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  #106  
Alt 06.07.2002, 14:27
Jacqueline Jacqueline ist offline
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Registriert seit: 03.10.2001
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Standard Forum für Angehörige UND Betroffene

Hallo allerseits!

Je länger ich hier mitlese, umso mehr wird mir bewusst, dass ich eigentlich alles gleichzeitig bin :
Angehörige, Hinterbliebene und ein bisschen auch Betroffene.

Mein Sohn war nämlich noch so klein, dass er weder den Sinn und Zweck von irgendwelchen medizinischen Dioagnosen und Massnahmen erfassen konnte, geschweige denn eine Entscheidung treffen - nur zu leben hat er sich immer wieder entschieden, wenn ihn die Chemo oder eine Shunt-Dysfunktion mal wieder an den Abgrund gebracht hat.
Ergo lag es an uns Eltern, speziell an mir als Mutter, mich mit dem Fachthema auseinanderzusetzen, mühsamst Infos zu suchen ( ich hatte da noch kein Internet und die Suche nach Pineoblastom ist auch nicht sehr ergiebig :-/
Ich war immer mit ihm im Spital, ich habe alle Pflegemassnahmen daheim gemacht ( Sondenpflege, Spritzen und der ganze Wust an Medikamenten - das kennt ihr wohl auch....)
Das ging irgendwo über das "Angehörigenstadium" hinaus, denn mich hat seine Erkrankung sicher mehr beschäftigt als ihn - er hat das einfach ganz gelassen und würdevoll ertragen ...)

Gleichzeitig war ich aber Angehörige - machte mir Sorgen, kämpfte mit meiner gefühlten Hilflosigkeit, mit meinen eigenen Ängsten und Wünschen - und mir war öfter danach, einfach wegzulaufen vor Erschöpfung. Dann habe ich David angesehen und ich habe mich nicht mehr getraut.....ich war dann so beschämt ob dieser Kämpfernatur.
Und trotz dem, dass ich hundertfünfzigprozentig für David da war - ich hatte ja noch zwei andere Kinder, einen Haushalt, eine Ehe - und die Entlastung war eher marginal, die wir bekamen.

Und dann war ich irgendwann "Hinterbliebene" - ich mag dieses Wort irgendwie nicht. Es hört sich so kalt und technisch an - und vor allem hört es sich an, als sei David nicht mehr bei mir.....
Doch in meiner Seele, in meinem Herzen, in meiner Persönlichkeit, da ist er und wird immer bleiben.



Ich habe auch hier wieder den Satz gelesen "Es muss das Schlimmste sein, ein Kind zu verlieren".
Für mich, für uns stimmt das so nicht.
Es war für mich immer viel schlimmer, David zu sehen, wenn er von der Hammer-Chemo gequält und vom Hirndruck geplagt, apathisch dalag und keine Berührung mehr ertragen hat, nicht mal mehr ein tröstendes Streicheln - und ich ihm einfach nicht helfen konnte.
Wenn mich meine Hilflosigkeit fast erdrückt hat.
Wenn mein Kind gellitten hat und ich nichts tun kann.
Das hat mich fast zerrissen.

Seinen Tod konnte ich ertragen, dabei musste er nicht leiden und er muss es jetzt nicht mehr.
Wer bin ich denn, dass ich mich darüber beklagen wollte...
Nicht ich hatte diesen Tumor im Kopf, der ins Stammhirn wuchs....


Und ich glaube hierin liegt ein Kernpunkt in der Begleitung von Menschen, die sich mit dem Feind Krebs und damit auch dem Gedanken an eine Unheilbarkeit auseinandersetzen müssen :

Ich muss differenzieren zwischen meinen eigenen Ängsten und Bedürfnissen und denjenigen des Betroffenen....
...und das ist schwierig, weil man sich ganz schön hart ran nehmen muss, um auf diese Suche zu gehen.

Es klingt so einfach, wenn ich heute sagen kann, dass wir uns für Lebensqualität bei David entschieden haben und keine Experimente mehr machten - aber es war ein harter Weg dorthin.
Denn eigentlich wünschte man sich doch verzweifelt, jede noch so kleine Chance zu nutzen, den anderen nicht zu verlieren.

Dieses Annehmen der Situation und den Willen und das Schicksal des Betroffenen über die eigenen Bedürfnisse zu stellen ist nicht leicht - aber man wächst daran und auch hinein.

Dieses Posting sehe ich als ganz grosse Chance, diese zarte Grenze auszuloten.

Liebe Grüsse Euch allen, Jacqueline

Geändert von gitti2002 (22.11.2017 um 00:47 Uhr)
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  #107  
Alt 06.07.2002, 14:46
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Jacqueline *drück*

Genau so.


Jana
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  #108  
Alt 06.07.2002, 18:25
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Hallo,
auch ich bin eine Mitleserin, leider bin ich sowohl Betroffene (Seit einem Jahr Mamma-Karzinom mit Knochenmarkskarzinose) und Angehörige, da meine 87-jährige Mutter einen Tumor im Bauchraum hat, der Leber und Niere umfasst mit Metastasen in der Lunge, in dieser Woche erst festgestellt. Eine Operation ist nicht mehr möglich, man kann ihr keine Therapie mehr anbieten. Nun verhalte ich mich meiner Mutter gegenüber so, wie ich es für mich nie akzeptieren könnte. Ich möchte, dass sie, da sie bei meiner Erkrankung solche Verlustängste hatte und ich ihr nur mit sehr viel Geduld habe nahebringen können, dass die Krankheit für mich nicht den baldigen Tod bedeutet, nun einfach leben kann. Sie wird die Schwäche auf das Alter zurückführen und ohne die Belastung, Krebs zu haben leben. Ich habe kein schlechtes Gewissen, obwohl ich nicht die Wahrheit sage, was mir sonst verhasst ist. Gleichzeitig spüre ich aber den Konflikt, da ich zweierlei Maß anwende. Es wird noch einige Zeit dauern, bis ich das für mich gelöst habe.Ich selbst gehe mit meiner Krankheit offensiv um, ich trage sie nicht vor mir her, gebe aber Auskunft auf Fragen meiner Bekannten und informiere mich permanent durch Bücher und im Internet. Ich dachte, mit dem Problem für mich meist gut zurecht zu kommen, aber jetzt ist meine Situation doch eine ganz andere.
Vielleicht will jemand von euch mir dazu etwas sagen.Ich würde mich jedenfalls darüber freuen, obwohl ich nicht ganz sicher bin, ob ich in die Runde passe, ob der BÄR dazu passt, der gemütlich behäbig sein kann, aber wenn es sein muss auch blitzschnell .
Liebe Grüße
Gabriele
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  #109  
Alt 06.07.2002, 20:01
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Liebe Gabriele,

