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  #121  
Alt 24.10.2010, 21:50
Claudia1982 Claudia1982 ist offline
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Standard AW: Gedanken einer Angehörigen

hallo mädels,

nun ist das we schon fast vorbei und es gibt nichts neues bei mir. mein dad meinte heute zu mir: selbst wenn ich am bosen liege, gib du niemals auf...

ich habe so mit meinen tränen gekämpft, warum sagt er sowas?

manchmal schäme ich mich... wenn ich hier lese was ihr durchmacht oder schon hinter euch habt, kann ich eigentlich sehr froh darüber sein, dass es meinem vater eigentlich noch so gut geht. aber umso mehr angst habe ich vor dem was noch kommt und wie ich damit umgehen kann...

ich bin bei euch und denke an euch!!!!

kraftpakete rüber schieb
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  #122  
Alt 25.10.2010, 14:54
sarahAndrina sarahAndrina ist offline
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Standard AW: Gedanken einer Angehörigen

hallo zusammen ...

ich versuche mich "normal" auszudrücken aber es geht irgendwie nicht mehr. ich habe nun begonnen solche "erzählungen" oder wie man dem auch immer sagen will zu verfassen. Ich hoffe ihr könnt mich so auch verstehen;

Wenn eine Krebsdiagnose in das Leben von einem tritt verändert sich alles. Und wenn es sich nicht verändert, dann änderst du dich und nur darum hast du das trügerische Gefühl, dass sich nichts um dich herum verändere. Ich habe Angst vor dem was kommt. Angst vor jeder neuen Minute auf dem Weg dorthin. und all die Vorhaben die man sich in dem romantisch, jungen Kopf ausgemalt hatte sind irgendwie nicht mehr hilfreich und richtig, sondern schreiend und doof. Diese Bücher mit all den vielen Flussbildern oder steinen an einem Seeufer oder so auf der Titelseite sind ja auch so gut gemeint, und gut gemeint ist vieles, aber halt nicht gut. Gemein? Oh ja, man wird, wirklich böse und gemein. und nicht nur ich als Angehörige sondern auch der Patient selbst. Ja wie soll man auch ohne Groll ein solches Schicksal entgegennehmen? Ich stelle mir immer wieder die Person auf dieser Welt vor, die mit einem demütigen Lächeln eine solche Diagnose entgegennimmt und die "guten Seiten" daran sieht. Ich bin überzogen es gibt die, schlimm genug für mich, so wird mein eigenes, undemütiges Fehlverhalten nur noch banaler. Aber ich will nicht nicht so elend absolut von meinen Emotionen sprechen - in dieser Sache nämlich - der Sache mit dem Krebs - da ist sowieso nichts wie es scheint - schon gar nicht endgültig. Ausser das Ende, und das ist nicht gültig, wenn man Hoffnung geben und haben soll. Diese verflixten Emotionen also, die springen wie junge Grashüpfer, rauf und runter, links und rechts - aber nie in einem Muster, sonst könnte man die Dinger ja mal noch einfangen. Nein, die Viecher sind unberechenbar. Man kommt, vor allem, als Angehöriger sowieso langsam aber sicher zu einem einzigen Schluss - ohne diese Emotionen wäre vieles hilfreicher um zu setzen. Die Vorhaben von einem Beistehen sind nämlich mit Emotionen fast unerfüllbar. Wenn einem der Atem stockt, wenn die Augen von dem Geliebten tiefer liegen als sie sollten, wenn der Geruch nicht mehr der ist den man schon immer kannte, wenn dann das Sprachzentrum im eigenen Hirn vor lauter Trauer nicht mehr funktioniert - dann kann mir niemand sagen, dass es ohne Emotionen nicht einfach besser wäre. Für alle. Vor allem doch auch für den Kranken. Diese Furcht vor dem Dings in einem, die muss doch erstickend