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AW: Zuhause verstorben
ihr lieben,
meine mama ist zuhause gestorben, am 11.08.09. ich selbst war leider nicht dabei, ich kam etwa eine stunde zu spät. mein papa und mein bruder waren aber bei ihr und sie haben mir versichert, dass sie ruhig und friedlich eingeschlafen ist. mamas erkrankung, bsdk, war für uns alle eine schmerzvolle zeit und eine schmerzliche, weil hilflos gegen die krankheit stehend, erfahrung. die diagnose bekam sie im februar, anfang märz wurde sie operiert. danach reha bie eine woche nach ostern. danach durfte sie heim, sollte sich erholen und danach mit der chemo anfangen. die chemo brachte mehr kummer als segen und so haben wir mit mama zusammen entschieden die chemo abzubrechen. ihr und uns war klar, dass sie bald wird sterben müssen. "aber ihr schickt mich nicht ins krankenhaus", das war ihr wichtig und wir versprachen ihr, dass sie zuhause würde sterben können. was wir damals nicht geahnt hatten war, dass wir es vielleicht nicht schaffen würden, sie zu hause zu pflegen und welch ein kampf es um jedes einzelne hilfsmittel geben würde. nicht, dass wir es nicht bekommen hätten...aber es dauerte wochen und so haben wir letztlich alles selbst organisiert und gezahlt (welch glück, dass wir das konnten). die hauptlast lag bei meinem papa. ich selbst wohne 200 km entfernt, mein bruder zwar im gleichen dorf wie meine eltern aber er musste halt wie ich auch arbeiten. mein chef keine hilfe, urlaub gab es nicht. und so bin ich nach der arbeit zu mama gefahren, hab sie mit papa versorgt, bin früh morgens wieder nachhause, hab nach den mädels gesehen, zur arbeit, zu mama...und das über wochen hinweg. wir haben es geschafft, irgendwie und in solchen situationen wächst man auch über sich hinaus. einmal noch hatten wir eine schwere entscheidung zu treffen. mama hatte sich furchtbar wund gelegen, mehrere offene stellen an rücken, steißbein und po. unser hausarzt (immer zur stelle, egal on nachts oder tagsüber) meinte, dass es fast nicht mehr möglich sei, diese wunden zuhause zu versorgen und fragte uns, ob wir mama nicht besser in eine klinik bringen wollten. mama schaute mich nur an.....dann meinen papa. sagen konnte sie nichts. papa und ich blickten uns an, dann zeitgleich meinten wir "wir packen das". wir haben es gepackt. immer weinend, weil es mama schrecklich weh tat, wenn wir sie verbunden haben aber wir haben es geschafft...papa oft allein. die damen vom pflegedientst sollten es machen, aber es war nicht so, wie wir es wollten. nicht, dass sie es schlecht gemacht hätten, sicher nicht. papa, meinem bruder und mir war es einfach zu lieblos. urlaub genommen, mein bruder und ich (hat mich den job gekostet) und von da an waren wir dafür zuständig. es war schwer, ohne frage. zu all dem kam ja auch noch, dass mama zusehends weniger konnte. waschen, füttern, das alles haben wir schon lange gemacht. irgendwann war der tag gekommen, da konnte sie nicht mehr vom bett auf den clostuhl. das war immer ihr horror gewesen, das, wovor sie die meiste angst hatte. es war meine älteste, damals 16, die der oma all ihre ängste nahm. "wo ist dein problem?", fragte sie "du bei mir, ich bei dir. einziger unterschied ist die größe der windel". da musste die oma lachen und das problem war gelöst. sicher war es komisch der eigenen mama den po zu wischen, sie zu windeln aber es war es nur beim