was wird sie sagen zu einem Zeitpunkt, an dem ihre Beschwerden nicht mehr als altersbedingt zu erklären sind. Wird sie dich nicht fragen, ob du es gewußt hast? Ich weiß nicht. Ich denke egal wie alt, solange der Geist noch fit ist, sollte man wissen dürfen, was los ist. Bei deiner Ma vielleicht weniger, weil sie sich in irgendwelche Therapien stürzen wird, aber vielleicht benötigt sie irgendwann eine Schmerztherapie und die wirst du ihr auch erklären müssen. Vorausgesetzt sie ist geistig noch fit (klingt bös, ist aber nicht so gemeint), wird sie eh spüren, dass etwas nicht in Ordnung mit ihr ist. Sie kennt ihren Körper ja schließlich schon seit 87 Jahren.
Liebe Gabriele, vielleicht bin ich auch nur dieser Meinung, weil ich es mir nicht vorstellen kann, dass mir jemals solches Wissen vorenthalten wird. Auch kannst nur du deine Mutter wirklich beurteilen, vielleicht wäre sie mit dem Wissen eine viel stärkere Belastung für dich, die du ja deine Kraft selber brauchst.
Liebe Jacqueline, ich habe es gestern schon gesagt, ich bewundere dich und deine Einstellung total. Du hast es geschafft, dich hinter deinen Sohn zu stellen und dich wirklich hintenanzustellen. Ich drück dich ganz fest. Lilly
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  #110  
Alt 06.07.2002, 22:20
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Vorhin mußte ich ganz kurzfristig aufhören, weil mein Kleiner so fürchterlich zu weinen anfing. Nun liegt er da mit fast 40 Fieber und ist total erledigt. Aber mit einer paar schönen Geschichten hab ich ihn wenigstens zum Einschlafen gebracht. Wußte gar nicht, dass ich so einschläfernd bin.
Liebe Jacqueline, es ist für uns Angehörige immer schwer, unseren eigenen Egoismus zu besiegen, mit dem wir einen geliebten Menschen bei uns behalten wollen. Ich stelle mir dies so schwer vor, wenn es sich um das eigene Kind handelt. Ich weiß nicht, ob ich das gekonnt hätte. Aber wahrscheinlich lernt man das auch, wenn man sein Kind so leiden sieht. Wie haben deine anderen Kinder diese Zeit erlebt?
Liebe Brigitte, ich muß noch mal auf die Frage Was ist wenn... zurückkommen. Diese Angst, die schon uns Angehörige fast um den Verstand bringt. Wie gehst du damit um? Wie erlebst du die Tage davor? Können Familie und Freunde dir dabei helfen?
Da mein Dad ja bereits einen negativen Ausgang dieser Frage hatte, ist die Angst natürlich um so größer.
Jetzt weint mein Süßer wieder. Also schnell rauf zu ihm. Ich wünsch Euch allen eine gute Nacht bis bald Lilly.
Außerdem muß ich noch ganz kurz feststellen, dass der Umgangston hier immer liebevoller wird. Auch bei Kritik und Diskussion. Das find ich, da total harmoniesüchtig, natürlich ganz toll. Lilly
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  #111  
Alt 07.07.2002, 03:05
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Hallo Jaqueline

habe erst Dein Posting gelesen, dann die HP angeschaut...
Klar, Tränen können bei sowas nicht ausbleiben. Aber ich habe auch etwas gesehen auf dieser Seite und auch in Deinem Posting hier, dieser kleine Bursche hat in so kurzer Zeit, die er mit Euch zusammen gewesen ist etwas geschafft, was andere Menschen nicht in 60 oder 70 Jahren schaffen, weil das Leben für sie einfach normal ist, ohne wenn und aber, ohne Stolpersteine.
Dieser kleine Bursche wird niemals so ganz nicht mehr dasein - denn in Eurem Herzen ist wohl ganz viel von ihm und ihr habt ihm auch ne ganze Menge geben dürfen.
Die Bilder mag ich gerne anschauen, denn obwohl so krank sind die Augen die reinste Lebensfreude - er hat die kurze Zeit sehr viel Liebe erfahren, aber auch genauso viel an Euch zurückgegeben.

Deine Hompepage kann ganz sicher anderen betroffenen Familien sehr helfen, mit so viel Leid besser klar zu kommen.

Wünsche Dir und Deiner Familie alles gute

elisabeth
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  #112  
Alt 07.07.2002, 09:41
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Guten Morgen :-)

also, das nachlesen ist gar nicht so einfach. Hab die letzten Tage zu wenig richtig gelesen um wirklich noch etwas direkt zu den Beiträgen schreiben zu können.
Eines ist mir aber ziemlich klar geworden, mein Umgehen mit vielen Dingen her ist komplett anders, als bei den meisten hier.
Warum auch immer das ist, es hat sicherlich viele Hintergründe.

