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Alt 19.12.2006, 15:03
vanitas02 vanitas02 ist offline
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Registriert seit: 30.11.2006
Beiträge: 299
Standard es ging so schnell

hallo zusammen,

ich bin schon eine weile in dem forum hier unterwegs ... jetzt würde ich einfach gerne "meine" geschichte niederschreiben. wobei es ja eher die geschichte meiner mutter ist. sie ist heute vor einer woche gestorben und viele dinge beschäftigen mich - verständlicher weise - noch sehr. insofern gehöre ich wohl leider jetzt zu den hinterbliebenen ...

ca. 4-5 wochen vor ihrem tod bekam sie die diagnose "brustkrebs und metastasen in der leber". der hausarzt sagte damals, es ist nichts mehr zu machen. sie soll ihre sachen noch regeln und hätte noch 1/2 jahr zu leben. das hat sie natürlich absolut niedergeschmettert. wir konnten es alle nicht akzeptieren. sie ist dann noch zu einer anderen ärztin gegangen und die sagte, sie könne durchaus noch ein paar schöne jahre leben. es wurde auch eine chemo begonnen. die bekam sie dann noch zwei mal, dann musste sie aber wegen schlimmen schmerzen ins krankenhaus.

seit ihrer diagnose habe ich wirklich viel viel zeit mit ihr verbracht. nicht immer mit reden oder so, aber ich war einfach bei ihr. zum beispiel hat sie fern gesehen und ich war bei ihr am computer. ich habe auch zusammen mit meinem stiefvater die hausarbeit komplett übernommen und recherchiert und alles versucht, ihr zu helfen. zu der zeit hatte sie - denke ich zumindest - noch hoffnung.

als sie dann ins krankenhaus kam (samstag, ich hab den notarzt gerufen), war ich den ganzen tag bei sämtlichen untersuchungen an ihrer seite. sie hatte schlimme schmerzen. sonntag war ich auch vormittags und abends bei ihr. durch die starken schmerzmittel und evtl. auch einfach ihre körperliche verfassung wurde sie immer schwächer und schläfriger und auch verwirrter. so sagte sie auch aus heiterem himmel dinge, die keiner verstehen konnte, die in dem augenblick gar nicht so waren. montag abend war ich dann nach der arbeit bei ihr. als ich kam, war sie gerade mit der schwester im bad. als sie herauskam, hat sie sich - glaube ich - total gefreut, dass ich da war. hab ihr dann noch socken angezogen und dann ist sie eingeschlafen. danach habe ich sie nie mehr lebend gesehen.

dienstag wollte mein stiefvater sie besuchen, aber als er kam, hatten sie sie gerade weggebracht um den port einzusetzen. da ist er wieder gefahren. um 14.48 hat dein mein telefon geklingelt. ihr zustand habe sich verschlechtert, wir sollen kommen. es kann jetzt schnell gehen, sie können es aber auch evtl. noch mal in den griff bekommen. wir sind dann gleich los und waren um kurz vor 15.30 uhr im krankenhaus. aber da war es schon vorbei. im totenschein steht "todeszeit 15.00 uhr" ... wie haben es nicht mehr geschafft. laut pfleger war sie nach der narkose nicht mehr wach.

tja, ich hätte sie einfach gerne noch vorher wach gesehen. montag abend hat sie evtl. gar nicht mehr so registriert das ich da war und dann geschlafen. und dienstag früh hat mein stiefvater sie verpasst und als wir nach dem anruf los sind, war es schon vorbei. sie war am ende alleine. ich hoffe so sehr, dass sie sich nicht vernachlässigt vorgekommen ist.

außerdem glaube ich, sie dachte, wir verheimlichen ihr was. aber das haben wir nicht. die ärzte haben uns auch nichts gesagt. ob sie wusste, dass sie sterben muss? ob sie dachte, wir verheimlichen ihr, dass es ihr so schlecht geht? hätten wir mehr für sie tun können? ihr irgendwie besser oder mehr helfen können?

ich hab auch nie zu ihr gesagt, dass ich sie liebe. aber das wusste sie bestimmt auch so.

ich hätte mir so vieles anders gewünscht. ich bin nur froh, dass ich nach ihrer diagnose wirklich täglich so viel bei ihr war. aber wenn ich gewusst hätte, dass nur noch sooo wenig zeit bleibt, hätte ich gerne noch mehr getan. vielleicht hätte man dann noch andere dinge besprochen? ich weiß es nicht. und ich wäre so gerne im krankenhaus von montag auf dienstag und während ihres todes bei ihr gewesen. in ihren letzten stunden halt. damit sie sich nicht allein fühlt. aber es war uns einfach nicht klar, dass es so schnell gehen wird.

am sonntag hat sie noch zu mir gesagt: "den u.r. hab ich auch gesehen"
ich: "wen?"
sie: "na, deinen früheren keyboardlehrer"
ich: "was? wo? hier im krankenhaus?"
sie: "nein, in l. bei den pferdekoppeln von steffi"
ich: "und du hast ihn gleich erkannt?"
sie: (ganz entrüstet) "ja natürlich"

hätte ich doch mehr hinterfragt ... u.r. war dann der organist auf ihrer aussegnung. und bisher sieht es so aus, als hätte sie ihn da nie getroffen ... das gibt mir hoffnung, dass es doch MEHR gibt ...

aber es kommen auch fragen. wusste sie, dass sie stirbt. wieso hat sie uns nichts gesagt? hatte sie angst? was hätten wir noch für sie tun können? hätten wir es ihr leichter machen können?

bei uns ist dann zwar auch eine birne kaputte gegangen kurz nach mamas tod und ein weihnachtsschmuck ist von der tür gefallen (den sie eh nicht so mochte) ... aber: waren das zeichen? ich weiß es nicht. das mit u.r. vielleicht.

es war sicher gut, dass es so schnell ging. sie hätte es nicht mehr geschafft. und dann lieber so als lange leiden. aber sie fehlt halt so.

ich hoffe, sie war nicht einsam. wenn wir das nur gewusst hätten. wir haben uns wirklich viel und gern um sie gekümmert. nur da waren wir einfach nicht da. ich hoffe, sie wusste, dass wir unterwegs waren und es nicht an uns lag, dass sie allein war


ach, ich hab meine mama so gern und sie fehlt mir ... und irgendwie hab ich mich auch nicht verabschiedet und ... ach sch...
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