ersten mal. danach war es einfach so, wir machten unsere witzchen. dabei war es egal, ob mein papa, mein bruder oder ich es machten oder eben auch meine tochter. es war normal, es gehörte dazu und niemand fand es befremdlich. mama war manchmal traurig, dass sie es nicht mehr alleine schaffte aufs clo zu gehen, das sah man ihr an aber sie war wohl auch froh, dass wir es machten..... als ich das letzte mal ihre windeln gewechselt habe meinte sie, dass ich es nicht mehr würde machen müssen.... sie wusste, dass ich für ein paar tage weg musste und wohl auch, dass sie sterben wird. wenn ich zurückblicke muss ich sagen, dass ich frog bin, dass mama zuhause sterben konnte, dass sie da war wo sie sein wollte, da wo all ihre liebe zu uns und unsere liebe zu ihr sichtbar war. ich bin unendlich dankbar, dass wir ihr ihren wunsch erfüllen konnten. unendlich dankbar bin ich auch meinem papa, meinem bruder und meinen kindern. ohne sie wäre es nicht möglich gewesen. mein paps hat übermenschliches geleistet, war sich für nichts zu schade und im stillen hab ich ihm versprochen, dass auch er zuhause wird sterben können, wenn es sein wunsch ist und wir es schaffen. viel gehört dazu, nicht nur die angehörigen und ein super hausarzt, sondern eben auch das glück, dass eine medizinische versorgung zuahsue überhaupt gewährleistet ist. ich danke gott dafür, dass es bei uns so war. mollie |
#2
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AW: Zuhause verstorben
Zuerst möchte ich allen neuen Beitragschreiberinnen hiermit mein aufrichtiges Beileid aussprechen.
Ich finde es gut, dass dieser Thread, in dem durch die verschiedenen Beiträge die Grenzen menschlicher Belastung thematisiert werden, wieder aktiviert wurde. Liebe Ingrid, es gibt bestimmt verschiedene Wege des Abschieds, aber in dem betreffenden Moment gibt es für die Begleitenden eben nur diese eine Situation. Man will sich nicht von seinem Angehörigen trennen, man muss es aber, das wie ist nicht frei wählbar. Wenn ich über die erzwungene Trennung von meinem Mann nachdenke, wünschte ich mir im Nachhinein, ich wäre innerlich freier damit umgegangen, aber zu dem Zeitpunkt seines Sterbens war mir das nicht möglich, ich fühlte mich ohmächtig. Liebe Anni, gerade habe ich nochmal deinen Beitrag von vor einem Jahr gelesen. Leider musstest du auch die Erfahrung der Sterbebegleitung machen - bei dem eigenen Kind. Ich möchte dir ganz besonders mein Mitgefühl aussprechen. |
#3
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AW: Zuhause verstorben
Mein Lieber Papa ist leider nicht zuhause gestorben, ob es wirklich ein "leider" ist, darüber bin ich mir immer noch nicht sicher...
Der Prozess des Sterbens ging unglaublich schnell, wenn ich bedenke, wie es hätte sein können, war es alles im allem "angenehm" soweit man es so sagen kann.... Zwei Jahre hat er mit seinem zweiten nicht mehr heilbaren Tumor gelebt, es waren zwei gute, schöne Jahre, zwei Jahre, in denen er vieles getan hat, was er wollte, Mama und er sind in Urlaub gefahren, die orte ihrer Hochzeitsreise haben sie besuch, bei seiner Schwester war er für ein paar Tage, er hat das gemacht was er wollte, wenn es ihm Möglich war, und das meiste war für ihn sowohl körperlich und seelisch machbar! Drei Wochen vor seinem Tod ist es in Krankenhaus gekommen, weil es aus seinem Luftröhrenschnitt geblutet hat, die diagnose: Metas im Lungengewebe und auf