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  #1  
Alt 31.05.2004, 16:44
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Standard Heile Welt in meinem Kopf... bitte um hilfe

Hallo,

eigentlich wollte ich mit niemandem darüber reden, da mir schon die tränen kommen wenn ich nur daran denke... aber es ist schlimmer geworden und ich kann nicht mehr allein sein und mich totschweigen. es frisst mich zu sehr auf.
eigentlich hat meine mutter (38) den krebs und nicht ich (17) aber für mich ist es manchmal noch viel unerträglicher. sie ist so stark und ich so labil.
ich will es immer verdrängen, nicht drüber reden und tun als ob gar nichts ist.
es ist schrecklich nach hause zu kommen und zu sehen wie sie im bett liegt oder mit letzter kaft den haushalt macht. Sie hat kaum noch stimme, keine haare mehr und mehrere narben und einstiche am ganzen körper. sie erzählt nicht wirklich viel über die menge an schmerzmitteln die sie täglich konsumiert oder über ihren zustand (wie es ihr geht). sie will auf eine art auch, dass meine geschwister und ich nicht merken was los ist aber ich bin mir sicher, dass sie viel weint wenn keiner hinschaut.
Ich bewundere sie tag für tag für ihre stärke. und sie ist wirklich stark und tapfer. aber ich finde es entsetzlich oft getrennt von ihr zu sein oder zu wissen das sie nur mit vielen medikamenten einigermaßen unbeschadet über den tag kommt.
ihr leidensweg ist auch unserer und dieser war schon sehr hart und steinig. es fing mit einem künstlichen koma an... ich erkannte meine eigene mutter auf dem krankenbett nicht wieder und weinte viel. dann chemo und jetzt bestrahlung. nichts von all dem konnte ihr körper vertragen ständige nebenwirkungen und ein schnell streuender krebs machen jetzt alles kaputt. heute erzählte sie, dass es für sie bald keine möglichkeit mehr geben wird da bisher angewendete therapien wenig erfolglos blieben. ich träumte auch in der nacht von ihrem tod.
verwandte und bekannte reden nur noch von ihrer krankheit. überall hört man nur noch von krebs... es schiebt mir die hirnhälften auseinander.
Ich selbst kann sie nicht im krankenhaus besuchen da ich mittlerweile kein einziges mehr sehen mag. auch so haben ich das gefühl ihr wenig halt zu geben da ich sie nicht merken lassen will wie traurig ich bin und in meiner welt ist ja alles noch in ordnung... in meinem kopf spielt sich immer ab das alles noch so wie früher ist...
ich kann nichts verändern. es tut so schrecklich weh und diese bilder verschwinden nicht. meine mutter ist der einzige halt, den ich neben meinem freund habe. was mache ich wenn sie nicht mehr da ist? ich habe solche angst...
auch wenn ich genau weiß, dass sie egal was wir machen nie mehr so wird wie sie war will ich das alles besser wird...

meine frage an euch ist: was kann ich tun um ihr halt zu geben/ ihr zu helfen?
wie soll ich mich verhalten, was sagen?
was kann ich für mich und meine psyche tun?
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  #2  
Alt 31.05.2004, 17:52
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Standard Heile Welt in meinem Kopf... bitte um hilfe

Hallo Du,

puuuh, Du stehst vor einem riesigen Berg voller Angst und Hilflosigkeit, richtig? Und so wie es zur Zeit für Dich aussieht, kannst Du diesen Berg auch nicht wegschieben, denn um einfach nur von besseren Zeiten zu träumen oder alles zu verdrängen, bist Du schon zu alt und Du fragst Dich, wie Dein Leben nach dem Tod Deiner Mutter weitergehen soll. Das verstehen bestimmt eine Menge Leute hier, die vielleicht nicht unbedingt das Gleiche mitmachen, aber von denen viele ähnliche Gefühle kennen.
Was ich Dir raten kann (weil ich selbst meine Mutter bis zu ihrem Tod begleitet habe) ist, daß Du so oft wie möglich bei Deiner Mutter bist. Nimm ihre Hand, sag ihr, daß Du sie liebst und für sie da bist. Es ist schwer, ich weiss, das Elend und die Schmerzen ertragen zu müssen und nichts daran wirklich ändern zu können. Ich versteh auch, daß Du keine Krankenhäuser mehr sehen kannst, denn dort dreht sich ja für Dich plötzlich alles nur noch um Krebs und um die Angst, daß Deine Mutter stirbt.
Daß die Leute um Euch herum nur noch von ihrer Krankheit reden, das ist teilweise sehr erdrückend, ja. Ich habe dann versucht, mich zurückzuziehen, also meine Mutter praktisch in der Obhut eines Bekannten oder Freundes gelassen, um mal rauszukommen. Spazieren gehen, Musik hören,irgendwie abschalten. Hm, hat nicht immer funktioniert, aber versuch es mal. Geh mit Deinem Freund essen, fahrt für ein paar Tage an die See...

