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Alt 17.04.2008, 16:23
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Beiträge: 1
Standard Fragen zu Chemo-Beginn und Therapie

Hallo Forumteilnehmer,


als einziger Angehöriger hab ein paar Gedanken/Fragen, bei denen mir eine Diskussion/Meinung bzw. Einschätzung weiterhelfen würde.
Es geht um meine Mutter:
Leider kann ich diese Fragen mit den Ärzten meiner Mutter nicht diskutieren, da ich nicht vor Ort bin (500km weit entfernt), und ich über Telefon bisher leider keinen Erfolg hatte eine enrsthafte Diskussion zu führen.
Daher wende ich mich an dieses Forum:

Patientin: Meine Mutter
Alter: 69
Raucher: Nein
Diagnose: Brustkrebs auf einer Seite.
Bisher durchgeführt: Vollständige Entfernung der einen Brust (aufgrund kleiner Brust, laut OP-Bericht)

Der Befund nach der Pathologie:
pT2,G2,pN0,L0,M0,V0,R0, invasives ductales Karzinom.
Rezeptoren: beide Negativ
Her2/Neu 3+ (+++)
Ki67: 10%

Weiterer Befung nach Echokardiogramm:
(Leichte, altersabhängige ?) Herzinsuffizienz aufgrund einer nicht mehr ganz guten Mitralklappe.




Therapievorschlag:
Adjuvante Chemo mit Schema 6*FEC
Von Transtuzumab -Behandlung wurde nichts gesagt.
Beginn der Chemo: So schnell wie möglich, aber vorher soll noch mal das Herz untersucht werden.


So, nun hab ich zwei Themen, die ich nicht verstehe.


1) Beginn der Chemo

Hintergrund:
Meine Mutter hatte eine 10 tägige Reise mit Freundinnen geplant (Norwegen, Schiff), auf die sie sich riesig gefreut hat.
Die Reise ist Mitte Mai, und hätte zu Konsequenz, dass die Chemo erst 11 Wochen nach er OP beginnen würde.
Wenn Sie die Reise nicht machen würde, dann könnte die Chemo 4-5 Wochen früher beginnen.


Ich versuche zu verstehen, in wie weit diese 4-5 Wochen "Verzug", bei der speziellen Diagnose, einen wesentlichen Einfluss haben würden.

Die Ärztin mit der ich leider nur per Telefon gesprochen habe, konnte mir leider keine weitere Auskunft geben.
Aussage war nur: Man müsse die Chemo so schnell wir möglich beginnen, sonst würde die Rückfallprognose signifikant schlechter sein.
Erklären, auf welcher Basis Sie diese Aussage trifft, oder um wie viel schlechter die Prognose bei 11-Wochen sei, konnte Sie aber leider nicht.

Leider habe ich auch keine Informationen (Studienergebnisse) gefunden die die "6 Wochen-"Empfehlung"" erklärt bzw. untermauert hätten.
Insbesondere eine Abschätzung der Prognoseverschlechterung bei 11-Wochen.

Lediglich eine Zusammenfassung über eine statistische Auswertung habe ich gefunden, bei der rückwirkend Krankheitsverläufe ausgewertet wurden.
Dabei wurde der Beginn der Therapie nach OP in Intervallen von 1-4,5-8,9-12 und 13-24 Wochen eingeteilt.
Die Aussage war dann, dass bis 12 Wochen keine signifikante Verschlechterung der Prognose festgestellt werden konnte, bei dem 13-24 Wochen-Intervall eine statistische Verschlechterung der Rückfallquote aber wohl nachweisbar war.
Leider ist keine Info vorhanden welche Diagnose/Stadien/Behandlungen die herangezogenen Fälle hatten.


Normalerweise, gäbe es keinen Grund, den Therapiebeginn zu verzögern, aber in diesem Fall wäre ich für eine differenzierte, fallbezogene Betrachtung dankbar.

Was mir nicht gefällt ist, dass man meiner Mutter die Option "Später anfangen" überhaupt nicht gemacht hat.
Mir kommt das so vor wie: "Das ist die richtige Entscheidung und wir wissen dass es das Beste ist, ansonsten können Sie es auch gleich sein lassen mit der Chemo."
Meine Mutter versteht das ganze Thema leider überhaupt nicht, und hat (glaube ich) auch keine Vorstellung, was da mit der Chemo auf Sie zukommt.
Sie vertraut den Ärzten und mir(und damit hab ich ne Verantwortung).
Ich habe nicht den Eindruck, dass sich ihre behandelnden Ärzte einen Kopf über die passenden oder möglichen Alternativen in diesem konkreten Fall machen. S3-Leitlinie oder St.Gallen sagt:"Innerhalb von 6 Wochen", also machen wir das auch, fertig aus. Das fällt insbesondere leicht, wenn die Patientin schüchtern ist oder das ganze sowieso nicht beurteilen kann.