der Haut, einen Tag später ist es wieder nach Hause gekommen, auf eigenen wunsch, zuhause hatte er dann Luftnot, der Notarzt war da und er ist wieder ins Krankenhaus gekommen.....da war er dann ca. zwei wochen, insgesamt mit vielen Diskussionen darüber, ob er noch nach Hause darf/ kann....die Ärzte hatten ihm davon abgeraten, er wäre aber so gerne nochmal nach Hause gekommen und Mama hätte ihn jeden Wunsch erfüllt, egal wie abwägig er wäre, letztenlich konnte ich sie und die ärzte Paps davon überzeugen, das es nicht möglich ist, die Alternative: Hospiz..... Dort war er sechs tage..... Das Hospiz, war die beste Möglichkeit, die medizinisches Versorgung war gesichert, die Schwestern und Pfleger waren unglaublich herzlich, sie hatten Zeit für ihn und sie hatten Zeit für uns, nichts war hektisch, nichts war wichtiger als das Wohl der Sterbenden und der Angehörigen....ich war gerne dort, es war auf seine weise "schön" dort, wir konnten die Zeit die wir da waren voll und ganz miteinander genießen und erleben und für mich hatte ich zuhause einen Zufluchtsort, an dem ich mich fallen lassen konnte! Ich weiß nicht wie es gewesen wäre, wenn er zuhause gewesen wäre, ich denke die ewige angst davor, das er vor unseren Augen und bei vollem Bewusstsein ersticken könnte, und wir tatenlos daneben stehen müssten, hätte uns jeden schlaf und jeden nerv gekostet, er war dort in guten Händen, wenn er etwas brauchte gegen schmerzen, etwas zum schlafen oder sonstiges, hat er es sofort ohne große umschweife bekommen...es war richtig, denke ich.... |
#4
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AW: Zuhause verstorben
@ Geske - Danke das Du den Überblick behalten hast.
Ich hatte gar nicht mehr daran gedacht, dass ich hier bereits geschrieben hatte. Irgendwie kam mir der Thread neu vor. Ist wahrscheinlich zu viel passiert in dem Jahr. Gruß Anni
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Prinz Tulpe 19.01.2001 - 12.07.2009 Für immer in meinem Herzen.
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#5
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AW: Zuhause verstorben
Ich finde es gut. dass du das gemacht hast. Es ist nicht einfach. Mein Mann ist im Krankenhaus verstorben und ich war nicht da. Das belastet mich noch immer. Bei meinem
Vater vor zwei Wochen habe ich es anders gemacht. Er wollte keinen Arzt und auch nicht ins krankenhaus. Meine Mutter und ich haben ihm diesen wunsch erfüllt. Es war eine schwierige Nacht. Er war sehr unruhig. Ist dann aber um 5 Uhr morgens eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht. Ich hatte endlich einmal das gefühl etwas richtig gemacht zu haben. Es war sehr schwer, aber am Ende hat man auch ein gutes Gefühl, jemanden nicht aus hilflosigkeit abgeschoben zu haben, sondern den Sterbeprozess auszuhalten. Meine Mama ist im Moment im Krankenhaus. Sie ist mir einfach zusammengebrochen. Ich will auch sie nicht noch verlieren. Ist im moment alles ein bißchen viel. Lg Conny
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Francis *11.09.49 + 16.03.2009 Nichts wird mehr sein wie es war. Wir suchen dich oft und hatten gehofft, die Tür geht auf. Du kommst herein und alles wird wie früher sein. Wenn Liebe könnte Wunder tun und Tränen Tote wecken, so würde dich schon lang nicht mehr die kalte Erde decken |
#6
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AW: Zuhause verstorben
Hallo!