sein. Ich mutmasse nur, weil aus Erzählung kann man so schlecht etwas ziehen. was richtiges, weil wenn es erzählt werden musste, waren wir nicht dabei oder haben so was auch gar nie erlebt - kann man also schlecht wiedergeben. Ich hasse die Ruhe vor dem Sturm, die Ruhe wenn eine Diagnose ausgesprochen wird, die Ruhe wenn eine Infusion in die Adern tröpfelt, die Ruhe wenn die Ärzte auf einen Blutwertebogen starren, die viele viele Ruhe die ein Kranker braucht. Ist wohl keine Ruhe, mehr so eine Stille, so ein angehaltener Atem oder kraftloses Ein und Ausatmen. Ich will dann am liebsten auch in einem Krankenbett liegen und eigentlich gar nicht mehr so viel mitbekommen. Am liebsten wäre mir also so ein bisschen Koma mit Rekonvaleszenten Phase - tönt Pietätlos, ist es auch. Pietät ist was für Gesunde und Hoffnungsvolle. Am liebsten mag man an einem solchen Punkt wie der unser im Leben, die Pietätvollen Hoffnungsträger. Da kommt die verzweifelte Bosheit wieder zum Zug. Und wenn die kommt, zeigt sich eigentlich die Verzweiflung über all das Geschehen. Eigentlich ist einer meiner grossen Grashüpfer die Verzweiflung. Ver - steht dann für das Geschehene, die Vergangenheit und der Zweifel für den roten Faden in den Gedanken und das Ung- ist dann wohl einfach was - keine Ahnung - etwas worüber ich mir keine Gedanken gemacht habe. und auch gar nicht will. Ja, man wird wählerisch mit seinen "zu - führenden " Gedanken. Es werden einem, ja so viele gut gemeinte Aufforderungen NOCH EINMAL einen bestimmten Gedanken zu durchdenken, so lange noch bis das endgültige noch nicht eingetreten ist an einem subtil herangetragen . Man hört ja auch immer wieder, wenn man sich schon jetzt mit dem Abschied und dem Tod des geliebten Menschen "auseinandersetzt" sei es DANN nicht so schlimm. Ich komme mir also mit all meinen "gut - habe - ich - sie - jetzt- schon- mal - zugelassen - und - durchdacht - Gedanken" vor wie ein Eichhörnchen dass sich mit vielen Nüssen auf den kalten Winter vorbereitet hat. Kann man sich einen Gefühlsairbag hamstern? Ich hoffe es. Er ist so müde und erschöpft und er sagt immer er will nicht mehr kämpfen und habe keine Angst zu gehen. Er wolle nur nicht noch länger leiden und liebe uns, sehr ja, aber so sei es doch kein Leben mehr. Ob er an ein Leben danach glaube, dass sei nicht so einfach zu beantworten aber klopfen, dann wenn er gestorben sei, dass werde er in der Nacht drauf an meine Wände. Wenn ich später einmal wieder glücklich werde und mit einem Lächeln an Ihn zurückdenke, könnte ich ja dann diese Urne mit seiner Asche auf den Kaminsims stellen. Vielleicht wäre ja dann auch mein Mann neben mir und würde auch so lächeln und an ihn denken. oder die Kinder vom Grossvater sprechen. Wohl eher nicht, wie auch. wenn meine ganze Zukunft ihn gar nicht mehr kennenlernen kann. Das ist meine schlimmste Selbstmitleids-Falle : darüber nachdenken dass mein Vater wohl nie meine grosse Liebe, mein Kinder, mein Erfolg, meine neugewonnenen Erkenntnisse etc. mitbekommt. Aber breit treten muss ich das hier ja nicht. Sonst wird der Grashüpfer "Verzweiflung“ nur wieder übermächtig und sieht aus wie ein Pferd mit hässlich, grünen Beinen. Pfui Teufel. Und der, der kann mir gerade auch gestohlen bleiben.
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  #123  
Alt 25.10.2010, 15:15
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Karolinchen Karolinchen ist offline
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Standard AW: Gedanken einer Angehörigen

