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  #31  
Alt 12.10.2010, 13:22
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GreenEye1972 GreenEye1972 ist offline
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Standard AW: Tabuthema??? Depressionen, Tablettenabhängikeit und jetzt auch noch Krebs

Hallo Sophie,

ich hab schon oft überlegt, ob ich mir Hilfe von "Spezialisten" holen soll bzw. mich in deren Hände begeben soll. Letztendlich weigert sich aber mein Inneres. Ich musste seit Vaters Tod soviel Kraft und Stärke zeigen, musste teilweise, wenn es um Ärzte, Behandlungen etc. ging, Vaters Rolle übernehmen, dass ich meine, dass ich es ohne schaffen werde. Ich nehme ja jetzt die Tabletten und hoffe, dass die mir insoweit Hilfe verschaffen, dass ich mich mit der ganzen Situation besser arangieren kann. Ich hoffe es!

Leider hat meine Mama selbst keine schöne Kindheit gehabt. Auch die Zeit danach war mit sehr vielen Problemen behaftet, so dass es eigentlich an Mama gelegen wäre, sich profesionelle Hilfe zu holen, dann wäre es mit den Depressionen und Tabletten vielleicht gar nie erst so weit gekommen. Sie hat es nicht getan! Warum auch? Tabletten sind einfacher - alles ist rosarot ....

Ich bin da eher Bodenständig, sehe den Tatsachen gerne ins Auge, auch wenn diese noch so schlimm sein mögen. Ich mag es nicht, wenn man mir Honig um den Bart schmiert um irgendetwas zu beschönigen! Wenn es mir möglich ist verändere ich diese oder versuch es mir leichter zu machen. Aber immer gehts halt nicht ... dann heisst es aushalten und ertragen und warten, dass die Zeit vorrüber geht, in der Hoffnung nicht selbst im Sumpf stecken zu bleiben. Anders als meine Mama hab ich immer gerne die Kontrolle über mich und das, was um mich herum geschieht. Damit mache ich es mir nicht immer leicht, aber so bin ich halt .... geworden ....

Von meinen beiden Halbgeschwistern und meinem Mann hab ich jegliche Rückendeckung. Wir telefonieren mehrmals die Woche, mehr können Sie/wir auch nicht tun. Durch die Entfernung ist das Verhältnis der beiden zu meiner Mama nicht so, wie zu mir. Meine Mama hängt an mir, nicht an Ihren anderen beiden Kindern. Freunde hab ich, aber die können mich in dieser Sache nicht unterstützen. Sie haben noch alle Ihre Eltern - wie sollen Sie mich verstehen können?

Im Moment warten wir immer noch auf das Ergebnis von der Augenklinik. Wenn es sich nun zu 100% bestätigen sollte, dass die Metastasen bis in beide Augenhöhlen inkl. Sehnerv vorgedrungen sind, dann "gute Nacht". Wie geht es dann weiter? Was muss meine Mama noch alles erdulden? Was muss ich mit meiner Mama noch alles erdulden?????

Eine Freundin sagte vor kurzem zu mir: "GreenEye - Du bist so stark wie eine deutsche Eiche. Andere in Deiner Situation hätten schon die Flügel hängen lassen! Du schaffst das alles irgenwie!" Meine Antwort war: "Aber selbst ne deutsche Eiche kann brechen!"

Danke Sophie
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  #32  
Alt 12.10.2010, 21:32
der_weg der_weg ist offline
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Standard AW: Tabuthema??? Depressionen, Tablettenabhängikeit und jetzt auch noch Krebs

Hallo Greeneye,

auch starke Menschen dürfen mal Hilfe annehmen. Ich denke mal Du wirst auch viel aufzuarbeiten haben.
Und wie Du schon sagtest, auch eine deutsche Eiche kann brechen.
Frag vielleicht mal Deinen Hausarzt, ob er professionelle Hilfe für sinnvoll hält; er kennt Dich ja besser und kann Dir vielleicht auch entsprechende Adressen geben.
Wo ich noch eine Gefahr sehe, ist dass es dann zum Zusammenbruch kommt, wenn sie mal stirbt und dann auf einmal Ruhe ist. Oft merkt man ja erst wenn Ruhe einkehrt, wie sehr man sich all die Jahre über seine Grenzen hinaus belasten wird.
Lass es Dir vielleicht nochmal durch den Kopf gehen mit der professionellen Hilfe, aber entscheiden musst Du es dann natürlich selbst.