Am Samstag den 6.03.10 um 20:40 Uhr ist meine Omi verstorben. Sie starb zu Hause, wie sie wollte. Im Juli 2007, kurz vor meiner Hochzeit, stellte man einen großen Tumor im Bauch fest. Nach einer OP stellte man jedoch fest, das der Tumor so sehr mit der Bauchdecke und Organen verwachsen war, das er nicht entfernt werden konnte. Die Ärtze gaben ihr ca. ein halbes Jahr. Meine Oma war ein Mensch der nie zum Arzt ging. Nur dann wenn es wirklich nicht anders ging. Sie bekam dann Chemo, brach diese aber ab, da es keinerlei Wirkung zeigte. Im Gegenteil: Der Tumor im Bauch wuchs zwar langsamer, aber dennoch stetig. Ausserdem hatte sie nun auch Metastasen im Gehirn. Sie entschied sich zum Abbruch um die wenige Zeit die sie noch hatte möglichst zu geniessen. Sie nahm stark ab und sah dabei aus (wie sie selber immer scherzte) wie eine Hochschwangere. Sie hatte immer starke Schmerzen, nahm Schmerzmittel. Irgendwann ging es dann rapide Bergab. Ein toller Pflegedienst kam zum Schluss 8 (!!) mal am Tag, auch öfter, wenn es sein musste. Sie riefen sogar an, um sich zu erkundigen. Mein Vater und mein Opa pflegten sie mit Hilfe des PD zu Hause. Kümmerten sich aber nebenbei um einen evtl. Hospizplatz. Davor hatte sie Angst und ich bin froh, das sie dort nicht mehr hin musste. Am Donnerstag (04.03.10) war sie kaum noch ansprechbar. Sie fantasierte und rief nach ihrer Mutter und Schwester (beide sind schon verstorben). Nun bekam sie dann auch Valium zum Entspannen. Sie hat gekämpft. Sie wollte nicht sterben und hatte Angst. Am Freitag stellte man fest, dass sie nun auch Wasser in der Lunge hat. Samstagabend dann, rief die Pflegerin an und sagte uns, dass meine Oma für die Nacht vorbereitet sei, Spritzen ging gut. Gegen die Spritzen wehrte sie sich mit aller Kraft. Es ist der Wahnsinn, was für Kräfte sie entwickelte, obwohl sie so schwach war. Ca. eine Halbe Stunde später rief mein Opa an und sagte, dass sie atemaussetzer hätte und mein Vater sofort kommen sollte. Er ist sofort los. Wir waren gerade zu Besuch bei ihm. Ich konnte nicht mitfahren. ICh hätte mit dieser Situation nicht umgehen können und mache mir deswegen große Vorwürfe. Vielleicht hätte sie gewollt, das wir da sind. Wir wohnen ca. 10 Minuten von meinem Vater weg. Wir waren kaum daheim, da rief er auch schon an und sagte uns das sie nun gestorben sei. Ich wusste die ganze Zeit, das dieser Augenblick kommen würde. Habe aber immer gedacht "nein, nicht meine Omi, das passiert uns nicht", wahrscheinlich zum Schutz. Ich bin unendlich traurig, das sie nicht mehr bei uns ist. Ich kann kaum aufhören an sie zu denken, nicht mal bei der Arbeit. Ich denke immer, es ist doch noch gar nicht so lange her, als wir als Kinder mit ihr durch den Garten getobt sind und jetzt ist sie weg. Ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll und ich weine viel. Es macht mich wahnsinnig, das sie nicht friedlich gestorben ist, sondern es nie wollte und sich nie damit abgefunden hat. Ich habe seit Samstag eine Menge abgenommen, weil ich kaum essen kann. Ich hab ihr einen Brief geschrieben, der in ihren Sarg kommt. Dort sind auch einige Fotos drin. Das ist meine Art der Trauer. Allen hier möchte ich mein tiefstes Mitgefühl und Beileid ausdrücken. Ich hoffe, der Schmerz hört irgendwann auf. Eure Tiamii Geändert von Tiamii (10.03.2010 um 14:33 Uhr) |
#7
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AW: Zuhause verstorben
Liebe neu Hinzugekommenen,
ich möchte Euch zu dem gerade erst entstanden Verlust Eurer Angehörigen mein Mitgefühl aussprechen. Zitat:
mit Deiner Aussage hast Du wahrscheinlich vielen aus dem Herzen gesprochen. Weil Sterben öffentlich gern als friedlich dargestellt wird, empfinden wir den Todeskampf als besondern dramatisch. Noch mehr als den Tod fürchten wir ein qualvolles Sterben unserer Lieben miterleben zu müssen. Leider kann da auch die Medizin nicht alle Probleme lösen. Deshalb finde ich es für mich hilfreich, wenn Angehörige reale Situationen schildern, auch um Betroffenen den großen Druck des "Idealfalls" zu nehmen. Eure Geske |
#8
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AW: Zuhause verstorben
Zitat:
"Friedlich" zu sterben wünscht sich jeder Mensch für sich, und Angehörige wünschen es sich für die geliebten Menschen, die sterben müssen. Klar, diese Vorstellung nimmt etwas von der Grausamkeit des Todes. Aber eigentlich ist es absurd, dieses "friedliche" Dahinscheiden zu erwarten. Normalerweise will kein Mensch sterben, und er wird sich bis zuletzt dagegen wehren. Auch "instinktiv" bzw. schon rein körperlich. Was du von deiner Oma schreibst (Wasser in der Lunge, Atemaussetzer) z.B.: Ersticken ist eine der grausamsten Todesarten überhaupt. Und dagegen wehrt sich der Körper instinktiv mit aller Kraft. Wenn die Atmung behindert ist, ist für den Körper Alarmstufe rot. Und er schlägt mit aller Kraft um sich, um das Unheil noch abzuwenden. Jeder, der mal einen Asthma-Anfall hatte, weiss, welche Panik reflexartig entsteht, wenn man nicht mehr genug Luft bekommt. Dagegen kann man Menschen mit Argon, Stickstoff, Helium usw. (irgendwas geruch- und geschmackloses ohne Sauerstoff) problemlos vergasen, sie werden nach 30 Sek. bewusstlos und sterben nach 5 Min. den Hirntod - absolut friedlich, ohne Gegenwehr. Warum? Weil unser Körper "Lebensgefahr" nicht signalisiert, wenn er atmen kann - ob er nun Sauerstoff oder Helium atmet, ist ihm "egal". Er reagiert nur auf physische Behinderung der Atmung und auf zuviel CO2 in der Atemluft panisch. Alles andere nimmt er ohne Reaktion hin. Worauf ich damit hinaus will: es ist m.E. eine Illusion zu glauben, dass ein "friedliches" oder "wehrhaftes" Sterben darauf schliessen lassen, ob ein Mensch "in Frieden geht" oder "noch nicht bereit" ist. Sterben wollen die alle nicht, und wenn schon, würden sie alle am liebsten friedlich sterben. Aber das ist leider nicht jedem gegeben. Viele Grüße, Stefan |
#9
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AW: Zuhause verstorben
Hallo Mollie,
ich empfinde das ähnlich wie du, da gibt es einige Parallelen. Meine Frau hatte auch das Glück, Zuhause sterben zu können, so wie sie das wollte. Sie lag lange in der Klinik, und es war klar, dass sie sterben wird. Die letzte Chemo wurde abgebrochen, erfolglos, die Metas wuchsen weiter. Sie wollte keine Behandlung mehr, ausser der palliativen. Essen konnte sie nicht mehr, die künstliche Ernährung über den Port hat sie abgesetzt, vertrug sie nicht, musste davon nur dauern kotzen. Also war klar, dass sie in absehbarer Zeit verhungern wird (hatte eh schon 30 kg abgenommen), wenn der Krebs nicht schneller ist. Also nur noch per Port Flüssigkeit, Morphiumpumpe und ein paar Medis gegen Übelkeit usw. Zitat:
Mit den Hilfsmitteln war es bei uns genau so wie bei dir. Als die Morphium-Pumpe für meine Frau endlich da war und der Entlassungstermin aus der Klinik feststand, war Zuhause nichts. Kein Galgen, keine Dekubitus-Matratze, kein WC-Stuhl, kein gar nichts. Die Kasse sagt: das ist bewilligt, kein Problem. Der Lieferant vor Ort sagt: wir haben noch keine Kostenübernahmebescheinigung der Kasse, wir dürfen nicht liefern. Ich sage: liefern sie, und zwar sofort. Morgen kommt eine Frau nach Hause. Mir scheissegal, ob das dann die Kasse bezahlt oder ich selbst. Kann ich mir zum Glück leisten. Zitat:
Es war eine extrem stressige Zeit. Und das schlimmste war für mich nicht die Sorge um und die Pflege meiner Frau, sondern der ständige Kampf gegen bürokratische Windmühlen. Wenn man 10 mal täglich telefonieren muss wegen irgendeinem Sche*ssdreck, mit Kasse, Klinik, Lieferant, und alle immer das selbe sagen: ja, tut uns schrecklich leid, aber solange wir Formular xyz nicht vorliegen haben, können wir leider gar nichts, sie verstehen, der Gesetzgeber... und nichts geht voran - dann ist man irgendwann fertig mit den Nerven. Dass wir es trotzdem geschafft haben, dass meine Frau Zuhause sterben durfte, zwar nicht "friedlich", aber in Ruhe und in ihrer gewohnten Umgebung, die sie liebte, mit den Menschen, die ihr wichtig waren... das grenzt schon fast an ein Wunder. Weil die Gesundheitsbürokratie alles getan hat, um das zu verhindern Nein, sicher nicht böswillig. Sondern einfach 100%ig bürokratisch, völlig desinteressiert an der Sache und absolut formal korrekt den Vorschriften folgend. So ist das halt in Deutschland. Geld ist kein Problem, die Kasse zahlt schon. Aber die Bürokratie ist endlos und unmenschlich. Vorsicht, jetzt kommt ein völlig abwegiger und unlauterer Vergleich: aber als meine Frau im Sterben lag, mit dem ganzen Ärger drumrum, war mir plötzlich etwas klar, was ich im Geschichtsunterricht nie verstanden habe: wieso man in Deutschland vor langer Zeit Mio Menschen ausgrenzen, diskriminieren, verhaften, quälen und schließlich vergasen konnte. Ohne dass einer was "gemerkt" hat, und ohne dass nachher irgendeiner Schuld daran war. Klar, das war bürokratisch perfekt organisiert. Jeder hat nur das getan, was "der Gesetzgeber" von ihm verlangt hat. Menschliche Schicksale sind Bürokraten egal. Hauptsache, das Formular B2x ist da und von einem Vorgesetzten unterschrieben. Dann leitet man den Antrag halt an die zuständige Stelle weiter. Wenn nicht, dann nicht. Was das für die Betroffenen heisst, wird ausgeblendet. Kann man nichts für. Wir sind ja alle nur kleine Rädchen in einer großen Maschine, und wir persönlich sind niemals für irgendetwas verantwortlich. Viele Grüße, Stefan |
#10
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AW: Zuhause verstorben
Hallo Stefan,
Ich kann deine Erfahrungen nur bestätigen. Mein Mann lag 2 Wochen mit einer Lungenentzündung im Krankenhaus. Er hatte zuvor 20 kg. abgenommen. Ich redete jeden Tag mit den Ärzten und dem Pflegepersonal weil er einfach nichts essen konnte. Die Antort war immer die gleiche: Ihr Mann verhungert schon nicht. 2 Tage vor seiner Entlassung bekam er dann endlich einen Port für die Ernährung. Natürlich hatte er zuvor nochmal richtig abgenommen. Es wäre ein Leichtes gewesen ihn in den 2 Wochen Krankenhaus von Anfang an über Port zu ernähren. Als er nach Hause kam hat es fast eine Woche gedauert die Portnahrung zu beschaffen. Unser Hausarzt sagte es wäre eine Ausnahme,daß er die Nahrung ambulant verschreibe! Du kannst Dir wohl vorstellen was da von einem Menschen noch übrig bleibt. 2 Tage vor seinem Tod mußte ich ihn wieder ins Krankenhaus bringen. (Pflegedienst hat den Notarzt gerufen) da ich sonst keine Hilfe hatte mußte ich leider zustimmen. Das erste was er im Krankenhaus bekam war Portenährung obwohl klar war daß es nicht mehr lange dauern würde. Nach einem Tag Port weg Morphiumpumpe dran 12 Stunden später war er tot. Dazu muß man wohl nichts mehr sagen. liebe Grüße Ingrid |
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