Ich war 19 Jahre alt, als mein 1 Jahr älterer Bruder sich das Leben nahm, und wenn schon vorher nur chaos bei uns zu Hause gewesen ist, war das das Ende von einem niemals vorhandenen Familienleben. Ich war 19 Jahre alt, als ich das erste mal den Auftrag bekam ( von meinem Vater) den beiden kleinsten Brüdern in der Familie das so schonend wie möglich beizubringen. Sie waren damals 11 und 12 Jahre alt - und ich werde niemals diese Augen vergessen. Für mich, für meine Trauer, für mein Verstehen war einfach keine Zeit. Also mußte ich mir selber sagen, das Leben geht weiter - und irgendwie muß ich für die beiden Geschwister dasein. meine anderen Geschwister - noch 3 Mädchen, alle jünger, erfuhren es zeitversetzt, weil sie schon früh von zu hause ausgezogen sind, mit 15, 16 und 17 Jahren... denke mal, das sagt ne ganze Menge aus, was und wie das Wort Familie bei uns beschrieben wurde..
Meine Mutter wurde krank - und starb ebenfalls genau 1 Jahr nach dem Tot meines Bruders - an Darmkrebs... so gut ich konnte, pflegte ich sie zu Hause, neben meiner Arbeit und dem Versuch, für die beiden kleinen Brüder so viel Normalität ins Leben zu bringen, wie es eben geht - ohne dabei zu vergessen, was zu Hause passiert ist.
Und als meine Mutter starb, war wieder ich diejenige, die es den beiden kleinen Brüdern erzählen musste - mein Vater hatte eine gechickte Art sich um alles was Verantwortung gegenüber seinen Kindern angeht, zu drücken. Und wieder war kein Platz für mich da, mein eigenes Leid irgendwo zu lassen.
Also, wurde ich ziemlich hart - und einiges davon habe ich auch heute noch behalten davon. Meine Brüder wuchsen danach fast komplett bei mir auf - bis der jüngste 18 Jahre alt geworden ist. mein Vater suchte sich im Schnellverfahren eine neue Frau, eine neue Familie - und seine alte war eben nicht mehr existent. Egal - die beiden anderen sind gross geworden..
Das ich dabei dann auf der Strecke geblieben bin, ist eine andere Sache - heute rächt sich einiges an meinem Körper. Die Krönung ist jetzt wohl meine eigene Krebserkrankung. Alles andere war wohl nicht genug - wobei eine Gelenkserkrankung mich seit 5 Jahren in den Rollstuhl zwingt; ich eine chronische Schmerzerkrankung habe - und anderes... ist auch unwichtig egal irgendwie..

Ich mache klare Unterschiede ob ein Kind, ein jugendlicher, eine ältere Person, ein Mutter oder Vater von nicht erwachsenen Personen betroffen sind von einer Krebserkrankung oder anderen schweren Erkrankungen, denn wir sollten uns auch im Klaren darüber sein, das es viele schlimme und schwere Erkrankungen gibt, die zu ganz viel Leid führen - nicht nur Krebs.

Natürlich ist es immer schwer, einen Menschen zu verlieren, den man liebt - den man mag; den man leiden sieht. Erst im januar ist meine einzige Freundin mit nicht einmal 40 Jahren an eine Herzerkrankung verstorben - es tut weh. Sehr weh, aber wir haben vor der OP sehr intensiv über alle Möglichkeiten gesprochen - haben Pläne gemacht, was wir diesen Sommer machen wollen - nämlich an die See verreisen... wir haben darüber gesprochen, welche Risiken die OP hat - wir haben uns verabschiedet - in der Hoffnung, uns wiederzusehen. Haben wir auch, noch einmal, dann musste noch einmal operiert werden und sie ist nicht mehr aufgewacht.
Natürlich habe ich Angst vor dieser Krankheit, denn ich weiß zu genau, was sie mit einem machen kann. Zwei meiner Schwestern sind ebenfalls von BK "getroffen" - wobei eine leider den Kampf mit 38 Jahren verloren hat... die andere scheint einen Schutzengel zu haben. Ist schön für sie. Wobei wir aber so gut wie keinen Kontakt haben - sie lebt ihr Leben mit ihrer Familie - und ich lebe mein Leben. Da sie mich aber nur als jetzt " Krebs-Kranke" Person akzeptieren könnte, alles andere, gerade meine psychischer Erkrankung ignoriert sie und latscht über alle Grenzen hinweg, weil sie sowas nicht anerkennt oder versteht. Sie kann nicht verstehen, das ich nicht einfach mal von a nach b fahren kann, das ich wegen dem Rollstuhl ne Voraufzeit brauche, um irgendwo hin zu kommen - und na ja, ich sage immer: mich gibts nur komplett - oder gar nicht.
Wir telefonieren ab und dann einmal, und ich achte darauf, das die Themen allgemein bleiben. Verletzen lasse ich mich nicht mehr - und mich nur auf Krebs zu reduzieren liegt mir nun mal nicht.

Ich habe hart lernen müssen, was es bedeutet Menschen gehen zu lassen, sie loszulassen.

Mein kleiner Bruder ist der einzige in der Familie, der jetzt bereit ist mit mir über alles zu reden. Das ist mir wichtig.
Aber alles in Maßen - denn jetzt gehts ja erstmal darum, wieder gesund zu werden und in die nahe Zukunft zu gucken.. nicht so weit weg - lieber den Übermorgen planen, als darüber nachzudenken, was ich in 5 Jahren mache. Ich werde kämpfen und alles dafür tun, das ich gesund werde - oder zumindest eben noch ganz lange ein lebenswertes Leben habe.
Das Lachen darf man nicht vergessen, denn das ist wichtig - und ich tue es gerne. Besonders gerne mit meinem Bruder zusammen - es ist nicht aufgesetzt, um gute Laune zu verbreiten oder zu sagen, ist alles nicht so schlimm - denn ich lebe jetzt, und lache jetzt und manchmal weine ich auch jetzt. Schön ist es zu wissen, das es einen Menschen gibt - der das auch gerne mit mir macht - wobei die Entfernung dann egal ist.
Ich werde aber nicht alles tun, was die Ärzte wollen - oder meinen, was sie sagen, was gut wäre. Ich habe klare Grenzn, wie weit ich das mitmache, und ab wann ich sage - Schnitt.
eine gewisse Lebensqualität ist mir persönlich wichtiger, als 6 oder 12 Monate mehr Leben - wo es eben nur zu Therapien wie Chemos oder Bestrahlungen oder oder geht.

