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  #16  
Alt 24.10.2006, 18:30
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Anhe Anhe ist offline
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Standard AW: Ärzte- Halbgötter in Weiss

Ohne Worte........
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  #17  
Alt 24.10.2006, 20:55
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rezzan rezzan ist offline
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Standard AW: Ärzte- Halbgötter in Weiss

Hallo Gummibärchen,
eigentlich habe ich mich gestern bei einigen lieben Menschen aus diesem forum verabschiedet und wollte hier auch nicht mehr schreiben. Ich habe meinen Vater seit Dez 05 bei seinem Kampf gegen diesen elenden Krebs begleitet und ihn leider vor einer Woche verloren.

Zufällig bin ich eben auf deine Postings gestossen und bin schockiert. Ich habe selten erlebt, dass eine Angehörige so gefühllos und kalt mit der Situation umgeht. Alle deine Fragen und vermeintlichen Sorgen drehen sich allein um deine eigene Person. Was erwartet dich? Was sollst du machen? Wo kannst du dich informieren? usw. usf. Was zum Teufel bildest du dir eigentlich ein wer du bist!! Die Gefühle und Ängste, die deine Schwiegereltern plagen sind dir doch im Grunde scheißegal. Hauptsache du hast deine Antworten. Und deine billigen Versuche dich für deine Unverschämtheiten wie Entmündigung o. ä. zu rechtfertigen kannst du dir sparen. Alleine an so etwas auch nur zu denken zeigt welch Geistes Kind du bist. Möge Gott jedem Menschen einen solchen Angehörigen wie dich ersparen.

Was genau möchtest du eigentlich? Den Medikamentenplan kann dir jede Schwester auf der Station nennen. Ob dein Schwiegervater eine OP macht, kämpfen will oder verdrängen oder auch aufgeben oder vielleicht sogar alles gleichzeitig - du bist da mit Sicherheit der letzte Mensch, der ihm in solchen Entscheidungen zur Seite stehen sollte.

Was deine vermeintliche Sorge um deine Schwiegermutter angeht möchte ich dir sagen, es bleibt abzuwarten ob und wie deine Schwiegermutter mit der Situation heute und auch später umgehen wird. Da kann man so manche Überraschung erleben. Ich war auch sicher, dass nach dem Tod meiner Mutter mein Vater eingehen wird und todunglücklich sein wird. So kam es aber ganz und gar nicht. Nach einer Trauerphase hatte er sich berappelt, fand neue Freunde und hat sein restliches Leben noch sehr genossen. Also mal keine Sorge, Menschen können viel Leid ertragen und sehr stark sein.

Und noch ein letztes zur geistigen Verwirrtheit (die du dir ja förmlich zu wünschen scheinst): 6 Wochen vor seinem Tod wurde mein Vater komplett verwirrt und konnte weder sprechen noch irgendwie klar kommunzieren. Die Ärzte sind von Hirnmetastasen ausgegangen und haben CT und MRT gemacht - ohne Befund! Zwei Wochen lang "vegetierte" er vor sich hin und wir waren sicher, dass wir ihn "verloren" haben. Doch dann plötzlich wurde er von Tag zu Tag immer klarer. Sein Bewusstsein kam komplett wieder zurück, er konnte wieder normal sprechen und denken. Was es genau war kann keiner sagen, vielleicht ein epileptischer Anfall, der bestimmte Hirnregionen beeinflusst hat (Vermutung der Ärzte). Wie auch immer, so hatten wir das große Glück, seine letzten Wochen noch bewusst mit ihm zu erleben. In all der Zeit in der er geistig nicht da war wäre mir niemals in den Sinn gekommen über Entmündigung auch nur nachzudenken. Wir haben einfach während der Zeit darauf geachtet, dass wir ihm seine Medikamente gegeben haben, haben aufgepasst, dass er genug isst und trinkt und versucht ihm das zu geben, von dem wir dachten, dass er das vielleicht in dem Moment wollte (Zudecken, Fenster aufmachen, Fernseher auf seinen Lieblingssender stellen, aus der Tageszeitung vorlesen usw.). Wie gesagt, keiner weiß wie sich so etwas entwickelt und ganz sicher auch nicht du. Also hör auf deinen eigenen Ablaufplan durchsetzen zu wollen - es kann dir niemand sagen wie es weitergeht. Auch wenn du noch so gerne planen und organisieren möchtest (kann dir ja scheinbar nicht schnell genug gehen). Akzeptiere, dass du bei dieser Sache nur Begleiter sein kannst.

