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  #1  
Alt 10.04.2007, 23:11
Lisa87 Lisa87 ist offline
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Standard AW: Krebs und Studium

Hallo Kerstin,
hab viel an dich denken müssen. Auch wenn ich dich ja gar nicht kenne. Für mich waren es keine schönen Ostern. Das erste Ostern ohne meinen Vater. Wie geht es dir im Moment? Körperlich und seelisch... Kannst ja mal was von dir hören lassen...
Ich drück dich ,
Lisa
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  #2  
Alt 11.04.2007, 12:12
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Kerstin22 Kerstin22 ist offline
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Standard AW: Krebs und Studium

Hallo Lisa!

Es hat mich gerührt zu lesen, dass du an mich gedacht hast. Es ist schön zu hören, dass es Menschen gibt die an mich denken. Vorhin habe ich schon einmal geantwortet, aber dann war die Antwort weg. Ich weiß nicht wie es ist einen geliuebten Menschen zu verlieren, aber eine vage Vorstellung habe ich doch. Wenn meine Mama sterben würde, wäre es für mich die Katastrophe. Außer dass ich müde bin, geht es mir körperlich gut. Ich bin nachts immer hellwach und kann nicht schlafen. Ich mache mir vor allem Gedanken über mein Studium. Ich meine jetzt nicht, dass es ein Problem ist dass ich das Semester aussetze. Ich bin so ein Mensch der immer an sich selbst zweifelt. Trotz Chemo eine Woche vor dem letzten Semester, trotz Bestrahlung während des Semesters, Gürtelrose in den Weihnachtsferien und zwei Erkältungen habe ich das Semester mit sehr gut Noten abgeschlossen. Ich zweilfe immer daran, ob ich reflexiv genug denken kann, um mein Literaturwissenschafts-Studium gut bewältigen zu können. Ich weiß nicht, ob ich vielleicht meine Ängste vor der Krankheit zum Studium verschiebe. Meine Selbstzweifel sind aber auch ein großer Antrieb, so dass ich mein Semester über 120% geackert habe. Jetzt bin ich ganz viel am Lesen. Es beruhigt mich, dass ich mehr Zeit als meine Komillitonen habe um die Fachliteratur zu lesen. Ich empfinde es nicht nur als Zwang, im Moment macht es mir Spass und ich habe das Gefühl eines intellektuellen Höhenfluges, wenn ich den ganzen Tag lese. Viel kann man ja nicht machen, wenn man den ganzen Tag zu Hause hockt. Endlich komme ich dazu alle meine Bücher zu lesen. Ich bin im Moment von meinem Bruder (mein Zwilling) und seiner Freundin genervt. Er macht Fachabitur und sie fängt nach zwei Ausbildungen mit Abitur an. Sie müssen sich ständig profilieren und werfen mit dem Wissen über Nietzsche und Philosophie, was sie gerade gelernt haben, um sich. Ich halte lieber die Klappe, weil sie sich dann vielleicht noch mehr gedrängt fühlen würden an mich heran zu kommen. Das schlimme ist: Ich glaube, ich habe auch mal so eine Phase gehabt, wo ich so Klugscheißer war. Ich versuche das Ganze gelassen hinzunehmen. Immerhin habe ich mein Abitur schon vier Jahre in der Tasche.
Soviel zu meine heutigen Gedanken.
Liebe Grüße
Kerstin
__________________
Morbus Hodgkin, II B mit Riskofaktor, ED 4/06, 8x BEACOPP eskaliert,Bestrahlung, 1. Rezidiv 03/07, 2x Chemo mit DHAP, 20.06.07 SZT; Bestrahlung;Reha, 2. Rezidiv, 18.04.08 allogene SZT, 03.06.08 komplette Remission , 2019: Knoten im Brustkorb, 03/19 ED Peripherer Nerventumor, 6 Zyklen Chemo, Bestrahlung, OP, bestätigte Remission 01/20

Geändert von Kerstin22 (11.04.2007 um 12:26 Uhr)
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  #3  
Alt 11.04.2007, 14:36
flyyy flyyy ist offline
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Standard AW: Krebs und Studium

Hallo Kerstin
schön zu hören dass es Dir einigermassen gut geht!
Die Selbstzweifel die Du erwähnst kenn ich auch. Obwohl ich zu den besten im Studium gehöre, habe ich immer wieder Zweifel, ob ich wirklich gut genug bin. Ob ich genug weiss, genug abstrakt denken kann usw... Vielleicht kommt das wirklich von der Krankheit.
Drücke Dir fest die Daumen dass es Dir weiterhin so gut geht dass Du die dicken Literaturbücher lesen kannst!
Christia
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  #4  
Alt 11.04.2007, 14:52
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Kerstin22 Kerstin22 ist offline
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Standard AW: Krebs und Studium

Hallo Christina!
Hallo ihr Lieben
Mein Vater hat gerade mit mir gesprochen. Ich verstehe mich in der Regel nicht gut mit ihm. Er meinte, ob ich auch von was anderem als mein Studium sprechen könnte, da ich ja lebensbedrohlich krank bin. Für ihm ist es nicht richtig wirklich, weil ich wie immer weiter lebe. Ich bin sauer auf ihn. Soll ich mich lieber auf das Sterben vorbereiten? Kann ich doch nicht dafür, dass er erst jetzt nach einem Jahr geschnallt hat, dass ich schwer krank bin. Deswegen muss ich doch nicht lamentierend in der Ecke liegen, wenn es mir sonst gut geht. Muss ich ihm zeigen, dass ich schwer krank bin, damit er es verarbeiten kann? Bin doch nicht für seine psychischen Probleme zuständig. Wenn ich gut mit meiner Krankheit umgehen kann, dann finde ich das gut. Ich hoffe, dass er mich mit seinen Gedanken nicht runterreißt. Ich finde es nicht falsch die Lebensbedrohlichkeit zu verdrängen. Was würde mir es bringen darüber nachzudenken? Ändern könnte ich daran nichts. Soviel dazu.
Liebe Grüße
Kerstin
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Morbus Hodgkin, II B mit Riskofaktor, ED 4/06, 8x BEACOPP eskaliert,Bestrahlung, 1. Rezidiv 03/07, 2x Chemo mit DHAP, 20.06.07 SZT; Bestrahlung;Reha, 2. Rezidiv, 18.04.08 allogene SZT, 03.06.08 komplette Remission , 2019: Knoten im Brustkorb, 03/19 ED Peripherer Nerventumor, 6 Zyklen Chemo, Bestrahlung, OP, bestätigte Remission 01/20