die Entscheidungen kann nur ich treffen. Ich hoffe aber darauf, das mein Bruder z.B. meine Entscheidungen akzeptiert und sollte ich selber mal nicht mehr in der Lage dazu sein, dann mit den Ärzten auch drüber spricht - und in meinen Sinne weiterentscheidet. Und das wird er tun, hat er mir schon signalisiert...
Allerdings muß das ja jetzt noch gar nicht spruchreif sein - nur kann ich ihn nicht vor vollendeten Tatsachen stellen, also sollte ich jetzt - im "gesunden" mit ihm drüber reden ( gesund soweit, als das ich ja noch ziemlich am Anfang meiner Krankheit bin nach 6 Monaten Diagnose) - wir gemeinsam drüber reden. Den Anfang haben wir diese Woche gemacht. Leider wohnt er zu weit weg - so daß wir uns nur selten sehen können. Am Telefon ist es schwieriger.
ich finde es aber wichtig und fair mit ihm drüber zu reden; nicht nur wegen mir - in erster Linie wegen ihm und sein Erleben. Denn ich kann alles was ich will in einer Patientenverfügung hinterlegen; mit meiner Ärztin absprechen ( habe in übrigen eine gute, die auch bereit ist zu reden und nicht nur zu handeln, ohne mir zu sagen, was los ist)
Ich versuche ihm und mir die Angst zu nehmen, vor dem was kommt - ich höre ihm zu, er mir - wir brauchen dazu gar nicht viele Worte.
Das geht aber nur, weil er bereit ist darüber zu sprechen, und ich eben auch. All meine andren Geschwister haben auch nur die Sprüche drauf - alles wird wieder gut - und mache dir nur Gedanken darüber, wie schön alles wird...
Kontakte haben wir fast gar nicht - nur mal so wie " wie ist das WEtter bei euch" oder so... einmal im jahr - oder weniger.. weitaus weniger sogar.
so ein Quatsch - ich will mir Gedanken machen, wie es weitergeht - in alle Richtungen... ich will gesund werden - aber ich möchte auch sagen dürfen, das ich Angst habe.
Mit meiner verstorbenen Schwester hatte ich einen ebenso guten Kontakt wie zu dem kleinen Bruder - ohne viele Worte wurde vieles gesagt.

Ich glaube, nein ich weiß - das schwere Erkrankungen auch die Angehörigen betreffen, und das ein miteinander Umgehen gelernt werden muß. Nicht alle sind dazu bereit, nein, wohl eher die wenigsten.

Auskünfte über meine Krankheit bekommt keiner meiner Geschwister direkt vom Arzt. Das habe ich unterbunden, und würde ich auch ganz genauso fortsetzen. Wenns mal so weit ist, bekommt mein Bruder ganz bestimmt das Auskunftsrecht, wenn er es haben will - die Entscheidungen wie Verfahren wird aber treffe ich - jetzt im Vorhinein.

Ich glaube, ich habe einen Vorteil meiner diversen Erkrankungen - auch wenn die anderen zwar nicht den tödlichen charakter haben wie der Krebs, aber klare Einschränkungen in der Lebensqualität, die für den Einen oder anderen schon Grund genug wären einfach aufzugeben..
Mein Vorteil ist für mich zumindest, ich habe keine Angst auch über Sterben und tot zu reden und im gleichen Atemzug Pläne für die Zukunft zu machen.

Was ich damit sagen wollte, weiß ich jetzt so gar nicht. Ist wohl so eine Zusammenfassung als Betroffene; Angehörige und eigentlich auch " Hinterbliebende" - wobei ich mit dem Wort so ganz arg meine Probleme habe.

viele Grüße
elsiabeth

und allen einen schönen Sonntag und so schmerzfrei wie nur möglich.
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  #113  
Alt 07.07.2002, 10:23
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Schöner Sonntagmorgen!

Hi, Jacqueline! Du hast übrigens eine schöne deutsche Aussprache; das merk' ich "alte" Schriftstellerin und Leseratte natürlich gleich!
- Ich kann mir das gut vorstellen, dass Du Dich gleichzeitig als Angehörige, Selbstbetroffene und auch noch Hinterbliebene fühlst. Auch Selbstbetroffene, weil Du mit Deinem erwachsenen Verstand JENES verarbeitet hast, was Dein Kleiner gar nicht tun musste, bzw. noch gar nicht tun konnte.
So gesehen hat das Ganze im Schlechten wenigstens auch ein bisschen einen Vorteil. So kleine Kinder stellen sich noch keine so viele Fragen wie wir Erwachsenen, dieses ewige "Warum?" und "Wieso?" und "Was kann man tun?" und so weiter. Ihr kleines Hirn läuft noch nicht so ununterbrochen und quälend wie das unsere. (Manchmal möcht ich das meine schon mal gerne "abschalten" können. Wenn's bloss irgendwo einen Schalter gäbe! Tja!)
Das ist wohl der einzige schwache Trost bei Kindern. Sie SIND einfach, sie LEBEN einfach, sie sind die reine Unschuld und Liebe. Und jenes nagende, was wir Erwachsene mit unserem Verstand noch durchmachen müssen, bleibt ihnen wenigstens erspart.
Liebe Jacqueline, ich drücke Dich ganz herzlich und fest.

Hallo Gabriele, Du Bär! Du bist wirklich in einer verzwickten Situation. Aber ich muss Lilly da zustimmen, denn Deine Mutter hat das Recht zu erfahren, WELCHE Krankheit sie hat. Irgendwann WIRD sie es auch erfahren, und dann wirst DU ein bisschen zünftig verlegen dastehen, hm-hm!
(Ich bin AUCH für volle Ehrlichkeit, Ihr Lieben, nicht dass Ihr mich hier missversteht! Ich habe es IMMER nur von den ZEITLICHEN PROGNOSEN der Ärzte, die mir nicht passen, aber nicht von den DIAGNOSEN!)
Klar, die DIAGNOSE alleine kann Deine Mutter schon tief fallen lassen. Aber bist Du Dir da wirklich sicher? Wie stark ist sie, weisst Du das? Wie oft hat sie schon in ihren 87 Jahren gekämpft, weisst Du das?
Und kann es nicht sein, dass diese Krankheit, Euch beide jetzt noch näher zusammen bringen kann?
Wieviel "Schonung" verträgt ein Mensch? Muss die "Schonung" so weit gehen, dass man angelogen wird? Dass einem das Wichtigste, nämlich die eigene Gesundheit, VERSCHWIEGEN wird? - Hättest DU das gerne? Auch wenn Du 87 wärst?

