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  #31  
Alt 10.07.2011, 22:39
Alpenveilchen Alpenveilchen ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Carla,

ich habe Dir eine PN geschickt.

Liebe Grüsse
vom Alpenveilchen
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  #32  
Alt 11.07.2011, 09:44
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Jäcky, liebes Alpenveilchen,

vielen Dank für die lieben Worte.
Jede kleine Aufmunterung und jeder Zuspruch von Euch tut so gut in dieser schweren Zeit.
Ich kann hier meine Gedanken aufschreiben, die ich selbst meinem Mann so teilweise nicht sagen kann. Er sieht ja auch, wie schlecht es meinem Vati geht. Bei ihm brechen alte Wunden wieder auf, weil er selber vor vielen Jahren seinen Vater an Krebs sterben sah.

Gestern abend konnte ich endlich mal vernünftig mit meiner Mutti sprechen. Ja, sie ist auch total verzweifelt. Ich bin mir nun auch sicher, dass es wirklich besser ist, dass mein Vati hier bei uns im Heim ist und nicht bei ihr in Nähe. Sie kann noch schlechter mit allem umgehen als ich.
Sie sagte mir gestern auch, dass ich wohl meinen Beruf verfehlt hätte, weil ich mich so toll um Vati kümmere und so einfühlsam mit ihm umgehe.
So viel Anerkennung habe ich seit Jahren nicht mehr gehört. Wenigstens bringt uns diese Situation wieder näher zueinander. Ich versuche ihr beizustehen, so gut es eben geht.

In den letzten Tagen erwische ich mich immer wieder mal bei Gedanken, die mich selber erschrecken, wenn ich dann noch mal drüber nachdenke. z.B. habe ich für meinen Vati noch eine Creme besorgt, die Pflegerinnen hatten mich darum gebeten. Und ich stand im Laden und dachte wirklich: nimmst Du die große oder reicht schon eine kleine, weil er die eh nicht mehr lange braucht. Und stehe da, die Tränen laufen und mir wird wieder schmerzlich bewußt, was gerade passiert.

Vielleicht sagt mir mein Unterbewußtsein damit ja auch, dass ich langsam anfange, das Sterben meines Vatis zu akzeptieren.
Ich kann halt meinen Kopf oft nicht ausschalten, muss immer alles verstehen. Hört sich jetzt vielleicht blöd an, aber wenn ich es verstehe, kann ich besser damit umgehen.

Carla
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  #33  
Alt 11.07.2011, 12:34
Jaecky Jaecky ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Carla,

ich kann Dich gut verstehen. Ich kann meinem Mann meine Sorgen auch nicht erzählen. Er hat selber genug, da seine Mama ganz schlimm Rheuma hat und bettlegerig ist. Ich werd auch mal nen Thread öffnen, denn den einzigen, denen ich das erste mal so richtig mein Herz ausschütte ist hier. Das tut nach all den Jahren, die mein Papa schon krank ist, richtig gut.

Es freut mich, wenn Dir meine Worte ein bisschen den Schmerz verringern. Siehst Du, deiner Mama geht es genau wie Dir. Sie kann es eben nur nicht zeigen. Es ist schön, dass ihr beide euch unterhalten habt. Denn in der schweren Zeit, die ihr gerade duchrlebt, müsst Ihr zusammenhalten.

Das Du beim EInkaufen, diese Gedanken hattest, denke ich ist normal. Als wir letztens bei meiner Schwester zum Geburtstag waren, habe ich mich auch dabei erwischt wie ich gedacht habe, ob er nächstes Jahr noch mitfeiert. Das geht mir an Geburtstagen und Feiertagen immer so und das macht mich traurig.