Naja, es kann durchaus sein dass das Metastasen sind, da der Brustkrebs vergelcihsweise häufig in die Augengegend metatsasiert.... also häufiger als die meisten anderen Tumore. Aber letztendlich muss man die Ergebnisse der Untersuchung abwarten.... Auch wenn es Metastasen sind, heisst das auch noch nicht dass sie auf beiden Augen erblindet. Möglichweise lässt sich das bestrahlen.

Das verstehe ich, dass Du Dich von Leuten, die noch 2 gesunde Eltern haben, unverstanden fühlst.
Aber immerhin hast Du ein paar Menschen an Deiner Seite, das ist ganz wichtig in der Situation.

Ich wünsche weiterhin ganz viel Kraft !
Sophie
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  #33  
Alt 14.10.2010, 08:04
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mascha2600 mascha2600 ist offline
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Standard AW: Tabuthema??? Depressionen, Tablettenabhängikeit und jetzt auch noch Krebs

Hallo Ihr Lieben,
normalerweise melde ich mich nur im BK-Forum (und das auch relativ selten) zu Wort.
Meine Mutter wurde nach der BK-Diagnose alkoholabhängig, was für uns als Familie katastrophal war. Ich war damals ein Teenager und wußte nie, was mich erwartet, wenn ich von der Schule heim kam. Entweder lag sie sturzbetrunken im Flur (in der eigenen Kotze...verzeihung, aber es war so), oder sie versuchte vom Dach zu springen, oder aber sie ging auf meinen Vater, auf mich oder auf meinen Bruder los. Von daher kann ich bestens verstehen, was bei Euch derzeit abläuft. Auch meine Mutter hatte 10 Jahre nach der Ersterkrankung Metastasen. Zum Schluß Hirnmetastasen, aufgrund derer sie blind wurde. Lungenmetas, Lebermetas, Knochenmetas waren auch vorhanden.
So schlimm ich die Tablettenabhängigkeit Eurer Mütter finde, im Nachhinein gesehen wäre ich froh gewesen, hätte irgendein Arzt meiner Mutter wenigstens AD verschrieben, denn die Sauferei kam ausschließlich aus ihren Depressionen heraus.
Die Ärzte gaben ihr noch nicht mal in den letzten 12 Monaten ihres Lebens AD's oder Lexotanil o.ä. Argument: sie könne abhängig werden. Und das alles obwohl klar war, dass sie stirbt. Ich hätte mir - gerade im Endstadium der Krankheit - gewünscht, dass sie solche Medis erhält, weil ich glaube, dass diese ihr die letzten Monate und Tage sehr erleichtert hätten.

Für mich war aufgrund dieser Erfahrungen klar, dass ich als ich selbst an BK erkrankt bin, mir diese Medis verschreiben zu lassen (also Antidepressiva). Ich hab sie aber dann nach Abschluß der Akuttherapien unter ärztlicher Aufsicht schrittweise abgesetzt u. nehme seit ca 1-1/2 Jahren nix mehr.

Das Verhalten der Ärzte, der Euren Müttern diese Psychopharmaka über Jahre hinweg unbesehen verschrieben haben, ist mir unbegreiflich. Diese "Herrgötter in weiß" sollte man bei der Ärztekammer bzw. Staatsanwaltschaft anzeigen.

