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  #226  
Alt 01.03.2006, 23:32
JJJ JJJ ist offline
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Für AndreaS :

Hallo Andrea - ich habe diesen Thread weiterhin mitverfolgt, mich aber nicht mehr geäussert. Um ehrlich zu sein, mir fehlt einfach die Kraft, obwohl es mir schon manchmal sehr nahe ging ( speziell die Äusserungen von Shalom, aber lassen wir das, ich habe keine Lust? dieses bla bla zu kommentieren ). Du hast heute geschrieben, ich hätte Dich verhöhnt.... das habe ich bestimmt nicht ! Ich respektiere Deine Trauer und wünsche Dir, sowie allen anderen hier, dass Du einen Weg findest, der Dich hoffen lässt. Akzeptiere einfach, dass wir auf diesem Weg unterschiedlicher Meinung sind. Ich wünsche Dir alles Gute und viel Kraft. Und lasst den Gerhard jetzt zufrieden.......................

Jürgen
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  #227  
Alt 02.03.2006, 06:20
Benutzerbild von Jutta
Jutta Jutta ist offline
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Ich möchte gerne abschließend noch gerne ein paar Worte dazu schreiben, was mich zu dem Beitrag veranlaßt hat.



Wenn Ihr die Anzahl der Klicks anschaut, dann seht Ihr, daß viele viele stille Mitleser den Thread von Gerhard verfolgten. Menschen in Trauer brauchen das Lesen um mit ihren eigenen Gefühlen und Gedanken während dieser schweren Zeit umzugehen, oder die Gewissheit, ich bin nicht alleine. Sie fühlen mit jeder Faser ihres Herzen den Schmerz, die Wut, den Zorn mit anderen Hinterbliebenen mit. Aus manchen Beiträgen holen sie sich die Kraft für den nächsten Tag, lesen wie andere mit ihrem Schmerz umgehen.



Oftmals hilft es ihnen, aber bei vielen unserer stillen Mitleser kam die eigene Trauer immer mehr ins Hintertreffen, da sie sich voll auf die Suizidgedanken von Gerhard konzentrierten. Damit, und mit seinen oftmals harten Worten kamen sie nicht mehr zurecht. Es erzeugte eine z.T. übergroße Angst um sein Leben bei ihnen. Daraufhin erhielt ich innerhalb ein paar Tagen eine extrem hohe Anzahl an PN’s oder Emails.

PN’s oder Emails, die ich zwischendurch erhalte, kann ich im „privaten“ Bereich beantworten und mich mit den Menschen austauschen. So wie sich viele von Euch auch persönlich austauschen, und was Gerhard oder andere Hinterbliebene schreiben, durch diesen Kontakt besser verstehen.



Viele unserer stillen Mitleser haben nicht die Kraft, den Mut, sie getrauen sich nicht ihre Gefühle öffentlich zu artikulieren, möchten oder können nicht öffentlich schreiben, Angst nicht verstanden zu werden usw. , deshalb wandten sie sich an mich.



Als Moderatorin ist es für mich wichtig, auch den Gefühlen unserer stillen Mitlesern gerecht zu werden, die sich hilfesuchend an mich wenden, und ihnen eine Stimme zu geben.



Deshalb bitte ich Euch, immer beide Seiten zu bedenken., wer schreibt, das lesen wir; aber was ein stiller Mitleser denkt und fühlt beim Lesen, das wissen wir nicht.

Und im Sog der Trauer kann man nicht einfach sagen, „dann lese doch nicht“. Das Leiden anderer Menschen ist im Schmerz wie ein Magnet (keine negative Bewertung), viele brauchen es wie ihr täglich Brot, für die Verarbeitung der eigenen Trauer.
__________________
Jutta
_________________________________________




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  #228  
Alt 02.03.2006, 08:49
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Hallo Jürgen,

ich sag es einfach mal mit Deinen Worten: Ich respektiere Deine Trauer, ich respektiere jedoch nicht Deine Art, meine Äußerungen als BLABLA zu darzustellen. Jeder mag sich sein Urteil über Deine/meine Beiträge machen. Damit ist der Punkt angesprochen und abgeschlossen, ok ?