Mein vollstes Mitgefühl gilt deinen Schwiegereltern, denen ich alles Glück dieser Welt wünsche!
Rezzan
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  #18  
Alt 24.10.2006, 21:20
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marjana marjana ist offline
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Standard AW: Ärzte- Halbgötter in Weiss

Uihjeh,
liebes Gummibärchen, das ist alles etwas viel für Dich und als aktive Frau möchtest Du handeln. Es betrifft Dich, Du bist in den Prozeß eingebunden (z.B. als Fahrerin) und dennoch bist Du „nur“ die Schwiegertochter. Du fühlst Dich machtlos, weil Du nicht helfen kannst, wie DU es für richtig hältst.

Ich kann gut nachvollziehen, wie dieses zur Tatenlosigkeit-verdammt-Sein in Dir bohrt. Stell Dir mal vor, wie ich mich als Ehefrau gefühlt habe, als mein Mann eine Behandlungspause von 4 Monaten hingenommen hat, nachdem die erste Reihe von Chemotherapien so erfolgreich war. Eine unmittelbar folgende Strahlentherapie hätte sein Leben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit deutlich verlängert und ihm Lebensqualität erhalten. (Bei seiner Krebsart wäre ein kompletter Sieg ein Wunder gewesen.) Ich bin Kopf gestanden, ich war wütend, ich war verzweifelt … aber es war SEINE Entscheidung! Ich konnte ihn nicht überzeugen, also mußte ich akzeptieren. Und wie seine Entscheidung mein Leben beeinflusst hat !

Es ist eine Frage der Menschenwürde, der Achtung, des Respekts, des Rechts auf Selbstbestimmung – ich habe nicht das Recht jemanden zu etwas zu zwingen und wenn ich noch so sehr der Meinung bin, daß es zu seinem Glücke sei. Nach vier Monaten war der schwere Rückfall deutlich. Ich hatte Recht behalten … es war ein Scheißgefühl ! Jetzt war mein Mann bereit, eine andere Klinik zu suchen. Zu spät.

Und als er damals im Februar, 2 Monate vor seinem Tod, bei einem „Heim-Urlaub“ Pläne mit dem Kulturamt für eine Ausstellung im Dezember machte … ich bin weinend aus dem Raum gegangen, ganz still, damit es keiner merkt. Zu diesem Zeitpunkt wollten die Ärzte schon alle lebensverlängernden Therapien einstellen. Erstaunlicherweise zog der Oberarzt, die schon getroffene Entscheidung, meinen Mann an die palliative Medizin abzugeben, zurück und sie hielten ihn noch 3 Wochen auf der Station aufgrund der Bitte seiner Kinder, aber sein Körper regenerierte sich nicht mehr, um eine erneute Chemotherapie durchzustehen. Das war absehbar, für die Ärzte dieser Klinik, für mich … nur für seine Kinder nicht (immerhin auch schon erwachsen).

Und was die Verwirrtheit angeht. Ganz sicher können Medikamente sowie eine so traumatische Situation Zustände der Verwirrtheit und zeitweiliger Unzurechnungsfähigkeit hervorrufen, aber deshalb lasse ich mir, und ich bin leider inzwischen in der gleichen Situation, von niemandem vorschreiben, ob ich meinen eigenständigen Wohnsitz aufgebe, weil ja etwas passieren könnte. Man hat das schon einige Male mehr oder minder offen von mir gefordert … Wenn das passiert, dann sterbe ich womöglich vorzeitig, weil nicht schnell genug Hilfe da ist. Dann ist es eben so. Na und ? Ich lebe jetzt, und ICH bestimme, soweit ich das kann, MEIN Leben.

Und was das Haus Deines Schwiegervaters angeht. WENN er im Rollstuhl nach Hause muß, DANN wird sich eine Lösung finden. Laß doch nicht zu, daß alle Eventualitäten jetzt schon Dein, Euer Leben noch mehr auf den Kopf stellen, als es die Krankheit schon tut.

Mir scheint fast, als seiest Du mehr in Panik als die Schwiegereltern. Die beiden müssen das durchstehen. Und am besten kannst Du vermutlich helfen, indem Du es akzeptierst, daß es in erster Linie um sie geht.