Wenn ich heute ein bisschen doof schreibe, entschuldige. Ist heute nicht mein Tag, könnte immerzu heulen. Dankeschön für Deine lieben Worte im Thread von success. Ich muss sagen, ihr seid mir auch richtig ans Herz gewachsen. Es tut gut mit Euch zu weinen und mit Euch zu reden bzw. schreiben, obwohl ich Euch gar nicht persönlich kenne. Aber ich denke, darauf kommt es nicht an.

Liebe Grüße Jäcky

Geändert von Jaecky (11.07.2011 um 12:38 Uhr)
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  #34  
Alt 11.07.2011, 20:17
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Heute war ein richtig schlimmer Tag für mich.
Ich war nachmittags wieder bei meinem Vati im Heim. Erst hat er nur geschlafen, aber als er wach wurde, hat er meinen Arm genommen und wollte unbedingt aufstehen. Ich habe ihn gefragt, ob ich Hilfe holen soll. Er sagte Nein.

Immer wieder hat er dann versucht, sich hochzuziehen, mir die andere Hand hingestreckt, damit ich ihm helfe.
Ich habe es wirklich mit aller Kraft versucht, es war kaum zu schaffen.
Nach mehreren Versuchen, wo er sich immer wieder hinlegen mußte zwischendurch, saß er dann endlich auf der Bettkante.

Er wollte so gerne zur Toilette. Ganz langsam habe ich ihm dann hoch geholfen. Einen langsamen Schritt bis zur Wand des Bades. Dann stand er da, vorne übergebeugt, eine Hand an der Wand, die andere um die Türklinke des Bades geklammert.
Es ging weder vor noch zurück, er kann nicht mehr stehen.

Und ich konnte ihn kaum noch halten und kam auch nicht an diesen verdammten Notklingelknopf. Da die Zimmertür zu war, konnte ich auch niemanden rufen.

Ich weiß nicht, wie lange wir da so standen, ins Bett wollte er nicht zurück, aber die Minuten kamen mir vor wie Stunden.
Ich hatte nur Angst, dass er noch mit mir hinstürzt...

Irgendwann konnte ich ihn kaum noch halten und habe ihn angefleht, wieder ins Bett mit zu kommen, weil ich einfach keine Kraft mehr hatte, damit wir nicht beide noch fallen.
Selbst der halbe Schritt zurück war ein Kraftakt. Ich hatte solche Angst in dem Moment, es war unbeschreiblich.
Als ich ihn auf der Bettkante sitzen hatte, habe ich sofort die Pflegerinnen gerufen, die mir dann geholfen haben.
Sie haben es dann mit dem Toilettenstuhl versucht, aber er mußte gar nicht.
Er wollte einfach selber aufstehen und es geht nichts mehr! Es ist so frustriend, das zu sehen und nichts mehr machen zu können. Für ihn ist diese Gewissheit bestimmt auch total bitter.

Ich bin dann erstmal raus aus dem Zimmer und vor der Tür heulend zusammengebrochen. Da ging nichts mehr.

Jeden Tag verliere ich ihn ein bißchen mehr. Ich weiß, dass es bald vorbei sein wird, aber der Weg bis dahin - es ist kaum noch zu ertragen.

Carla
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  #35  
Alt 11.07.2011, 20:53
Jaecky Jaecky ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Carla,

auch Dich möchte ich heute erstmal umarmen

Das ist doch heute echt ein Scheißtag. Hab schon beim Lesen bei Success geweint und nun kommen mir bei Dir auch die Tränen.

Ich weiss heut gar nicht, wie ich Dir Mut machen kann. Ich bin heute auch nur am heulen. Ich kann so langsam auch nicht mehr.

Ich weiss das Du furchtbar leidest und ich würde Dir gerne was schönes sagen. Ich finde du bist sooooo stark und was Du alles für deinen Paps tust, ist echt wahnsinn.

Pass auf Dich auf, damit Du nicht nochmehr zusammenbrichst. Dein Papa kann glücklich sein, eine Tochter wie dich zu haben.