Klar, es gibt sehr unterschiedliche Arten der Herangehensweise an Trauer, als ich meinen Weg beschrieben habe oder etwa auch damals Anny ihren eigenen. Es war ein Übeltäter (GOTT) gleich ausgemacht. Jeder mag das sehen, wie er will. Ich wollte ihm (Gerhard) ja nur eine Brücke bauen. Meine Erfahrungen hinterher: Lass doch Gott am besten aus dem Spiel, auch wenn Du es selber anders siehst.

Die persönliche Trauerwegbeschreibung (ich habe es Dir an anderer Stelle wie auch Gerhard sowohl öffentlich und in einer PN geschrieben) ist von mir klar und vielleicht auch verständlich dargelegt worden. Zeitweilig wurden Annys Beiträge (das Gottesthema) aufs Korn genommen, später gab es auf kritische Äußerungen von anderer weiblicher Seite (Stichworte: Das Spiel mit dem Tod, Autobahnraserei, Selbstmitleid) eine heftige Reaktion von Gerhard. Anschließend waren in eher beiläufigen Beiträgen von Gerhard plötzlich andere Forumsteilnehmer "Besserwisser" und "Sesself*". Gerhard ist daher mehrfach angedeutet worden (auch von der Moderatorin), Angriffe auf Forumsteilnehmer zu unterlassen.

Ich bin wirklich ein ruhiger Mensch, aber irgendwie hat mich diese verbale "Kraftprotzerei" öffentlich und auch anderen Forumsbesuchern gegenüber gestört. Reklamierte Gerhard mit SEINER TRAUER für sich eine Sonderrolle?

Daher wurde ich in meinem letzten Beitrag an Gerhard sarkastisch (MEINE Art der Reaktion auf wiederholte gewollte oder ungewollte Provokationen). Grenzverletzungen müssen an sich nicht sein (ganz besonders nicht in einem Trauerforum), für keinen der Trauernden, auch nicht in einem Sonder-Schutzstatus für irgend jemanden. Das hat nichts aber auch gar nichts mit dem persönlichen Schmerz und Verlust von Gerhards Frau und seiner großen Trauer zu tun.

Wenn Du, Jürgen, fair bist, anerkennst Du vielleicht, daß hier im Forum keiner niemandem in seiner Trauer zu nahe treten möchte, wohl aber zur Seite stehen.

Dabei ist das "Zur-Seite-Stehen" vielleicht manchmal eher lästig und unbequem, weil so ganz anderes, als man es momentan fühlt und sehen will. Aber man braucht es doch gar nicht übernehmen, man kann sich doch alles anschauen und dasjenige ausprobieren, was man für sich geeignet hält, so hat es Andrea in einem ihrer letzten Beiträge im Forum sinngemäß geschrieben. Dafür ist doch dieses tolle Forum auch da, denn Trauernde sind wir doch wohl alle.

Was sicher nicht so ganz einfach verständlich ist, daß man dann auf die Menschen, die auch Trauer haben (hatten) so gewaltig und abweisend zuspringt, wie es vorgekommen ist.

Wir haben als Trauernde eine ganz besondere Verletzlichkeit, warum müssen dann von diesen hoch verletzbaren Menschen (z.B. auch Gerhard) Verletzungen anderer Forumsteilnehmer vorgenommen werden, die ihm doch eigentlich nur zur Seite stehen wollen ?

Ich habe nun auch mal als Trauernder zurück reagiert, war plötzlich auch mal empfindsam, daher sarkastisch. Ist das so verwunderlich? Wie würdest Du (Jürgen) reagieren, wenn Du gewollt oder ungewollt provoziert wirst und eigene Erfahrungen mit der Trauer als BlaBla, Besserwisserei und Sessel*erei dargestellt werden? (Es waren nämlich nicht nur die behördlichen Sesself* gemeint, sondern auch die im Forum vorhandenen, bitte einfach mal nachlesen). Ich könnte ja Gerhards und auch Deine Bemerkungen durchaus auch auf mich beziehen, oder?!

Wenn beim Schreiben einfach auch mal gedankliche Positionswechsel vorgenommen würden, die abchecken, wie dasjenige, was man so öffentlich schreibt wohl beim Gegenüber auslösen wird, wäre schon viel geholfen. Das war mit dem ironischen Wortspiel: "Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich lese, was ich schreibe" gemeint.

