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  #1  
Alt 27.08.2014, 22:13
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Hallo Helmut,
es ist wirklich zu früh für eine neue Wohnung und letztlich nimmt man sich selbst überall mit hin.
Dieser Zustand der Unruhe und der Ziellosigkeit, den ich momentan
spüre treibt mich an etwas verändern zu wollen, obwohl es noch nicht die richtige Zeit dafür ist.
Alles ist noch zu ungewohnt und chaotisch. Wenn hier in der Wohnung etwas nicht gleich funktioniert werde ich schnell hektisch und dann gelingt gar nichts mehr.
Ich wünsche mir mehr Ruhe und Geduld und hoffe das es nicht nur bei dem Wunsch bleibt.
Ich glaube du bist da schon viel gelassener im Umgang mit den Widrigkeiten
des Lebens, die kritische Zeit ist lange her auch wenn sie nie vergessen werden kann.

Gute Nacht

Jutta
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  #2  
Alt 28.08.2014, 00:15
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Hallo Jutta,

ja, du hast recht. Ich sehe heute vieles gelassener für mich. Ich kann mich jedoch noch sehr gut erinnern, wie es damals bei mir war.
Zitat:
Zitat von Yogi 12 Beitrag anzeigen
Dieser Zustand der Unruhe und der Ziellosigkeit, den ich momentan
spüre treibt mich an etwas verändern zu wollen, obwohl es noch nicht die richtige Zeit dafür ist.
Alles ist noch zu ungewohnt und chaotisch.
Genau so war es bei mir auch und geht sicher ganz vielen anderen ebenfalls so. Ich wünsche dir, dass du diesen Knoten irgendwann für dich lösen kannst. Lass dir die Zeit. Du brauchst nichts übers Knie zu brechen.


Auch dir eine gute Nacht,

Helmut
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Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise.
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  #3  
Alt 28.08.2014, 20:45
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Hallo Helmut,

Es ist tröstlich zu wissen dass es vielen anderen hier im Forum auch so ähnlich geht wie mir.
Da ich keinen großen Bekanntenkreis habe, der wahrscheinlich das Thema Krankheit und Tod sowieso schnell wieder ignorieren würde, bin ich dankbar hier unter Gleichgesinnten schreiben zu können.

Liebe Grüße

Juttta
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  #4  
Alt 29.08.2014, 20:50
mausi69 mausi69 ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Lieber Hermann!

Diesen Spruch höre ich auch oft, und es nervt. Vor allem kommt dieser Spruch von Menschen die nicht wissen wie es ist einen geliebten Menschen zu verlieren!

Ich weiß auch das das Leben weiter geht, aber es geht anders weiter und wer damit in meinem Umfeld ein Problem hat soll Abstand von mir halten!

Auch ist mir klar das ich mich verändert habe in meinen Augen auch normal für andere wider nicht!

Erst heute habe ich wieder zu hören bekommen, Mensch du ziehst ein Gesicht lach doch mal wieder!
Ich kann das alles nicht mehr hören!!

LG mausi
__________________
Meine Mama
BSDK ED 05.02.2014

28.07.1949 - 22.06.2014

Du warst es wert so sehr geliebt zu werden!
Du bist es wert, das so viel Traurigkeit an deiner Stelle geblieben ist!



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  #5  
Alt 29.08.2014, 23:16
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Episoden und Geschichten

Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
Wenn ich 34 € zahle, bleibt meine Familie gesund.
Hallo Hermann, hallo mausi,

jou, das kenne ich. So was schockt natürlich, wenn man das liest, und es schmerzt. Zwei solcher Geschichten habe ich auch erlebt.

Ein halbes Jahr, nachdem Myriam verstorben war, erhielt sie Post vom Gesundheitsamt. Zunächst dachte ich mir nichts dabei, es dauert halt, bis alle Ämter und Institutionen wissen, dass sie verstorben war. Es war der Inhalt, der mich dann schockte: die Einladung zum Brustkrebs-Screening. Ziemlich aufgebracht habe ich das dann telefonisch geklärt. Der Herr an der Strippe war zutiefst betroffen und entschuldigte sich tausendmal.