Auf jeden Fall wollte ich Euch - vor allem Dir Greeneye - mein Mitgefühl ausdrücken und wünsch Euch eine halbwegs erträgliche Zeit.
LG Chris
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  #34  
Alt 14.10.2010, 13:44
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GreenEye1972 GreenEye1972 ist offline
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Standard AW: Tabuthema??? Depressionen, Tablettenabhängikeit und jetzt auch noch Krebs

Liebe Sophie, liebe Chris, liebe Moni,

ich Danke Euch für Eure Antworten. Ihr wisst gar nicht, wie Ihr mir durch Eure Erfahrungsberichte etwas Ballast von den Schultern nehmt. Ich bin nicht allein und es gibt tatsächlich Menschen, die ähnliches, sogar schlimmeres durchleben mussten als ich es nun muss! Ich muss einfach durchhalten und ich hoffe, dass ich meine Mama so gut wie nur irgend in Ihrer Krankheit helfen und vor allem begleiten kann.

Sophie hat eigentlich den Nagel auf den Kopf getroffen.
Wo ich noch eine Gefahr sehe, ist dass es dann zum Zusammenbruch kommt, wenn sie mal stirbt und dann auf einmal Ruhe ist. Oft merkt man ja erst wenn Ruhe einkehrt, wie sehr man sich all die Jahre über seine Grenzen hinaus belasten wird.

Davor hab ich fürchterliche Angst, dass es so kommt. Ich hab mit meiner Mama soviel erlebt und seit mein Papa nicht mehr da ist, hab ich eigentlich nur für Sie gelebt. Sie war meine Nummer 1! Erst kam Sie, dann kam mein Mann und dann kam ich. Ich wusste ja nicht mehr, wem ich es zuerst Recht machen sollte. Der Spagat zwischen Mann und Mama hat mich oft bald um den Verstand gebracht. Im Moment versuche ich, das Verhältnis wieder gerade zu rücken. Dadurch, dass Sie nun im Pflegeheim ist, fallen viel Dinge, für die ich vorher zuständig war, weg. Auf einmal gibt es für mich so gut wie nichts mehr zu tun und ich kann abends mit ruhigem Gewissen ins Bett gehen, in dem Wissen, dass man im Heim nach Ihr schaut. Durch das Wegfallen dieser ständigen Anst und Rennerei bin ich schon jetzt etwas zur Ruhe gekommen .... und promt hat mein Hirn Zeit sich mit den ganzen Ereignissen zu beschäftigen. Zeitweise kommt auch alles mit Papa wieder in mir hoch. Mein Papa war noch nicht mal beerdigt, das war schon die Sorge und Angst um meine Mama da. Sie hat sich in dieser Zeit soviel von den Tavor eingeschmissen - Sie war total weggetreten in diesen Tagen davor und danach. Für Sie war es wohl die beste Variante zu diesem Zeitpunkt, um das durchzustehen. Allerdings bin ich da durch ohne "Helferlein".
Komischerweise ist dieser Druck, der mich die letzen Wochen begleitet hat (ich dachte zeitweise, ich krieg nen Herzinfarkt) seit heute morgen wie weg geblasen. Irgend etwas ist heute anders!!! Keine Ahnung - ich werde es wohl die nächsten Tage sehen, was sich in meinem Inneren so tut. Da die Tabletten erst nach 3-4 Wochen wirken, schreibe ich diesen Zustand mal nicht den Dingern zu. Abwarten ....

Eigentlich wollte ich Moni eine PN schreiben, aber mittlerweile frage ich mich, ob es Sinn macht. Ihr, Chris und Moni habt selbst mit Euch zu kämpfen und ich merke selbst, wie teilweise "die Galle steigt", wenn man auch noch darüber schreibt. Es holt vergangenes wieder ans Tageslicht und man Kämpft mit Dingen, die für Euch hoffentlich mittlerweile vergeben sind, wenn auch nicht vergessen.

