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Alt 14.02.2004, 18:23
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Standard Jetzt stirbt Du tatsächlich ...

Von Diagnose bis zum Tod meines Mannes waren es keine fünf Monate. Letzlich hat sich unser Leben auf 90 Minuten konzentriert.


Jetzt stirbst Du tatsächlich….

Sonntag, 29. Juni 2003, Nachmittag, die Sonne schein seit Wochen und das Einzelzimmer des Klinikums gibt nur einen kleinen Winkel des Himmels frei. Ich hätte Dir für Deine letzten Tage und Wochen einen schöneren Anblick gewünscht, als die kalten Wände der Metallverschalung des gegenüberliegenden Gebäudeteils, mehr Leben, mehr Natur oder einfach nur Weite für Deinen Blick. Du liegest im Bett, Dein Augen sind geschlossen, Du schläfst. Schläfst Du?

Ich sitze auf Deinem Bett und spüre Dich, Du bist schon so weit weg und trotzdem so nah. Deine Hände liegen entspannt auf dem Bett, Du atmest kraftlos, aber gleichmäßig und ruhig. Ein Bild das Endlosigkeit, Ruhe und Frieden vermittelt.

Dann, gegen fünf, spüre ich Deine aufsteigende Unruhe und Angst erfüllt den Raum. Trotz der Menge an Schlafmitteln wirst Du wach und siehst mich mit Deinen matten Augen an. Die Töne aus Deiner Kehle sind gleichmäßig und im verschossenen Mund erstickt. Mein erster Gedanke – Du weinst, warum?, Schmerzen, Durst, Unbehagen, Angst, sag mir was los ist. Ich bin hilflos, bekomme Angst. Du bist so kalt und ich decke Dich in dem Wissen zu, dass es Dich nicht wärmen wird. Ich nehme Dich in die Arme, halte Dich fest und versuche Dich mit meinem Körper zu wärmen. Wenn mir das auch nicht gelingt, so sollst Du mich wenigstens nah bei Dir wissen. Ich spüre Deine Angst, Deine Verzweiflung und die Gewissheit über die Unabänderlichkeit des nun Bevorstehenden. Deine Kiefer sind fest aufeinander gepresst. Während ich mit Dir spreche, Dich beruhige und versuche, Dir in meinen Armen Schutz zu gewähren, ziehen Dich die Medikamente zurück in den Nebel. Du bist wieder eingeschlafen. Es ist kurz vor halb sechs. Warum kann ich Dir nicht einfach folgen.

Ein sinnloses Telefonat mit einem Arzt. Unsicherheit, Angst, Fassungslosigkeit und Du liegst da, zugedeckt, schlafend, ruhig, sterbend. Während mein Verstand verzweifelt versucht die Situation zu erfassen, zu ordnen und zu führen, ist mein Herz erstarrt vor Angst. Ein längeres Telefonat, in welchem alle erdenklichen Ursachen Deiner Unruhe erörtert werden, endet mit meiner entscheidenden Frage an den Arzt: oder stirbt er jetzt ganz einfach. Schweigen – das war ihm zu direkt, er weicht mir aus, weiß es nicht, kann es nicht aussprechen. Als ich zurück in Dein Zimmer gehe, Dich auf dem Bett liegen sehe, ist die Antwort nicht mehr wichtig, sie liegt vor mir, die Antwort erfüllt den ganzen Raum. Ich bin bei Dir, ich werde Dich halten und ich werde Dich begleiten. Du liegt neben mir und Dein Atem ist schleppend, aber gleichmäßig und ruhig. Ich kann keinen Moment den Blick von Dir wenden, bin erwartend, angespannt und konzentriert.

Ein klares Wort des Arztes oder zumindest die Eröffnung der Möglichkeit, hätte mir Zeit gegeben, mich vorzubereiten. Kann man sich auf etwas vorbereiten, wie das Sterben eines Menschen. Nicht irgendein Mensch, nein, Du, meinen Mann, meinen Freund und meine Liebe. Seit Wochen versuche ich mich einzufinden, wie der Moment sein wird und alle meine Gedanken enden in der Unvorstellbarkeit, enden im Nichts, im Schmerz und in der Angst, letztlich zu versagen, nicht genug Kraft zu haben, die Situation nicht zu erkennen, falsch einzuschätzen, panisch zu werden oder einfach nicht da zu sein. Jeder Versuch, mir vorzustellen wie es sein wird, endet im emotionalen Desaster.