Ich weiss, in der Regel wird kaum noch ein Krebs in einem solch hohen Alter eines Menschen operiert und behandelt. DAS Risiko ist viel zu gross. Und MIT der DIAGNOSE wird Deine Mutter auch erfahren müssen, dass man sie hier nicht mehr gross behandeln kann. Also wird es DOCH ein Todesurteil für sie sein.
Aber versuche abzuschätzen, was für Euch beide besser sein kann: Euer beidiges Wissen darüber, wobei Ihr näher zusammen rückt und gemeinsam leiden könnt, ... oder Dein alleiniges Wissen darüber, wobei Du das Risiko eingehst, dass Deine Mutter von Dir enttäuscht sein könnte, weil Du ihr das Wichtigste am Ende noch verschwiegen hast!
Ich finde, lass es nicht zu, dass Eure Mutter/Tochter-Beziehung so spät noch mit einer Lüge, bzw. gut gemeinten Verschwiegenheit zu Ende geht. Leidet zusammen, denn dann wird Deine Mutter im besseren Frieden gehen können. Gerade DU wirst sie am besten verstehen können, Du wirst ihr am besten beistehen können. Geniesst zusammen noch das Leben, schenk Deiner Mutter all Deine Liebe, aber mit Ehrlichkeit.
Ich umarme Dich jedenfalls ganz fest, lieber Brummbär. Ich bin überzeugt, Du wirst den richtigen Weg finden.

Liebe Lilly, Du fragst mich wegen dieser ewigen Frage "Was ist wenn ...?", und wie ich damit umgehe?
Hmpf! Gute Frage!
Also ganz am Anfang nach der Diagnose, so die ersten Wochen, ja sogar Monate, ... habe ich JEDEN Morgen, gleich wenn ich aufwachte, den Gedanken gehabt: ICH HAB' KREBS! - Und das war für mich so unfassbar, so völlig unglaublich und unmöglich, dass ich diesen EINEN Gedanken einfach nicht loswerden konnte. Gleich so früh am Morgen! Gleich nach dem Aufwachen! Das war echt unerträglich! Ich meine, ich hätte ja auch sofort an einen schönen, knackigen Mann oder so denken können, nicht? Oder daran, was ich an diesem Tage noch vor habe. Oder an meine Katzen. Oder an den Film, den ich gestern vielleicht im TV noch geguckt hatte. - Aber NEIN, es musste immer dieser olle KREBS-Gedanke sein!
Das hat wirklich lange gedauert, bis ich dann endlich mal aufwachen konnte, OHNE diesen Krebs-Gedanken! Dafür "verschob" sich das Ganze einfach auf den Tagesablauf. Wenn ich zum Beispiel an einem Fest war, wo viele Menschen waren, sass ich manchmal so da, guckte mir diese Menschenmasse an und dachte mir: "Wieviele von diesen Leuten hier haben wohl auch Krebs? Wenn also jede NEUNTE Frau Brustkrebs haben sollte - gemäss Statistiken - dann ... ups!, muss es hier ja von Krebspatienten nur so wimmeln!"
Solche Gedanken! Sie kamen auch in der Strassenbahn, oder bei der Arbeit. Das ist aber auch heute noch so. Dieses KREBS-Wissen klebt regelrecht wie ein Kaugummi an mir. (Und der Kaugummi ist auch noch mit Sekundenkleber angekleistert!)
Und natürlich kommt da immer wieder dieses "In-sich-hinein-horchen"! Ziept oder Zwickt es irgendwo im Körper, ist die Angst bereits wieder da. Ich komme da NIE aus dem Denken raus! Wenn ich Leute treffe, FRAGEN die mich natürlich wieder alles mögliche über mich. Keine Chance für eine Denkpause. Wenn die Arzttermine bevor stehen, bin ich schon Wochen vorher nervös. Und wenn der Tag der Untersuchung dann DA ist, bin ich so zappelig, dass kein Arzt bei mir einen "normalen" Blutdruck messen kann! An so einem Tag KANN ich nichts Gescheites mehr nebenbei anfangen. Alles dreht sich nur noch um diese Kontrolluntersuchung. Oftmals habe ich dann sogar ... naja, Durchfall! - Erst wenn ich dann aus der Praxis raus bin, lässt dieses Zappelig-Sein wieder nach. Kommt dann natürlich noch darauf an, was ich mit dem Arzt noch besprochen habe, wie sehr er mir Druck gemacht hat oder nicht. Das ist dann genau so ausschlaggebend. Aber das gehört zum Thema Ärztemaschinerie, und da kann man schlecht einfach flüchten. Trotzdem ist es da, und belastet noch zusätzlich.
Erst wenn ich weiss, ich habe wieder für drei Monate oder so Ruhe, weil die letzte Untersuchung soweit i.O. war, ... kann ich mich wieder etwas entspannen und LEBEN.
Aber dieses LEBEN wird immer weiter von dem Krebs begleitet sein, mit diesem Mörder, welcher mir da auf der Schulter hockt!

Es GIBT nichts anderes, als da DURCH zu gehen, liebe Lilly. Obwohl selbst ich manchmal am liebsten auf eine einsame Insel flüchten möchte. Aber das sind reine Flucht-Gedanken, die wohl jeder irgendwie hat. Naja, wer will sich schon mit so einem Sch... rumschlagen?
Trotzdem, es gehört zum Leben, auch Leid ertragen zu müssen. Nach diesem Motto habe ich schon immer gelebt, deswegen bin ich heute warscheinlich auch stark genug und besitze Energien, die mich selber erstaunen. - Wie heisst jenes Sprichwort so schön? "Erst duch das Leid wachsen dem Menschen Flügel!"

Und wie gehen meine Angehörigen damit um? Naja, ich habe es hier irgendwo schon mal aufgeschrieben: Nämlich GAR nicht! - Ausser, dass mich mein Vater regelmässig mit dem Auto zur Nachkontrolle bei den Antrophosophen hinfährt. Und wir hinterher ein Stück KUCHEN Essen gehen! Das ist eigentlich für MICH schon sehr viel, ... auch wenn mein Vater nicht MIT in die Praxis kommt und dort wartet, um mir gut zuzusprechen. Das muss ich immer alleine tun. Hab's auch immer alleine getan.
Erst letzthin hat mir ein guter Freund anerboten, dass er mich zu meinem Gynäkologen begleitet! Ein wahres Wunder für mich! Darauf freue ich mich echt!

