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  #1  
Alt 06.10.2006, 22:46
Dr@gon Dr@gon ist offline
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Registriert seit: 22.07.2006
Beiträge: 86
Standard Das Leben ist unfair.

Hallo allemann,

ich fühle mich ziemlich alleine hiermit, deswegen versuche ich auf diesem Weg unter anderem mal Leute zu erreichen, die dasselbe Schicksal erreicht hat, die parenterale Ernährung.

Also ich hatte im Februar einen Magendurchbruch, bedingt dadurch, dass mein kompletter Unterbauch nicht mehr durchblutet war. Na ja, zu all dem Horror kam dann noch MRSA, der sogenannte "Krankenhauskeim", der mich beinahe umgebracht hätte. Ich wurde von den Ärzten sogar schon aufgegeben, aber Dank der neuesten Medizin konnte der Keim doch noch diagnostiziert und dann bekämpft werden. Zu der Zeit war ich im Koma, man hielt mich da mit Hilfe von Ketanest - da benutzt man auch um Elefanten zu betäuben . Ich hatte die ganze Zeit über übelste Albträume und dachte die meiste Zeit davon nur ans Sterben, endlich zu sterben. Das war ein ganz ganz dunkles Kapitel in meinem Leben, das man leider nicht so leicht aus dem Kopf bekommt...

Jetzt bin ich seit Mai wieder zuhause, werde seitdem aber noch künstlich ernährt, weil ich Dünndarmfisteln habe, die auf meiner Bauchdecke herausgucken. Das ist ziemlich bescheiden, da ich jetzt nichts essen und trinken darf, da alles auf die Bauchdecke fließt. Das klingt nicht nur gruselig, es ist auch gruselig. Ich gucke tagtäglich auf meine Bauchdecke und dann auch noch auf meinen Dünndarm, wenn ich den Verband um den Bauch öffne. Leider kann man mich jetzt noch nicht operieren, da die letzten Operationen alle noch zu frisch sind. Für Januar ist die Re-Operation geplant, die Dünndarmfisteln werden gekappt und ich werde dann wohl erstmals wieder essen können! Ich zähle quasi die Tage, freue mich auf die Operation!

Es ist schon fies, dass man solche Erfahrungen machen muss. Auf der anderen Seite bin ich froh, dass ich es überlebt habe, aber ich frage mich einfach oft wie es weitergehen soll. Mich stören nicht die Narben, auch die künstliche Ernährung nicht mehr, mich stört einfach das Unverständnis meines Umfelds. Dass ich später eine riesige Narbe auf dem Bauch haben werde, ist mir klar, aber dann muss man doch nicht mit Sprüchen wie: "Igitt, ich hasse Narben." oder "Das sieht bestimmt gruselig aus!" den Alltag noch schwerer machen.

Ich habe einfach die Erfahrung gemacht, dass in meiner Altersklasse Feingefühl kaum vorhanden ist. Schon traurig, welche Erfahrungen man mit jungen Jahren schon machen muss. Ich kann ja froh sein, dass ich kein Krebs hatte. Dennoch ist die derzeitige Situation alles andere als einfach für mich. Ich komme damit klar, bin verdammt optimistisch und würde mich auch als selbstbewusst einstufen, aber so manche Sprüche verletzen mich. Ebenso kann ich es nicht sehen, wenn Leute sich über Lapalien aufregen, dabei sollten sie glücklich sein, dass sie doch gesund sind!

Wer irgendwas dazu sagen möchte, ist herzlich willkommen.

Schöne Grüße,
Burki
__________________

zur Person: Ich bin 28 Jahre alt und Student.
Krankheit: Totale Gastrektomie und Kurzdarmsyndrom, kein Krebs
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  #2  
Alt 07.10.2006, 01:22
Benutzerbild von struwwelpeter
struwwelpeter struwwelpeter ist offline
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Registriert seit: 19.08.2006
Beiträge: 3.460
Frage AW: Das Leben ist unfair.

DAS LEBEN IST UNFAIR
Hallo Dr@gon, niemanden wurde versproche, daß das Leben fair ist!
Wer bitte hat eine Krankheit oder dergleichen verdient, niemand! Es ist nicht gerade sinnvoll, darüber nachzudenken, ob das Leben gerecht in allen Bereichen ist. In diesem Bereich hat der Mensch - WIR - in der Regel keinen einfluss. Selbst die Kleinsten sind belastet mit sehr schweren Erkrankungen, ja, es ist unfair, aber nicht zu ändern, hoffentlich dafür behandelbar!
Du bist nicht an Krebs erkrankt, das ist doch schon einmal ein sehr positiver Aspekt! Sicher hast Du sehr viel durchgemacht, und es wird auch noch einiges auf Dich zukommen. Aber, Du selbst sagst, Du freust Dich auf die OP, dies mit der berechtigten Hoffnung, das dann alles wieder soweit in Ordnung kommt. Du hast genügend Selbstbewußtsein? Dann dürften Dir die Narben nicht so wichtig sein, sie sind da und Du mußt sie akzeptieren. Man braucht sich der Narben weder schämen, noch ist man anderen gegenüber Erklärungen schuldigt. Leute die DICH schätzen und mögen, achten garantiert nicht auf Deine Narben. Sie achten darauf, das es Dir gut geht.
Ich wünsche Dir viel Kraft und Energie, und für die baldige OP viel Glück!

Schöne Grüße
struwwelpeter
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Geändert von struwwelpeter (07.10.2006 um 02:25 Uhr)
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  #3  
Alt 07.10.2006, 12:06
Benutzerbild von Tränen
Tränen Tränen ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 18.06.2006
Beiträge: 467
Standard AW: Das Leben ist unfair.

