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Alt 18.12.2008, 18:28
Benutzerbild von Susanne85
Susanne85 Susanne85 ist offline
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Registriert seit: 20.09.2008
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Standard Mögen die Engelchen dich begleiten, liebste Mama

Meine liebste Mama,

48 Std. ist es jetzt her, dass du von uns gegangen bist...

Ich denke oft an die letzten 6 Wochen. Und auch an die letzten 1 1/2 Jahre. Wir haben gekämpft, wir haben geweint, wir haben gestritten, wir haben gelacht, wir hatten Angst, wir hatten Hoffnung, wir waren verzweifelt, wir waren wütend und wir sind uns so nah gekommen. Umso mehr tut es weh, dich jetzt nicht mehr bei mir zu haben. Ich vermisse sie, die Zeit mit dir. Ich vermisse es, dass du mich anmeckerst, weil du schlecht drauf bist. Ich vermisse es, dass du mich in den Arm nimmst und mich tröstest. Ich vermisse es, dass du deinen Kopf auf meine Schulter legst und seufzst. Ich vermisse alles. Ich bin so leer innerlich. Ich weine nicht viel. Nur manchmal kommt diese Welle. Und dann überkommt es mich. Ganz unerwartet. So unerwartet, wie du auf einmal doch so schnell gegangen bist. Vergangenes Wochenende war ich nicht bei dir, weil ich selbst krank war. Ich hatte Angst, dich anzustecken, weil ich wusste, dass du das nicht schaffen würdest. Am Montag war ich dann sehr lange bei dir. Du warst sehr wütend, weil man dir den Katether nicht rausgemacht hat. Immer wieder hast du gesagt, du willst den weg haben. Du hast uns noch gezeigt, dass du es sehr wohl schaffst, dich auf den Toilettenstuhl zu setzen. Aber trotzdem blieb er drin. Und wir sagten noch zu dir "Mama, nur diese eine Nacht noch ok? Morgen kommt er raus". So war es leider auch... Du hast mir zu Abschied mit einem Luftbussi nachgewunken und hast gelächelt... Und am nächsten Morgen klingelte das Telefon. Das Krankenhaus war dran. Sie sagten, du hast 40,5° Fieber und dein Körper ist sehr schwach. Wenn ich noch mit dir sprechen möchte, soll ich bald kommen. Ich war um halb neun bei dir. Du hattest die Augen geschlossen und schwer geatmet. Deine Lunge hörte sich an, als wäre sie mit Wasser gefüllt. Du warst sehr heiss. Dann wurdest du noch gewaschen. Und das Fieber senkte sich noch. Vormittags warst du sehr unruhig. Du hast versucht, zu sprechen. Und ich habe dir gesagt, dass du jetzt nicht mehr sprechen musst und dich nicht so anstrengen sollst. Auch wenn ich deinen Rücken gestreichelt habe, hast du noch reagiert. Du hast versucht, deinen Körper zu bewegen. Du möchtest es nicht, wenn man dich am Rücken streichelt. Also hab ich es gelassen. Dann kam der Pfarrer irgendwann. Er segnete dich. Und du hast wieder reagiert. Ich glaube, hättest du sprechen können, hättest du uns gefragt, ob wir bescheuert sind, weil du doch nicht gehen willst. Bis zur letzten Minute hast du gekämpft. Du wolltest nicht gehen. Tina und ich waren an deinem Bett. Papa war auch da. Und Petra auch. Wir haben mit dir geredet. Wir haben dir gesagt, dass du genug gekämpft und gelitten hast und nun gehen kannst. Und dass du loslassen sollst, weil es dort, wo du nun hingehst, viel viel schöner ist. Du wirst dort glücklich sein. Frei von Leid und Schmerzen. Aber du hast weitergekämpft. Irgendwann haben Tina und ich Papa raus geschickt. Er sollte mal etwas raus und sich ablenken. Petra war auch schon weg. Und Tina und ich saßen alleine bei dir, haben dir die Hand und dein Haar gestreichelt. Haben geredet mit dir... Die ganze Zeit... Ich hoffe, du hast uns gehört...

Dann musste Tina fahren. Sie musste zum Kinderarzt. Ich war allein mit dir. Dann bin ich kurz rausgegangen. Habe mit dem Pfleger gesprochen, ob ich die Nacht bei dir bleiben kann. Die Schwester sagte, ich soll doch mal eine halbe Stunde spazieren gehen. Denn dein Zustand hatte sich seit dem Morgen nicht verändert. Und ich dachte, das ist vielleicht eine gute Idee. Ich wollte dir noch sagen, dass ich kurz rausgehe und dann wieder komme... Es war kurz vor halb sieben...

