Was ich dann einfach unerhört fand war, dass sie genau einen (!) Tag, nachdem mein Mann aus dem Spital entlassen wurde, angerufen und ihn gefragt hat, ob er 3 Tage später auf ihre beiden kleinen Kinder aufpassen würde, da sie einen wichtigen Termin habe!!!! Nur dem Umstand, dass mein Mann glücklicherweise genau an jenem Tag einen Spitaltermin hatte, ist es zu verdanken, dass er nicht diesen Kinderhütedienst geleistet hat! Mein Mann ist nämlich viel zu lieb und so gutmütig, dass er niemals nein sagt, wenn er um Hilfe gebeten wird, egal wie's ihm geht und diese Eigenschaft hat meine liebe Schwägerin einfach auszunützen versucht! Mir war schon immer klar, dass sie eine egoistische Person ist. Ich war aber richtig schockiert, dass ihr Egoismus so weit geht und nicht einmal vor der Gesundheit meines Mannes halt macht. Es hätte halt einfach gut gepasst, weil ihr sonstiger Babysitter ausgefallen ist und mein Mann ja sowieso daheim war.....

Etwa 1 Woche nach dem Spitalaustritt sind wir uns bei den Eltern meines Mannes über den Weg gelaufen. Die Familie hat sich zu einem gemeinsamen Mittagessen getroffen. Und meine Schwägerin: Sie hat mich NICHT EIN EINZIGES MAL gefragt, wie es uns geht, oder wie es bei meinem Mann jetzt weitergeht. Dafür hat sie mich eine geschlagene Stunde vollgelabert mit allen wichtigen und unwichtigen Ereignissen von ihren Kindern. Ich fand das heftig. Versteht mich richtig: Ich habe nicht erwartet, dass sie mir Händchen hält und eine Stunde lang meine Ängste und meine Sorgen anhört oder dass ich mich sogar bei ihr ausheule - dafür gehe ich einmal im Monat zu meinem Psychiater! Nein, was ich erwartet hätte wäre einfach ein Minimum an Anteilnahme und Interesse an dem, was bei uns gerade abgeht. Nur schon eine einzige Frage nach unserem Befinden hätte mir damals gutgetan. Dass es mir beschissen gegangen ist, brauche ich Euch nicht zu sagen und wenn sie einmal ihr Nonstop-Palaver unterbrochen hätte, hätte sie das vielleicht auch gemerkt....

Ich weiss nicht, ob es nur an meiner gesteigerten "Empfindlichkeit" liegt, weil mein Mann so schwer krank ist, aber ich finde dieses demonstrative Wegsehen schlimm und kann nicht damit umgehen. Ich will natürlich nicht, dass die Krankheit meines Mannes zum Dauerthema wird und sich alles nur noch darum dreht. Aber ich mag mich nicht mit Leuten umgeben, die das Ganze einfach totschweigen. Ich weiss, dass es keinen Sinn macht, meine Kräfte an solche Personen zu verschwenden und noch irgend etwas von ihnen zu erwarten. Und zum Streiten fehlt mir sowieso die Kraft. Ich habe meine Schwägerin nun einfach aussortiert aus dem Kreise meiner Vertrauten und meinen Kontakt zu ihr auf das absolute Minimum reduziert.

Ich wollte das einfach loswerden weil es mich interessiert, ob einige unter Euch ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

Herzliche Grüsse und uns allen einen guten Tag
Naxos

Geändert von Naxos (12.08.2013 um 11:04 Uhr) Grund: Schreibfehler
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  #2  
Alt 12.08.2013, 12:12
Benutzerbild von carlchen
carlchen carlchen ist offline
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Beiträge: 815
Standard AW: Angehörige wenden sich ab

Sei nicht traurig über das Verhalten manchen Menschen.
Sie können nicht anders, auch werden sie sich ändern.
Ich erlebe es ständig auch in meiner Familie.
Meine Mutti ist Ende Juli verstorben, keine aus der Familie meines Vaters hat irgendwie Anteil gezeigt. Auch ich habe ein "nette" Patentante.
Aber habe ich im letzten Jahr die für mich heute verrücktesten Bemerkungen anhören sie rundum die Krebserkrankung meines Mannes betreffen.
Schau, aber nicht alle Menschen sind Egoisten, manches übersieht man ihn seiner Wut oder Frust.
Ich wünsche dir ganz, ganz viel Zuversicht.
LG carlchen
__________________
Dieser Tag - ein Leben
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  #3  
Alt 12.08.2013, 13:30
Naxos Naxos ist offline
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Beiträge: 8
Standard AW: Angehörige wenden sich ab

Hallo Carlchen

Mein herzliches Beileid zum Verlust deiner Mama. Ich hoffe, dass Du trotzdem in Deinem Umfeld auf verständnisvolle Menschen zählen kannst, die Dir jetzt beistehen. Es muss ja nicht zwingend jemand aus der Familie sein.