Nichts für ungut Jürgen, falls ich Dir ganz persönlich in DEINER Trauer zu nahe getreten bin, so entschuldige ich mich dafür.

Ich mußte es in früheren Jahren und ganz besonders in den Jahren der Krankheit und des langsamen Sterbens meiner Frau lernen, mich zu hinterfragen, mich Herausforderungen zu stellen. Glaub mir, es waren gewaltige Aufgaben, die zu lösen waren. Aber ich mußte mich ihnen stellen und zwar in JEDER der immer mal wieder so genannten Trauerphasen.

Es war an sich eine einfache Überlegung: Gibst Du aus einer zeitlichen Distanz zum Tod deiner Frau deine persönlichen Erfahrungen im Forum weiter oder läßt Du es lieber. Die Reaktion der eher frisch Trauernden in diesem Forum läßt beide Möglichkeiten zu. Nachdenklich macht mich die Reaktion aber schon.

Irgendwie werden wir uns aber nicht dauerhaft von dem "Trauertier", wie es in einem anderen Thread bezeichnet wird, unterkriegen lassen.

Liebe Grüße
Shalom
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(Johann Wolfgang von Goethe)
"Wilhelm Meisters Wanderjahre", 3. Buch, 18. Kapitel

Geändert von shalom (02.03.2006 um 13:38 Uhr)
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  #229  
Alt 02.03.2006, 09:16
Tanja2005 Tanja2005 ist offline
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Beiträge: 32
Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Hallo!

Ist das nicht seltsam? Menschen, die ihre Trauer herausschreien und dabei manchmal über die Stränge schlagen, für die haben wir Verständnis, weil es ihnen wirklich schlecht geht und sie ein Anrecht auf ihre Gefühle und Meinungen haben.

Alle, die nun eine andere Form der Bewältigung haben und nun wiederum ihrem Gefühl Ausdruck geben, dass es auch andere Wege geben kann als Schreien und über die Stänge schlagen , die haben keine Ahnung und sind sowieso doof?

Wer in einem öffentlichen Forum agiert, der bekommt auch Reaktionen, die ihm oder ihr nicht gefallen und man kann von demjenigen /derjenigen, der ursprünglich seine Meinung geäußert hat, auch erwarten dass er/sie diese genauso respektiert und sorgsam mit dem Beitrag umgeht, wie er /sie erwartet, dass mit seinem/ihrem Beitrag umgegangen wird.

Ich habe im Übrigen bewusst die "politisch korrekte" Ansprache gewählt, weil es mir hier nicht nur um Gerhard geht, sondern auch um alle die, die meinen, Ihn verteidigen zu müssen.

Auch ich hätte meine Verärgerung in drastischeren Worten ausdrücken können, aber wozu? Werden meine Worte dann eher zur Kenntnis genommen?

Tanja
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  #230  
Alt 02.03.2006, 16:41
JJJ JJJ ist offline
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Beiträge: 7
Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Hallo Shalom,

ich möchte hier in diesem Forum keinen Roman schreiben und Deine Äußerungen im einzelnen auch nicht mehr kommentieren, aber sehe es doch einfach mal so :

** an der Theke würden wir wahrscheinlich kein Bier gemeinsam trinken, sondern uns eher den Rücken zuwenden **. Es ist nun einmal so im Leben, dass man mit gewissen Menschen nicht umgehen kann. Mir gefällt einfach Deine Art zu schreiben nicht ; sie hat etwas provozierendes , etwas im Sinne '' ich bin der Größte und alle hören jetzt mal zu '' an sich.

Lassen wir es doch einfach dabei ....

LG - Jürgen
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  #231  
Alt 02.03.2006, 23:28
christianP christianP ist offline
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Beiträge: 10
Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

MIR gefällt Shaloms Art, zu schreiben.
Ich finde ihn weder provozierend noch großspurig.
Ganz im Gegenteil. Ich finde, was er schreibt ist mutig, differenziert und persönlich.
Effekthascherei?... würde ich eher ein paar anderen Leuten unterstellen...