Drück dich Jäcky
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  #36  
Alt 11.07.2011, 20:57
Alpenveilchen Alpenveilchen ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Carla,

oh je, ich verstehe Dich so gut. Da läuft dann so vieles ab: die Angst, dass er hinfällt, die Trauer über die ganze Situation, das Mitleid mit ihm, die Hilflosigkeit und die Frustration über so eine gemeine Krankheit.

Wenn er so unbedingt aufstehen wollte und es eigentlich nicht konnte, war es wahrscheinlich ein wichtiger, wenn auch trauriger Schritt für ihn, zu verstehen, wie seine Situation tatsächlich aussieht. Vielleicht fällt es ihm ja auch leichter zu gehen, wenn er versteht, dass es einfach nicht mehr aufwärts gehen wird, - eine so traurige Einsicht.

Ihr tut mir beide so leid. Ich verstehe gut, dass das ein fürchterlicher Tag für Dich war. Versuche Dich damit zu trösten, dass Du zur Zeit Ausserordentliches für Deinen Vater leistest. Anders kann ich es nicht beschreiben. Es ist ganz phantastisch, wie Du für ihn da bist. Er ist Dir in seinem Inneren sicher zutiefst dankbar. Die Geborgenheit, die er verspürt, weil Du immer wieder für ihn da bist, immer wieder an seiner Seite bist, macht bestimmt unheimlich viel aus in seiner jetzigen Situation. Das ist ganz, ganz wichtig für ihn, um mit seiner Situation fertig zu werden.

Sei ganz lieb gedrückt
vom Alpenveilchen
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  #37  
Alt 11.07.2011, 21:15
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Vielen Dank, liebe Jäcky und liebes Alpenveilchen für Eure tröstenden Worte.

Ich hatte wirklich das Gefühl, dass mein Vati auf mich gewartet hat, damit ich ihm aufhelfe. Das zeigt mir auch, wie wichtig das für ihn war und wie er mir vertraut.

Auf der einen Seite ist es schön, dass er mir das noch so zeigen kann. Aber die Situation selber macht seinen Verfall so deutlich, dass es mir das Herz zerreißt. Wie groß muss nun der Verlust der letzten Mobilität für ihn sein. Er wollte es unbedingt noch einmal probieren und nun geht es einfach nicht mehr.

Ihr beide habt so liebe Worte gefunden, das gibt mir für morgen wieder neue Kraft. Ich weiß ja, dass mein Vati mich jetzt braucht und ich werde auf jeden Fall morgen wieder bei ihm sein. Vielleicht ist mir in den letzten Tagen erst so richtig bewußt geworden, was für eine enge Bindung ich an ihn habe.
In den ganzen Jahren vorher ist das im Alltagstrubel oft untergegangen.

Ich denke, dass meinem Vati nur noch wenige Tage bleiben. Ich werde auf jeden Fall durchhalten. Jeden Tag wieder aufs Neue.

Liebe Grüße
Carla
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  #38  
Alt 11.07.2011, 21:22
success success ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Carla,

ich lese hier noch so mit, auch wenn ich nicht immer schreibe. Mein Pa hat auch gestern noch versucht wenigstens die Beine aus dem Bett zu baumeln und sich aufzurichten. Vorgestern hat er das noch geschafft. Mit Laufen war gar nichts mehr. Das Du keine Worte für ihn findest, ihm noch etwas zu sagen kann ich gut nachvollziehen. Ich habe es bis zum Schluss auch nicht über mich gebracht. Ich war einfach nur da und habe gehofft, er lebt noch eine ganze Weile. Aber mal ehrlich, was für ein Leben war das noch und auch jetzt für Deinen Pa? ... Du weißt wie ich es meine, oder? Liebe Carla, versuche weiterhin täglich hinzufahren und ihm die Zeit noch so schön wie möglich zu machen. Es kann plötzlich ganz schnell gehen. Ich wünsche Dir von Herzen, dass ihr noch etwas Zeit gemeinsam habt!