Wir hatten eine Fernsehzeitung abonniert. Nach ihrem Tod habe ich das Abo gekündigt, denn meinen Fernseher hatte ich verschenkt. Dann kam der Anruf, ob ich denn nichts anderes lesen könnte und habe mir daraufhin eine Wochenmagazin (im Bad überm Waschbecken, da kann ich mich drin sehen ) bestellt. Der Adressaufgleber ist in so weit richtig bis auf die Anrede: Frau Helmut xxx . Ist heute noch so.

Werbung auf ihren Namen habe ich noch lange nach ihrem Tod erhalten. Am Anfang war das schlimm. Irgendwann flog das dann ungeöffnet ohne Umweg in die blaue Tonne. Das hörte erst nach ca. 2 Jahren auf. Meist wird diese Werbung maschinell versandt.
Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
Krankheit und Tod gehören zu Leben. Aber in der Moderne wird der Eindruck erzeugt, dass wir unsterblich sind.
Dem kann ich nur zustimmen.

Der Professor meiner Frau sagte mir mal: "Es graut mir vor einer Spezies Mensch: den Angehörigen, die mit bereits fertigen Therapievorschlägen zu mir kommen. Wenn die eine scheitert, dann noch eine und noch eine .... wie es ihren Kranken dabei geht, interessiert die nicht. Der Mensch ist doch keine Maschine, die man einfach reparieren kann."

Wenn es dann doch passiert, möchten die meisten Außenstehenden ganz schnell wieder zur Tagesordnung übergehen. Der Tod wird verdrängt. Auf der anderen Seite ist es so, dass ahnungslose Nichtbetroffene einfach nicht wissen können was es heißt, einen geliebten Menschen zu verlieren. Oft ist es auch Verlegenheit, wenn sie diese Sprüche loslassen, obwohl sie vielleicht doch trösten möchten.

Wie schwer es ist, mit dem Tod eines geliebten Menschen umzugehen, das wissen wir doch selbst am besten. Es hat lange gedauert, bis ich zuerst solche Sprüche ingnorieren und später auch verzeihen konnte.

Mal ehrlich und Hand auf's Herz: waren wir nicht auch mal ahnungslose Außenstehende?


Liebe Grüße,

Helmut

PS: Mein absoluter Favorit unter den schlauen Sprüchen ist übrigens: "Man ist so alt, wie man sich fühlt". Die ganze Werbeindustrie lebt von diesem Spruch und wir glauben ihnen.
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Geändert von HelmutL (29.08.2014 um 23:21 Uhr) Grund: PS
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  #6  
Alt 31.08.2014, 20:26
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Hallo an Alle
wir Trauernden passen nicht in diese Welt der Moderne oder „Postmoderne“. Da wurde die Ehepartnerin durch die „Lebensabschnittsgefährtin“ ersetzt, die eben nur für einen Lebensabschnitt gedacht ist. Man kann sie austauschen. Da ist es unmodern oder „uncool“, wenn ich zu lange um meine Frau trauere. Heute solle alle unter 67 Jahren beruflich aktiv sein. Wenn sie es nicht sind, sollen sie „aktiviert“ werden. Langes Trauern passt dazu nicht. Durch Prävention bleiben wir gesund. Die private Alterssicherung macht es möglich, dass wir auch mit 80 Jahren noch munter sind, reisen und sorgenfrei leben können. Wenn wir doch einmal krank werden, gibt es ja die moderne Medizin, die uns wieder gesund macht. „Lehr uns bedenken, daß wir sterben müssen..“ Aber das passt nicht in dieses Lebensgefühl
Liebe Grüße
Hermann
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  #7  
Alt 31.08.2014, 23:45
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RudiHH RudiHH ist offline
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Hallo
Zitat:
Hallo an Alle
wir Trauernden passen nicht in diese Welt der Moderne oder „Postmoderne“. Da wurde die Ehepartnerin durch die „Lebensabschnittsgefährtin“ ersetzt, die eben nur für einen Lebensabschnitt gedacht ist. Man kann sie austauschen. Da ist es unmodern oder „uncool“, wenn ich zu lange um meine Frau trauere. Heute solle alle unter 67 Jahren beruflich aktiv sein. Wenn sie es nicht sind, sollen sie „aktiviert“ werden. Langes Trauern passt dazu nicht. Durch Prävention bleiben wir gesund. Die private Alterssicherung macht es möglich, dass wir auch mit 80 Jahren noch munter sind, reisen und sorgenfrei leben können. Wenn wir doch einmal krank werden, gibt es ja die moderne Medizin, die uns wieder gesund macht. „Lehr uns bedenken, daß wir sterben müssen..“ Aber das passt nicht in dieses Lebensgefühl
Liebe Grüße
Hermann
Ich hätte fast gesagt "Wenn du wüstest wie recht du hast" aber das weist du ja.
Genau das ist es was uns Quält, uns einsam macht, uns zu Ich erzieht.
Lebensabschnittspartner
Was für ein Wort.
Zum Glück benutzen dieses Wort Menschen die irgendwann auch mal Lebensabschnittspartner eines anderen Menschen sind und dann es nicht fassen können.
Eine Ich Gesellschaft ohne Gewissen es passiert immer nur den anderen.
Bloß nicht helfen denn was ich nicht sehe kann mir nicht passieren.