Zitat:
Zitat von sarahAndrina Beitrag anzeigen
Die Vorhaben von einem Beistehen sind nämlich mit Emotionen fast unerfüllbar. Wenn einem der Atem stockt, wenn die Augen von dem Geliebten tiefer liegen als sie sollten, wenn der Geruch nicht mehr der ist den man schon immer kannte, wenn dann das Sprachzentrum im eigenen Hirn vor lauter Trauer nicht mehr funktioniert - dann kann mir niemand sagen, dass es ohne Emotionen nicht einfach besser wäre. Für alle. Vor allem doch auch für den Kranken. Diese Furcht vor dem Dings in einem, die muss doch erstickend sein.
ISt sie auch, das hat mein Papa mir selbst gesagt. DAs Schlimmste an allem war das Gefühl, dass der Krebs ihn von innen vergiftet und auffrisst, während es ihm immer schlechter geht
Du sprichst mir so sehr aus der Seele, und diese Sprachprobleme kenne ich selbst, ich konnte zeitweise die einfachsten Worte nicht finden oder ausdrücken, hatte richtige Sprachprobleme und war sehr erschrocken darüber. Ich dachte ich wäre alleine damit.
Zitat:
Zitat von sarahAndrina Beitrag anzeigen
Ich will dann am liebsten auch in einem Krankenbett liegen und eigentlich gar nicht mehr so viel mitbekommen. Am liebsten wäre mir also so ein bisschen Koma mit Rekonvaleszenten Phase
DAs habe ich mir für meinen Papa auch gewünscht und ich selbst hätte es dann auch am Liebsten so!!!
Zitat:
Zitat von sarahAndrina Beitrag anzeigen
Ja, man wird wählerisch mit seinen "zu - führenden " Gedanken. [...]
Kann man sich einen Gefühlsairbag hamstern? Ich hoffe es.
ICh bin nicht sicher ob man das kann... Ich glaube nicht. Momentan scheint es bei mir geklappt zu haben, aber irgendwie nur oberflächlich, denn ich habe Panikattacken in der NAcht und Albträume, und weil ich nicht in der Lage bin aktiv zu trauern, ich bin einfach nur noch ein Roboter ohne Gefühle, wird es mich wohl irgendwann einholen oder ich darf nie mehr GEfühle zulassen. Ich werde das alles aufarbeiten müssen. Weil ich jetzt nicht weinen KANN. Nicht mehr. Ich habe dafür zuviel gesehen wo ich mich zusammen reissen musste. Für Papa. Damit er keine Angst hat. Und weil ich es anders nicht geschafft hätte ihn zu pflegen und ihm Mut zu machen.
Zitat:
Zitat von sarahAndrina Beitrag anzeigen
wenn meine ganze Zukunft ihn gar nicht mehr kennenlernen kann. Das ist meine schlimmste Selbstmitleids-Falle : darüber nachdenken dass mein Vater wohl nie meine grosse Liebe, mein Kinder, mein Erfolg, meine neugewonnenen Erkenntnisse etc. mitbekommt.
DAs ist bei mir GENAU dasselbe. Genau darüber denke ich auch nach. Aber auch ich lasse die Verzweiflung nicht zu, will mich nicht geschlagen geben. Leider geht es mir damit auch nicht so gut
__________________
Papa (20.12.1949-03.10.2010) -
die Zeit die ich mit Dir haben durfte war schön, ich wünschte Du hättest mehr davon gehabt - ich hoffe es geht Dir besser da wo Du jetzt bist! Und ich hoffe Du kannst mich von irgendwo noch sehen und an meinem Leben teilhaben, wenn Deins schon so plötzlich enden musste .
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  #124  
Alt 25.10.2010, 16:46
vis_a_vis vis_a_vis ist offline
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Standard AW: Gedanken einer Angehörigen

Hallo zusammen,

die Zeit der Aufregung und Anspannung geht weiter. Nach 30 Bestrahlungen ist meine Frau nun total erschöpft. Morgen fahren wir zur "Belohnung" in ein Konzert mit David Garrett.

In der Ruhephase von 6 Wochen werden einige Dinge zu erledigen sein, ehe es ernst wird. Im November folgen noch MRT als Danachaufnahme (nach der Bestrahlung) zum Vergleich. Dann folgt der erste direkte Kontakt im Sarkomzentrum zur Vorstellung. Am 9. Dezember beginnt dann der stationäre Teil in Berlin.

