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  #16  
Alt 05.07.2011, 21:24
Jaecky Jaecky ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Carla,

tut mir leid, dass es Dir heute schlecht geht. Schlaf Dich schön aus, dann geht es Dir morgen bestimmt besser.

Ob es besser ist, wenn bei uns nun schon so lange die Krankheit triumpfiert weiss ich nicht. Ich finde es total schlimm, das wir uns nun schon so lange beherrschen lassen. Aber andererseits geniesse ich jeden Moment mit meinem Papa, so lange ich ihn noch habe.

Bei Euch und bei allen anderen, wo es so schnell geht ist aber genauso schrecklich. Ich glaube da gibt es kein besser oder schlechter. Am Besten wäre es, wenn es dieses Forum gar nicht geben müsste, weil niemand diese schreckliche Krankheit hat.

Ich schwebe heute irgendwie zwischen oben und unten. Bin mal wieder am Grübeln und weiss gerade nicht wohin mit meinen Gefühlen. Schreibe das hier heute wie unter Hyptnose, keine Ahnung wie ich das beschreiben soll. Als ob ich das gar nicht schreibe sondern ein anderer. Vielleicht fang ich jetzt an durchzudrehen, Keine Ahnung. Hoffentlich bin ich morgen wieder mehr ich selbst. So wie es im Moment ist ist es nicht so schön.

Liebe Grüße Jäcky
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  #17  
Alt 06.07.2011, 08:10
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Ach Jäcky, das hört sich auch nicht gut an. Ist ja auch kein Wunder, wenn man nach so langer Zeit mit einer schlimmen Krankheit in der Familie fast durchdreht. Hoffe, dass es Dir bald wieder besser geht.

Ich habe mich gestern noch sehr über meine Mutter geärgert.
Meinem Vater geht es von Tag zu Tag schlechter, oft schläft er nur, wenn wir ihn besuchen. Und meine Mutter erwartet tatsächlich, dass er sie dann zur vereinbarten Zeit anruft! Klar hatte er das mal versprochen, morgens und abends bei ihr anzurufen. Da ging es ihm aber noch wesentlich besser. Jetzt weiß er oft nicht mal, wie spät es ist oder welchen Tag wir haben. Er weiß auch abends manchmal nicht, dass ich nachmittags bei ihm war.
Oder er hat einfach keine Kraft, das Telefon zu nehmen und und und.
Ausspruch meiner Mutter gestern abend: Na, wenn er nicht mit mir reden will, nö, dann rufe ich ihn auch nicht an.

Sie kapiert einfach nicht, dass er das gar nicht mehr kann. Und, dass sie morgen vielleicht keine Gelegenheit mehr hat, mit ihm zu sprechen.

Sie findet es auch eklig, dass er Stuhl und Urin nicht mehr kontrollieren kann. Oder sich nicht selber so sauber halten kann, Händewaschen, Zähneputzen usw.
Sie meint nur, dass muss man doch merken, dass man neben das Klo gepinkelt hat! Ich finde das auch nicht toll, aber er ist so krank und kann ja nichts dafür. Dann mache ich das eben einfach weg und sage nichts dazu.

Wir (mein Mann und ich) sind froh, dass er überhaupt noch bis zum Klo gehen kann und sie regt sich über so was auf. Als ob er das macht, um sie zu ärgern!

Meinem Vater ist es sicher sehr peinlich, wenn das alles so passiert. Er ist ja in den wachen Momenten klar im Kopf und bekommt alles mit. Und sie ist so herzlos zu ihm. Da kommen viele schlimme Kindheitserinnerungen hoch, wo sie mich auch wegen Kleinigkeiten so mies behandelt hat.