Das ist es was mich an dieser Gesellschaft schon seit Jahrzehnten krank werden lässt.
Es geht um Ich!
Ich will, Ich muss, Ich habe rechte, nur ich bin wichtig, keiner kümmert sich um mich nur ich.

Wenn du denn mit deiner Trauer und deinem anders sein um die Ecke kommst, sind diese Menschen total Hilflos und verwirrt.
Dann kommen diese Sprüche "Das mit der Trauer muss aber mal ein Ende haben usw..
Jeder will Wärme und Geborgenheit haben!

Keiner will sie geben.
__________________
.
Rüdiger
--------------------------------------------------
Gott gebe uns Gelassenheit, hinzunehmen was nicht zu ändern ist, Mut zu ändern was man ändern kann und Weisheit zwischen beiden zu unterscheiden.

Wir werden Kämpfen!
Denn wer nicht mal versucht zu Kämpfen, hat schon verloren. Herr gebe uns Kraft und lasse uns verstehen.
http://krebs-infozentrum.de/index.ph...sch-Nein-BSDK/
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  #8  
Alt 01.09.2014, 13:44
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HelmutL HelmutL ist offline
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Moin Rudi, moin Hermann,

wie hieß es so schön bei Radio Erivan? "Im Prinzip ja, aber .... "

Ich sage: ".... aber ganz so schlecht ist die Welt und der Egoismus ansich denn doch nicht."

Wir befinden uns alle in einer extremen Situation. Sonst hätten wir uns nicht in diesem Forum versammelt. Sei es als Betroffene, als Angehörige (wie z.B. du, Rudi) oder als Hinterbliebene (wie z.B. Hermann und ich). Da ist eine gute Portion Egoismus gefragt, um zu überleben. Oft ist es so, dass wir aus diesem Egoismus heraus von anderen Menschen Dinge verlangen, die diese vielleicht gar nicht leisten können. Auch das ist eine gewisse Art von Egoismus: hilfst du mir, so helfe ich dir. Das gibt es auch hier im Forum. Auch das ist eine gewisse Art von Egoismus: es gibt Zeiten in der Trauer, da verlangen wir nach Hilfe, wollen diese Hilfe jedoch gar nicht wirklich haben.

Wie heißt es so schön? Die Welt da draußen ...