Prosit, Shalom
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  #232  
Alt 03.03.2006, 04:08
schmackmaar schmackmaar ist offline
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Huhu ihr alle,

ich bin seit ca. zwei Jahren eher 'stille' Mitleserin im KK (und selbst Krebs-Betroffene).
Da ich leider auch negative Erfahrungen hier im KK gemacht habe, wollte ich mich eigentlich nicht mehr äussern.
Heute juckt es mich aber auch mal wieder in den Fingern, öffentlich etwas zu schreiben.
Ich habe Kontakt zu Gerhard seit Mitte Januar per e-mail, er ist super nett im persönlichen Kontakt und einfach nur total verzweifelt.
Wenn er im Forum seine Gedanken aufschreibt, will er sicher niemandem etwas Böses... naja klar muss man ihn bremsen

.. .. weshalb ich aber jetzt schreibe hat nur einen Grund: merkt ihr eigentlich,
dass es schon lange nicht mehr um Gerhard geht (er hat sich ja seit Tagen nicht mehr dazu geäussert), sondern nur noch darum, wer recht hat oder nicht in der Trauerbewältigung, viele Statements pro und contra...

Ich als Betroffene empfinde es nur schlimm und hoffe sehr, dass meine Familie und meine Freunde sich anders verhalten, falls ich den Kampf gegen meinen Krebs verliere (das fehlt mir noch, dass die sich dann streiten )

Liebe Grüsse von
Dagmar
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  #233  
Alt 03.03.2006, 09:26
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Wir tauschen uns hier im Forum mit unseren Gefühlen und Erfahrungen der Trauer aus.

Einerseits fühle ich mich einigen Forumsteilnehmern nahe, weil ich Mitgefühl und Nachvollziehen spüre, andererseits fühle ich mich ziemlich alleine, denn die mühsame Trauerarbeit muß ich leider selbst bewältigen. Ich nehme mal an, daß das vielen ähnlich geht.

Damit mich das Gefühl der übermächtigen Trauer nicht auffrißt, habe ich viel nachdenken und um mich schauen müssen. Ich bin doch ziemlich froh, daß es dieses Forum mit seinen Anregungen gibt, die Haltung zu meiner eigenen Trauer immer wieder zu hinterfragen. Auch Erfahrungen von therapeutischen Experten (z.B. in der Literatur) waren willkommen. Warum sollte ich nicht alles daran setzen herauszufinden, einen geeigneten Weg zum Weiterleben zu finden ?

Ich wollte nicht nur total Gefühl (Trauerloch) sein, ich wollte auch aus dem Trauerloch raus.

Die Restkraft, die ich noch hatte, habe ich versucht, durch tägliche mühsame Kleinarbeit in einen täglichen Lichtblick zu verwandeln, eine klitzekleine Änderung meiner Sichtweise zur eigenen Trauer zu bekommen.

Nun kommen meine Verständnisschwierigkeiten:

Mitteilungen, wie man drin ist in der Trauer, sind willkommen, Mitteilungen, wie jemand meint auf dem Weg zu sein, aus der Trauer rauszukommen , sind eher unerwünscht, weil missionierend, weil nicht zuhörend, weil intolerant und viele andere Umschreibungen der sanften oder deutlichen Art.

Die Toleranz und Rücksichtnahme, die hier immer wieder jeder heftig für sich (und stellvertretend für andere) reklamiert wird, beinhaltet nach meinem Verständnis doch wohl auch anders Denkenden und anders Handelnden Toleranz zu gewähren. Oder gibt es eine besondere Toleranz der "LAUTEN" ?

Es werden "schwindende Kräfte" für sich reklamiert, daß man kaum noch zu diesem und jenem Stellung nehmen könne, die Kraft reicht aber dann doch immer noch aus, nochmals sehr LAUT zu sagen "was Sache ist" und sein "Urteil" als Fallbeil zu fällen. Dabei ist doch schon aus der Zoologie bekannt, dass, wer schreit, nicht zuhören kann (der sogenannte "Auerhahn-Effekt").

Die Störung der Kommunikation kann auch durch "Lautstärke" kommen. Konsequenz: So verzieht sich der eine oder andere in seiner verständlichen Empfindlichkeit, weil er an sich Zuwendung bräuchte, aber so nicht bekommen wird. Eigentlich wirklich schade.

