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Alt 21.10.2010, 01:18
callas callas ist offline
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Registriert seit: 14.10.2010
Beiträge: 11
Standard Michael , mein lieber Junge.....

Hallo, lese seit einem Jahr immer wieder verschiedene Beiträge von Angehörigen über ihre Erfahrungen mit einem Glioblastom 4. Erst jetzt habe ich den Mut, auch meine schlimmen Erfahrungen mit diesem Teufel zu erzählen. Es geht um meinen Sohn Michael, 34Jahre jung. Es ist jetzt genau ein Jahr her ( Okt:2009) seit mein Sohn mit Gleichgewichtsstörung, Wortfindungsstörung und kleinen Black-outs mit Verdacht auf einen leichten Schlaganfall in die Neurologie gebracht wurde. Nachdem man dort ein CT gemacht hatte,sagte mir der anwesende Arzt knallhart:" Ihr Sohn hat Gehirnkrebs". Keine Ahnung wie ich diesen Tag überstanden habe, schlagartig war nichts mehr wie vorher. Am nächsten Tag wurde Michael nach Homburg in die Uni-Klinik gebracht. Dort wurde ein MRT gemacht und man sagte uns, dass es sich um ein Glioblastom 4 handele. Sein Durchmesser war 6cm und lag nach Aussage der Ärztin an einer Stelle, die man gut operieren könnte. Für mich unverständlich erklärte uns die Ärztin, was ein Glioblastom ist und dass es keine Heilung gäbe. Keine Heilung? Wieso? Nachdem das Ding draussen ist, dachte ich , ist wieder alles in Ordnung. Als ich an diesem Abend nach Hause kam, war mein erster Weg zum PC. Ich wollte wissen mit was ich es zu tun hatte und was ich da las, lies mich innerlich erfrieren. Ich konnte die ganze Nacht nicht aufhören zu lesen und plötzlich wurde mir bewusst, was die Ärztin gemeint hatte.
Es folgten noch viele Nächte in diesem Jahr, die ich am PC verbrachte, wie eine Irre suchte ich in den Foren nach jemandem, der diese Krankheit überlebt hatte, bis heute vergebens. Die Tränen, die ich aus Mitgefühl für die Betroffenen und deren Angehörigen vergossen habe, würden ein Fass zum überlaufen bringen.
Trotzdem haben mir die Beiträge in den Foren sehr viel gegeben und ich möchte euch gerne Michaels Krankheitsverlauf erzählen.

Drei Tage nach Einlieferung in die Klinik wurde Michael operiert, nach 5 Stunden erwachte er auf der Intensivstation, schmerzfrei, bei klarem Verstand und gut drauf. Er sagte er habe Hunger und ich soll ihm eine Currywust holen gehen, nach Rücksprache mit dem Arzt durfte ich ihm 3 Stunden später seinen Wunsch erfüllen. Alles war gut verlaufen, der Tumor konnte fast vollständig entfernt werden, Reste sollten mit Bestrahlung und Chemo zum Stilllstand gebracht werden.
Nach einer Woche wurde Michael entlassen. Alles war gut und im November 2009 wurde eine Bestrahlungsmaske angefertigt. Vom 23.Nov.-23.Dez. wurde 30 mal bestrahlt. Er hatte in dieser Zeit keinerlei Probleme, etwas müde und Haarverlust an der bestrahlten Stelle waren die einzigen Folgen.

Im Februar 2010 begann man mit der Chemo, acht Monate lang, immer 5Tage im Monat bekam er Temodal-Tabletten. Im April wurde eine MRT gemacht und man sagte uns, dass der Resttumor in sich zusammen gefallen sei. Bis dahin war Michael in sehr gutem Zustand, er joggte jeden Morgen und hatte keinerlei Beschwerden. Dann im Mai hatte er seinen ersten Krampfanfall, nach einem kurzen Klinikaufenthalt war nichts mehr wie vorher, er war zerstreut, tageweise verwirrt und hatte Konzentrationsschwierigkeiten. Dazu kamen Wortfindungsstörungen, das Lesen und Schreiben fiel ihm schwer. Es folgten noch einige Krämpfe in etwa 3wöchigen Abständen und nach jedem wurde er hinfälliger. Seine Bewegungen waren langsamer und er hatte
Stimmungsschwankungen, einmal weinend, einmal aggressiv. Dazu kam, dass er die Krankheit total verdängte und wütend wurde, wenn ich ihn morgens anrief um zu fragen, wie es ihm geht.