Geändert von success (11.07.2011 um 21:25 Uhr)
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  #39  
Alt 11.07.2011, 23:40
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Success,

vielen Dank, dass Du mir hier noch weiter schreibst.
Ich sehe es genauso. Das ist wirklich kein Leben mehr für meinen Vati. Er wollte nie jemandem zur Last fallen und nun wird er von Tag zu Tag hilfloser. Wenn er wach ist, ist er auch klar vom Kopf her, hat aber einfach keine Kraft mehr, etwas zu sagen oder etwas selber zu machen.
Ich sehe ihn auch jetzt immer noch vor mir, wie er da so verzweifelt und hilflos in meinen Armen hing.

Auch wenn mir der Arzt immer wieder versichert, dass er keine Schmerzen hat, sehe ich das doch in seinem Gesicht, wie sehr er seelisch leidet.

Und noch ist sein Leid nicht vorbei.
Carla
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  #40  
Alt 12.07.2011, 09:41
Tiina Tiina ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Carla,
es tut mir so leid, das ist so eine furchtbare Erfahrung, den geliebten Menschen so hilflos zu sehen und selber so hilflos zu sein, voller Angst und Trauer. Mir kamen die Tränen, als ich Deinen Text gelesen habe...
Ich kann mich noch gut an viele Situationen erinnern, wo ich Angst hatte, dass meine Mami zusammen bricht und ich sie nicht halten kann - aber sie wollte auch immer lieber, dass ich ihr helfe und keine Pflegekräfte...
(Meine liebe Mami ist Ende 2010 an Lungenkrebs gestorben.)

Auch die Gedanken wie "die kleine Creme reicht doch" kenne ich so gut... mir hat das auch immer einen Schrecken eingejagt und ich hatte ein schlechtes Gewissen, so zu denken. Aber das ist schon OK - wir müssen uns ja auch ein bißchen innerlich darauf vorbereiten, was uns bevor steht...

Ich kann sehr gut verstehen, dass es Dir schwer fällt, ihm zu sagen, dass er gehen kann, ich denke, das wird kommen, wenn es passt - ich habe das auch erst in den letzten Stunden getan. Vorher habe ich meiner Mami nur so etwas gesagt, dass die Liebe, die sie mir geschenkt hat, bis an mein Lebensende reichen wird - in der Hoffnung damit auszudrücken, dass sie sich nicht für mich quälen soll...

Wenn ich darf, nehme ich Dich virtuell in den Arm und wünsche Dir ganz viel Kraft für diese furchtbare Zeit! Es ist wirklich toll, wie Du für Deinen Vater da bist, wie Du das schaffst, ihm Geborgenheit und Wärme zu geben, das ist so wertvoll!

Liebe Grüße,
Anja
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  #41  
Alt 12.07.2011, 11:05
success success ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Carla,

ich schließe mich Anja einerseits an. Andererseits ist jeder Mensch anders. Also ich mein nur, ich lese die Angst raus ihm noch etwas in Richtung nach seinem Tod, oder dass Du ihn liebst zu sagen. Aber das ergibt sich von alleine und wenn nicht, dann ist es auch in Ordnung. Setz Dich damit nicht unter Druck.

Wie gesagt, ich habe es auch nicht geschafft, wohl auch deshalb, weil ich bis zum Schluss ehrlich auf ein Wunder gehofft, ja sogar daran geglaubt habe. Jeden Tag dachte ich, dass ich noch genug Zeit habe ihm etwas zu sagen. Die hatte ich nicht, aber weißt Du was? Es fühlt sich im Nachhinein gut an, dass ich ihn, wenn er vom Sterben anfing, Mut gemacht habe zu leben. Es fühlt sich richtig an, dass ich ihn in dem Glauben gelassen habe, alles würde gut werden. Dass ich ihm nicht die Ohren vollgeheult habe, wie schrecklich es ohne ihn werden würde.