Ihr könntet mir aber nochmals helfen, wenn Ihr mir einfach in kurzen Sätzen schreiben könntet, wie Ihr diese Zeit, nachdem Eure Mamas nicht mehr waren, bewältigt bekommen habt. Habt Ihr das alleine geschafft, oder habt Ihr psychologische Hilfe in Anspruch genommen? Kam der Zusammenbruch, wie Sophie es schreibt bzw. leider erahnt???? Wenn Ihr mir hierzu ne kurze PN schreiben wollt und vor allem könnt, würde ich mich wirklich sehr freuen.

Erst mal wünsche ich Euch beiden alle Kraft und vor allem Kämpferwillen für Eure Behandlung. Ich hoffe und wünsche Euch, dass Ihr dem Krebs die Stirn bieten könnt - tretet Euren "Willis" oder wie sie auch immer heissen mögen, dick und fett in den Hintern.

Ich schreib einfach nochmal ein DANKE an Euch 3




Kurzer Stand noch zu meiner Mama .....
Gestern Abend nun hat sich endlich die Augenklinik telefonisch bei meiner Mama gemeldet. Die haben nicht gesagt, dass es Metastasen sind, die haben aber auch nicht gesagt, dass es keine sind. Laut Ärzte besteht die Möglichkeit die Augenhöhlen mit einer leichten Bestrahlung zu behandeln. Sie wollen sich jetzt mit der HÄ in Verbindung setzen, dass alles Notwendige eingestielt wird .... und dann geht es wohl los

Gerade eben ruft Sie mich an und erzählt mir, dass Sie morgen kurzfristig wieder ne Bluttransfusion bekommt. Ihr HB ist wohl auf 5,. gesunken! (Tumor-Anemie) Wenn Sie Ihr das Blut jetzt wieder wie die vergangenen Male "einfach reinpressen", haut Sie es grade wieder um, wegen dem daraus resultierendem Durchfall. Es ist zum verzeifeln ......

LG Eure GreenEye
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  #35  
Alt 14.10.2010, 14:11
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Standard AW: Metastasen in den Augenhöhlen

Hallo zusammen!

Bis gestern Abend hat es nun gedauert, dass sich die Ärzte der Augenklinik wegen der weiteren Behandlung telefonisch bei meiner Mom gemeldet haben.
Die Ärzte meinen, dass eine leichte Bestrahlung der Augenhöhlen erfolgen kann. Die setzen sich jetzt mit der Hausärztin in Verbindung und dann wird es wohl los gehen

Ich will zusehen, dass ich an den Bericht von der Augenklinik komme, dann werde ich hier genauer berichten können ... auch über den weiteren Verlauf und den Erfolg der Bestrahlung.

LG GreenEye
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  #36  
Alt 14.10.2010, 17:55
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Standard AW: Metastasen in den Augenhöhlen

Oh, deine arme Mama, was für eine Prozedur, da hofft man nur dass es hilft.
Berichte bitte weiter, wie es ihr geht,
Ich bin in Gedanken bei ihr.
Ängel
__________________
Ängel
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  #37  
Alt 15.10.2010, 06:55
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GreenEye1972 GreenEye1972 ist offline
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Standard AW: Metastasen in den Augenhöhlen

Hallo Ängel,

Du hier??????
Na klar werde ich weiter berichten, aber es dauert immer alles so lange, bis sich mal wieder was tut. Es geht immer wervolle Zeit flöten - ich hoffe, die Bestrahlung können meine Mama wenigstens vor dem blind werden bewahren!!!

Heute muss Sie erst mal wieder ne Bluttrasfusion bekommen. Leider bekommt Sie davon immer Durchfall, dass keiner mehr lacht ... und die Nieren klatschen vor Freude in die Hände ....

Wie ist es Dir in der Zwischenzeit ergangen mit Deinem Mann und seinen Kindern (dem "aufgezwungenem Besuch")????