Die Gedanken rasen durch meinen Kopf, unkoordiniert, irrational, nicht in der Lage sich sinnvoll aneinander zu reihen. Ich berühre Dich, streichle Dein Gesicht, Deine Wangen, Du bist so kalt. Es ist die Kälte die von innen nach außen geht. Es kommt mir vor, als wäre Deine Haut wärmer als Dein Blut. Wie sehr muss Dir kalt sein. Ich sehe auf die Uhr, sechs. Ich denke an die Geburt meiner Söhne. Warten, aber auf was, auf den Tod?

Du wachst wieder auf, versuchst Dich zu bewegen, es fehlt die Kraft. Ich beuge ich über Dich, halte Dich fest in meinen Armen, sage Dir, dass ich bei Dir bin, dass es jetzt soweit ist. Du versuchst zu sprechen, Dein Mund geht nicht auf. Der Kiefer ist noch immer fest aufeinander gepresst. Ich muss auf die Toilette und traue mich nicht zu gehen, Dich alleine zu lassen, auch nur einen Moment nicht ganz nah bei Dir zu sein. Du versuchst Deinen Arm zu bewegen und Mucki erkennt endlich was Du willst. Sie nimmt Deinen Arm und legt ihn um mich. Dein knöcherner Arm liegt auf meinem Rücken, die Kälte geht durch mein Shirt und Du hältst mich. Dein Arm ist so dünn und hart und trotzdem spüre ich all Deine Liebe und Wärme in dieser Umarmung. Du nimmst mich zum Abschied in den Arm, hältst mich fest und wir klammern uns hilfesuchend aneinander. Ich antworte Dir, ohne Dich zu hören. Deine Worte werden nicht mal Gedanken in meinem Kopf. Ich spüre sie. Muckel, schick mir ein Lächeln damit ich weiß, dass es Dir gut geht. In meinem Kopf ist vollkommen still und ich bin ein Teil von Dir. Ich kann nicht mehr unterscheiden, wer von uns beiden was fühlt. Meine Arme sind fest um Dich gelegt und ich spüre wie Du innerlich bebst. Ich spüre nur noch die Liebe und weiß, Du kommst zu mir. Eine Träne läuft aus Deinem rechten Auge und ich spüre Deine Traurigkeit. Dann kann sich Dein Arm nicht mehr halten, ich lege ihn auf Deine Brust, halte sie fest, spreche jetzt unaufhörlich mit Dir. Du bist soweit und ich will Dich nicht verlieren, halte an Dir fest. Dennoch, wenn ich spüre das Du zögerst, bestärke ich Dich zu gehen, Du hast Angst, ich bin bei Dir, begleite und beschütze Dich und ich schenke Dir zum Abschied all meine Liebe. Dein Atmen wird langsamer, schwerer und kraftloser. Mein Gesicht ist über Deinem und ich atme Dich ein. Mein Blick wird abgelenkt, es geht von Deinen Knien nach oben und ich spüre wie ich Dich verliere. Meine Augen können sich dem nicht entziehen. Langsam geht es über Deine Schenkel und Bauch nach oben. Ich sehe, wie das Leben aus Dir weicht und kann es nicht verhindern. Alles in mir schreit und niemand kann es hören. Auf Deiner Brust verliert sich mein Blick. Ich bin wieder ganz bei Dir und Du, Du bist jetzt vollkommen ruhig, liegst wie ein sattes Baby in meinen Armen, Deine Augen sind geöffnet, aber Dein Blick geht ins Leere. Was siehst Du? Eine Ärztin kommt rein und setzt sich auf die andere Seite des Bettes. Ich liege nah bei Dir, über Dich gebeugt, Deine Hand haltend. Sie sucht Deinen Puls und sieht mich an. Sie spricht mit mir, dringt aber nicht durch. Meine Liebe begleitet Dich. Ich nehme Deinen Arm und finde Deinen Herzschlag, schwach, tief in drin in Deinem Handgelenk, kaum spürbar. Dein Atem ist schwer. Er erreicht kaum noch Deine Kehle. Ein Atemstoß. Stille. Ich sehe in Dein Gesicht, spüre Dich in meinen Armen. Noch ein Atemzug. Eine Träne läuft aus Deinen leeren Augen, Du weißt, dass Du jetzt gehen musst. Wieder Stille, dann noch Atemzug und nach endloser Zeit Dein Letzter. Als Du ausgeatmet hast, spüre ich, wie Du in meinen Armen leichter wirst und mich überkommt schlagartig Fassungslosigkeit… jetzt stirbt er tatsächlich. Warum weiß ich das? Warum warte ich nicht auf einen weiteren Atemzug von Dir? Du wirst leicht in meinem Arm und kalte Angst kommt in mir hoch. Du liegst in meinem Arm und ich spüre Dich nicht mehr. Das in meinem Arm bist Du nicht mehr. Warum habe ich Angst vor Dir? Ich darf doch keine Angst vor Dir haben, Du bist mein Mann, Du warst mir nahe wie niemand zuvor. Ich sehe die Ärztin an, sehe Dich an und dann wieder zu ihr. Ich schüttle fragend den Kopf und sie tut es mir gleich. Ich bin allein und Du bist ohne mich gegangen.

