Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Hinterbliebene

 
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 13.01.2016, 18:19
Smoofie Smoofie ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 05.02.2015
Beiträge: 35
Standard Mama, ich hoffe es geht dir besser, wo du bist.

Meine Mutter ist am 28.12.2015 verstorben. Einfach nicht mehr aufgewacht. Wir waren darauf vorbereitet, und doch ging alles so schnell.

Im Januar 2015 die schockierende Diagnose Speiseröhrenkrebs. Im Februar dann die nüchternde Info "nicht heilbar", da Lymphknoten befallen. Chemo, mal mehr, mal weniger Nebenwirkungen. Die Haare wurden dünner, aber jemand, der nicht wusste, dass du krank bist, hat es dir nicht angesehen!
Ab Mai dann zusätzlich Bestrahlungen.
Anfang August, ich begleite dich in die Klinik zum Arztgespräch. Nachkontrolle. "Keine aktiven Tumorzellen mehr nachweisbar, Lymphknoten auf normaler Größe. Speiseröhre leicht verdickt, kommt aber von der Bestrahlung. Aktuell besteht kein Handlungsbedarf!"
Auf dem Weg zum Fahrstuhl sind wir uns heulend in die Arme gefallen. Damit hatte niemand gerechnet, nicht mal deine behandelnde Onkologin.

Anfang Oktober erneute Kontrolle. Speiseröhre alles super, auch die Lymphknoten gut. Doch was ist das? Auffälligkeiten beim MRT. 4 Hirnmetastasen.
(((BÄM))), da war er, der Schlag ins Gesicht. Wie auch schon im August, hatte deine Ärztin hiermit nicht gerechnet. Die Ärztin teilt dir mit, dass das alles gut behandelbar ist. Doch ich weiß, dass uns diese Biester Zeit rauben.
Du sollst nach Soest, sollst dort mit dem Gamma Knife behandelt werden. Vorher noch eine Woche in den lange geplanten Urlaub mit Freunden.

Als ihr wiederkommt feiern wir Geburtstag meines Mannes. Wir sitzen bis spät abends zusammen. Es ist so schön, dir geht es so gut. Du erzählst von eurem Urlaub, was du alles erlebt hast.

30.10., es ist kurz vor Mitternacht als Papa mich aus dem Bett klingelt. Mit dir stimme etwas nicht. Ich renne rüber, dir ist übel und schwindelig, du kannst nicht aufstehen. Ich rufe den Rettungswagen, dieser bringt dich ins Krankenhaus. Papa und ich rasen hinterher. Dort MRT, das eine Biest im Hirn ist in 3 Wochen mehr als 3 cm gewachsen und blutet. NOT-OP, der Arzt weiß nicht, ob du überlebst.

Das war das letzte Mal, dass wir dich so sahen, wie wir dich kannten. Danach konntest du nur noch liegen, keine Nahrung mehr zu dir nehmen, warst oft verwirrt. Die Ärzte wollten eine Ganzhirnbestrahlung, sie meinten, damit bekommen sie dich wieder hin, damit du noch schöne Wochen oder Monate hast.

Die Haare fielen aus, du wurdest etwas klarer im Kopf. Aufstehen und Essen durftest und konntest du trotzdem nicht. Ein PET CT wurde gemacht, der Krebs war nun mehr oder weniger überall.

Du kamst auf die Palliativstation. Hier solltest du aufgepäppelt werden, damit du nach Hause kommst. Doch dein Tumor in der Speiseröhre blutete, Blutkonserven halfen nur kurzfristig. Mitte Dezember der Entschluss, dass du ins Hospiz kommst. Am 16.12. war es soweit. Die beste Entscheidung, die wir für dich treffen konnten.

Wir hatten dort noch schöne Tage. Ich hatte das Gefühl, du wurdest dort fitter. Du durftest endlich wieder trinken, was sollte auch schon passieren? Dass du daran stirbst?

Am 26.12. kommt der Palliativarzt. Ob du dich schwächer fühlen würdest? Deine eindeutige Antwort: NEIN.

Am 27.12. merke ich dir an, dass du dich langsam verabschiedest. Du bist unruhig, willst aufstehen und deiner Ärztin "Danke" sagen. Gegen Abend rufen wir die Schwester. Du wirst böse, weil du aufstehen willst und nicht kannst. Du willst einfach nur "raus". Wir setzen dich auf die Bettkante, so dass deine Füße den Boden berühren. Wir reißen das Fenster weit auf, damit du die frische, kühle Luft spürst. Du sackst in dir zusammen, weinst.
"Ich kann nicht mehr, ich will nur noch schlafen. Ich schaffe das nicht", das sind die letzten Worte, die ich von dir höre. Ich halte deine Hand, streiche über deinen Kopf und sage dir, das alles gut ist und ich da bin.
Die Schwester gibt dir eine Tavor und spritzt dir dormicum. Du drückst meine Hand, weil die Spritze brennt. Du wirst sofort ruhig, schaust mich an und schläfst ein.

Am Abend rufe ich um halb 11 im Hospiz an, du schläfst immer noch ganz ruhig. Ich gehe schlafen. Um halb 7 reißt mich mein Handy aus dem Schlaf. Die Schwester aus dem Hospiz teilt mir mit, dass du friedlich eingeschlafen bist. Unbemerkt, 5 Minuten vorher war die Nachtschwester noch bei dir und du hast ruhig geschlafen.

Papa, Björn und ich kommen zu dir. Du siehst ganz friedlich aus. Entspannt. Ich kann es nicht glauben.
__________________
"Und wenn du stirbst, dann stirbt nur ein Teil von dir und der andere bleibt bei mir." (Aus dem Lied "So bist du" - Peter Maffay)

Meine Mama, Speiseröhrenkrebs ED 01/2015
26.03.1958 - 28.12.2015
Mit Zitat antworten
 

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 12:02 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55