LG GreenEye
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  #38  
Alt 15.10.2010, 08:08
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Standard AW: Tabuthema??? Depressionen, Tablettenabhängikeit und jetzt auch noch Krebs

Guten Morgen Greeneye,
schön dass es Dir hilft, hier zu schreiben und Dich mit anderen auszutauschen.

Nun zu meiner Mutter:
In den letzten 12 Monaten ihres Lebens konnte ich endlich wieder eine Beziehung zu ihr aufbauen. Umso schlimmer war es dann für mich, als sie starb.
Die Schuldgefühle kamen bei mir ganz massiv, als ich selbst an BK erkrankt bin. Du kannst Dir - nachdem was ich in meinem vorigen Posting schrieb - was bei uns zu Hause abgegangen ist. Leider hat niemand - vor allem auch mein Vater - verstanden, dass die Trinkerei letztlich ein (erfolgloser) Versuch war, mit der Krankheit umzugehen. Keiner war sich darüber im Klaren, dass sie Depressionen hatte und dringend fachliche Hilfe gebraucht hätte. Als ich dann selbst erkrankte ist mir klar geworden, wie allein sie (trotz Familie) eigentlich war. Ich darf mir gar nicht vorstellen, was wohl aus mir geworden wäre, wenn sich mein Mann nach der Diagnose so verhalten hätte, wie mein Vater damals.

In den 80-iger Jahren, als Mutter erkrankte, war es leider so, dass die Umwelt psychologische Hilfe mit beginnendem Irrsinn gleichsetzte. Depressionen hatte man nicht, bzw. machte das Ganze "mit sich selbst aus".
Wie auch immer, meine Schuldgefühle (auch wegen meines damaligen Verhaltens meiner Mutter gegenüber) hat mich im wahrsten Sinne des Wortes fast umgebracht.Erst die Psychologin, bei der ich dann in Behandlung war, hat mir aufgezeigt, dass ich als Laie - und schon gar nicht als Teenager mit 14, 15 Jahren - ihr gar nicht hätte helfen können.

Was ich eigentlich damit sagen will, ist, dass Du meiner Meinung nach dringend (!) psychologische Hilfe in Anspruch nehmen solltest. Ich glaube dass es wenig hilfreich - wenn nicht gar unmöglich - ist, wenn Du versuchst, die Sache "allein mit Dir selbst" auszumachen. Was Deinen Vater anbelangt, meine ich, dass seine damalige Situation von zwei Seiten betrachtet werden muss: Ich denke, dass er mit schuld (wenn man überhaupt von Schuld sprechen kann) an der damaligen Situation war und zwar deswegen, weil er - genau wie mein Vater - nicht aktiv nach professioneller Hilfe gesucht bzw. in Anspruch genommen hat.
Was Dich anbelangt, bin ich überzeugt, dass Du - wenn einmal der "Tag X" kommen wird - Dich ständig fragen wirst, ob Du genug getan, ob Du das Richtige für Deine Mutter getan hast und ob die Heimunterbringung tatsächlich das Richtige war.Verstandmäßig weißt du natürlich, dass Du richtig gehandelt hast. Bloß, weiß es auch Dein Herz ?

So, genug der morgendlichen "Ergüsse" . Machs einstweilen gut u. liebe Grüße
Chris
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  #39  
Alt 16.10.2010, 13:57
Moppel125 Moppel125 ist offline
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Standard AW: Tabuthema??? Depressionen, Tablettenabhängikeit und jetzt auch noch Krebs