Es geht einigen hier im Forum wirklich nicht gut, es sollte doch mit ein wenig Mühe möglich sein auch leisere Töne anzuschlagen. Versuchen wir es doch einfach mal, oder etwa nicht?

LG
Shalom
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Geändert von shalom (03.03.2006 um 09:44 Uhr)
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  #234  
Alt 03.03.2006, 13:14
Benutzerbild von AndreaS
AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Hallo Shalom, hallo @all

Zitat:
Mitteilungen, wie man drin ist in der Trauer, sind willkommen, Mitteilungen, wie jemand meint auf dem Weg zu sein, aus der Trauer rauszukommen , sind eher unerwünscht, weil missionierend, weil nicht zuhörend, weil intolerant und viele andere Umschreibungen der sanften oder deutlichen Art.
Ich habe das auch schon bemerkt, insbesondere an mir selbst, dass es vor allem in der Anfangszeit der Trauer nicht gut tut zu hören oder zu lesen, dass es irgendwann einmal eine bessere Zeit geben wird. Für mich war und ist auch heute noch der Spruch „die Zeit heilt alle Wunden“ einer der schlimmsten und am wenigsten tröstliche. Warum? Weil ich mir selbst nicht eingestehen wollte/will, dass dieser entsetzliche Schmerz irgendwann einmal weniger wird, weil dieser Schmerz im unmittelbaren Zusammenhang mit meinem geliebten Mann steht. Es ist – so sehe ich das zumindest – tatsächlich so, dass die Angst da ist, dass mit Verlust des Schmerzes das Vergessen beginnt. Beiträge derer, die davon erzählen, dass es ein Leben nach der tiefen, alles lähmenden Trauer gibt, „verurteilt“ das Unterbewusstsein evtl. sogar mit der Unterstellung: dann hast Du halt nicht so tief geliebt wie ich, für mich wird dieser Schmerz niemals mehr aufhören. Ich werde nie wieder lachen können, nie wieder glücklich sein.

Vielleicht durch den persönlichen Austausch mit Shalom, unseren Gesprächen hinter der Kulisse, sehe ich es inzwischen anders. Auch oder gerade, dass Shalom sich nun wieder – nach doch erheblichem zeitlichem Vorsprung zu uns – wieder aktiv im Hinterbliebenenforum aufhält, zeigt mir, dass die Trauer um den geliebten Menschen niemals aufhört. Er ist für mich der schreibende Beweis dafür. Welchen Grund hätte er, weiterhin hier zu lesen und zu schreiben, wenn er sich nicht nach wie vor als Trauernder sehen würde. Sein Leben hat mittlerweile eine neue, wieder lebensbejahende Richtung genommen, der Schmerz in ihm ist geblieben, seine Frau lebt weiter in ihm, in seinem Herzen. Ich glaube nicht, dass er missionieren möchte, ich glaube, dass er uns Hoffnung geben möchte. Uns sagen möchte – wie Gärtner es für mich sehr schön formuliert hat – die Zeit ist euer Freund. Ich bin mir auch sicher, dass er noch immer seinen eigenen Weg hinterfragt, gerade auch hier im Austausch mit uns. Und letztlich ist auch nach 5 Jahren seine Trauer noch nicht beendet, gibt die Plattform hier ihm erneut Gelegenheit von seinem eigenen Schmerz, seinem eigenen Verlust und von seiner eigenen Liebe zu seiner Frau zu erzählen.

Shalom macht mir Hoffnung – auch wenn ich persönlich zurzeit oder auf Dauer keinen Zugang zu Gott habe, dieser Weg für mich also nicht hilfreich ist – dass es mir wieder besser gehen darf, ohne meinen geliebten Mann jemals wieder zu vergessen, ohne jemals aufzuhören, ihn zu lieben.

Zitat:
an der Theke würden wir wahrscheinlich kein Bier gemeinsam trinken, sondern uns eher den Rücken zuwenden
Ich muss gestehen, dass es mir beim ersten oder zweiten Kneipenbesuch ebenso gegangen wäre. Das weiß Shalom auch. Dies wiederum fände ich heute bedauerlich, denn beim dritten oder vierten Bier kann man auch merken, dass man sich getäuscht hat

Es sind mir dieser Tage noch ein paar Zeilen in die Hand gefallen, die ich euch einfach einmal kommentarlos überlassen möchte.