Aber als ich die Zimmertüre aufgemacht habe, war es still. Es war einfach nur still. Ich habe einen Moment gewartet. Aber ich habe nichts gehört. Dann bin ich zur Schwester gelaufen und habe ihr gesagt, dass ich glaube, dass du nicht mehr atmest. Sie und der Pfleger sind mit mir zu dir gegangen. Die Schwester hat dir über dein Gesicht gestreichelt und gesagt "Jetzt haben Sie es endlich geschafft, meine Liebe". Und ich habe gezittert. Ich habe deine Hand genommen und gefragt, warum du nicht auf mich gewartet hast, so wie wir es ausgemacht haben. Aber die Schwester sagte, sie glaubt, dass du nicht wolltest, dass ich das sehe. Du hast ausgesehen, als würdest du schlafen. Du warst total entspannt. Ich glaube, als ich an deinem Bett so stand, warst du noch da. Du warst im Raum und hast mich gesehen. Ich bin dann aus dem Zimmer raus und habe Tina, Papa und Petra angerufen. Die Schwester hat dich noch hübsch gemacht. Sie hat dich schön ins Bett gelegt, dir die Haare gekämmt und Rosenblüten auf deiner Bettdecke verteilt. Und dann hat sie dir 3 Rosen in die Hände gelegt. Wir durften dann 30 Min. nachdem du gegangen bist, wieder zu dir. Du warst aufgebahrt mit den Blumen auf deinem Bett. Aber ich fand das schrecklich. Du warst schon so weiss. Man hat dir angesehen, dass kein Leben in dir ist. Ich habe dich auf die Stirn geküsst, dir gesagt, dass ich dich sehr liebe und dir dankbar bin, für alles was du getan hast.

Ich musste dann rausgehen. Ich konnte nicht mehr bleiben. Die Schwester hat mir deine Sachen mitgegeben. Gestern habe ich in deine Handtasche gesehen. Aber dein Koffer steht noch im Flur. Ich kann ihn nicht öffnen. Noch nicht.

Tina und ich haben gestern deine Beerdigung geplant. Du bekommst einen Kiefernsarg. Und dein Kissen und deine Decke haben wir ausgesucht. Das ist sehr schlicht, weil du ja dann eingeäschert wirst - so wie du es wolltest. Deine Urne ist aber sehr schön. Deine Arbeit hat dir eine riesengroße Todesanzeige geschalten. Und wir auch. Wir haben schöne Sätze für dein Sterbebild ausgesucht. Und du bekommst wunderschöne Blumen. Gelb und Orange, die Farben, die du mochtest. Und ein Herz aus Blumen bekommst du auch. Und heute haben wir die CD mit dem Lied von Peter Maffay abgegeben. Das Lied, dass du dir für deine Trauerfeier gewünscht hast. Heute Nachmittag waren wir am Friedhof. Du bist ja schon dort. Hinter einem Glasfenster steht der Sarg mit dir. Aber die Blumen sind noch nicht da. 2 Kerzen standen schon da und Kevin hat dir auch eine angezündet. Er hat es heute erfahren, dass seine Lieblingsoma eingeschlafen ist. Er ist sehr tapfer und will morgen unbedingt mit zu deiner Trauerfeier. Er nimmt sein Lieblingskuscheltier, den Kussi, mit. Den gibt er dir. Er will, dass Kussi mit dir geht. Und ein Bild hat er dir gemalt, das er dir morgen mitbringt. Er hat schon seine Kleidung auf den Stuhl gelegt, damit er schön für seine Oma ist und seine Oma stolz auf ihn ist. Er hat heute dem Pfarrer von dir erzählt. Dann fragte der Pfarrer, was ihm am besten an dir gefallen hat. Und er sagte "Dass sie immer für mich da war." Meine Firma hat dir auch Blumen geschickt. Die stehen schon bei dir. Mich hat das sehr gefreut. Ich habe Papa dann heimgefahren und bin einkaufen gegangen. Dann war ich nochmal bei dir und habe dir noch eine Kerze hingestellt. Ich habe eine Flasche Ramazotti gekauft, weil du den so geliebt hast. Morgen nach der Trauerfeier werden wir zu Papa gehen und auf dich anstoßen.

Meine geliebte Mami, ich fühl mich so allein. Ich weiss nicht, ob du bei mir bist oder schon rüber gegangen bist. Ich spüre dich nicht. Vermutlich bist du schon drüben. Bei Oma, Onkel Herbert, Onkel Fritz, Thomas und Gasi.

Als du gestern mitgekriegt hast, wie deine Schwester auf mich losgegangen ist, warst du bestimmt sauer. Ich kann gar nicht trauern Mama. Sie lässt mich nicht. Sie beleidigt mich immer und sagt, dass ich das schlimmste war, was dir passiert ist. Ich weiss, dass du mich geliebt hast. Aber das tut so weh. Ich bin wütend. Aber ich glaube, du auch.

Mama ich liebe dich so sehr. Ich kann es noch nicht richtig begreifen. Du bist nicht mehr da. Ich kann dich nicht anrufen. Nicht besuchen. Du bist nicht mehr hier.

Ich werde dich immer in meinem Herzen tragen Mama. Ich werde meinen Kindern von dir erzählen. Ich werde immer an dich denken.

In unerschütterlicher Liebe

Deine Susanne
__________________


Für meine geliebte Mama
13.06.1964 - 16.12.2008
http://de.youtube.com/watch?v=PP_NQPrbRvM
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