Gestern abend war ich echt kurz vorm Platzen, als sie mir die Sprüche am Telefon um die Ohren gehauen hat.
Ich habe dann meinen Vati noch mal angerufen und ihm ganz lieb gute Nacht gewünscht. Von mir wird er keine Vorwürfe zu hören bekommen. Deshalb ist es auch gut, dass er hier in der Nähe im Heim ist und nicht bei meiner Mutter im Ort (ist 25 km weg von hier).
So, das musste ich mal eben loswerden.
Carla
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  #18  
Alt 06.07.2011, 13:11
Jaecky Jaecky ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Hallo Carla,

das glaub ich Dir, da wäre ich auch am Platzen gewesen. Ich verstehe gar nicht, warum Deine Mama so denkt. Es ist doch ihr Mann. Kann ich nicht nachvollziehen. Bei meinem Papa war das auch schonmal so, dass er nicht gemerkt hat, dass er aufs Klo muss. Das war ihm ganz doll peinlich, aber meine Mama hat ihm da gut zugeredet, dass das nicht schlimm ist und er sich darum keine Gedanken machen soll.

Und das er nicht schafft sie anzurufen ist doch auch ganz normal, wenn es ihm so schlecht geht. Er braucht doch Deine Mama auch. Rede ihr doch mal gut zu, wenn es zu spät ist, tut es ihr bestimmt doll leid und hätte es doch
gern anders gemacht. Vielleicht ist es bei ihr auch so eine Art Schutzmechanismus. Um ihre Gefühle nicht offen zeigen zu müssen, blockt sie es dann ab. So ist das ja bei jedem unterschiedlich. Ich möchte jetzt auf keinen Fall Partei ergreifen, aber rede doch mal ganz offen mit ihr warum sie sowas sagt.

Bei meinem Papa ist das so ähnlich. Er möchte unsere Gefühle gar nicht verstehen. Wir können nicht offen mit ihm reden und wir müssen uns verkneifen in seiner Anwesenheit zu weinen. Wenn er das mitbekommt flippt er völlig aus. So ist das eben bei ihm.

Ich hab mich heute doll über meinen Papa geärgert. Am Wochenende hatte ich meinen Eltern ca. 10 Gläser selbstgekochte Marmeladen und Gelees mitgenommen, da ich weiss er mag sowas total gerne. Heute morgen hat mir meine Schwester erzählt (sie wohnt bei meinen Eltern mit im Haus), dass ein Glas nicht in Ordnung war und er somit alle Gläser weg geworfen hat. Hallo? Wenn ein Glas nicht in Ordnung ist, sind doch die anderen nicht gleich schlecht. Wer schonmal Marmelade oder Gelee gekocht hat, weiss wieviel Arbeit es macht, wenn man 5 oder 6 Sorten macht. Da hab ich mich total geärgert. Ich stehe da ewig in der Küche und er schmeißt es in den Müll. Das ist wiedermal eine Momentsituation, da kann ich ihn gar nicht verstehen. Naja.

Alles Liebe Jäcky
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  #19  
Alt 06.07.2011, 19:00
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Jäcky,

vielen Dank für Deine lieben Worte.
Tut mir echt leid, dass Dein Vater das alles weggeworfen hat. Er weiß bestimmt nicht, wie viel Arbeit Du damit hattest.
Wir als Angehörige wollen eigentlich nur Gutes tun und oft kommt dann am Ende so eine Enttäuschung dabei raus.

Mit meiner Mutter habe ich versucht zu reden, vorhin als ich sie abgeholt habe. War mal wieder alles nicht so gemeint. ;-(
Natürlich hätte sie ihn angerufen, nur gemacht hat sie es eben nicht.

Ich frage mich immer, was passieren muss, damit ein Mensch so wird wie meine Mutter. Keine Ahnung, was sie mal erlebt hat. Sie kann mit Worten so verletzend sein, nicht nur was sie sagt, sondern auch noch wie: abwertender Tonfall, so dass man sich richtig schlecht fühlt, so einfach nichts wert.

