Ich habe solche Angst

[Jaecky]

Heute nachmittag hab ich mir stundenlang den Arztbericht von Papa durchgelesen im Internet recherchiert usw. Mama hatte mir ihn heute gebracht, da Papa eine Kopie haben wollte und der HA das Original. Hab mir dann eine Kopie mit gemacht. Oh man was da alles steht. Ich verstehe zwar immernoch nur die Hälfte aber ich fass mal zusammen, vielleicht könnt ihr mir ein wenig auf die Sprünge helfen.

- Multiples Myelom und myelodyslastisches Syndrom (weiss ich ja bereits)
- transfusionspflichtiger Anämie und sekundärer Thrombozytopenie und prolongierter Neutropenie ???
- akutes Nierenversagen RIFLE R
- V.a. bilaterale Pneumonie (Lungenentzündung)
- Harnwegsinfekt (Staph. Aureus??)
- Bakteriämie (Blutvergiftung)
- Anasarka
- Stauungsekzem
- prurigo simplex chronica

So einiges hab ich ja von den Diagnosen letzter Woche schon raus, aber alles hab ich nicht gefunden.

Außerdem ist einige Male von belastungsdyspnoeisch die Rede. Sein HB war bei 3,7g/dl und seine Thrombos bei 5 Gpt/l wie niedrig ist das? und bei einer Röntgenaufnahme "bipulmonale interstitielle Zeichnungsvermehrung im rechten Mittelfeld, sogar angedeutet konfluierend somit dringender V.a. bipulmonal interstitielle Infiltrate im Sinne einer bds. Pneumonie" Was bedeutet das - Metastasen?

Entschuldigt, das ich mit dem ganzen Fachchinesisch hier ankomme und eigentlich hilft es ja auch nicht wirklich aber ich will diesen Bericht verstehen. Wahrscheinlich dreh ich auch langsam durch, das ich Stunden damit zubringe, anzumakern, Begriffe zu suchen und Notizen zu machen, wenn ich nicht bei ihm sein kann.

Es tut nur so weh und ich versuche zu verstehen, was bei meinem lieben Papa passiert. Aber kann man das verstehen, sicher man versteht wahrscheinlich diese Begriffe einigermaßen aber es will mir einfach nicht in den Kopf, warum nur???? Ich weiß, ich benehme mich wie ein Kind, das etwas nicht will, ich sollte es doch einfach nur annehmen und akzeptieren. Aber es geht nicht, ich kann einfach nicht.

Bitte entschuldigt, sollte ich einige Begriffe nicht richtig geschrieben haben.

Liebe Grüße
Jäcky

[Jaecky]

Liebste Bille,

ich dank dir. Ich hoffe, du hattest einen ruhigen Urlaub und konntest ein wenig zur Ruhe kommen. Ich denk oft an dich und hoffe, das es dir einigermaßen geht. Drück dich

Liebe Dani,

es tut mir sehr leid, dass du deine Mama verloren hast. Ich möcht dich auch in den Arm nehmen, denn Worte die dich trösten können gibt es leider nicht aber eine Umarmung sagt mehr als tausend Worte.

Liebe Grüße
Jäcky

[molüfunidami]

liebe jaecky!

danke!
Ich kenne das mit dem fach-chinesisch!
leider konnten wir alles erst aufarbeiten, als es schon zu spät war. aber man WILL einfach alles verstehen, oder?

jetzt, nachdem alles vorbei ist, habe ich zeit, alles zu googeln, alles zu verstehen. brauche es aber auch...

ich hoffe für dich, dass du noch ganz viele antworten findest, dass du für dich frieden finden kannst, antworten, die so wichtig sind.
aber wichtiger ist die zeit mit deinem papa.

ich merke jetzt auch, dass die zeit zum googeln sooo lang ist, die zeit zu begreifen...

aber die zeit mit deinem papa, die ist jetzt wichtig!

alles andere kann warten.

ganz liebe grüsse, dani

[mai-regen]