Im Juli dann brach für ihn eine Welt zusammen, seine Lebensgefährtin mit der er 11 Jahre zusammen war und mit der er einen 7jährigen Sohn hat, teilte ihm mit, dass sie einen anderen Mann hat und er solle sich eine Wohnung suchen. Sie liess ihn morgens von 7:30, wenn sein Sohn in die Ganztagsschule ging, bis mittags 16:30 allein und kümmerte sich nicht mehr um ihn und den Haushalt. Michaels Schwiegermutter und ich halfen ihm in der Zeit so gut wie es uns möglich war und er es zuliess. Er war immer noch der Meinung, dass er alles alleine geregelt bekäme.Wir bemühten uns eine geeignete Wohnung für ihn zu finden obwohl wir wußten dass er auf Dauer nicht allein leben konnte.Bis dahin war ihm die Schwere seiner Krankheit nicht bewusst.

In demselben Monat wurde eine neue MRT erstellt und man teilte und mit dass sich ein Rezitiv auf der anderen Seite gebildet habe. Der Tumor war 2,4cm gross und lag in der Balkenregion. Das hiess, inoperabel. Michaels Neurochirurg meinte dass eine erneute Bestrahlung nicht in Frage käme.
Ein befreundeter Onkologe den wir baten sich die Bilder anzusehen, lies sich die Bestrahlungsunterlagen aus der Uni-Klinik zusenden und sagte uns, dass er an dieser Stelle noch einmal eine Bestrahlung vornehmen würde, weil die erste Bestrahlung keine Auswirkung in den jetzt befallenen Bereich gehabt habe. Nach Rücksprache mit dem Neurochirugen kamen beide zu dem Entschluss, nach dem 8. Zyklus der Chemo mit der Bestrahlung zu beginnen

Im September, nach der letzten Chemo wurde noch eine MRT erstellt um zu sehen wie weit der Tumor gewachsen war, er hatte sich fast verdoppelt.
Der Onkologe meinte dass eine Bestrahlung jetzt doch nicht mehr in Frage käme weil der Tumor sich nicht mehr eingrenzbar darstellte. Man sagte, dass ich mit einen schnellen Ende rechnen müsste

In der letzten Septemberwoche hatte Michael einen schlimmen Anfall , seine rechte Seite war gelähmt und die Sprache komplett weg. Nach acht Tagen in der Klinik war zwar die Sprache wieder da und die Lähmung verschwunden, aber er war sehr verwirrt und hatte Sichteinschränkungen, überall stiess er an und hatte überall blaue Flecken und Hautabschürfungen die sich schnell entzündeten. Sein Arzt sagte dass er nicht mehr allein bleiben könne und wenn keine andere Lösung gefunden würde, müsse er in ein Pflegeheim.
Natürlich kam für uns nur eine Möglichkeit in Betracht, wir holen ihn nach hause. Mit Engelszungen mussten wir ihn überreden zu uns zu kommen, und nur mit dem Versprechen, dass er, wenn es ihm besser geht, wieder in seine Wohnung darf, willigte er ein.

Zwischenzeitlich habe ich von einem Prof. Dr. Debus gehört, der an der Heidelberger Uni-Klinik grosse Erfolge mit der Ionenbestrahlung hat. Per E-mail schilderte ich ihm Michaels Krankheits-und Behandlungsverlauf und bat um seine Hilfe. Bereits nach drei Tagen kam eine E-mail zurück mit der Aufforderung ihm die Unterlagen und Arztberichte sowie alle CT´s und MRT´s zukommen zu lassen. Per Eilpost schickte ich alles am nächsten Tag ab. Seit nunmehr einer Woche warte ich auf Bescheid.

Michael ist jetzt seit vier Wochen bei uns und sein Zustand wird von Tag zu Tag schlechter, sein Kurzzeitgedächis ist weg, er fragt immer wieder das gleiche, er braucht mittlerweile bei allem Hilfe. Er will nicht mehr lange auf sein , will nur noch schlafen und nimmt am Leben kaum noch teil. Er ist oft sehr aggressiv zu mir und macht mich dafür verantwortlich dass es ihm so schlecht geht; das wäre nur weil ich ihn "geklaut" hätte.

Am Freitag, 15. Okt. hatte er den ganzen Tag Husten, der in der Nacht schlimmer wurde.Ich holte aus der Apotheke pflanzliche Präparate um ihm den Husten zu erleichtern. Samstag und Sonntag wurde der Husten heftiger und am Montag setzte ich mich mit seinem Hausarzt in Verbindung. Er riet mir den Notarzt anzurufen, was Michael aber verweigerte. Montag Nacht habe ich die ganze Zeit bei ihm am Bett gesessen, er konnte kaum atmen und am morgen rief ich dann doch den Notarzt. Jetzt liegt er mit einer Lungenentzündung in der Klinik.

Eigentlich hoffte ich auf ein wenig Ruhe, denn ich merke wie meine Kräfte immer mehr schwinden, ich habe in den letzten Wochen 6kg abgenommen.Aber mein ganzes Denken ist immer bei ihm, ich kann nicht abschalten. Ich hoffe dass er das gut übersteht und bald wieder bei uns ist.
Danke das ich mich euch mitteilen durfte und ich bin in Gedanken bei allen Betroffenen und deren Angehörigen. Bis bald
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