Richtig. Draußen. Wir sitzen in unserem Kokon. Auch dieses Forum ist ein Kokon, in dem der eine Kokon dem anderen Hilfestellung bietet. Meistens verstehen wir uns. Doch auch gerade hier nicht immer. Dieser Kokon ist einerseits durchaus notwendig, denn die Situation, in welcher wir uns befinden, macht verletzlich. Er würde uns übergestülpt. Das heißt jedoch nicht, wir könnten ihn nicht wieder ablegen und wieder zu dem werden, was wir vorher auch waren: ein Teil dieser Welt da draußen. Ein Teil, welches Schmerzen erdulden musste und viel Leid erfahren hat. Ein Teil, welches nicht besser ist als andere sondern lediglich (vielleicht) etwas dazu gelernt hat. Ich denke: es ist nicht gut, aus einer persönlich-extremen Situation heraus die Welt zu be-urteilen. Die Welt da draußen war nie entweder gut oder schlecht. Sie war schon immer beides. Was nicht heißt, man dürfte sich nicht mehr ärgern über verschiedene Dinge, doch sie durchschauen und sich wehren.

Ich möchte einen Satz aus meinem letzten Posting hier wiederholen:

"Mal ehrlich und Hand auf's Herz: waren wir nicht auch mal ahnungslose Außenstehende?"


Liebe Grüße,

Helmut
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  #9  
Alt 02.09.2014, 01:31
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Hallo Hermann,

ich kann mich Jutta da nur anschließen. Auch meine verstorbene Frau und ich waren keine Engel. Wir haben Fehler gemacht, auch gestritten. Doch das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist doch, dass die Liebe groß genug war, das alles gemeinsam bestanden zu haben und das genau dadurch die Liebe von jung und stürmisch zu erfahren und bewusst gewachsen ist.

Den Tod der Ehefrau (oder -mannes) kann man nicht mit einer Scheidung zweier lebender Menschen vergleichen. Dieser Tod ist auch kein Freibrief in dem Sinne, ich könnte jetzt tun und lassen, was ich vielleicht bereits vorher schon wollte. Bei der Trauung hieß es: "Was Gott zusammenfügt, soll der Mensch nicht trennen" und dann "Bis der Tod euch scheidet". Das heißt in den Augen der Kirche: man darf sich wieder auf's neue verlieben und binden, denn der Einzige, der zwei Menschen trennen darf, ist der Tod. Da ist kein Muss und keine Zeitangabe, hat auch absolut nichts mit der Trauer, ob ja oder nein, zu tun. Die Witwe oder der Witwer ist wieder frei, nicht mehr verheiratet. Nicht mehr und nicht weniger.

Was das gesellschaftliche betrifft, so gab es früher das sogenannte Trauerjahr. Nach diesem Trauerjahr konnte niemand mehr eine Witwe oder einen Witwer verurteilen, die oder der sich wieder gebunden hat. Auch früher stieß es teilweise auf Unverständnis, wenn sie es nicht taten. Oft war es sogar notwendig, wenn der/die Partner/in mit 6, 7 oder 10 Kindern unversorgt alleine zurück blieb. Es ist Unsinn, möchte man jede alte Traditionen eins zu eins in unser heutiges Leben übernehmen, ohne zu fragen, ob sie heute tatsächlich noch Sinn machen und ohne sie in ihrem Kontext zu hinterfragen.

Wir dürfen heute trauern. So kurz oder so lange, wie es für uns richtig ist. Es ist mir persönlich nicht wichtig, dass die Gesellschaft mich versteht. Es ist mein Leben! Ich muss meine Trauer nicht jedem auf die Nase binden, doch ich verstecke sie nicht.

Eine neue Partnerin oder Partner: das ist doch kein Ersatz?? Wer das sucht, wird garantiert Schiffbruch erleiden. Es wäre zudem eine Beleidigung meiner verstorbenen Frau und meiner Lebensgefährtin, sollte ich Ersatz suchen. Ersatz wofür? Für's Kochen, Strümpfestopfen oder, ganz offen gesagt, für's Bett, also ein (wie man bei uns sagt) Bratkartoffelverhältnis? Oder etwa Ersatz für die Liebe? Ersteres kann man tatsächlich 'ersetzen'. Das kann auch eine Haushaltshilfe leisten oder andere. Doch kann man die Liebe zu unseren Verstorbenen ersetzen? Niemals.