Liebe Jäcky,
wenn ich deine Zeilen lese,fühle ich mich in der Zeit zurückgedreht. Jetzt ist meine Mum schon fast zwei Monate nicht mehr da,und trotzdem sind da sofort alle Gefühle abrufbar.Die Angst,die Auflehnung,das Gedankenkarussel,das wenn man mal zuhause ist und lockerlassen könnte,sich unablässig weiterdreht. Und es ist eine Situation,die fremden Trost ( fast) nicht zulassen kann.
Trotzdem möchte ich dir mein Mitgefühl ausdrücken,es tut mir so leid für euch alle.Es scheint,als läuft euch jetzt die Zeit davon.Da standzuhalten,das fordert eine Kraft,von der man vorher nicht mal ahnt,dass man sie hat....Ach,Süsse!
Zu deinen medizinischen Fragen,alles weiss ich auch nicht,bin ja im OP,und dieses internistische Fachgedöns verstehe ich auch nicht immer....
Also,transfusionspflichtige Anämie bedeutet,dass die Blutwerte,die du auch weiter unten nennst,soweit im Keller sind,das dein Papa Blutkonserven braucht.
Belastungsdyspnoe bedeutet,dass er bei körperlicher Bewegung Luftnot hat.
Die Beschreibung der Befunde in der Lunge sagt,dass es beidseits eine Lungenentzündung hat,kein Wort von Metastasen!
Liebe Jäcky,alles zusammen bedeutet,das dein Papa nun an vielen Stellen des Körpers krank ist,aber das weisst du ja alleine. Es gehört zu deiner Verarbeitung,zum Begreifen des Unabwendbaren,wenn du dich immer und immer wieder damit beschäftigst.
Aber bitte,sobald du kannst,leg alle Papiere beiseite,dein Papa ist dein Papa,keine Ansammlung von Werten,versagenen Systemen,Krankheiten.Versteh mich bitte nicht falsch,nur bitte vergeude nicht zu viel Zeit damit.Je mehr man liest,desto schlimmer wird es.Speicher seine Stimme,seine Herzenswärme,eine Umarmung,ein Lächeln,seinen ureigenen Papa-Duft,seine Liebe,seinen Stolz....das ist alles,was zählt!
Alles Gute,Liebes!!!

[katja118]

Liebe Jacky,
mach es Dir nicht noch schwerer und übersetze dir die ganzen Berichte.
Vielleicht reicht es grob Bescheid zu wissen, man wird sonst verrückt.
Bei einem HB von 3,7, das ist so grob gesagt die Blutmenge, normal ist einer zw. 13-17, ist man schon extrem schwach und kann ohne Transfusion (Fremdblut) nicht durchhalten. Auch die Thrombos sind nicht wirklich gut.
Dass dann auch noch eine Lungenentzündung kommt. Ach mann, das ist doch alles wie verhext.

Denk an Dich und mach Dich nicht verrückt, versuchs zumindest.
Ich hab das gleiche erlebt, alles gelesen, jeden gefragt, das Ergebnis war damals bei meinem Vater, dass es eigentlich nichts gebracht hat, ich immer Bescheid wusste und somit die Hoffnung verlor, gelitten hab, Angst gehabt habe, die anderen, die keine Ahnung von den Details hatten, waren die ganze Zeit über viel besser dran, bis sie dann die Wahrheit sahen. Aber das ist der leichtere Weg.

Viel Kraft

[Jaecky]

Hallo,

gestern wollte Papa sein HA zum Hausbesuch kommen, was war, er kam wieder nicht und hat nichtmal angerufen. Ich find das unmöglich, klar ist er auch Notfallarzt aber nen Anruf kann man doch wenigstens machen. Mama wollte so viel mit ihm besprechen, wegen Pflegestufe und Hospiz und und und. Nun stehen die ganzen Fragen immernoch im Raum und wir wissen uns keinen Rat. Das ist doch echt bescheiden.

Papa muss heute wieder nach Berlin. Na mal sehen, ob er wieder nach Hause darf. Im Moment glaub ich an nichts Gutes mehr. Auch strengen ihn die Fahrten immermehr an und was, wenn er es nicht mehr schafft? Wo bekommt er dann seine Bluttransfusionen her und wer kontrolliert dann die Blutwerte?

Gestern hab ich mit Mama telefoniert. Ich hatte dann nur mitbekommen das Papa das Telefon gesucht hat, obwohl er mir vorher noch guten Morgen gesagt hat. Ist das furchtbar. Er vergisst so viel und ist so durcheinander. Ich weiss nicht ob das wirklich nur die ganzen Medikamente sind. Es geht so schnell, vor ein paar Wochen ging es ihm schlecht aber jetzt ist es so schlimm ihn anzusehen. Er ist nicht mehr der Mann der er mal war. Diese Krankheit ist so grausam. Er kämpft nun schon so viele Jahre, und nun soll er letzendlich doch den Kampf verlieren. Wofür hat er dann so gekämpft? Wofür war diese ganze Quälerei gut? Im Moment sehe ich manchmal den Sinn im Leben nicht mehr. Die einzigen die mir Kraft geben sind meine Kinder.