Es ist Sonntag, 29. Juni 2003, 18:40 Uhr und Du hast Dein Leben vollendet.

Ich bin vollkommen erstarrt, dann, einige Sekunden später, bricht alles in mir zusammen. Keiner kann es sehen. Die Kraft weicht aus mir, ein Teil von mir stirbt mit Dir und macht Platz für den Teil von Dir, der zu mir kommt. Ich will mit Dir alleine sein. Ich halte Dich noch immer, Tränen laufen ton- und gefühllos über mein Gesicht und wieder versucht mein Kopf zu verstehen, zu ordnen und zu führen. Du liegst tot in meinen Armen, Deine Augen sind geöffnet, aber sie sind trüb und sehen mich nicht mehr. Deine Gesicht hat die Farbe von hellgelbem Wachs, die Haut spannt über Deinem ausgezehrten Knochen. Ich lege mich an Deine Schulter, sie ist hart und kalt. Es ist absolut ruhig im Zimmer und ich kann meinen Herzschlag hören. Deins schlägt nicht mehr. Ich will weg, bin gelähmt, halte Dich fest, warte und weiß nicht auf was. Was fühle ich? Was denke ich? Ich schwebe losgelöst von allem im freien Raum. Muckel, hilf mir!

So langsam bekomme ich wieder ein Gefühl für meinem Körper und meine Umwelt. Ich muss auf Toilette, dringend, ich richte mich auf, mir ist schwindelig und schlecht. Mein Arm liegt noch immer unter Deinem Kopf und ich halte noch immer Deine kalte, leblose Hand. Ich versuche vorsichtig meinen Arm unter Deinem Kopf herauszuziehen, er ist so schwer und ich muss ihn mit der anderen Hand heben. Meine Uhr bleibt an Deinem Hals hängen. Ich schrecke zurück, dass tut Dir weh, nein, dass kann dir nicht mehr weh tun. Dann sitze ich neben Dir, sehe Dich an und kann nicht gehen, kann Dich nicht allein lassen. Ich suche Dich in Deinem Gesicht, aber finde Dich nicht. Du bist nicht mehr da. Deine Augen sind leer, trüb, ohne Leben und starr an die Decke gerichtet. Ich kann den Anblick fast nicht ertragen und werfe die Decke über Dein Gesicht. Dann ziehe ich sie sofort wieder weg, Du bekommst so keine Luft.