Aber letzten Endes ist es nun mal so: Dass Du als Mensch schlussendlich IMMER alleine bist. Auch wenn Du Begleitung und Angehörige hast, ... Du bist immer für Dich selbst verantwortlich. DU bist diejenige, die beim Gynäkologen auf dem Schragen liegen muss, DU bist diejenige, die mit dem Ganzen klar kommen muss, DU bist diejenige, die ENTSCHEIDEN muss, DU bist diejenige, die das Leid am eigenen Körper erfahren muss, DU bist diejenige, die heulen muss, DU bist diejenige, die Schmerzen ertragen muss, ... und DU bist diejenige, die dann irgendwann auch sterben muss. Im Alleingang.

Was wäre wenn ...? Immer wieder diese Frage. Aber zwischendurch frage ich mich auch: Was wäre wenn NICHT ...?", und dann geht's mir gleich wieder besser, jaja!

So, Ihr Lieben, ich mach jetzt mal Frühstückpause, gell? Ich hab' noch gar nichts gegessen!
Bis dann! Grüssli vom Känguruh.
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  #114  
Alt 07.07.2002, 11:04
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Einen schönen Sonntag euch allen!

Uff, Brigitte, du "Krasse", naja, du stehst da nicht allein ....nun denn bin ich eben auch "krass".
Mit was? Naja, es ging doch darum eine Diagnose zu verschweigen...und eigentlich nur, weil der Mensch, der sie hat 87 Jahre alt ist. Hab ich doch richtig gelesen oder?

Ich glaube, es hat so gar nichts mit dem Alter zu tun.
Ich denke auch, der Betroffene fühlt es, wenn er belogen wird, oder ihm etwas verschwiegen wird.
Hab mich da über dieses Thema mal mit Betroffenen ausgetauscht. Nur wenige wollten es wirklich nicht wissen...
Jetzt geh ich mal von mir aus...ich war damals erst 48, bin jetzt 50...ich habs gemerkt!
Im nachherein sage ich, ich konnte besser mit der Wahrheit fertig werden und damit leben, als mit dem Verschweigen und dem Lügen.
Ich ahnte, daß etwas nicht stimmte, wie ich mich ausdrückte, das machte mich rasend. Ich konnte nicht mit dieser Ungewissheit leben. Ja ich wurde sogar aggressiv, man denkt dann auch jeder lügt einen an. Erst nach einiger Zeit wurde mir dann die "Wahrheit" gesagt, aber siehe da, ich wurde ruhiger, entspannter, konnte auch etwas planen, oder etwas verarbeiten. Klar ist so eine Diagnose belastend, aber belastender war es für mich, so gar nichts zu wissen.
Und ich denke auch, jeder Mensch hat das Recht zu wissen, was mit ihm los ist! Meinem Schatz hab ich das Versprechen abgenommen mir immer die Wahrheit zu sagen, ich kann nicht damit leben wenn mir etwas verschwiegen wird oder ich angelogen werde...ich spüre das!
Zum Schluss: Es sollte aber jeder mit sich selbst aussmachen ob er etwas verschweigt oder zu einer Notlüge greift.
Ich für mich will das nicht.
Liebe Gabriele, denk mal darüber nach! Das tust du ja schon, das zeigt deine Mail. Du schreibst, deine Mutter hatte Verlustsängste als sie das von dir erfuhr...das ist aber normal! Hätte ich auch! Hab ja auch eine Tochter...das wäre sehr schlimm für mich.
Meinst du nicht sie spürt trotzdem wie es um sie steht?
Ich kann da nur von mir ausgehen, es kann auch falsch sein, niemand weiss das.
Bis bald ihr Lieben...
nachdenkliche Grüße von Ruby
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  #115  
Alt 07.07.2002, 14:32
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Hallöchen,
... ich weiss nicht so recht, ... wegen dem Alter meine ich.
Wenn Du zwanzig oder dreissig Jahre alt bist, dann ist das Thema Sterben für Dich noch lange kein Thema. Wenn Du vierzig bist, denkst Du jedoch eher mal daran, dass Du jetzt in der "Mitte" Deines Lebens stehst, obwohl das Sterben noch immer kein Thema für Dich ist. Mit fünfzig wird es wohl auch noch kein grosses Thema sein.
Aber sobald Du mal um die sechzig bist und die Pensionierung vor der Türe steht, wird Dir doch bewusst, dass Du Dein Leben zum grossen Teil schon gelebt hast, dass Du nun zu den "Rentnern" oder "Senioren" gehörst. Und wenn Du dann die siebzig erreichst, bist Du stolz darauf. Und mit achtzig ebenfalls.
Fühlt man sich mit achtzig Jahren noch jung? Macht man sich da nicht schon eher Gedanken über das Sterben? Ich meine, es wird wohl bestimmt kein "Alltagsthema" sein, ... aber so ein bisschen wird man ja DOCH daran denken, vielleicht schon gewisse Dinge klären wollen, und denken, "oh, wenn ich HUNDERT werde, wäre das schon toll und wahrscheinlich auch eine Menge Glück!"
Jene Bekannte von mir, welche ja auch 87 Jahre alt ist, jedoch noch gesund und munter, ... macht jedenfalls auch hin und wieder mal so eine Bemerkung. Wie zum Beispiel: "Och, in ZEHN Jahren? Naja, da bin ich ja vielleicht gar nicht mehr da!" Oder sie sagt öfters auch: "Ich bin jetzt schon Siiiiiebenundachtzig! Ich hätte auch nie gedacht, dass ich mal so alt werde!" Oder sie sagte auch schon: "Ja, das ist schon schön, wenn man in meinem Alter noch so gesund ist! Es sind ja auch nur meine schmerzenden Beine ...!"

Wie gesagt, ich finde, eine Krebsdiagnose zu erhalten ist in jedem Alter schlimm. Aber kann es nicht sein, dass man diese ... vielleicht JE NACH ALTER ein bisschen anders aufnimmt?

Was meint Ihr?