Heute kommt der Sanitärmensch um die Toilette anzusehen, was er alles braucht und so. Ich hoffe das es relativ schnell geht mit anbauen, weil meine Eltern haben nur ein Badezimmer und wenn Papa auf Toilette muss muss er ja gehen.

LG
Jäcky

[rita2210]

Liebe Jaecky,

ich melde mich vom Flughafen, aber ich hab noch Zeit die zu antworten. Die nun erreichte Phase erinnert mich stark an die meiner Mama in ihren letzten Wochen. Der Abbau war erschreckend schnell und ließ kaum Zeit zum Aufatmen. Deswegen fand ich in der Situation auch schwierig die verbleibende Zeit intensiv in mich aufzusaugen, denn die Siege war immer so groß. Im Nachhinein hätte ich gerne einzelne Augenblicke an bestimmten Tagen viel intensiver genossen, abfotografiert in meinem Kopf, noch mehr gedrückt und geknuddelt...
Jaecky, ich weiß, ich muss dir das nicht sagen, aber nimm jetzt so viel mit wie nur möglich.
Auch meine Kinder und mein Mann sind jetzt mein Halt. Bin auf dem Weg zu Ihnen.

Du sollst wissen, ich denke viel an dich, deinen Papa und die gesamte Familie.

Was die Toilette betrifft, ehrlich, wieso habt ihr keinen Toilettenstuhl oder will dein Papa das nicht? Dieser Stuhl am Bett meiner Mama hat uns zu Hause das Leben erleichtert, aber in erster Linie ihr. Er ist absolut hygienisch, wird direkt entleert und abgespült und steht wieder parat. Einen kürzeren Laufweg gibt es nicht. In der letzten Woche war es schon fast unmöglich für meine Mama Kraft aufzubringen um selbst diesen Stuhl an ihrem Bett zu benutzen. Sie hat es aber bis einen Tag vorher mit unserer Hilfe geschafft. Sie war einfach ne Kämpferin.

Jaecky, ich wollte mich mit meinem Vorschlag nicht aufdrängen, sondern nur von unserer guten Erfahrung berichten.

Nur das Beste für euch und viel viel Kraft.

Rita

[Jaecky]

Oh liebe Rita,

ich würde deinen Vorschlag gern annehmen aber mein Papa ist so stur. Er benutzt nichtmal den Gehstock, den meine Mama gekauft hat. Und bei der Toilette hat er auch ganz komisch reagiert und gesagt, wieso denn nur für mich? War ein bisschen vorwurfsvoll von ihm uns gegenüber. Aber ich nehm ihm das nicht übel-

Eben hab ich wieder mit Mama telefoniert. Meine Schwester hatte Montag Geburtstag und Papa hat sie angerufen und gratuliert. Sie wollen ja in knapp 2 Wochen kommen, wissen auch dass die Kinder im Moment nicht so mitsollen. Meine Nichte ist ja schwerbehindert und ist natürlich noch anstrengender als die Jungs. Sie hat gefragt ob sie vielleicht nicht kommen sollen aber er hat gesagt ich will euch nochmal sehen. Ich hab das Gefühl er wartet noch auf sie und dann will er gehen. Oh bitte nicht!

LG Jäcky

[Mirilena]

Liebe Jäcky,

es tut mir so leid und da fehlen dann auch wirklich die Worte... Ich denke, Rita hat recht... Der Toilettenstuhl ist wirklich eine Erleichterung, wenn die Kraft fehlt. Mein Vater wollte ja auch alles allein machen, aber letztlich musste er diesen Stuhl nutzen, weil er nicht mehr laufen konnte. Vielleicht könnt ihr den Toilettensitz, von dem Sylvie schrieb, besorgen? Das ginge schneller als alles umzubauen.

Ach Mensch, ich würde dir gern helfen! Ich weiß, wie sich das anfühlt... Es kaum zu ertragen. Ich denke, dein Papa vergisst jetzt vieles, weil es einfach nicht mehr wichtig für ihn ist. Weißt du, es ist, als würde er den unnötigen Ballast abwerfen. Wichtig ist, dass ihr bei ihm seid und das seid ihr ja rund um die Uhr! Jetzt ist dein Papa da und jetzt hast du ihn! daran musst du denken und versuchen, die Angst beiseite zu legen, auch wenn es schier unmöglich erscheint.