Alles ist anderes. Das Zimmer, in dem ich 26 Tage und Nächte mit Dir gelebt habe, die Schwestern, die uns betreut haben und die Menschen um mich rum. Ich habe den Eindruck, dass ich weder auf meinen Körper, noch auf meine Gedanken oder Gefühle Einfluss habe oder diese in einen Bezug zueinander stehen. Ich gehe ins Schwesternzimmer, zünde mir automatisch eine Zigarette an und sehe aus dem Fenster. Die Schwester kommt, legt den Arm um mich, spricht zu mir und ich höre sie nicht, ich spüre sie nicht. Gedanken rauschen wie Schnellzüge durch meinen Kopf, Bestützung, Erleichterung, Hilflosigkeit, Liebe, Angst, Dankbarkeit und die Gefühle laufen vollkommen unabhängig und nicht auf die Gedanken koordiniert. Ich bin taub, will hier weg, will zurückkommen, Dich in Deinem Bett finden, Dich berühren können und ich will, dass es die letzten zwei Stunden nicht gegeben hat.

Ich gehe zurück in Zimmer. Es ist wirklich passiert, es ist vorbei. Du liegt noch genauso auf Deinem Bett. Die Geräte pumpen noch immer die Medikamente in Deinen toten Körper. Ich schalte sie ab. Warum ich? Meine Schwiegermutter ist mit meiner Schwägerin da, beide nehmen mich in den Arm, sagen mir, dass es gut und richtig ist, dass Du gegangen bist und ich kann sie nicht hören. Ich lege meine Hand auf Deine Augen, halte sie mit meinen Fingern und schließe sie für immer.

„Du musst ihm den Mund zubinden…“ – wie … den Mund zubinden..? Die Stimme meiner Schwiegermutter kommt wie durch Watte und ich verstehe nicht, was sie von mir will. Ich kann Dir doch nicht den Mund zubinden, ich muss hier raus, ich kann nicht mehr. Was wollen alle von mir? Ich gehe raus, lass Deine Familie mit Dir allein. Im Schwesternzimmer treffe ich auf die Ärztin, sie sitzt zusammengesunken auf einem Stuhl und ist den Tränen nahe. Ich setzt mich vor sie, nehme ihre Hand und sehe, wie jung sie noch ist. Sie erzählt mir, dass es sie sehr betroffen gemacht hat, bei Deinem Tod so nah dabei gewesen zu sein. Sie habe so viel Liebe zwischen uns gespürt und Deinen Tod als Grausamkeit entfunden, ungerecht. Ich beobachte mich, wie ich vor ihr knie, sie tröste und ihr danke, für ihren Beistand. Ich brauche Trost! Dann sehe ich Gerd. Er kommt auf mich zu und fühle erneut meine Kräfte schwinden. Schweigend nimmt er mich in die Arme und hält mich fest. Meine Knie zittern und wir gehen zusammen in Dein Zimmer.

Du musst zwei Stunden auf dem Zimmer bleiben und dann? Die Schwester und der Pfleger kommen rein, Dein weißes Leichenhemd über dem Arm und schicken uns raus. Sie müssen Dich jetzt fertig machen. Wofür? Gerd nimmt mich in den Arm und wir gehen alle in den Flur, rauchen, reden, trauern und versuche zu verstehen und zu ordnen.