Grüssli vom "krassen" Känguruh
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  #116  
Alt 07.07.2002, 15:31
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Hallo Brigitte...hallo "allemiteinander"! ;-)
Hmm...ja...bringt mir auch eine neue Perspektive...nachdenk
Iss nicht so leicht, da jetzt zu sagen: neneee, alle denken da gleich.
Ich versteh jetzt auch so den einen oder anderen Satz von jüngeren, zum Beispiel: Ich bin doch erst 24, oder 29....bei mir ist das was anderes, du hast ja schon einen Teil deines Lebens gelebt.
Hört sich zwar schlimm an, ist aber so. Naja, aber eben noch kein Grund um aufzugeben, gelle?!
Aber ein Trost ist es auch nicht....
Stimmt, man verdrängt die Tatsache Tod, meistens jedenfalls.
Erst wenn sowas kommt , fängt man an darüber nach zu denken.
Letztens ist mir da auch unbewusst was rausgerutscht, in Bezug zu meiner Tochter. Ich hab sie jetzt fast 4 Monate nicht gesehn, mit dem Auto bräuchte sie "nur" 40 Minuten. Sie schiebt die Schuld am Nichtkommen können, auf den erneuten Umzug, Arbeitslosigkeit ect. Kann ich ja verstehn, aber nun wieder ein Brief mit den Worten: Noch 2 Monate, dann ists möglich....wie oft denn noch, frag ich mich...
Da rutschte mir bei meiner Mutter heraus: Sie ahnt ja gar nicht wie sie mir fehlt, und wie mir die Enkeltöchter fehlen. Warum denkt sie nicht ein bisschen daran. Warum nimmt sie mir einfach die Zeit weg, diese mit ihr zu verbringen?
Ich hatte natürlich auch wieder so eine gewisse Angst im Unterbewusstsein, ich hab sie gut im Griff, aber da...
Irgendwie hab ich aber jetzt das Gefühl, sie macht sich keine allzugrossen Sorgen mehr, denkt vielleicht auch ich sei nun total geheilt und wieder in dem Status der "Unsterblichtkeit", bzw. ich bin ja immer da, wenn man mich braucht. Nein ich mach ihr das nicht zum Vorwurf!
Aber ich hab Angst, daß sie in ein dunkles Loch fällt, wenn alles nun nicht zutrifft, wer weiss das denn???
Vielleicht kann ich da gar nicht mehr so mitreden, denn ich war 2000 zu nahe dran um das zu vergessen, was Tod ist bzw heisst.
Er ist jeden Tag in meinem Bewusstsein, aber leise, nicht schmerzend, nur bewusster. Deshalb lebe ich auch bewusster.
Habe aber bemerkt, wie hilflos man ist, wenn es um einen Nahestehenden geht, der vielleicht am Rande von Leben und Tod steht. Und die Angst ist grösser, daß derjenige gehen muss, als die eigne Angst selber gehen zu müssen...
Ist irgendwie seltsam...fast nicht zu erklären...
Wenn ich solche Gedanken hab, (und die haben wir, gell Brigitte?)
hab ich einen Kloss im Hals und könnte heulen, denen nicht mehr beistehn zu können die ich zurücklassen muss, wenn...
Ich frag mich ob das Normal ist....
Hmmm....schluck...genug für Heute...
Seid alle umarmt, liebe Grüße
von Ruby
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  #117  
Alt 07.07.2002, 15:48
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Selber Hallöchen :-)

mhhhh, das ganze ist sicherlich ein schwieriges Thema und eigentlich kann man das auch nicht unbedingt nur vom Alter abhängig sehen. Ich glaube, es spielen auch die Umstände des bisherigen Lebens eine grosse Rolle.
Ich kann nur für mich sprechen - und für mich ist eine Kresberkrankung eines Kindes; eines Jugendlichen einer jungen Mutter oder eines jungen Vaters schwerwiegender, als meine eigene Diagnose. Ich bin noch nicht so alt, aber eben älter als andere.
Nach Operationen hatte ich selber zweimal Komplikationen, die durchaus hätten dazu führen können, das es mich heute eigentlich nicht mehr geben hätte können.
Für mich gab es aber schon vorher dieses Tabu-Thema nicht, es war nie weit weg, weil irgendwie immer irgendwie indirekt durch Familie davon betroffen.

Ich würde mich durchaus als Realist bezeichnen, das Lachen und Weinen genauso dicht beiander liegen wie Leben und Sterben ist für mich einfach Tatsache. Und das ist gut so. Ich bin keinenfalls Gefühlslos - im Gegenteil. In meinem direkten Umfeld gelte ich bei den Leuten als sehr einfühlsam und jemand die gut zuhören kann.
Aber manchmal gibt es eben Dinge, die man einfach nicht ändern kann. Und um dann nicht dauerhaft in ein tiefes Loch zu fallen, ist die meine Denkweise für mich sehr wichtig.

Ich weiß, das viele Menschen, vielleicht sogar die meisten Menschen anders denken und das ist okay so. Jeder muß wohl für sich selber so eine Thematik angehen ...

elisabeth
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  #118  
Alt 07.07.2002, 17:21
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Hallo Gabriele,

ich muß Brigitte und allen anderen auch Recht geben.

Wen möchtest Du nicht mit der Diagnose belasten? Oder in dieser Situation schützen?
Deine Mutter? Oder Dich, was mögliche Reaktionen angeht?

Vermutlich weißt Du selbst, das viele Betroffene ahnen, das etwas mit ihnen nicht stimmt, das sie krank sind. Und vermutlich kennt Dich Deine Mutter sehr gut und merkt, das etwas zwischen Euch steht. Sie merkt es in Deinen Worten, in Blicken, in Momenten, wo Du glaubst, das Du unbeobachtet bist, in kleinen Gesten.
Es gibt nie den richtigen Zeitpunkt, jemandem zu sagen, das er stirbt. Und es nie leicht. Und schon gar nicht der eigenen Mutter sowas sagen zu müssen. Egal wie alt sie ist.

Aber nur ein ganz kleiner Gedanke: eine der wenigen Geschenke, die Krebs mit sich bringt,
so bitter, wie das klingt - man hat die Gelegenheit, sich voneinander zu verabschieden.
Deine Mutter sollte die Gelegenheit haben, sich auf ihren Tod vorzubereiten zu können.
Verbaue Dir nicht die Chance, von ihr loszulassen.
Räume Deiner Mutter die Rechte ein, die Du Dir nimmst - denn ich nehme an, das sie Dich, was Selbstbestimmung angeht, in dieser Richtung auch etwas geprägt hat.
Niemand sagt, das es leicht ist. Aber der Grund es ihr zu sagen ist nicht Grausamkeit oder Rücksichtslosigkeit, sondern Respekt.