Bis dahin ist hofffen und Bangen angesagt und immer wieder die Sorge.. was ist DANACH

@sarahAndrina
Ich kann dein auf und ab der Gefühle, die Sehnsucht, Emotionen auch mal abschalten zu können, durchaus verstehen. Für Außenstehende ist vieles nicht nachvollziehbar. Von dort kommen die berühmten guten Ratschläge. Hier im Forum ist man unter Gleichgesinnten und das Verstehen, das einander Verstehen ist einfacher. Mir gehen paradoxe Gedanken durch den Kopf... mal mehr mal weniger, mal fühlt als sei man schizophren, kann die Gedanken nicht ordnen, denkt Dinge und fragt sich, ob das erlaubt ist.. und man schämt sich zuweilen seiner Gedanken.

Mit guten Wünschen für alle hier und die nötige Kraft und den Mut, auch mal nicht "normgerecht" zu denken und zu fühlen

vis_a_vis
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Selbst:
ED 06/1998 - Azinuszellkarzinom der Parotis li. 2x OP mit anschl. Transplantation des Nervus suralis als Ersatz des Gesichtsnerves, geblieben ist eine inkomplette Fazialisparese
Ehefrau:
ED 06/2003 - Mamma-Ca OP BET, RT, Chemo, 5 Jahre Arimidex
ED 03/2005 - MDS myelodysplastisches Syndrom, seit 2007 transfusionsabhängig
ED 07/2010 - dedifferenziertes Liposarkom G2 im re. OS, Bestrahlung erfolgte, OP am 10.12.2010
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  #125  
Alt 25.10.2010, 17:42
Claudia1982 Claudia1982 ist offline
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Standard AW: Gedanken einer Angehörigen

ich bin wirklich überwältigt. das kenne ich alles soooo verdammt gut. mein bruder hat eine tochter bekommen. der erste enkel der familie. meine kinder wenn ich überhaupt welche haben möchte (um ihnen vielleicht dem gleichen schicksal auszusetzen?!?!?!?) wird mein dad wahrscheinlich leider nie kennenlernen. das geht so nicht gedanken weicht von mir...!

ich denk an euch!!!!!!!!!!!
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  #126  
Alt 26.10.2010, 13:38
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GreenEye1972 GreenEye1972 ist offline
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Standard AW: Gedanken einer Angehörigen

Hallo zurück .... und schöne Grüße von der Dortmunder Autobahn

Seit Sonntag lese ich hier Eure Einträge ... dann gehen meine Finger zur Tastatur, schreiben, löschen, schreiben, löschen ...... ich hab soviele Gedankengänge, aber ich krieg hier nichts sinnvolles geschrieben.

Ich hab meine Mama bedingt durch unseren Wochenendtrip 3 Tage nicht gesehen - gestern bin ich über Ihr Aussehen nur noch erschrocken. Bis auf den innigen schizophrenen Wunsch, "dass es doch vorbei sein möge", habe ich absolute Leere in mir. Ich schäme mich meiner Gedanken nicht, weil ich weiss, dass diese Gedanken nur da sind, weil ich selbst nicht mehr kann. Ich will es nicht mehr mit anschauen, ich will nicht mehr hilflos sein müssen, ich will das alles nicht mehr .....

Sorry .....
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  #127  
Alt 26.10.2010, 16:10
vis_a_vis vis_a_vis ist offline
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Standard AW: Gedanken einer Angehörigen

Hallo GreenEye,

ruiniere dich nicht, weder physisch noch psychisch. Deinen Stress kann jeder hier "begreifen", also im wahrsten Sinne des Wortes fühlen. Das Sprachlossein ist das normalste auf der Welt. Nicht alles Lebensäußerungen kann man in Worte kleiden.
Dennoch geht dein Leben weiter und du wirst sicher selbst noch Träume haben, für die es lohnt zu kämpfen. Lass dich nicht entmutigen und gib vor allem dich nicht auf.

Mit lieben Grüßen und von Herzen gute Wünsche für dich.

vis_a_vis
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  #128  
Alt 26.10.2010, 17:36
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GreenEye1972 GreenEye1972 ist offline
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Standard AW: Gedanken einer Angehörigen

Hallo vis_a_vis!