Vorhin im Heim war auch wieder so eine Situation. Mein Vater lag total erschöpft auf dem Bett, weil wir ihn mal kurz im Rollstuhl mit nach draußen gefahren haben. War wohl doch zu anstrengend für ihn.
Jedenfalls fragte meine Mutter ihn dann: ist was, du verdrehst so komisch die Augen.
Was soll wohl sein ??? Er hat Krebs im Endstadium - so eine dämliche Frage. UND ES GEHT IHM NICHT GUT. Sie kapiert's einfach nicht.
Mein Vater hat auch recht schroff geantwortet, dass sie ihn einfach in Ruhe lassen soll.

Mir raubt sie damit die letzte Kraft, weil ich mich dann nur noch zusammenreiße, um sie nicht mal richtig anzublaffen.

Mein Mann hat sie dann nach Hause gefahren und ich bin noch eine Stunde bei meinem Vati geblieben, habe ihm die Stirn ein wenig abgewischt und die Arme, dann hat er geschlafen und ich war einfach nur für ihn da.
Im Moment zählt jede Stunde, die Zeit ist so kostbar geworden.
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  #20  
Alt 06.07.2011, 20:35
Jaecky Jaecky ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Carla,

als erstes möchte ich Dir sagen - lass Dir nicht einreden, Du seist nichts wert. Das was Du im Moment leistest und wie Du für deinem Papa da bist, das ist wohl Hochachtung wert.

Ich glaube Deine Mama weiss einfach nicht, was sie sagt. Ich denke, sie versucht das einfach zu verdrängen und mit solchen Bemerkungen versucht sie wahrscheinlich alles ein bisschen aufzulockern, weil sie nicht weiss wie sie sich in der Situation verhalten soll. Aber ich kenne Deine Mama nicht, deshalb ist das eigentlich einfach eine Vermutung.

So wie Deine Mama sich verhält, dass kenn ich von meinem Papa. Er ist oft auch so verletzend zu meiner Mama. Sie ist oft sooo traurig, da er sie nur anschnauzt. Letzens hat er gesagt als sie von der Arbeit kam und hatte noch nichts gemacht, jedenfalls kam sie zur Tür rein und er sagte: Warum bist Du denn gekommen, wärst doch einfach da geblieben. Das schlimme ist er lacht dann auch noch immer, weil er denkt das das lustig ist. Da tut sie mir immer so leid, da er nicht versteht, wie er sie damit verletzt. Krankheit hin oder her, das gibt ihm nicht das recht auch noch Mama kaputt zu machen. Deshalb weiss ich was Du meinst.

Vielleicht musst Du dir einfach mal Luft machen, dann kannst Du wieder klarer denken. Man schluckt und schluckt und irgendwann bringt es das Fass zum Überlaufen. Wenn dann alles explodiert ist das auch nicht gut. Greift sie Dir denn unter die Arme und hilft Dir bei den organisatorischen Dingen oder sowas? Oder hält sie sich da komplett raus.

Ich hoffe für Dich, dass Du das alles gebacken bekommst.

Drücke Dich Jäcky
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  #21  
Alt 07.07.2011, 08:49
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Jäcky

lieb, von Dir, dass Du immer so einfühlsame Worte findest.

Ich habe die Situation mit meiner Mutter gestern auch mit der Mitarbeiterin vom Hospizdienst besprochen, weil mir das echt den letzten Nerv raubt. Du kennst das ja selber, man ist total eingebunden und sowieso schon nervlich am Ende. Da kann man so was dann einfach nicht gebrauchen.
Jedenfalls will die Hospiz-Mitarbeiterin mit meiner Mutter reden, falls meine Mutter da nun wirklich anruft.
Manchmal ist es besser, wenn Außenstehende etwas sagen. Ich selber erlebe das angespannte Verhältnis zwischen meinen Eltern ja nun schon Jahre. Da fällt es schwer, irgendwie neutral und ohne zu verletzen etwas zu sagen.

Im Moment bin ich froh, wenn mir jemand diese Dinge abnimmt.
Von der Hospiz-Mitarbeiterin habe ich auch viele Antworten auf meine Fragen bekommen und noch Info-Material, wo u.a. drinsteht, wie sich das alles verändert, wenn das Leben zu Ende geht. Auch was im Körper passiert, warum die Menschen dann so wenig essen und trinken usw.