*gaaanz dicke Umarmung* Ruby!
Ich bin nicht Betroffene - aber wenn ich über meinen Tod nachdenke, geht es mir genauso:
ich habe keine Angst vor dem, was mit mir passieren wird, sondern ich sorge mich um die Menschen, die ich zurücklassen muß.

Jana
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  #119  
Alt 07.07.2002, 18:04
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Hallo Elisabeth,

als ich die Geschichte deiner Jugend gelesen habe, dachte ich mir, welches Glück deine Brüder gehabt haben, dich zu haben. Da kannst du wirklich stolz auf dich sein. Wahrscheinlich denkst du jetzt: na ja, ich hab ja keine andere Wahl gehabt.Aber du hättest ja auch ausziehen können wie deine Schwestern, aber als älteste hast du dich verantwortlich gefühlt. Wenn ich daran denke wie überfordert manch erwachsene gesunde Frau in geregelten Verhältnissen mit nur einem Kind ist, finde ich das doppelt toll was du in so jungen Jahren schon geleistest hast.
Leider bist du dadurch selbst zu kurz gekommen. Ich würde aber nicht sagen, dass du hart geworden bist - so klingst du nicht. Aber du bist Realist geworden - musstest es werden.

Ich denke da sehr ähnlich wie du. Manchmal habe ich da fast ein schlechtes Gewissen und denke ich bin vielleicht zu nüchtern. Würde mich aber auch absolut nicht als gefühllos bezeichnen - das sind 2 verschiedene Dinge. Aber ich akzeptiere die Dinge früher als meine Umgebung (wie ich in letzter Zeit bemerkt habe) und suche bereits nach Lösungen, während manche noch damit beschäftigt sind zu hoffen, dass sich alles in Wohlgefallen auflöst.

Noch zum Patientenalter (vor allem an Gabriele):
Meine Oma war 89, hatte seit Jahren Probleme mit dem Herzen (Herzschwäche). In der letzten Zeit (Monate) hatte sie oft starke Bauchschmerzen und Durchfall, Gewichtsabnahme und Inappetenz. Mein Mann (Arzt)war der Meinung, dass da neben dem Problem mit dem Herzen möglicherweise ein Karzinom besteht, was viele Symptome besser erklärt hätte. Es wurde aber nie abklärt, weil ihr Allgemeinzustand keine OP oder Krebstherapie erlaubt hätte.

Meine Mutter wusste zwar nichts von der Vermutung, war aber trotzdem täglich einige Stunden bei ihr. Oma sagte zwar öfter, da ist was in meinem Bauch was mich stört, war aber sicher, das ist nur vorübergehend. Sie ist dann (trotzdem) überraschend an der Herzschwäche gestorben. Ich denke es war gut, dass sie von dem Krebsverdacht nichts gewusst hat, bzw dass er nicht verifiziert wurde.Ich denke es hätte sie sehr belastet, und doch nichts geändert. Stunden vor ihrem Tod hat sie noch erzählt wie sie sich schon auf den nächsten Besuch meiner Mutter freut.

Ich wünsche euch alles Gute
Afra
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  #120  
Alt 07.07.2002, 20:25
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Hi, Ihr Lieben,
Hm-hm, Afra, ... vielleicht war das für Deine Oma richtig so. Es ist immer schwierig zu sagen.
Ich frag' mich nur gerade, ob sie sich dann wenigstens hat von Deiner Mutter verabschieden können?

Das mit dem Akzeptieren hast Du schön gesagt. Dass Du die Dinge wohl früher akzeptierst, als andere, welche noch lange Zeit in grosser Hoffnung sind und positiv denken.
Wahrscheinlich ist das eine Phase, die jeder selber durchmachen muss, BIS er akzeptieren kann, egal, wie das Ergebnis auch aussieht.
So gesehen bin ich auch schon früher immer sehr "nüchtern" gewesen. Weil ich dann nicht sooooo positiv gedacht habe, sondern immer alles von BEIDEN Seiten betrachtet habe. Aber dafür bin ich leider oft auch bei anderen ein bisschen angeeckt.
Positiv Denken ist ja okay, aber wenn man sich NUR noch an das Positive klammert, übersieht man gerne mal auch die negative Seite. Und dann wird es dafür schwieriger!
Das ist das selbe, wie wenn wir unser ganzes Leben lang NIE über den Tod sprechen, weil es so ein Tabu-Thema ist. KOMMT dann mal so eine Situation, sind wir damit völlig überfordert. - Vor lauter jahrelangem "positivem" Denken, oder weil "man" das halt nicht macht!

Ich weiss noch, dass ich schon vor Jahren (ich glaube, ich war etwa dreissig!) mit meinem Vater zusammen gesessen bin und mit IHM zusammen über unseren Tod gesprochen habe. Nicht nur über den seinen, sondern auch über meinen. (Und damals war ich ja noch fit und gesund!) Wir sprachen darüber, wie jeder von uns seine Beerdigung haben wollte, sprachen darüber, in wie weit wir uns von den Ärzten behandeln lassen würden, wenn wir mal im Koma lägen, ... und wir lachten sogar dabei, weil es plötzlich so leicht war, darüber zu sprechen! Und wir setzten BEIDE unsere Entscheide SCHRIFTLICH auf! Jetzt habe ICH ein Schriftstück von IHM bei mir zu Hause, und jetzt hat ER ein Schriftstück von mir bei sich zu Hause.
Naja, damals hatten wir uns höchstens noch Sorgen darüber gemacht, dass meine Schwester in so einer Situation noch ein Theater machen könnte, bzw. unsere "Entscheide" nicht akzeptieren könnte! Weil sie genau so ein Weltmeister im Verdrängen und "positiv Denken" ist! Aber das werden wir dann ja sehen.

Nüchtern, sachlich und ganz natürlich darüber sprechen können, ist keine Schande. Trotzdem, nachdem ich das damals ein paar Leuten erzählt habe, ... hatten manche den Kopf darüber geschüttelt und gesagt: "DU machst Dir vielleicht unnötige Gedanken!"
Warum? Weil ich erst dreissig war?
Wo stimmte es hier also nicht? Bei mir, ... oder bei den anderen? Ich jedenfalls fand es in Ordnung! Kein Problem!
Es hat nichts mit negativ Denken zu tun, sondern es ist eine gesunde Akzeptanz über das Leben.
Tja!

Bis später!
Das "krasse" Känguruh
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