Und was das würdige Sterben zu Hause angeht … ich konnte am Schluß nicht mehr für das Leben meines Mannes garantieren, ich konnte nicht 24 h täglich wach sein. Könnt Ihr das garantieren, auch wenn Ihr mehrere Personen seid ? Ich war dann eben täglich im Hospiz bei ihm, habe dort auch eine über die andere Nacht geschlafen. Dort konnten sie ihn in einen Rollstuhl hieven und wir sind mit den Kindern im Park spazieren gegangen oder ihn mit einer Spezialvorrichtung in die Badewanne bringen, was ihm täglich mehr Schmerzlinderung geschaffen hat als alle Medikamente. Dort saßen wir stundenlang mit Musik. Ich war nicht mehr überfordert mit all dem was notwendig war, konnte den Schwestern aber hilfreich zur Seite stehen. Es war immer schnellstens professionelle Hilfe da – Schwestern, Ärzte, Psychologen. Das Haus war abgesehen von medizinisch notwendigen Details wie ein angenehmes Hotel gestaltet und wir durften noch einiges privates hinzufügen.

Es gäbe noch so viel zu sagen. Ich laß es erst mal dabei.
Man kann im Leben nicht alles vorherplanen. In manches muß man hineinwachsen und das geht natürlich nur langsam. Versuch, geduldiger zu sein, auch wenn dafür „eigentlich“ keine Zeit ist.

Ich fühle mit Dir und hoffe, daß Du unter dieser Anspannung des Nicht-ausreichend-was-tun-Könnens Dein eigenes Leben nicht vergisst und Deinem Mann, der als direkter Sohn ja wohl auch sehr betroffen ist, eine große Stütze sein kannst. Haltet die Hand des Vaters, wenn er weint. Nehmt ihn in den Arm, lasst ihn Eure Liebe spüren. Das ist schon sehr viel. Es ist nicht leicht für ihn, das mögliche, das wahrscheinliche Sterben zu akzeptieren.

Und ich nehme Dich virtuell in den Arm, damit Du auch einfach weinen darfst.

Marjana

P.S. Die Ausstellung habe ich für meinen Mann und in seinem Auftrag aus seiner letzten Nacht posthum durchgeführt.
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  #19  
Alt 24.10.2006, 21:57
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Standard AW: Ärzte- Halbgötter in Weiss

Liebe marijana,

wir alle haben kein Problem mit einem guten Hospiz. Wir glauben nur, dass sich auf Grund der drastischen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes eine Umbaumaßnahme nicht lohnt bzw. zu spät genehmigt wird. ich persönlich würde ein Hospiz begrüßen, weil es eins gibt, dass in Erreichbarkeit meiner S-mama liegt. Sie hat nur Angst in Düsseldorf Auto fahren zu müssen. In Krefeld ist dass für sie kein Problem, weil sie dort groß geworden ist. Es würde sie auch unabhängiger von uns machen. Wir haben alle Kinder die uns noch brauchen - d.h. es geht nicht auf Dauer, dass wir nicht für die Kinder da sind.

Es ist schwierig, dass gebe ich zu. Aber mein S-Papa hat gesagt es ist in Ordnung wenn wir informiert sind. Er musste früher entscheidungen treffen die vor Gericht standhielten. Er wirkt nur in einigen Momenten so klar, dass auch die Ärzte einige Zeit gebraucht haben um zu begreifen, dass er nicht alles verfolgen kann. Meine S-Mami will dies alles nicht wahr haben - mehr oder weniger.

Aber wie sollen wir das den Kindern klar machen, alle hängen an ihrem Opa. Meine Tochter(12) wollte ihn nicht im KH besuchen, nachdem erstenmal. Mein Sohn war Sonntag da, aber jetzt hat sich sein Gesundheitszustand total verschlechtert -das will ich meinem Sohn (15) nicht antun. Die anderen Enkelkinder sind noch jünger (11 + 10 ).

Wir warten nur voller Hoffnung auf ein Ergebniss

LG kerstin
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  #20  
Alt 26.10.2006, 16:42
gummibärchen gummibärchen ist offline
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Standard AW: Ärzte- Halbgötter in Weiss

Ich schreibe hier ein letztes mal,

gestern wurde uns mitgeteilt, das die Anomalie im Kopf doch eine Metastase ist. Der Stationsarzt in der Uni hat nur die Augen verdreht, als ich ihm sagte das uns mit geteilt worden ist, es sei kein Tumor.

Eine OP steht in keinem Verhältnis zum Risiko und der zuerwartenden Wirkung. Für Bestrahlung ist der Tumor zu groß.

Der Stationsarzt in der Diakonie teilte uns heute lapidar mit, dass da dem Radiologen wohl eine Fehldiagnose unterlaufen ist.

Allen hier weiterhin viel kraft und Hoffnung, dass es bei euch besser wird.
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