Geändert von Kerstin22 (11.04.2007 um 14:56 Uhr)
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  #5  
Alt 11.04.2007, 22:34
Lisa87 Lisa87 ist offline
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Standard AW: Krebs und Studium

Hallo Kerstin,
schön, dass es dir soweit gut geht. Ich finde, du machst es genau richtig und an dir selbst zweifeln brauchst du nicht. Ich weiß, man kann diese Zweifel nicht immer ausschalten. So einfach ist es leider nicht. Aber du schaffst trotz deiner Krankheit mehr, als andere die gesund sind. Als mein Vater die Diagnose Lungenkrebs bekam, dachte ich: Er muss kerngesund sein, um es aushalten zu können, so krank zu sein. Und zu der Sache mit deinem Vater kann ich nur sagen, für uns Angehörige ist es oft einfach schlimm, zusehen zu müssen und nicht helfen zu können. Da wird man schon mal unfair, weil die Nerven blank liegen. Aber das heißt natürlich nicht, dass du dich hängen lassen darfst. Warum sollst du auch nur im Bett liegen? Ist doch Schwachsinn. Was wir Angehörige halt akzeptieren müssen, ist, dass der Kranke seinen Körper nun mal am besten kennt. Das ist oft schwer. Ein Ausdruck der Hilflosigkeit. Auch wenn es dich wütend macht, hab das mal im Hinterkopf. Vielleicht siehst du ihn dann ganz anders...
Ich drück dich... lieben Gruß Lisa
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  #6  
Alt 12.04.2007, 22:38
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Kerstin22 Kerstin22 ist offline
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Standard AW: Krebs und Studium

Hallo Lisa!
Hallo ihr Lieben!
Über den Schwachsinn, den mein Vater den ganzen Tag von sich gibt könnte ich ein ganzes Buch schreiben. Wir haben schon immer ein sehr distanziertes Verhältnis. Wenn wir uns nach einer Reise wiedersehen und uns deshalb begrüßen müssen, geben wir uns die Hand. Ich glaube auch nicht, dass es irgendwann gut werden kann. Ich erwarte eigentlich auch gar nicht, dass er jetzt etwas für mich tut - das bin ich von ihm nicht gewöhnt - und will nur seine verletzten Kommentare nicht. Letztes Jahr hat er irgendwann zwischen den Zyklen zu mir gesagt, dass ich organisch gesund bin.Es ist kein Wunder, dass er nicht sieht das ich krank bin, weil er fast nie im letzten Jahr bei mir im Krankenhaus war. Meine Mama kommt jeden Tag nach der Arbeit zu mir ins Krankenhaus. Er hat mich öfters versetzt, wenn er mich mal aus dem Krankenhaus abholen sollte. Als meine Mama ein Fuß gebrochen hatte und er sie abholte, hat er sich noch nicht mal zu mir gesetzt, sondern sie sofort mitgenommen und in der Tür noch gesagt, dass es mir ja schon besser geht, weil es schon mein zweiter Tag Chemo ist. Er fragte nie wie es mir geht, außer wenn er jemanden brauchte um mit ihm den Familieneinkauf zu erledigen. Dann auf einmal waren meine Blutwerte interessant. Mein Vater kennt keinen einzigen Arzt aus dem Krankenhaus und weiß nicht, dass ich zum Blut abnehmen ins Krankenhaus gehe, obwohl ich da schon unzählige Male war. Er nie. Er ist wohlbmerkt selbständig und kann seine Zeit frei einteilen. Um ein Frühstück am See zu genießen, hat er immer Zeit. Meine Krankheit hat seinen Alltag kaum verändert, außer das er keinen richtigen Urlaub machen konnte, weil meine Mama mich bei den Chemos nicht alleine lassen wollte.
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Geändert von Kerstin22 (12.04.2007 um 22:45 Uhr)
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  #7  
Alt 12.04.2007, 22:46
flyyy flyyy ist offline
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Beiträge: 375
Standard AW: Krebs und Studium

Hallo Kerstin
Tut mir leid, dass das Verhältnis zwischen Dir und Deinem Vater so schlecht ist.
Ist bei mir und meinem Paps auch so. Ich hab ihn zwar ganz doll lieb, aber so wirklich nahe sind wir uns nicht. Ich würde mich nie bei ihm ausheulen wenn es mir schlecht geht. ich hab einmal vor ihm angefangen zu weinen und er hat mich einfach angeschaut. in so einem moment nimmt man doch die weinende person in den arm, tröstet sie...
Irgendwann habe ich gelernt Abstand zu nehmen. Ich erwarte nichts mehr von ihm und werde dadurch auch weniger verletzt. Klingt zwar extrem hart, aber irgendwie beschützt es mich auch. Wenn ich weiss, dass ich Trost brauche, wende ich mich an andere Personen.
Ich denk an Dich
Christina
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