Danke für Deine lieben Worte! Ich schäme mich immer noch nicht wegen meiner Gedanken, aber ich schäme mich vor Dir! So sehr hier jeder einzelne - jeder auf seine Weise - sein Päckchen zu tragen hat, so können wir wohl alle samt nur von Dir lernen. Nachdem, was Du selbst hinter Dir hast und nun mit Deiner Frau durchstehen musst, bist Du wohl "unser Lebenskünstler" in diesem Thread!
Man kann Dich nur bewundern! Schön, dass Du zu uns gefunden hast!!!!

Träume hab ich im Moment nicht - aber ich erlaube mir zu Wünschen, dass ich irgendwann wieder "normal" leben kann, mit den tagtäglichen Alltagssorgen, die jeder von uns wohl hat. Seit Oktober 2006 (Diagnose Lungenkrebs bei meinem Vater) stehe ich jeden Tag unter Höchstspannung und das ohne Unterbrechung. Seit Oktober 2006 hab ich mich jeden Tag mit dem Sterben beschäftigt und das bis heute. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft die Ärzte und auch ich dachten, dass meine Mom es diesmal nicht schafft. Die nervliche Anspannung und das Wissen um Ihren unheilbaren Zustand (nur eine Frage der Zeit) bringt einem ab und an fast um den Verstand. Alles dreht sich nur noch um diese verdammte Krankheit. Mein Leben, mein Denken, mein Handeln ist nur noch von dieser Krankheit erfüllt. Manchmal gelingt es mir für kurze Zeit aus diesem ewigen Kreislauf zu entfliehen, aber es ist nichts, wovon man wirklich zehren kann. Mein Körper und mein Geist haben sich schon lange zu Wort gemeldet und fordern unbedingt eine Auszeit, aber wer fragt schon nach mir! Ich muss und hab zu funktionieren .... also Augen zu und durch ... und hoffen, dass man noch Lebensfähig ist, wenn alles mal zu Ende ist. Ich weiss, es sind harte Worte, aber es ist noch so ein Gedanke, der mich jeden Tag umhüllt, nämlich das der Tag kommt, wo ich wieder vor diesem verdammten Grab stehen muss, an dem ich schon wegen meinem Paps stand. Dieses Wissen, dass meine Mama schon bald gehen muss und das sich alles wiederholt ...... es macht mich fast wahnsinnig ......

Ich versuche jeden Tag zu nehmen wie er kommt. Manchmal geht es besser, manchmal schlechter ... es ist wie Achterbahn fahren .....

Sag, hast Du ein Geheimrezept, wie man mit sowas umgehen soll? Gibt es eine bestimmte Wickeltechnik für das Paket, dass jeder von uns zu schleppen hat? Ich hab das Gefühl, es werden immer mehr Steine .... die Last wird immer schwerer ......

Liebe Grüße .... ich kann Deine Wünsche für mich nur 100 mal zurück geben!
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  #129  
Alt 26.10.2010, 21:40
Claudia1982 Claudia1982 ist offline
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Standard AW: Gedanken einer Angehörigen

hallo green eye...

wie gerne hätte ich ein paar tröstende worte für dich. da ich aber genaustens weiß, wie du dich fühlst ist eigentlich jedes wort zwar keine verschwendung, aber irgendwie überflüssig. wenn du vor mir stehen würdest würde ich dich einfach still in den arm nehmen mit dir weinen und mit dir schreien!!!

morgen werde ich mit meinem vater zum onkologen gehen, wir werden erfahren was sie mit ihm vorhaben und ich werde neben ihm sitzen und mir wünschen ich wäre ganz woanders, ganz jemand anders, aber das geht nicht so sitze ich also morgen dort und lasse es über uns ergehen und trage es mit fassung bis ich wieder alleine im auto sitze und weine, schreie... weil das alles so verdammt unfair ist.

green ich fühle, leide und denke mit dir, du bist nicht alleine!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
ganz ganz schwereres packet voller kraft zu dir rüber schieb... ich brauchs gerade nicht.