Hallo Greeneye,
ich habe dieses Thema erst nach meinem Posting in Deinem Cita-Thema entdeckt. Nun kann ich Deine Antipathie gegenüber Tabletten natürlich viel besser verstehen.
Du hast mich auch nicht um meine Meinung gefragt, dieses Thema hier beschäftigt mich aber genauso. Nein, meine Ma hatte keinen Krebs. Ich bin dafür unheimlich dankbar dass ihr dies erspart geblieben ist. Meine Mutter hatte über 40 Jahre Gelenkrheuma in seiner fiesesten Form. Ich erinnere mich, dass sie, als ich noch n kind war, sich nicht allein die Haare kämmen konnte ohne fremde Hilfe. Aber mal zum Arzt??? Da passte ihr die Helferin nicht, dort war der Arzt nicht freundlich genug....also wurde jahrelang Schmerzmittel ohne Kontrolle genommen. Zum Schluß war auch sie so abhängig, dass mein Vater ihr die Tabletten abzählte. So hatten wir wenigstens ein wenig Übersicht.
Irgendwann vor 6 Jahren rächte sich dies alles in Nierenversagen und meine Ma wurde Dialysepatientin. Immer wieder kam es zu Rückfällen und Komplikationen. Die Schilddrüse war dann hinüber, das Herz machte nicht mehr richtig mit, und was weiß ich nicht noch alles. Kurz vor ihrem Tod habe ich zu Hause ma die Medikamente gezählt. 18 (!!) -diesmal verschriebene Tabletten- mußte sie über den Tag verteilt einnehmen. Die letzten zwei Jahre lag sie fast nur noch im Bett, wurde dreimal die Woche im Rollstuhl zur Dialyse gefahren und schrie vor Schmerzen wenn man ihr den Kopf ein wenig zum Trinken anheben wollte. Ich wohne mit meinen Eltern im gleichen Haus, überall waren Notfallglocken verteilt falls mal irgendwas war. Aber trotz der Schwere ihrer Krankheiten wollten wir meine Mutter ungern in ein Pflegeheim geben. Eine endgültige Entscheidung blieb uns aber durch ihren Tod erspart.
Sie ist morgen vor elf Monaten an einer einfachen Lungeninfektion gestorben. Ihr Körper hatte nicht mehr die Kraft sich dagegen zu wehren. Nach zehn Tagen auf der Intensivstation nahmen uns die Ärzte beiseite und fragten uns ob die lebenserhaltenden Massnahmen weitergeführt oder beendet werden sollten.
Ich durfte meine Mutter in ihrer letzten Stunde im Arm halten, ihr immer wieder sagen dass alles gesagt und erledigt wäre und sie in Ruhe gehen könne. Es war für mich das erste mal dass ich einen Sterbenden begleitet habe. Und ich hoffe Ihr findet das jetzt nicht zynisch oder abstoßend; ich war in diesem Moment so unendlich glücklich und froh, dass meine Ma es endlich geschafft hatte. Ich habe lange und oft noch mit meinem Vater diskutiert ob dieses Leben in den letzten anderthalb Jahren ihrer Krankheit noch lebenswert war. Sieben Tage in der Woche mit Schmerzen ans Bett gefesselt und dreimal die Woche kurzweilig zur Dialyse.
Auch für mich sind meine Eltern meine Hauptbezugspersonen, vor allen anderen. Ich vermisse meine Mutter wahnsinnig. Aber der Gedanke an die Erlösung von ihren Schmerzen überwiegt meine Trauer. Direkt hier über meinem Bildschirm hängt ein Bild von ihr. Müßte ich sie beschreiben, genau dieses Foto würde ich dazu nehmen. Es entstand wenige Wochen vor ihrem Tod. Auf der Bettkante sitzend, im Nachthemd, wirres Haar, aber n Zettel in der Hand um meinem Pa aufzuschreiben was er denn alles zu erledigen hätte. Das schaue ich mir an und muß eher grinsen als dass ich in ein tiefes Loch falle. Ich schimpfe mit ihr beim sortieren des Nachlasses, ich rede mit ihr; wenn ich ma meine fünf Minuten beim Auto fahren bekomme frag ich sie ob sie auch auf mich aufpasst....und bei allem was ich mir nicht erklären kann hat SIE natürlich seitdem auch ihre Finger im Spiel.
Natürlich habe auch ich andauernd Hänger. Die Zeit von 19.30 bis 20.20 in der sie gestorben ist. Da hab ich jetzt noch teilweise Probleme mit. Ihr Geburtstag im September. Oder demnächst der erste Jahrestag.
Dies wird Dir alles nicht viel helfen. Ich glaube jeder Mensch geht mit seiner Trauer unterschiedlich um. Es gibt bestimmt kein Patentrezept was man in so einem Fall abspulen kann. Diesen Weg wirst Du für Dich alleine finden müssen.
Ich bin kein besonders gläubiger Mensch. Aber ich hoffe, dass meine Ma in irgendeiner Form hier in meiner Nähe ist; auch wenn das wahrscheinlich sehr oft sehr peinlich ist
Wünsche Dir und Deiner Familie ganz viel Kraft für die nächste Zeit.
Gruß
Micha
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  #40  
Alt 03.11.2010, 18:10
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Hallo Ihr Lieben,

