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Alt 01.11.2005, 14:01
Laura5555 Laura5555 ist offline
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Registriert seit: 01.11.2005
Beiträge: 56
Standard ich weiß nicht mehr weiter

Hallo,
nach fünf Jahren wurde bei meiner Mutter erneut ein Tumor entdeckt. Seit ich die Diagnose erfahren habe, fühle ich mich wie gelähmt, wobei ich dazu sagen muß, daß unser ganzes bisheriges Leben auch davor eine einzige Katastrophe war. Vor etwa sieben Jahren wurde mein Vater arbeitslos und hat seitdem nur noch sehr wenig verdient, Geld bzw. Sparen wurde seitdem zum Dauerthema. Vor fünf Jahren erkrankte dann meine Mutter an Unterleibskrebs, wurde operiert und erhielt Chemotherapie. Danach war sie eigentlich wieder sehr positiv gestimmt, und nahm sich fest vor, sich in Zukunft zu schonen und wir wollten ihr alle dabei helfen. Diese Phase hielt jedoch nur etwa ein Jahr an, denn dann folgten weitere schlimme Schicksalsschläge, die unser Leben nur noch wie einen Albtraum erscheinen ließen. Meine Großeltern wurden beide sehr schnell pflegebedürftig und wurden von meiner Mutter ständig betreut. Da sie in Österreich wohnen und meine Mutter Einzelkind ist, mußte sie die Pflege abwechselnd mit meinem Vater übernehmen, da sie keine Geschwister hat, die ihr helfen können. Diese Belastung war schon sehr groß. Hinzu kam noch, daß mein jüngerer Bruder (19) an einer schweren Depression erkrankte, was ebenfalls sehr viel Nerven kostete. Er wird in einer Psychiatrie behandelt. Aufgrund dessen, der allgemein sehr angespannten und gereizten Situation und der weiterhin finanziellen Probleme verschlechterte sich auch das Verhältnis meiner Eltern zunehmend, die eigentlich immer ein sehr entspanntes Verhältnis zueinander hatten. Inzwischen sprechen sie nur noch das nötigste miteinander. In den letzten zwei Jahren gab es nur noch Streit, Probleme, Sorgen und Angst. Inzwischen gehen sowohl meine Mutter als auch ich zum Psychologen. Meine Psychologin riet mir immer dazu, mich abnabeln zu müssen, um nicht ganz von diesem Sog verschlungen zu werden. (Ich bin schon fast 25 und wäre schon längst ausgezogen, hätten wir nicht diese ganzen Probleme gehabt). Ich war früher sehr offen und unternehmungslustig, habe immer viel gelacht, aber inzwischen bin ich nur noch traurig, sehr in mich gekehrt, würde auch sagen schon depressiv, habe Probleme, auf Menschen zuzugehen, fühle mich leer und habe keine Lust mehr, etwas zu unternehmen. Ich habe zwar ein paar gute Freundinnen, aber ich merke zunehmend, daß sie auch langsam mit meiner Situation überfordert sind. Zudem wird mir in ihrer Umgebung immer mehr bewußt, daß mein Leben so ganz anders verläuft, als das von Mädchen in meinem Alter. Jetzt hatte ich gerade geplant, im Frühjahr für ein Jahr zum Studium nach Amerika zu gehen, dort meine Abschlußprüfung zu machen und danach von zu Hause auszuziehen. Und plötzlich ist wieder alles anders und die Vergangenheit holt uns alle wieder ein. Ich habe solche Angst um meine Mutter und sie tut mir so leid, daß ich mir nicht vorstellen kann, sie während der ganzen schrecklichen Dinge, die jetzt wieder auf sie zukommen, alleine zu lassen. Warum passiert ihr das wieder? Warum kann sie einfach mal das Leben ein bißchen genießen und mal etwas schönes erleben? Ich weiß, daß sie mich braucht und daß auch mein Vater und mein Bruder mich brauchen, aber ich fühle mich so hilflos. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, daß ich mich jetzt noch aufs Lernen konzentrieren kann, die ersten Klausuren sind schon im Januar, und ich brauche ganz dringend einen guten Abschluß an der Uni, damit ich endlich mein eigenes Geld verdienen kann. Ich habe so gehofft, daß sie es schafft, und nicht wieder krank wird, aber der ganze Stress in den letzten Jahren hat sie wieder krank werden lassen. Sie ist im Vergleich zur ersten Diagnose völlig niedergeschlagen, hat keinen Lebenswillen mehr und sieht keinen Sinn, noch für ein Leben zu kämpfen, das am Ende genauso weitergeht wie vorher. Ich versuche, ihr Mut zu machen, daß es besser wird, aber ich bin auch mit meinen Kräften am Ende. Ich ziehe mich total zurück von allem, kann es nicht mehr ertragen, zu sehen, wie die Menschen um mich herum das Leben einfach genießen, während mein Leben eine einzige Hölle ist und sich nur um Krankheit und Probleme dreht. Ich fühle mich so allein mit diesen Sorgen und auch meine Freundinnen können mir nicht helfen. Sie sagen immer "das wird schon wieder", aber keine von ihnen kann sich vorstellen, was in mir vorgeht und wie es in mir aussieht. Ich möchte sie nicht angreifen und bin auch sehr froh, daß ich sie habe und ihre Reaktion ist auch normal, weil sie es sich wirklich niemand vorstellen kann, was es heißt, wenn ein Elternteil Krebs hat, wenn sie es nicht selbst erlebt haben. Deshalb habe ich im Internet geschaut und dieses Forum entdeckt. Ich habe das Gefühl, verrückt zu werden. Gibt es hier jemanden, der mir helfen kann, mit all dem fertig zu werden? Danke, Laura.
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