Ich umarme dich ganz fest
Miriam

[Jaecky]

Hallo,

war heute wieder bei Mama und Papa. Papa war wieder in Berlin und es hat ihn sehr mitgenommen. Er hat wieder Blut und wie er sagte Schokolade bekommen. Ich nehme an das er die Thrombos gemeint hat. Er isst ja immer in Berlin Mittag und ich hatte ihn dann gefragt, was es heut gab. Er sagte immer wieder, tja was hab ich heut gegessen, tja was hab ich heut gegessen. Immer wieder und dann war er einfach still und hat nichts mehr gesagt. Es macht einen so fertig ihn so zu sehen. Beim Abendessen hat er wieder nur mit Kopf runter und Augen zu da gesessen.

Ich hab mich heut wieder lange mit Mama unterhalten und die Gedanken kreisen eigentlich immer nur um das selbe, wann wie wo ....? Heute hat sie mit ihrer Schwester telefoniert (sie ist Krankenschwester) und hat ihr alles so erzählt, da sagte sie auch wir sollen jetzt jeden Tag nutzen. Jeder sagt das Gleiche, wieso kann nicht einfach mal einer sagen macht euch nicht so fertig alles wird gut. In meinem ganzen Leben hab ich mich schon immer durchgesetzt bis heute. Wenn ich was will, konnte ich mich immer durchsetzen. Wieso kann ich das jetzt nicht??? Ich will das nicht, ich will ihn nicht verlieren - er ist doch mein Papa, mein geliebter Papa!!!! Es will einfach nicht in meinen Kopf. Ich meine, ich weiss genau was kommen wird aber ich begreife es nicht.

Morgen werd ich wieder rüber fahren und Sonntag auch. Heute war der Sanitärfritze da und hat sich das wegen der Toilette angesehen, ist kein Problem und dauert auch nur 2 Stunden sagt er. Geht also unkompliziert. Er hatte nur das falsche Modell dabei. Oh da kam aber wieder der sture Papa durch, nein das kommt nicht ran - das geht zurück und wird umgetauscht. Gegen seinen Willen kommen wir nicht an, das hab ich wohl von ihm wenn wir was nicht wollen, dann bringt uns keiner dazu. Ich glaub manchmal er will es selber nicht glauben und übergeht es auch sooft und will ab und zu seine Späßchen machen. Er versucht so stark zu sein und kann dem kaum noch stand halten. Er war immer unser starker Papa und nun ist er so schwach und müde.

Letzte Nacht ist er nichtmal ins Bett gegangen. Mama hat ihn 5.30 Uhr im Wohnzimmer bescheid gesagt, dass sein Taxi bald kommt und er nach Berlin muss. Er geht auch so kaum noch ins Bett meistens erst morgens um 6 oder so, wenn Mama schon aufsteht. Vielleicht sind die Schmerzen im Liegen einfach zu groß ich weiss es nicht.

Bis bald
Jäcky

[carla44]

Liebe Jäcky,

ich möchte Dir schnell einen lieben Gruß dalassen und Dich umarmen.

Ja, Dein Papa ist wirklich stur. Die Toilette soll ihm doch nur helfen. Versuch ihm das doch noch mal klar zu machen. Dass Ihr ihm nur helfen wollt, damit er es leichter hat. Weil Ihr sonst ja gegen die Krankheit selber schon nichts machen könnt und ihm so nur ein paar Erleichterungen verschaffen wollt.

Ich glaube, Dein Papa kann das immer noch nicht eingestehen, dass es ihm doch sehr schlecht geht. Er will für Euch der starke Papa sein. Und alles andere wäre für ihn eine Katastrophe.
Na, zum Glück hast Du ja auch genug von seiner Stärke mit abbekommen. Du schaffst das mit Deiner Mama zusammen bestimmt.

Ich wünsche Dir, dass Ihr heute gute Stunden zusammen habt.
Liebe Grüße
Carla

[Mirilena]

Liebe Jäcky,

ich wünschte, ich könnte dir sagen, alles wird wieder gut und dein Papa schafft es. Aber damit wäre dir jetzt auch nicht geholfen. Helfen können wir wohl alle nicht. Wir können einfach nur da sein für dich und dir zuhören bzw. lesen und dir signalisieren, dass du in deinem Kummer und mit deiner Angst nicht allein bist...