Geändert von Claudia1982 (26.10.2010 um 21:42 Uhr)
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  #130  
Alt 26.10.2010, 22:22
Steffi65 Steffi65 ist offline
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Standard AW: Gedanken einer Angehörigen

Hallo ich auch mal wieder,

Ohh...wie kann ich euch verstehen...wie oft habe ich mir in letzter Zeit gewünscht jemand ganz Anderes zu sein, und ja... auch bei mir dreht sich alles immer nur um diese Scheiss Krankheit.
Ich hasse Arztpraxen und Apotheken und Krankenhäuser.
Ich wünschte mir ich könnte morgen ganz einfach, ohne das sich Gewissen meldet einfach zu IKEAfahren... einfach mal so. Komisch auf was für Gedanken man kommt. Früher hat man das einfach mal so gemacht ohne zu wissen welches Privileg das ist.
ICH WILL WIEDER LEBEN.
Meiner Mama ging es heute so verdammt schlecht, sie schlief nur, ich musste sie aufwecken damit sie ihre Medikamente nimmt aber sie konnte sie kaum schlucken. Ich habe sie dann mit meinem Vater auf den Toilettenstuhl gesetzt, habe ihr Bett zur Nacht fertig gemacht. Mein Vater bekommt sie alleine diese Nacht nicht auf den Sitz sie konnte heute überhaupt nicht mehr helfen.
Er hat eine scheiss Angst das sie nicht in ihre Windel machen will.
OH GOTT erlöse diese arme Frau und erlöse uns.
Ich dachte eigentlich das ich langsam abstumpfe, aber gerade heule ich mir die Seele aus dem Leib.

Gaaanz liebe Grüsse an euch alle

Steffi
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  #131  
Alt 26.10.2010, 23:18
S.Weinrich S.Weinrich ist offline
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Standard AW: Gedanken einer Angehörigen

Ach Maedels ich drueck Euch jetzt.
Komme gerade von meinen Eltern,

Vater ist ein Schatten seiner selbst er hat viele Begleitprobleme, Abfuehren ist ein Problem von vielen....

Er will nicht mehr aber dann wieder doch, Ma geht auf dem Zahnfleisch wir wuenschen uns dass genau so wie Ihr, das Leben zurueck haben !

Ich kann nicht weinen zur Zeit, hatte intensive Momente mit meinen Eltern. Freitag fahre ich wieder hin, mit Hund und. Frettchen war es recht anstrengend
Tja koennt Ihr Euch noch an das Leben vor dem Krebs erinnern?

Wir sind gerne Essen gegangen, mein Vater hat seine Kois gepflegt, er wollt gerne wieder einen kleinen Hund.

Ich habe oft gelacht und ich finde, dass ich in diesen Jahren echt gealtert bin, innerlich...
__________________
Magen Siegelring Ca seit 05.02.2008
Bauchfell Ca, Leber Ca
endlich den kranken Körper verlassen am 05.11.2010
um 7.31h

Du gehst nicht weg, nur voraus!
Danke fuer Alles, ich war da!
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  #132  
Alt 27.10.2010, 13:19
Claudia1982 Claudia1982 ist offline
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oh ja das innerliche altern... ich glaub innerlich bin ich 120 oder so...

ich war heute mit meinem vater beim onkologen wie solls anders sein chemo, soll angeblich gut verträglich mit wenig nebenwirkungen sein...

als er dann zum doc meinte, "bitte helfen sie mir" musste ich mich so dermaßen zusammenreissen, sowas aus dem mund von meinem vater der immer ein koloss war der alles alleine meisterte sucht jetzt hilfe...

ich möchte brechen!!!!!!!!!!!
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  #133  
Alt 27.10.2010, 19:45
vis_a_vis vis_a_vis ist offline
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Hallo zusammen, hallo Mädels traue ich mich nicht zu sagen, obwohl es treffen würde...



das Beste heute zuerst: Wir waren gestern nach Ende des Bestrahlungsturnus im Konzert. Einfach genial! DAVID GARRETT – Rocksymphonie. Meine Frau war begeister und hat für Stunden alles um sich herum vergessen. Also: Ziel erreicht!