Ich war dann gestern auch noch beim dem Arzt, der meinen Vater jetzt im Heim betreut. Der Arzt wird mit meinem Vater vorsichtig darüber reden, wie seine Situation tatsächlich ist. Wir wissen ja gar nicht, was mein Vater weiß. Er ahnt sicher, dass er sich nicht mehr erholen wird. Aber ich denke, es ist richtig, dass er nicht belogen wird oder alles schön geredet wird. Nur so hat er die Chance, seine Sachen noch zu regeln oder das zu sagen, was er noch erledigt haben möchte.
Ich vertraue da dem Arzt, weil er sehr erfahren und auf Palliativmedizin spezialisiert ist.
Ich selber wüßte gar nicht, wie ich das mit meinem Vater besprechen sollte.

Die Heimleiterin wird meinem Vater die Begleitung durch die Hospizgruppe anbieten. Ich hatte da gestern noch ein Gespräch mit ihr.
Mir ging es gestern abend wieder ziemlich mies. Die Tränen laufen dann nur so und ich kann kaum was machen, schlafe schlecht, obwohl ich total kaputt bin, habe keinen Hunger...

Oh Mann, das ist schon die Hölle.

Carla
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  #22  
Alt 08.07.2011, 09:13
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Hallo,

ich wollte Euch nur kurz vom gestrigen Tag berichten.
Ich habe es endlich geschafft, für meinen Vater eine kleine Bildercollage zu machen, mit Fotos von der ganzen Familie und von Orten, wo er lange gelebt hat oder gerne mal im Urlaub war.
Die habe ich alle auf ein großes farbiges Blatt geklebt und ihm gestern nachmittag ins Heim gebracht. Die Bilder hängen jetzr so an seiner Wand, dass er sie gut von seinem Bett aus sehen kann.

Als wir die Bilder angebracht haben, haben seine Augen richtig geleuchtet. Er hat immer wieder da hin geschaut und sich zig mal dafür bedankt.

Mann, das sind die Augenblicke, wo es mir warm ums Herz wird in der ganzen schweren Zeit. Und, er kann jetzt seine Familie immer ansehen, auch wenn wir gerade nicht da sind.

Ich wollte das Ganze schon am letzten Wochenende fertig machen, bin aber nicht dazu gekommen,weil ich überraschend noch Besuch hatte und so viel los war. Ich hatte echt Angst, dass ich es nicht mehr schaffe, weil es ihm Montag so schlecht ging.

Ich freue mich jedenfalls ganz doll, dass ich ihm damit so eine Freude gemacht habe. Das tut richtig gut. Solche Momente sind so kostbar, wenn nur noch so wenig Zeit bleibt.

Leider kann er fast nichts mehr essen. Die Heimleitung hat gestern noch mal mit dem Arzt gesprochen. Die Medikamente sollen nun noch mal umgestellt werden., damit mein Vati noch ein bißchen Lebensqualität zurück bekommt und es ihm nicht immer so schlecht und so schwindlig ist.
Müssen wir aber erst mal abwarten.

Carla
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  #23  
Alt 08.07.2011, 13:49
Jaecky Jaecky ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Carla,

wollte gestern Abend eingentlich noch was schreiben, aber mein Mann hat den PC für sich mal eingenommen. So ein Lümmel.

Also das Du noch Zeit für eine Collage hast, ist ja wohl echt bewundernswert. Das ist so schön, das er sich gefreut hat. Du zeigst ihm so sehr, was Du für ihn empfindest. Da wird er bestimmt glücklich sein (wenn man das in seiner Situation so nennen kann)

Ich weiss nicht, ob meine Worte immer so einfühlsam sind, wie Du schreibst. Ich versuche immer, mich in deine Situation ein wenig rein zu vesetzen und Dich ein bisschen auszubauen.