Ja, du hast bestimmt sehr, sehr viel von deinem Papa! Wie Carla schon schreibt... Vor allem auch seine Stärke und seinen Willen! Und beides wird dir helfen, das anzunehmen, was du nicht begreifen kannst.

Ich wünsche dir

Ein netzt, das dich nicht ins Bodenlose fallen lässt.
Eine unsichtbare Hand, die dich auf deinen dunklen
und den hellen Wegen begleitet.
Tränen, die den Stau lösen.
Eine Boje im Meer deines Schmerzes.
Einen Ort für deine Klage.
Brot und Wein zum Leben.
Manchmal etwas Süsses.
In den Nächten eine gute Handvoll Schlaf.
Räume und Zeiten, um deine wirren Gedanken zu ordnen.
Tage mit Lust und Freude.
Trost, der dir nicht deine Trauer nimmt.
Einen Menschen, der dir ein Ohr leiht.
Der dir bei steht und nicht alles besser weiß.
Ich wünsche dir, dass das, woran du glaubst, nicht zerbricht.
Dass du das Unfassliche als nicht begreifbar einer anderen
guten Kraft überlassen kannst.
Ich wünsche dir, dass du deinen
stillen Humor nicht verlierst.
Dass du dein Lächeln behältst.
Das wünsche ich dir und mir.
L. Matouschek nach einem Text von E. Oberacker

Alles, alles Liebe, meine Jäcky!!!
Miri

[Jaecky]

Hallo Ihr Lieben,

dankeschön für eure lieben Worte.

Im Moment bin ich so oft es geht bei Mama und Papa. Ist manchmal nur nicht ganz einfach die Jungs unterzubringen. Viele sind im Urlaub, mein Schwiegervater kann auch nicht immer da er meine Schwiegermutter pflegen muss usw. Aber ich versuchs so oft es geht.

Mit Papa wird es immer schlimmer. Er ist nur noch verwirrt und man versteht so oft nicht, was er gerade sagt - da man die Zusammenhänge nicht erkennt. Wir versuchen aber mitzudenken, da wir ihn nicht bloß stellen wollen. Den einen Tag hat er es aber selbst gemerkt und hat sich so geärgert. Das tat mir unheimlich leid, ich würde ihm so gern helfen aber ich komme sooft nicht mit.

Am Samstag ist er in der Küche gestürzt. Er bekommt die Beine nicht mehr hoch und schlurft nur noch und ist dann hin gefallen. Das tut mir so leid. Gestern hat er gesagt, das er sich doch ganz schön weh getan hat. Ich hab dann gesagt, warum er nicht zum Röntgen mit Mama gefahren ist. Nein das will ich nicht, ist nicht mehr wichtig. Ich denke er hat Angst, was sie sagen könnten und das sie ihn drin behalten. Gestern hat Mama mich abgeholt und wir waren noch schnell bei Oma und Opa auf dem Friedhof ein paar Blümchen hin stellen. Da hatte er Bange, dass es zu lange dauert. Er hat Angst allein zu sein. Den einen Tag hat Mama ihn gesucht, sie hatte schon total Panik wo er ist. Dann ist sie in den Garten gegangen, da stand er nackt vor der Regentonne und hat sich gewaschen. Ach mensch, es tut nur noch weh ihn so zu sehen. Auch haben wir im Moment kaum noch Tränen und arbeiten uns von Tag zu Tag.

Mama hat bei der KK angerufen wegen nem Eilantrag für ne Pflegestufe, angeblich gibt es sowas nicht bei uns - die werden alle schnell bearbeitet haben sie gesagt. Ja wers glaubt. Oh das ärgert er mich wieder. Ich weiss nicht ob das stimmt. Ich weiss nur bei meiner Oma hat es vor 7 Jahren ewig gedauert und sie haben erst die Genehmigung bekommen, da war sie leider schon gestorben. Dauert das denn wirklich so lange??? Ich hab ja da auch keine Ahnung. Angeblich gibt es doch bei Krebspatienten irgendwelche anderen Regelungen oder? Wollen die uns bloß wieder abwimmeln? Oh diese Bürokraten.

Nächste Woche kommt meine Schwester zu Besuch. Papa wollte sie ja nocheinmal sehen, wie er ihr sagte. Was wird dann passieren? Ich bin noch nicht bereit ihn gehen zu lassen. Kann ich aber wirklich so egoitisch sein? Er quält sich furchtbar, hat große Schmerzen und durch seinen Sturz noch zusätzliche. Mama sagt, man konnte zugucken wie es blau wurde. Auch hat er seit er aus dem KKH raus ist, extreme Wassereinlagerungen. Ab seinem Bauch bis zu den Knien ist er total dick. Ganz schlimm ist der Bauch und sein Po. Aber zum Glück kann er noch normal atmen.