Man kann eine neue Liebe finden. Wenn man möchte. Mit allem, was dazu gehört. Mit Schmetterlingen im Bauch und zitternden Knien. Wenn man möchte. Die Liebe zu unserer verstorbenen Frau/Mann stirbt dadurch nicht auch noch. Sie bleibt. Genau wie die Trauer. Wenn man eine neue Liebe findet, so ist das kein Verrat. Wann oder wie oder überhaupt, das muss und darf jeder für sich selbst entscheiden. Das ist der 'Freibrief' heute.

Über eins sollte man sich allerdings im klaren sein: wenn, dann wird das eine ganz andere Beziehung, als es früher war. Beide Seiten brauchen viel Verständnis für die besondere Situation des jeweils anderen. Damit diese Beziehung sinnvoll Bestand hat, ist Offenheit der Gefühle und Gedanken ein Muss. Ist die neue Liebe nicht zufällig ebenfalls Witwe (oder umgekehrt), so geht sie unter Umständen eine Beziehung zu dritt ein: der Mann, die Trauer und sie. Ist sie ebenfalls Witwe, dann sind es vielleicht sogar vier. Das ist ein Problem, welches man früher gar nicht hatte und das, wenn nicht gelöst, alles andere zerstören kann. Zum einen die neue Liebe, zum anderen vielleicht auch zwei Menschen. Es ist also gar nicht so einfach, denn die Liebe zu unseren Verstorbenen bleibt in unseren Herzen und die Trauer endet niemals ganz.

Ich habe seit 3 Jahren eine neue Liebe. Seit gut 2 Jahren sind wir fest zusammen. Wir leben quasi zu viert. Es geht, sehr gut sogar. Es gibt keine Eifersucht auf die verstorbenen Partner. Wir haben lange darüber gesprochen und tun es heute auch noch und nennen sie beim Namen: sie sind weder verdrängt noch ersetzt noch vergessen.

Es ist schön und es ist richtig. Wenn man möchte.

Nicht alles, was wir nicht verstehen ist deswegen falsch. Man kann jedoch vieles falsch verstehen, wenn man in seinem Kokon sitzen bleibt.

Die Gesellschaft ist ein gesichtsloser Brei, der aus vielen einzelnen Gesichtern besteht. Doch jedes einzelne Gesicht ist das Gewürz in diesem Brei und bestimmt seinen Geschmack.


Liebe Grüße,

Helmut
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  #10  
Alt 02.06.2015, 07:51
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Hallo Hermann,

Vielleicht ist es nicht der Tod selbst, der mich erschreckt, sondern es ist das Unbekannte vor dem ich zurückweiche.
Wer ist schon auf den Tod vorbereitet - hat so umfassend gelebt - dass er im Nichtsein keine Bedrohung sieht?
Selbst mit meiner Psychologin kann ich über dieses Thema nicht reden.
Sie ist 10 Jahre jünger als ich und hat noch keinen Verlust eines geliebten Menschen hinnehmen müssen, macht sich keine Gedanken über das was noch kommen mag. Seit genau 5 Jahren muss ich mich dieser Realität stellen.

2010 starb mein Vater an Lungenkrebs, 2013 der Schwiegervater gefolgt von meiner Mutter im Februar 2014, doch der Tod meines Mannes im August 2014 hat alles zuvor geschehene überlagert.

Es stellt sich immer wieder die Frage nach dem Sinn des Lebens. Und wie kann ich es schaffen mit mir ins " Reine " zu kommen wie es so schön heißt??

Bisher habe ich keine zufriedenstellende Antwort auf diese Fragen gefunden.
Ich glaube es gibt sie nicht, denn es gibt so vieles in uns von dem wir nichts wissen wollen.
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erfahrungen, onkologie


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