Und ist nicht auch alles gut geworden? Ich versuche es nun so zu sehen: Er hat keine Schmerzen mehr. Er hat keinen Kummer, keine Sorgen. Wir (meine Mama und ich) haben nun etwas Stress, durch die Dinge die nun erledigt werden müssen, aber dann wird Ruhe einkehren. Vielleicht besser, als noch Monate mit seinem Leiden leben zu müssen. Gesundet wäre er nie wieder, das habe ich verstanden.

Also ich kann mich nur noch mal wiederholen, sei einfach bei ihm. Es wird ihm helfen. Gebe ihm das Gefühl, dass alles geklärt und geregelt sein wird, dass er sich keine Gedanken machen muss. So wird er hoffentlich irgendwann, wie mein Pa, einfach friedlich einschlafen können.

Alles Liebe ,

success

Geändert von success (12.07.2011 um 11:08 Uhr)
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  #42  
Alt 12.07.2011, 13:45
Jaecky Jaecky ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Hallo liebe Carla,

ich hoffe, du hattest heute einen schöneren Tag bei deinem Papa und das es ihm heute etwas besser geht.

Genieße die Zeit mit ihm, auch wenn es sooooo schwer ist. Ich umarm dich, vielleicht hilfts dir Sei einfach für ihn da, das tut ihm gut.

Liebe Grüße Jäcky
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  #43  
Alt 13.07.2011, 09:37
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Anja, liebe Success und liebe Jäcky,

gestern war ich gar nicht hier. Irgendwie ist mir die Zeit wegegelaufen und heute lese ich Eure lieben Worte. Vielen, vielen Dank dafür.

Tatsächlich war der Tag gestern für mich ein wenig besser. Wir konnten mit meinem Vati mit diesem Spezialstuhl, den das Heim zur Verfügung stellt, für ein paar Minuten in den Garten. Wie schön, dass er noch mal Sonne und Wind spüren konnte. Im Garten des Heimes gibt es eine kleine Anlage mit Goldfischen und daneben eine Voliere mit Nymphensittichen. Da standen wir dann eine viertel Stunde und haben einfach nichts gesagt.

Mein Vati hat jetzt auch eine Spezialmatraze gegen das Wundliegen bekommen. Hoffe, dass das hilft.

Mit dem Arzt konnte ich vorgestern auch noch sprechen. Er sagte mir, dass mein Vati über seine Situation Bescheid weiß und teilt meine Meinung, dass uns nur noch wenige Tage bleiben, wenn er weiter so abbaut. Aber Schmerzen hat er zum Glück keine. Das ist jetzt gut eingestellt mit dem Morphin.

Gestern abend habe ich mich mal wieder über meine Mutti geärgert. Sie ruft meinen Vati jetzt nicht mehr an (war sonst morgens und abends ein festes Ritual). Er würde ja sowieso fast nie rangehen und sagen tut er ja auch nichts.
Sie hat ihn wirklich schon komplett abgeschrieben!
Dieses Telefon ist seine einzige Verbindung zur Außenwelt, wenn wir nicht bei ihm sind. Ist doch egal, ob er nur selten ran geht oder etwas sagt. Er kann halt fast nicht mehr sprechen und meistens schläft er auch. Aber ihn deswegen gar nicht mehr anrufen, gibt ihm doch das Gefühl, dass seine Familie nicht mehr für ihn da ist.

Ich werde jedenfalls jetzt gleich losfahren und nach einer Armbanduhr für meinen Vati schauen, die er besser erkennen kann. Er möchte gerne eine neue haben. Kommentar meiner Mutter: wieso, die ist doch ganz neu, die er hat. Das bringt doch eh nichts mehr!

Gut, dass er hier bei uns in der Nähe ist und ich ihm diesen Wunsch noch erfüllen kann.