Man sagte mir, alle Gefühle seien weiß oder schwarz oder dazwischen, also grau. Aber es kamen gelbe dazu, rote, violette, braune und sogar zweifarbige. Ich war ratlos, bis ich erfuhr, dass die meisten Menschen ihre farbigen Gefühle verdrängen, so dass nur schwarz, weiß und grau verbleiben kann. Ich spüre aber, dass man mit einer ganzen Farbpalette bunter malen kann, als nur mit einem Bleistift…

LG
Andrea
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Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
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  #235  
Alt 03.03.2006, 16:41
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teufelchen_26 teufelchen_26 ist offline
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Hallo Gerhard und alle anderen,

Bitte denkt doch mal darüber nach, daß dieser Tread Gehards geliebter Frau gewidmet ist und er uns seine Gefühle und auch Verzweifelung mitteilt. Wenn euch das nicht gefällt, was er sagt, dann macht doch einen "Gegentread" auf, wo ihr dann diskutieren könnt, aber lasst euch doch nicht hier aus.

Ich finde Gerhard hat nix böses geschrieben. Er hat ja noch nicht mal schlimme Wörter benutzt.. Also lasst den armen Mann doch endlich mal in Ruhe.

an Gehard: Meld dich mal wieder. Ich vermisse schon deine Beiträge. Lass dich nicht unterkriegen.

Liebe Grüße
das teufelchen
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Niemand den man wirklich liebt ist jemals tot
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  #236  
Alt 03.03.2006, 20:07
Misa Misa ist offline
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Hallo Andrea,

ich denke, du hast, wie man so schön sagt, den Nagel auf den Kopf getroffen. Auch ich habe hier für Gerhard "Partei" ergriffen. Weil er genau das zum Ausdruck bringt, was auch ich fühle. Ich kann mich oft in dem was er schreibt wiederfinden. Auch ich bin unheimlich aggressiv geworden, könnte schreinen wenn jemand lacht oder mir ein schönes Wochenende wünscht usw.. Er spricht mir aus der Seele. Das, was Shalom schreibt, fand ich furchtbar. Als ich deine Worte las, war mir dann auch klar, warum. Wenn ich ehrlich bin, will ich das gar nicht hören, dass es auch einmal wieder besser gehen könnte. Ich will nicht!!!!!!!! Du hast Recht, ich habe irgendwie Angst, wenn es mir besser geht, könnte ich ihn vielleicht vergessen. Ist wohl Blödsinn, aber im Moment bin ich noch nicht in der Lage, mich auf einen anderen Weg zu begeben. Ich kann mich nicht auf das, was Shalom schreibt nicht einlassen. Gerhards "laute" Art ist genau das, was mir persönlich im Moment hilft. Doch immerhin verstehe ich, durch deinen Beitrag, meine eigenen Reaktionen und Empfindungen etwas besser. Vielleicht geht es einigen anderen hier ja auch so. Mit dieser Sichtweise ist es vielleicht etwas leichter hier wieder einen gemeinsamen Weg zu finden.

Danke

misa
(Sandra)
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  #237  
Alt 04.03.2006, 01:43
barbarella barbarella ist offline
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Lieber Gerhard und liebe Schreiber/innen in diesem Thread,

von mir an dieser Stelle nur ein Beitrag von vielen. Ich habe in der letzten Zeit im 'realen Leben' einige Formen der Trauerbewältigung miterleben dürfen/müssen.
Der Vater meiner besten Freundin ist vor 10 Tagen gestorben, ihre Mutter redet seither pausenlos, ohne Punkt und Komma, da sie Stille und Einsamkeit einfach nicht aushalten kann.
Freunde und Angehörige eines weiteren Freundes, der vor ca. 4 Monaten an einem Glioblastom IV verstarb, bewältigen das 'scheinbar' leichter, da sie eine andere Art der Auseinandersetzung und Trauer haben.
Gerhards Art der Trauer ist eine mir sehr sympathische, da sie sehr ehrlich ist. Wie alle anderen Arten auch.