Und Du hast recht, es gibt zum Glück auch viele Leute, die für uns da sind. Das habe ich vor lauter Frust wirklich ganz vergessen zu schreiben! Gerade deshalb finde ich solche Foren gut: Es hilft einem, wieder auf den Teppich zu kommen, wenn Du weisst was ich meine..... Hilfe kommt von vielen Seiten und auf verschiedenste Art und Weise. Gestern hat ein Nachbar meinen Mann überrascht und ihn zu einem Fussballspiel mitgenommen. Mein Mann hat sich riesig gefreut, weil er noch nie im Leben in einem grossen Stadion an einem Spiel war. Danach ist er völlig k.o. aber mit einem riesigen im Gesicht heimgekommen. Ich habe mich so für ihn gefreut!

Ich denke, manche Familienmitglieder stehen uns einfach zu nahe, und wollen sich deshalb irgendwie schützen. Mein Mann hat gerade seine Patientenverfügung gemacht. Als Vertrauensperson bin ich eingesetzt. Wir haben in den letzten 4 Jahren viel darüber geredet und ich habe ihm versprochen, seinen Wunsch zu respektieren, sollte er nicht mehr in der Lage sein, seinen Willen mitzuteilen. Auf dem vorgedruckten Formular musste man auch eine Ersatzperson angeben, falls ich nicht erreicht werden kann oder aus anderen Gründen die Aufgabe nicht wahrnehmen kann. Mein Mann wollte gerne seinen Bruder als Ersatzperson eintragen. Die beiden haben ein enges Verhältnis und telefonieren fast täglich miteinander. Er hat mit seinem Bruder darüber gesprochen und dieser war total entsetzt als mein Mann von seinem Wunsch betr. "Abstellen der Maschinen" etc. gesprochen hat und sagte: "Sicher nicht!!!" Damit war das Thema Ersatzperson für die Patientenverfügung vom Tisch.

Mein Mann ist enttäuscht, dass er seinen Bruder, zu dem er eine so enge Bindung hat, nicht als Ersatzperson nehmen kann, aber ich glaube er kann es verstehen. Wir haben uns entschieden, dass wir meine Eltern eintragen. Sie stehen meinem Mann zwar auch nahe, doch auf eine andere Weise. Zudem haben sie schon eine längere Lebenserfahrung und haben sich selbst auch schon mit diesem Thema befasst. Wir denken, so ist es gut für alle.

Ja man tritt halt immer mal wieder jemandem auf die Füsse....


Liebe Grüsse
Naxos
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  #4  
Alt 13.08.2013, 20:00
Bremensie Bremensie ist offline
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Registriert seit: 25.11.2007
Beiträge: 758
Standard AW: Angehörige wenden sich ab

Guten Tag Naxos,
sei nicht traurig wegen der Patientenverfügung. Ich selber habe eine gemacht und diese auch u.a. meinem Hausarzt gegeben. Er hat sie gelesen und auch mit unterschrieben. Der Bruder deines Mannes hat eben eine andere Ansicht was den Tod betrifft. Viele haben auch Hemmungen sich mit dem Lebensende zu befassen und gegebenenfalls auch wie dies aussehen soll.
Ich wünsche dir und deinem Mann ganz viel Kraft.
__________________
Jeder Tag ist der Anfang des Lebens.
Jedes Leben der Anfang der Ewigkeit.
(Rainer Maria Rilke)
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  #5  
Alt 13.08.2013, 23:05
lucie79 lucie79 ist offline
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Registriert seit: 02.08.2012
Ort: Niedersachsen
Beiträge: 78
Standard AW: Angehörige wenden sich ab

Hallo Naxos, ich kann nur sagen in so schweren Zeiten lernt man die Leute ganz anders kennen und man weiß welches echte Freunde sind. Manchmal steckt auch einfach nur Angst dahinter.
LG Lucie
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  #6  
Alt 14.08.2013, 00:35
Norma Norma ist offline
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Registriert seit: 06.11.2005
Beiträge: 1.157
Standard AW: Angehörige wenden sich ab

Hallo Nexus,

tja, auch wir (mein Mann und ich haben Krebs) mussten solche Erfahrungen machen und gerade, wenn es sich um sehr nahestehende Personen handelt, tut es doppelt weh.
Und nein, wir haben uns bis heute nicht vollkommen davon erholt; das Verhalten dieser Menschen ist immer wieder mal ein Thema.

Aber eines haben wir auch gelernt: Man kann Menschen nicht ändern.

Ohne Frage: Es gibt auch andere Menschen; Menschen, die sich nicht zu schade sind, mal nachzufragen, wie es uns geht und auch aushalten können, wenn es nicht so gut läuft.

Allerdings, so unser Eindruck, sind es wirklich nicht sehr viele. Die meisten übergehen die Erkrankung und gehen zur Tagesordnung (ihrer eigenen natürlich) über.

Alles Gute und viel Kraft!

Norma
Diagnose Brustkrebs Nov. 2001
Diagnose Darmkrebs Juni 2007 bei meinem Mann
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  #7  
Alt 14.08.2013, 06:17
Naxos Naxos ist offline
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Registriert seit: 30.07.2013
Beiträge: 8
Standard AW: Angehörige wenden sich ab

Liebe Bremensie, Lucie und Norma

Herzlichen Dank für Eure Worte! Ich wünsche auch Euch viel Kraft und Zuversicht.

Naxos
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