Eine zweite Meinung, bzw. ein paar Infos/Erfahrungen/Begründungen könnten mir sehr helfen meine Mutter an dieser Stelle zu beraten.



2) Therapie-Schema


Hier hab ich ebenfalls ein paar Verständnisfragen.
Dabei schreib ich einfach mal, was ich als Laie nach der Lektüre etlicher Informationen (Buch/Internet) "zusammengereimt" habe.
Ich wäre dankbar, wenn mir jemand sagen könnte, ob in meinen Gedankengängen Fehler sind, bzw. was ich vielleicht nicht bachtet habe oder falsch einschätze.

------------- Meine Gedanken / Theorien --------------
Vorgeschlagen wurde 6*FEC, und kein Transtuzumab

a) In FEC ist das "E" ein Anthracycline.
Das hat als Nebenwirkung ein erhötes Risiko von Herzinsuffizienz.
Insbesondere bei bestehender Herzinsuffizienz ist eine individuelle Risiko-Abwägung nötig.

b) Ein Hauptgrund bei bestehender Diagnose (siehe oben) die adjuvante Therapie mit Chemo durchzuführen ist,
- dass die Hormonrezeptoren Negativ sind (also man keine gezielte Therapie mit Hormonunterdrückern machen kann)
und
- dass gleichzeitig der Her2/Neu Status 3+ ist, also der Tumor aggressiv/schnell-wachsend ist/war.


c) Ein wesentlicher Grund Anthracycline einzusetzen ist, dass in Studien eine signifikante Verbesserung bei "Her2/Neu Positiv" festgestellt wurde.

d) Es gibt Veröffentlichungen ("Chemosensitivity in Breast Cancer" Kenneth Villamn), bei denen eine direkte Wirkung von Anthracycline auf Her2/Neu aus biologisch/chemischer Sicht nicht erklärbar ist.
Wohl aber auf TOPO2a, das aber leider bei meiner Mutter nicht getestet wurde.
TOPO2a war in 2/3 aller Fälle von Her2/Neu-poitiv aber ebenfalls positiv.

Meine Schlussfolgerung:
Es könnte sein, dass das Anthracycline evtl. keinen Nutzen bringen würde (da TOPO2a evtl. negativ ist), aber das Risiko erhöhen würde (Herz).

e) Transtuzumab wirkt speziell bei Her2/Neu.
Es handelt sich also um eine Zielgerichtete Therapie (im Gegensatz zu einem Rundumschlag der normalen Chemo).
Studien zeigen bei adjuvanter Therapie statistisch signifikante Verbesserungen der Prognose, aber leider noch keine "Langzeitergebnisse > 10 Jahre).
Nebenwirkungen im Herzbereich sind aber ebenfalls statistisch signifikant höher.
Hinzu kommt, dass die HERA-Studie nur patienten OHNE Herzinsuffizienz zugelassen hat.
Das Risiko bei bestehender Herzinsuffizienz ist bisher nicht systematisch untersucht, aber es ist mit Sicherheit noch höher.

f) Wenn im Anschluss an die "normale-Chemo" mit Transtuzumab behandelt werden soll, dann ist eine Vorbehandlung mit Anthracycline zu vermeiden, bzw. erhöht das Risiko noch viel mehr.


Daraus ergibt sich meine Frage:
Macht es Sinn eine Chemo mit FEC in diesem konkreten Fall zu machen.
Verbaue ich damit nicht die gezielte Behandlung mit Transtuzumab gegen Her2/Neu, von der eine Wirkung wahrscheinlicher ist, als der Rundumschuss mit FEC ?
Insbesondere wenn die Wirkung des Anthracycline fraglich ist, aufgrund möglichen TOPO2a-negativen Werten.

Ist nicht CMF und dann Transtuzumab eine Alternative die seine Berechtigung hätte, bzw. die auch in die Überlegungen mit einzubeziehen wäre ?




--------------- Ende meiner Gedanken/Theorien --------------------------------------





Das sind die Fragen, die mich aktuell bewegen und bei denen ich für eine Diskussion dankbar wäre.



Vielen Dank schon einmal
und mit freundlichen Grüßen
Ralf

Geändert von Discus (17.04.2008 um 17:52 Uhr) Grund: Hab es glaube ich, etwas leichter Verständlich formuliert/aufgebaut.
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