Wie läuft es zwischen Dir und deiner Mama? Hat sie sich bei der Hospizgruppe gemeldet? Denke auch an Dich, dass DU dir mal ein bisschen Zeit und wenn es nur ein Friseurbesuch oder was anderes ist für Dich nimmst. Du brauchst Die Kraft.

Liebe Grüße Jäcky
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  #24  
Alt 09.07.2011, 10:03
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Jäcky,

vielen lieben Dank für Deine Antwort. Ja, das mit dem Computer kenne ich, deshalb habe ich meinen eigenen, sonst hätte ich gar keine Chance, da mal ranzukommen ;-)

Mein Vater freut sich wirklich sehr über die Bilder. Er hat mich gestern sogar nach einem Detail auf einem Bild gefragt. Das zeigt mir, dass er sich die Bilder doch immer wieder ansieht und etwas entdeckt hat, was er nicht so genau einordnen konnte.

Wir hatten gestern und vorgestern auch noch lange Gespräche mit der Heimleiterin. Die Schmerztherapie wird jetzt umgestellt und die Pflege intensiviert. Manchmal reichen ja schon Kleinigkeiten, damit es meinem Vati besser geht. (Bettlaken glatt ziehen, ihn wieder richtig hinlegen ...)
Er bekommt jetzt auch wirklich nur sehr kleine Mengen Essen. Vorher waren das normale Portionen. Das überfordert ihn schon, wenn er das sieht. Er schafft ja nur ein paar Bissen oder Löffel voll Suppe.

Am Montag kommt eine Gruppe mit Hunden in das Heim. Da mein Vati Tiere sehr gerne mag, selber viele Jahre einen Hund hatte, habe ich ihm das erzählt und gefragt, ob er einen Hundbesuch möchte. Und er hat Ja gesagt. Also kommen die ihn Montag besuchen.

Mit meiner Mutti das ist weiterhin schwierig. Sie jammert nur, wie schrecklich das alles ist. Und versteht überhaupt nicht, wie ein Mensch plötzlich so unsauber sein kann, mal die Augen verdreht, wenn es ihm schlecht geht oder eben auch nicht merkt, wenn seine Hände oder Sachen schmutzig sind.
Leider äußert sie das auch immer bei den Besuchen direkt bei meinem Vati.

Sogar dem Pflegepersonal ist schon aufgefallen, dass sich mein Vati eher zurückzieht oder verschließt, wenn es heißt, dass er von Mutti Besuch bekommt. Ich habe der Heimleiterin das jetzt alles mal erklärt.
Die Mitarbeiter dort kündigen jetzt immer meinen Besuch an. Darauf freut er sich ganz offensichtlich.

Meine Mutti will wohl auch keine Hilfe von anderen. Bei der Hospizgruppe hat sie zwar angerufen, aber das war's dann auch.
Bekannte, die sie mal fahren würden, nein, da hat sie auch noch nicht angerufen. Wozu auch. Ist ja besser rumzujammern, als mal selber aktiv zu werden.

Das klingt jetzt vielleicht alles sehr hart. Aber ich brauche meine Kraft vor allem für meinen Vati und werde meiner Mutter nicht alles abnehmen. Sie ist sicher auch hilflos und verzweifelt, aber ein bißchen muss sie auch selber machen.

Für mich sorge ich abends immer ein wenig. Ich habe Pferde und Katzen, die auch versorgt sein wollen. Das Reiten ist dann meine Auszeit und hilft mir schon sehr, mal einen Moment umzuschalten.
Aber Frisör, ja wäre mal nicht schlecht.
Zur Zeit habe ich ja Urlaub, da sollte das mal machbar sein.

Viele Grüße
Carla
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  #25  
Alt 09.07.2011, 21:58
success success ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Carla,

nun habe ich mal endlich eine halbwegs ruhige Minute, auch Dir wieder etwas zu posten. Erstmal finde ich das mit dem Bild, was Du für Deinen Pa gemacht hast sehr schön. So etwas würde ich auch machen, leider gibt es aber fast keine Bilder. Ich habe ihm aber vor ein paar Tagen ein Schutzengelchen mitgebracht. Darüber hat er sich auch gefreut. Und diese kleinen Freuden sind nun eben auch sehr wichtig.