Es ist gut und richtig, daß Du die Hoffnung nicht aufgibst. Ich weiss, dass sich irgendwann der gesunde Menschenverstand dagegen wehrt, auf Besserung zu hoffen, wenn alles dagegen spricht. Aber sie hilft Dir über die ganz schlimmen Zeiten hinweg und gibt Dir Kraft. Weisst Du, an dem Tag, an dem meine Mutter starb, da sass ich alleine an ihrem Bett im Krankenhaus und habe ihr erzählt, wie schön es werden wird, wenn wir zusammen nach Kanada fliegen und uns dort Wale anschauen. Sie hat es sich so gewünscht und viele Freunde sagten immer, sie solle doch mal "auf dem Teppich bleiben", schliesslich wäre sie krank...Ich habe mit ihr zusammen so oft über die Zukunft gesprochen, auch, wenn ich wusste, dass sie es selbst genau weiss, wie aussichtslos ihre eigene Zukunft sein sollte.
Gib nicht auf, sei Deiner Mutter eine hoffnungsvolle und starke Tochter, aber vergiss nicht, dass Du auch mal weinen darfst, mit ihr, mit Deinem Freund!

Ich kann Dir nur das raten, was mir damals geholfen hat. Hör ihr zu, sei bei ihr und versuche für die Zeit, in der Du bei ihr bist, die Schmerzen in Dir selbst zu vergessen. Ich weiss, das ist verdammt schwer, aber irgendwann wirst Du merken, wie wichtig diese Zeit nun ist. Tod und Sterben sind Dinge, die auch ich so gut es geht aus meinem Leben heraushalten möchte. Aber die Begleitung meine Mutter das war für mich sowas wie eine Aufgabe, bei der ich nicht überlegt habe, ob ich sie bewältigen kann oder nicht. Es geht. Glaub mir, auch Du mit Deinen 17 Jahren schaffst das, da bin ich mir sicher!

Ich wünsche Deiner Mutter und Dir alles Liebe und die Kraft, die Ihr braucht...
Lass die heile Welt in Deinem Kopf ruhig da, wo sie ist, das ist okay und Deine Mutter liebt Dich dafür, denn sie will bestimmt, daß Du nach vorne siehst und Dein Leben lebst.

Liebe Grüsse
Sandra
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  #3  
Alt 31.05.2004, 18:00
Gast
 
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Standard Heile Welt in meinem Kopf... bitte um hilfe

Hallo,

Du bist nicht labil, bitte mach Dir keine Vorwürfe, wenn Du mit 17 mit der Situation in Deiner Familie nicht klar kommst, das ist ganz normal. Versuch mit Deiner Mutter "normal" umzugehen, das bedeutet auch, dass Du ihre Krankheit nicht verdrängen darfst, denn das ist bei Euch jetzt der "normale" Zustand. Sprich mit Deiner Mutter, über Deine Ängste, über ihre Ängste, über das, was Euch beide bewegt. Weint nicht getrennt voneinander, sondern ruhig auch mal zusammen. Du musst nicht versuchen "stark" zu sein für Deine Mutter, denn in "Deiner Welt" ist nicht alles in Ordnung, Verdrängung ist hier sicher noch schlimmer als zu versuchen, die Situation zu akzeptieren.
Du fragst, was Du für Dich und Deine Psyche tun kannst. Bitte versuche, Dir psychologische Unterstützung zu holen, frag Deinen Hausarzt nach einem Psychologen oder Psychiater, oder erkundige Dich, ob es in deiner Stadt eine Kinder- und Jugendpsychiatrie gibt. Keine Sorge, Du musst nicht in die "Klapse", die helfen Dir auch ambulant. Wichtig ist, dass Du in dieser Situation nicht alleine bist, dass Du die Möglichkeit hast, zu reden, und die Bilder in Deinem Kopf wieder zu sortieren.
Gibt es einen erwachsenen Menschen - über 30! - in Deiner Umgebung, Onkel, Tante, Lehrerin, Pfarrer o.ä., jemanden, den Du gut kennst und zu dem Du Vertrauen hast, der Dir helfen kann auf der Suche nach einem Psychologen oder einer Beratungsstelle? Wenn ja, dann fordere diese Unterstützung ruhig ein. Es ist wichtig, dass Du PROFESSIONELLE Hilfe bekommst.
Aus welcher Stadt kommst Du? In NRW gibt es die Möglichkeit, Jugendpsychologen mit freien Kapazitäten telefonisch abzufragen. Vielleicht ist das auch in Deiner Gegend möglich.
Melde Dich noch mal.
Ich wünsche Deiner Mutter und Dir alles Gute.
Andrea
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  #4  
Alt 31.05.2004, 19:13
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Standard Heile Welt in meinem Kopf... bitte um hilfe

Hab gerade im anderen Forum einen Link entdeckt, der vielleicht auch Dir helfen kann:
www.elternlos.de
Die Seite wird betrieben von jungen Menschen, die auch einen oder beide Elternteile verloren haben.
Liebe Grüße, Andrea
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  #5  
Alt 31.05.2004, 19:35
Gast
 
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Standard Heile Welt in meinem Kopf... bitte um hilfe

erst mal vielen lieben dank für die einträge... bis jetzt.
es hilft mir wirklich weiter.
leider habe ich grade sehr wenig zeit und mir ist jetzt auch nicht
so nach schreiben zumute... aber ich nehme sie mir die tage... versprochen

ganz ganz liebe grüße kitty
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