Nach einiger Zeit gehe ich mit Gerd zurück zu Dir. Als ich vor Deiner geschlossenen Türe stehe, kann ich nur daran denken, dass ich Dich jetzt zum letzten Mal ansehen werde, Dich berühren und Dir körperlich nahe sein kann. Als ich alleine die Türe öffne, fällt mein Blick auf das weiße Tuch über Deinem Körper. Es ist ganz flach, so als wärst Du nicht darunter. Ich ringe mit mir, habe Angst das Tuch zu heben und Dich anzusehen. Mir wird bewusst, dass ich das Bild für immer in mein Gedächtnis eingebrannt haben werde. Ich wäge ab, mein Herz schlägt bis zum Hals als ich ans Bett trete und nach dem Laken greife. Ich zögere noch immer und weiß, dass ich es tun muss, ich muss Dich noch mal sehen, ich muss sehen, dass es wirklich Du bist, der da liegt, dass Du wirklich tot bist. Als ich das Laken zurückschlage, bin ich wie vor den Kopf geschlagen, es ist unfassbar für mich, Du lächelst mich mit geschlossenen Augen an. Die Träne an Deinem Auge ist getrocknet und hat ein weißen Rand hinterlassen. Du siehst so entspannt aus, so friedvoll und so glücklich. In diesem Moment ging ein Gefühl von Wärme in mein Herz, es tut unglaublich weh, aber die erlösenden Tränen wollten noch immer nicht kommen. Ich will Dich berühren, Deine Wärme spüren, Dich schütteln, aber ich stehe einfach nur da und sehe Dich an. Wenn ich Dich jetzt nicht berühre, werde ich es nie wieder tun können, aber Du bist mir so fremd, so kalt und tot. Ich habe Angst davor Dich anzufassen und komme nur widerwillig näher zu Dir. Als ich über Dein Gesicht streichle spüre ich nur diese Kälte, dann weicht mein Blick von diesem Lächeln und ich sehe die gelbliche Farbe Deiner Haut, Dein abgemagertes Gesicht und Deinen kleinen Kopf. Etwas sagt mir, ich muss Dich noch einmal küssen, aber ich kann nicht. Alles in mir wehrt sich dagegen und trotzdem beuge ich mich über Dich küsse Deine Wangen, spüre diese kalte Haut und sehe auf Dein Lächeln. Ich muss jetzt von Dir gehen, muss Dich zurück lassen und kann nicht mehr zu Dir zurückkehren. Es fällt mir so unendlich schwer das Tuch über Dein Gesicht zu legen. Als ich von Deinem Bett zurücktrete, sieht alles so kalt und leblos aus. Ich lege die Rose, die Dir Renate morgens gebracht hat, auf´s Bett und weiß wieder nicht ob ich gehen soll oder bleiben. Noch nie habe ich mich so alleine gefühlt, wie in diesem Moment und noch nie habe ich Schmerz so körperlich gespürt und dabei nichts empfunden. Alles ist taub. Warum kann ich nicht weinen? Gerd kommt rein und ich lass ihn mit Dir alleine. Ich stehe wie betäubt vor der Türe. Menschen laufen an mir vorbei, sehen mich mitfühlend an und versuchen mich zu trösten. Ob sie wissen, dass ich sie nicht hören kann? Ich bin wirklich erleichtert als Gerd zurückkommt. Ich frage ihn, ob er das Lächeln gesehen hat und er meint erstaunt, ja und er hätte Dich seit vielen Wochen nicht mehr so entspannt gesehen. Er legt den Arm um mich und sagt nur, dass wir jetzt gehen. Mir ist so kalt.

Wie oft habe ich mir vorgestellt, was es für ein Gefühl sein wird, das letzte Mal über diesen Gang zu gehen und vom Klinikgelände zu fahren. Unsere Schritte hallen von den Wänden, es ist halb neun, Gerd hält mich im Arm und wir sprechen kein Wort. Ich versuche zu fühlen und es gelingt mir nicht.

Als er mir die Türe öffnet, schlägt mir die warme Sommerluft entgegen. Mir ist noch immer kalt und ich denke daran, wie sehr Du die Wärme und Sonne gemocht hast. Jetzt schieben sie Dich in einen Kühlschrank, ohne Licht, ohne mich, auf harten, kaltem Metall. Die Gedanken daran sind mir unerträglich.

Als ich das letzte Mal beim Duschen und Umziehen war, habe ich daran gedacht, dass Du tot sein wirst, wenn zurück in unsere Wohnung kommen werde. Jetzt stehe ich vor der Wohnungstüre und bekomme den Schlüssel nicht ins Schloss. Ich versuche mich zu fühlen und es gelingt mir nicht.

Wir sitzen gedankenverloren auf der Couch und Gerd sagt zu mir, “Das hast Du gut gemacht und Du warst ihm eine brave Ehefrau“. Diese ehrlichen und anerkennenden Worte lösen meinen Schmerz und lassen die Tränen aus dem Herzen. Wir halten uns fest und weinen beide um Dich.

Irgendwann kamen dann keine Tränen mehr und ein körperlicher und geistiger Erschöpfungszustand brach über mich herein. Gerd brachte mich ins Bett, legte sich zu mir und ich spürte mich in seine Armen. Die von ihm ausgehende Wärme und Kraft zeigte mir, dass Du jetzt wirklich tot warst. Dann schlief ich ein.

Als ich aufwachte, schien die Sonne ins Schlafzimmer und der erste Tag ohne Dich fing an.
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