Das Deine Mutti so denkt und redet ist schlimm, aber sie ist sicher mit der Situation auch überfordert, sie hat ja am längste mit Deinem Pa zusammengelebt und ist plötzlich alleine. Wie meine Ma auch. Meine Ma bringt auch Sachen. Berichtet im Krankenhaus heute, wie schlecht es ihr die Nacht ging. Dass ihr Betreuer sie heute Morgen angerufen hat, um sie nach ihrem Befinden zu fragen. Und dass sie ihn jederzeit anrufen kann. Toll echt, so etwas will mein Pa auch hören. Sie glaubt immer er bekäme das eh alles nicht mit, aber so ist es nicht. Außerdem spricht sie mit ihm wie mit einem Baby. Also ich kenn so was. Ich bin auch lieber alleine mit meinem Pa. Aber unsere Mütter brauchen uns jetzt auch.

Geändert von success (11.07.2011 um 21:23 Uhr)
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  #26  
Alt 10.07.2011, 09:16
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Success,

vielen Dank für Deine Antwort.
Meinem Vati ging es gestern leider sehr schlecht. Er hat nur geschlaften, fast nichts mitbekommen und wohl gar nicht gemerkt, dass ich da war. jedenfalls wußte er das abends dann nicht mehr.
Das können aber Nebenwirkungen des Morphins sein, so hatte der Arzt uns gesagt.

Meine Mutter zieht sich immer weiter von meinem Vater zurück. Ist wahrscheinlich ihre Art, damit umzugehen und sich langsam von ihm zu lösen. Gestern abend sagte sie mir, dass es ausreicht, wenn sie Dienstag wieder zu ihm fahren kann. Ein Angebot, sie heute oder morgen hinzufahren, hat sie abgelehnt. Vielleicht erträgt sie das auch alles nicht mehr, jeden Tag zu sehen, wie er immer weniger wird und weiter abbaut.
Aber das muss sie mit sich selber abmachen.

Ich weiß jedenfalls, dass es richtig war, meinen Vati hier bei uns im Heim unterzubringen und nicht in der Stadt, wo meine Mutter wohnt.

Ich fahre auf jeden Fall täglich in das Heim, rede mit ihm, berühre ihn sanft oder gebe ihm einen Schluck zu trinken. Es gibt so viele Kleinigkeiten, die man tun kann.
Auch wenn er es in den nächsten Minuten wieder vergessen hat.

Ich glaube nach wie vor, dass es wichtig für uns beide ist, da zu sein und diese Nähe und Geborgenheit der Familie zu vermitteln - soweit das in dem Heim halt geht. Irgendwo im Unterbewußtsein merkt er das ganz bestimmt.

Nur reden kann ich oft nicht so. Ich würde ihm gerne so Vieles noch sagen, aber das geht nicht . Ich denke die Worte dann, kann sie aber nicht aussprechen; z.B., dass er gehen darf, wenn es eben nicht mehr geht und er immer in meinem Herzen weiterleben wird.
Wenn ich das ausspreche, ist es so endgültig und hört sich schon wie Abschied an. Ich möchte ihn doch so gerne noch bei uns behalten!!! Und sehe doch, dass er nicht mehr kann.
Und schon zerreißt es mir wieder das Herz. Versteht Ihr, wie ich das meine?

Carla
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  #27  
Alt 10.07.2011, 09:35
Alpenveilchen Alpenveilchen ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Liebe Carla,

ich denke nicht, dass Du Dich unter Stress setzen solltest, wenn es Dir schwer fällt, ihm zu sagen, dass er gehen darf. Es reicht doch völlig, wenn Du ihm all die anderen Dinge sagst, die Dir ein Bedürfnis sind und von denen Du meinst, dass er sie wissen sollte. Ich denke da an so etwas wie dass Du ihn lieb hast, dass Du ihm dankbar bist für alles (vielleicht Beispiele?) was er für Dich getan hat, dass Du gerne an bestimmte Situationen zurückdenkst usw.usf. Vielleicht gibt ihm das ebenfalls das Signal, dass er so viel Gutes getan hat, dass er beruhigt gehen kann.