Nun zu euch hier: Ich bin KEIN Lebenskünstler, wie GreenEye vermutet. Und niemand hier muss sich schämen, weil der/die andere manches scheinbar besser händelt. Im Gegenteil, ich kämpfe wie ihr an einer besonderen Front im Kampf gegen den Krebs, wohl wissend, dass bei unserer Konstellation das Ungetier die besseren Waffen hat. Und bei zwölfjähriger „Kampferfahrung“ bleibt ohne Zweifel ein Stück eigenes Leben auf der Strecke. Auch ich habe noch Ziele, Träume, Hoffnungen…. Manch einer hätte sich diesen Stress nicht angetan und wäre einfach geflohen. Ich bin geblieben. Täglich erlebe ich alles was mit und durch den Krebs passiert, ja auch Persönlichkeitsveränderungen.

Das verrückte ist, man steht plötzlich in der erdrückenden Situation drin und alle rundrum erwarten, dass man das alles meistert. Ohne vorherige Prüfung, ohne Vorbereitungslehrgang an der VHS, ohne mentale Einstimmung. Es kommt die Diagnose und man stellt ALLES aber auch ALLES in Frage. Warum ich/wir, könnte man sich geirrt haben, wurden gar die Präparate vertauscht… Wie lange hab ich noch zu leben, wie lange darf ich noch… was muss ich noch erledigen, bevor ich gehen kann. Ein Gefühl, plötzlich unabkömmlich zu sein.

Je enger das Verhältnis zum Kranken ist, desto anstrengender ist offenbar auch der Umgang mit der Situation. Trifft es Bekannte oder Kollegen, so ist man relativ weit weg. In der eigenen Familie spielt die räumliche Nähe wiederum eine besondere Rolle. Unsere Kinder wissen, dass Mutter schwer krank ist. Erkundigen sich regelmäßig, trösten Mama… dennoch sind sie weit weg vom Problem und nicht mittendrin. Kinder in der Nähe erfahren die Situation völlig anders. Sie spüren, erleben, fühlen, sehen… ja, sie sind mit allen Sinnen dabei.

Jeder muss sein Rezept finden: Mein Rezept bisher war Höhepunkte schaffen, Etappenziele schaffen und ein Leitspruch:
Dinge die morgen passieren, werden erst morgen entschieden!
Ich kann und will einfach nicht das Planen, was passieren könnte, wenn… Es nimmt Kraft, verzettelt und letztendlich kommt eh alles anders als man denkt.

Aber keine Illusionen. So einfach ist es auch für mich nicht. Ich habe meine Tiefs, meinen Kummer, meine Ängste, meine Wut… alles was ihr auch habt. Mal verkrieche ich mich an den PC, mal in den Garten, versuche mit meiner Kamera auf Pirsch zu gehen und betreue die Homepage unseres Gartenvereins. Auf und ab jeden Tag. Mal mehr, mal weniger.

Das Forum hier ist eine echte Hilfe auch für mich. Einfach mal mitlesen, mitfühlen und sich nicht allein fühlen. Das ist manchmal schon sehr, sehr viel.

Allen hier eine schöne und sonnige Woche


Vis_a_vis
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  #134  
Alt 27.10.2010, 21:04
S.Weinrich S.Weinrich ist offline
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Standard AW: Gedanken einer Angehörigen

Hallo vis,

wollte dich nich ausschließen. Fin ich gut mit dem Konzert.
Bei uns nichts neues..

Lg an alle
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Bauchfell Ca, Leber Ca
endlich den kranken Körper verlassen am 05.11.2010
um 7.31h

Du gehst nicht weg, nur voraus!
Danke fuer Alles, ich war da!
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  #135  
Alt 29.10.2010, 19:28
Steffi65 Steffi65 ist offline
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Standard AW: Gedanken einer Angehörigen

Hallo Ihr,

heute Morgen um viertel vor neun ist das eingetroffen was wir uns alle gewünscht haben. Meine Mama ist gaaaanz ruhig eingeschlafen.
Wir sind traurig und erleichtert zugleich.
Danke GOTTdas du sie auf diese Art erlöst hast.

Viele Liebe Grüße an euch alle
Steffi
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