die letzten Tage war hier viel Stress angesagt, so dass ich jetzt erst wieder die Musse finde, hier ein paar Worte zu schreiben.
Ich hab viel Zeit damit verbracht um über alles geschriebene und gelesene hier nachzudenken - die Tabletten welche ich nun seit über 3 Wochen nehme, haben mich etwas herunter fahren lassen. Im Moment sind mal alle "ursprünglichen" Probleme, über die ich anfangs berichtet hab, in weite Ferne gerückt. Wenn ich meine Mama besuche, seh ich einfach nur ein Häuflein Elend und alles was ich denke ist "lieber Gott, lass Sie doch bitte nicht so leiden". Dieses Denken ist im Moment vorrangig .... alles andere ist im Moment unwichtig. Ich weiss, dass meine Mama nicht beabsichtigt mir das Leben schwer zu machen. Wenn Sie wegen Ihrer verschiedenen Krankheiten nicht so viele Tabletten nehmen müsste und könnte sich selbst "in einer normalen, gesunden Sehensweise" betrachten, würde Sie vor Scham versinken wollen. Wahrscheinlich muss ich das nun alles so hin nehmen .... das Vergangene und Erlebte hinter mir lassen und wieder vorwärts schauen. Der Leidensweg meiner Mom ist noch nicht zu Ende - ich sollte Kraft für das Kommende tanken, denn meine Mom braucht mich! So wie es aussieht geht Sie auf Ihrem letzten Stück Ihres Lebens. Ich hoffe, dass ich Sie so gut wie möglich begleiten kann - für alles andere mag ich im Moment keine Energien verschwenden.

Ich sag erst mal DANKE, dass Ihr Eure persönlichen Erlebnisse geschrieben habt und den Mut, überhaupt darüber zu schreiben. Danke, dass Ihr "ein Ohr" für mich hattet, für die Ratschläge, die Ihr mir gegeben habt. Ihr habt mir die Kehseite der Medaille aufgezeigt und die hat gute Wirkung auf mich.

Ich drück Euch alle ganz dolle und wünsche jedem einzelnen von Euch alles nur erdenklich Gute und ganz viel Kraft!!!!

Liebe Grüße Eure GreenEye

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  #41  
Alt 03.11.2010, 18:55
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Hallo!

Hier mal wieder eine Info in Sachen Bestrahlung der Augen ...

Meine Mama kam nun gestern ins KH und es wurde schon die erste, heut die 2. Bestrahlung durchgeführt. Sie bekommt eine Art Netz über den Kopf und die blaune Strahlen würden von vorne in die Augen gehen.

Ich hab Sie heute besucht, aber Sie ist irgendwie völlig durch den Wind - Sie hat Schwierigkeiten mit den Wochentagen. Hinzu kam, dass Sie heute Hals über Kopf in eine andere Klinik musste, weil eine Niere einen Nierenstau hatte. Es wurde eine Schiene gelegt - mehr Infos gibt es erst morgen.

So, das wars mal in Kürze - ich werde hier gerne weiter berichten!

LG GreenEye
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