Ich wünsche Dir und auch Success alle Kraft für diese Zeit.

Alles Liebe
vom Alpenveilchen
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  #28  
Alt 10.07.2011, 09:53
carla44 carla44 ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

Hallo Alpenveilchen,

ich habe einfach in den letzten Tagen so viel gelesen, dass mir tausend Sachen durch den Kopf gehen. Und ich manchmal nicht weiß, was richtig ist.
Obwohl es hier sicher ein richtig oder falsch gar nicht gibt, so lange die Worte von Herzen kommen.

Ich möchte nur nicht, dass er unnötig leiden muss, weil ich ihn nicht gehen lassen will und er deshalb nicht loslassen kann.
Mein Vati hat immer mehr Rücksicht auf andere genommen, will auch jetzt niemandem zur Last fallen. Deshalb will ich ihm da auch nicht ständig was vorheulen und er denkt dann, dass er daran "Schuld" ist. Verstehst Du, wie ich das meine? Er kann ja nichts dafür, dass er Krebs hat und so hilflos da liegt.
Auch wenn meine Mutter oft meinte, er müßte doch nur wollen...

Ich will ihn einfach nicht noch zusätzlich belasten, es geht ihm schon schlecht genug.
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  #29  
Alt 10.07.2011, 19:09
carla44 carla44 ist offline
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so, nun war ich gerade wieder im Heim. Mein Vati schläft fast nur noch, dann macht er mal kurz die Augen auf und starrt die Decke an. Selbst wenn ich mit ihm rede, kann er mich oft nicht mehr ansehen.

Ich weiß, dass das normal ist und er immer noch alles hört, was wir sagen. Aber es tut soooo weh, ihn da so hilflos und schwach liegen zu sehen.
Er wird jeden Tag weniger. Vorhin habe ich ihm ein paar Löffel von seiner Suppe gefüttert und ein paar Schluck Tee gegeben.

Es ist so schwer zu ertragen, dass er so langsam immer weiter von uns weggeht. Ich will nicht mehr die starke große Tochter sein, ich will nur noch weinen und weglaufen, dahin wo es soviel Leid einfach nicht gibt.

Ich bin so traurig, die Tränen laufen nur so und doch werde ich morgen wieder zu meinem Vati fahren und ihm ein Lächeln, ein paar liebe Worte, eine sanfte Berührung und ganz viel Liebe schenken.
Ich werde ihn auf seinem letzten Weg weiter begleiten, egal wie weh es auch tut.
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  #30  
Alt 10.07.2011, 20:44
Jaecky Jaecky ist offline
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Standard AW: Schlimme Gewissheit, die Zeit läuft uns davon

LIebe Carla!

Lass Dich erstmal in den Arm nehmen.

Ich finde es so klasse, was Du alles für deinen Papa tust, und wie stark Du dich ihm gegenüber gibst. Ich weiss nicht, ob ich so stark wäre. Mir kommen ja schon die Tränen, wenn ich Deinen letzten Beitrag lese.

Aber weine ruhig, dass hilft. Ich hab auch schon so viel geweint. Man würde am liebsten weg rennen, nicht wa? So dass einen die Sorgen nicht erreichen. Aber leider kommen die immer hinterher. Ich kann Dich so gut verstehen.

Tja und zu Deiner Mama? Ich weiss nicht, ich denke es ist ihre Art mit der Situation fertig zu werden. Vielleicht tut ihr es aber auch so weh wie dir, wenn sie ihn in dieser Verfassung sieht. Jeder geht halt damit anders um. Du bist für ihn da und das ist doch gut für ihn.

Ganz ganz liebe Grüße Jäcky
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