Hallo Burki

Das Leben ist nie fair, aber das wissen wir glaube ich alle. DU kannst aus der Tatsache, das du keinen Krebs hast doch schon mal was positives aus der Situation ziehen, damit besteht bei dir doch die Hoffnung nach der Rückverlegung wieder ein normales Leben zu führen und dafür drücken dir bestimmt alle hier und auch deine Freunde und Familie die Daumen. DU darfst einfach nicht so streng sein mit denen die für dich verletzende Äußerungen machen, sie wollen dich bestimmt nicht verletzen. Wer dich nicht mit deinen Narben und der monentanen Situation nicht akzepiert der hat dich doch gar nicht verdient, du bist mit Narben oder ohne doch immernoch der gleiche Mensch, vielleicht ein bisschen ernster und ruhiger als vorher aber dein Charakter ist doch noch der gleiche und letztendlich kommt es doch auf den an oder sehe ich das falsch? Ich selber habe eine sehr hässliche Narbe am Unterbauch da die Narbe aufgeplatzt ist und es zu spät gemerkt wurde und nicht wieder wegen Infektionsgefahr zugenäht werden durfte. Nimm deine Narben an und wenn du alles überstanden hast pflegst du sie mit eincremen und sie werden immer blasser. Ich wünsche dir alles Liebe und eine baldige Rückverlegung.

Gruß Nicole
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  #4  
Alt 07.10.2006, 13:47
J2K J2K ist offline
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Registriert seit: 13.03.2006
Ort: Zürich
Beiträge: 98
Standard AW: Das Leben ist unfair.

Hi Burki,

hatte auch MRSA auf der Intensivstation nach meiner Tumor-OP, bei mir hat er abei keine Symptome verursacht.

Stimme den Vorredern zu. Was uns bleibt ist "downward comparison". In der Sozialpsychologie beschreibt man damit Leute, denen es dreckig geht und die sich jemanden suchen, dem es noch dreckiger geht, um sich dann mit dieser Person zu vergleichen und festzustellen, dass es einem dann im Vergleich doch gar nicht so dreckig geht.

Wer das machen möchte, dem empfehle ich mal diesen Zeitungsartikel hier zu lesen (http://alt.cimedia.com/statesman/spe...qui/jacqui.pdf)
Is auf Englisch, aber schon die Bilder sprechen Bände. Es geht um ein recht hübsches junges Mädel, das von einem Betrunkenen angefahren und grausam entstellt überlebt. Ihr entstelltes Gesicht ist heute in Werbekampagnen gegen Alkohol am Steuer in den USA zu sehen.

Aber irgendwie sehe ich sowas nicht als Trost für mich selber, weil man ja auch das umgekehrte machen kann ("upward comparison") und feststellt, dass es noch weitaus mehr Menschen gibt, denen es besser geht und die schon eine Szene veranstalten, wenn sie mal einen Schnupfen haben. (Subjektiv mag denen vielleicht dann genauso dreckig gehen, wie dem verstümmelten, wer weiss? ) Auf jeden Fall sind sich diese Menschen meinem Neid sicher

Die einzige Erkenntnis, die ich all dem abgewinnen kann ist, dass
a) die Welt & mein Leben grundsätzlich schei**e sind und
b) es keinen Gott geben kann

Mehr fällt mir dazu auch nicht ein.
J2K

Geändert von J2K (07.10.2006 um 13:49 Uhr)
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  #5  
Alt 07.10.2006, 19:43
Meister Röhrich Meister Röhrich ist offline
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Registriert seit: 06.10.2006
Beiträge: 21
Standard AW: Das Leben ist unfair.

Moin Burki,

ich seh´s genauso wie Nicole: wer Dich mit den Narben nicht akzeptiert , hat Dich einfach nicht verdient. So isses ! Sieh es doch positiv- jetzt zeigen sich die wahren Freunde und alle anderen können Dich mal am ...

J2K widerspreche ich ganz entschieden: Wenn tatsächlich alles so Scheiße ist, wäre die einzig logische Konsequenz, sich sofort aufzuhängen. Ich weiß ja nicht, wie lang das alles bei Dir her ist, scheinbar noch recht frisch. Ich habe solche Phasen auch durch und kann Dir sagen , die Sicht ändert sich ( oder ich bin einfach nur gut im verdrängen).

Beste Grüße an alle

M.R.




Verloren ist nur, wer sich selber aufgibt. (H.-U. Rudel)
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  #6  
Alt 07.10.2006, 21:07
Dr@gon Dr@gon ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 22.07.2006
Beiträge: 86
Standard AW: Das Leben ist unfair.

Also ich leide garantiert nicht unter einem "upward comparison", ebensowenig an der Gegenrichtung. Für mich ist es eben wichtig derzeit mal andere Leute kennenzulernen, die künstlich ernährt werden. Es geht mir nicht darum mich im Leid anderer zu baden, sondern um einfach nur ein paar Vergleichswerte zu haben. Mich macht die künstliche Ernährung nämlich kaputt: Ich nehme konstant ab und meine Leber und Bauchspeicheldrüse geben bald auf, wenn das so weitergeht. Das ist schon ziemlich scheiße, wenn man Woche für Woche Blut abgenommen bekommt und es eigentlich immer schlechter wird anstatt mal besser zu werden. Lekos, Thrombos und Erythros haben sich eigentlich mittlerweile wieder beruhigt, aber die klinische Chemie läuft Amok. Ich komme damit klar, aber Außenstehende haben zu soetwas einfach weniger Bezug als Betroffene. Nichtmals die Ärzte oder Ernährungsfutzis wissen woran es liegen kann.

Und lass den Kopf nicht hängen, J2K. Du hast es soweit schon geschafft, lass Dich jetzt nicht entmutigen!
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