Carla
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  #44  
Alt 13.07.2011, 10:27
success success ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Carla,

das ist schön, dass Du Deinen Pa noch nach draußen schieben konntest. Das hat ihm sicher Freude gemacht. Auch gut, dass der Arzt Dir offen seine Meinung sagt, nun kannst Du beginnen Dich innerlich darauf vorzubereiten, mir hat das sehr geholfen.

Zu der Armbanduhr: Ich finde es gut, dass Du ihm eine kaufst. Ich habe für meinen Pa vor 2 Monaten noch einen mega teuren Rasierapparat gekauft, weil er ihn unbedingt haben wollte.

Ich habe gestern im Internet einen sehr wichtigen Satz gelesen, der sehr gut zu den Rasierer- und Armbanduhrgeschichten passt. Und zwar: Auch Sterben ist Leben. Das Sterben gehört zum Leben.

Was ich damit sagen will, es ist gut, dass Du Deinen Pa nicht abschreibst und für ihn da bist. Dass Du ihm das Gefühl gibst lebendig zu sein. Er ist es ja auch noch. So lange bis er für immer einschläft und dann wirst Du Dich freuen, dass Du ihm das alles so schön gemacht hast. Also so geht es mir gerade.

Deine Mutter: sei nicht böse auf sie. Meine konnte es auch nicht so wie ich es konnte. Wir verlieren unseren Vater, haben aber längst irgendwie ein eigenes Leben. Die Mütter haben bis zum Schluss mit ihnen zusammengelebt. Das ist sicher auch sehr schwer, denn sie sehen immer die leeren Räume und haben dauernd die Frage im Kopf, ob er je heim kommt.
LG,

success
__________________
Mein geliebter Papa 11.05.1955-11.07.2011

Geändert von success (13.07.2011 um 10:29 Uhr)
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  #45  
Alt 13.07.2011, 13:10
carla44 carla44 ist offline
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Liebe Success,

das mit der Uhr hat vorhin leider nicht geklappt. Da werde ich wohl was über das Internet besorgen müssen. Ich wollte ja keine Multifunktionsuhr sondern einfach eine, die er gut erkennen kann. Gibts so hier aber nicht.

Nein, meiner Mutti bin ich auch nicht böse. Sie muss ihren Weg finden, mit dem Ganzen umzugehen. Ich muss meinen Weg gehen und der heißt, gib ihm alles, was geht an Wärme und Zuneigung. Ich werde ihm auch bis zum Schluss seine Wünsche so gut wie möglich erfüllen.
Die Worte meiner Mutter tun eben einfach nur weh. Denn schließlich lebt mein Vati noch. Ich hoffe zwar nicht mehr auf ein Wunder, aber kann auch nicht so tun, als ob er schon tot wäre.

Vorhin war ich kurz bei ihm. Leider hatte er heute Nacht wieder Schmerzen. Die Dosis der Schmerzmittel muss nun erhöht werden.

Dann kam noch die Pflegeleiterin und sprach meinen Vati auf die Hospizbegleitung an. Aber nur so: wollen Sie eigentlich die Begleitung der Hospizgruppe?
Keine Erklärung dazu oder was die machen oder wie die helfen.
Mein Vati hat nur Nein gesagt. Danach hat er wieder geschlafen, so dass ich mit ihm nicht weiter darüber sprechen konnte.

Ich werde versuchen, das in den nächsten Tagen, wenn wir alleine sind, mal in Ruhe anzusprechen. Wenn mein Urlaub dann zu Ende geht, wäre es schön, dann jemanden an seiner Seite zu wissen. Vielleicht kann ich ihm das ja noch mal ein bißchen erklären.
Ich fand die Situation vorhin nicht gut. Das war so unvorbereitet und wenig einfühlsam.
Eigentlich wollte die Heimleiterin das mit ihm besprechen. Die hat eine andere Art.

Mal sehen, was der Tag noch so bringt. Heute nachmittag ist meine Mutter wieder bei ihm. Danach telefonieren wir.

Carla
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