Am Freitag hatte ich noch ein ausführliches Gespräch mit meinem Liebsten. Er unterstützt mich wo er kann und ist auch mein Halt. Aber er sagte: "Jäcky du ziehst dich immer mehr aus dem Leben zurück. Ich kann dich gut verstehen aber die Jungs brauchen ihre Mama und ich brauche meine Frau." Darüber hab ich lange nachgedacht und muss zugeben, er hat recht. Ich zieh mich immermehr zurück aber hat das meine kleine Familie verdient? Nein ich denke nicht. Allerdings weiss ich auch nicht, was ich anders machen könnte. Meine Zwerge tun mir auch so leid, ich schieb sie im Moment so oft ab, da Papa seine Ruhe möchte. Julian war gestern so traurig und hat gefragt, wann er Opi wieder besuchen darf. Ich hab ihm dann in aller Ruhe erklärt, das das im Moment nicht geht da Opi seine Ruhr braucht. Und ihn so zu sehen, ich denke das würde ihnen auch nicht gut tun. Er ist nicht mehr der der er war. Innerhalb von 3 Wochen hat sich so viel verändert, dass ist so erschreckend.

Das war wiedereinmal das neuste von uns.

Liebe Grüße
Jäcky

[Billchen]

liebe Jäcky....

laß dich fest in den Arm nehmen und drücken.....es ist einfach nur schrecklich was ihr alle mitmachen müsst....
dein armer armer Papa...sowas barucht doch wirklich kein Mensch in seinem letzten Lebensabschnitt ertragen....
mir fehlen irgendwie die richtigen Worte um dich aufbauen zu können...aber du sollst wissen daß ich ganz ganz oft an dich denke und immer wieder gute Gedanken an dich sende...
heute vor 6 Monaten ist Mama gestorben.....wo ist die Zeit nur hin....???
Wegen der Pflegestufe ist es bei uns jedenfalls so. daß die Ärztin vom MDK, wenn sie denn zur Begutachtung da war...ihren Bericht sofort in den PC eingibt und daher war es bei uns eine Sache von ca. 3 Wochen.....
Bei Papa hat es damals nicht mehr gereicht....leider....er ist ein paar Tage vor dem Arztbesuch gestorben....
Liebste Jäcky...nochmal für dich ganz ganz viele Kraftpakete....sag deinem Mann daß er ein ganz Lieber ist, und einfach Geduld haben sollte....die Zeit mit deinem Papa ist begrenzt und ihr habt noch viel davon um sie beide zusammen zu verbringen....
ich hoffe für dich daß er das versteht....mein Hase hat auch lange hinten anstehen müssen...hätte er gemotzt...es hätte nichts geändert und unserer Bezioehung nicht gut getan....aber ich glaube schon daß dein Mann dich versteht....
deine Buben sind noch zu klein um ihnen Erklärungen geben zu können...sie werden keinen Schaden nahmen wenn sie zur Zeit "rumgereicht " werden....
Alle Alle Kraft der Welt für euch
Sybille

[Jaecky]

Meine liebe Bille,

ich freu mich immer wenn ich von Dir lese. Es ist schön zu wissen, dass ihr alle an mich denkt.

Ich hatte das mit meinem Mann vielleicht ein bisschen d.. geschrieben. Er meinte nicht, ich solle mehr Zeit mit ihm und den Jungs verbringen. Er hat einfach Angst um mich und das ich mich selbst verliere. Eben aus dem Leben zurück ziehen. Er macht sich halt auch Sorgen. Und es tut ihm weh dieses ganze Elend mit zu erleben. Er hat ja Papa auch so gern und muss jedesmal schlucken, wenn er ihn sieht und mit ihm redet.

Ich lieb ihn sehr und ich bin ihm so dankbar. Er ist zwar auch oft mit der ganzen Situation überfordert und weiss nicht, wie er mich trösten soll. Aber er hält mich immer wieder aufrecht und meine Zwerge natürlich auch.

Liebe Bille, ich hoffe dir geht es einigermaßen gut? Mein Gott 6 Monate? Mir ist als wäre es gestern gewesen, als ich bei dir gelesen hab. Ich drück dich.

LG
Jäcky