Und noch eine kurze, nicht wertende, Bemerkung: Vergesst nicht, dass dies hier trotz der Hilfestellung des Krebs-Kompass' in verzweifelten Situationen ein Internet-Forum ist, das seine ganz eigenen merkwürdigen Gesetzmäßigkeiten hat, mit allen Vor- und Nachteilen, die eine solche Art der virtuellen Kommunikation nun einmal mit sich bringt. Man kennt sich nur von Wortbeiträgen her und die von Gerhard sind (ich wiederhole mich) sehr ehrlich. Wieso dies ein Grund für mimosenhafte Zerfleischung und Angriffe sein muss, das wird mir immer schleierhaft bleiben.
Es wäre schön, wenn sich dieser Thread wieder auf seinen Ursprung besinnen könnte.

Lieben Gruß aus Köln, barbarella
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  #238  
Alt 04.03.2006, 02:33
klaus 1754 klaus 1754 ist offline
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Lächeln AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Hallo Ihr Lieben!Als Erstes wende ich mich an Shalom.Obwohl Du mir eine PN geschickt hast, wende ich mich öffentlich an Dich. Weißt Du,alles das was man heimlich tut ,sollte man auch öffentlich tun ,ohne sich dafür schämen zu müssen.(Aber das Sprichwort kennst Du bestimmt ,bei deiner Bildung).Nocheinmal,ich kann Gerhard verstehen,denn unser aller Körper besteht Wasser, einigen anderen Stoffen und Hormonen.Der Geist und die Seele sind eine andere Sache.Wenn in unserer aller Trauer die Hormone verrückt spielen,und man etwas mehr aufdreht als man wirklich will, dafür müssten wir doch alle Verständnis haben.Wem ist das noch nicht passiert`????? Ich schäme mich dafür, das ich schomal trotz meiner Trauer laut gelacht habe(z.B.bei der Fernsehsendung Schillerstrasse).Aber es war auch andersrum,wenn andere gelacht haben, liefen mir die Tränen übers Gesicht.Lasst uns doch mal ehrlich sprechen, und ich meine das so wie es hier steht ,Schwarz auf Weiß ,etwas so Schwerwiegendens zu verarbeiten heißt Verständniss zu haben für alle Formen von Trauerbewältigung, egal welcher Art.Ich hoffe diese Diskussion wird fortgesetzt,denn diese Sache so zu beenden wäre zu einfach.Ich habe Euch Lieb Mit lieben Grüßen klaus An Shalom Sei mir bitte nicht böse.
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  #239  
Alt 04.03.2006, 11:14
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Lieber Klaus,

danke für Deinen Beitrag, ich stehe zu jedem meiner Beiträge, ob es nun hier öffentlich geschieht oder als PN, was ja hier auch häufig als normaler Zweier-Kommunikationsweg genutzt wird.

Und: Warum sollte ich Dir böse sein ? Dazu besteht überhaupt kein Anlass.

Ein schönes Wochenende wünsche ich Dir.

Shalom
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  #240  
Alt 06.03.2006, 10:20
Benutzerbild von GEP
GEP GEP ist offline
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Meine geliebte Uschi, mein lieber Schatz und Engel,


ich habe gestern die Einkommensteuererklärung für das vergangene Jahr erstellt.
Das hat mir wieder einen gehörigen Stich versetzt, auf der ersten Seite unten steht

„bei Ehegatten von beiden zu unterschreiben“.



Viel nahm der Tod mir, weil er das Ende ist.
Viel gab der Tod Dir, weil er die Wende ist.
Deine ganze Kraft hast Du anderen gegeben,
als Du selbst Kraft brauchtest, hattest Du keine mehr.
Uschi, ein kurzes Leben war Dir nur bestimmt.
Erinnerung an Dich soll Lebensmut mir geben,
bis mir der Tod das eigene Leben nimmt.
Die Zeit mit Dir war die schönste.
Die Zeit ohne Dich ist die schwerste für mich.
Du lebst in mir weiter, als wärst Du nie von mir gegangen.
Der Abschied tat sehr weh und tut es immer noch,
doch die Hoffnung auf ein Wiedersehen bleibt.

Wieder ein paar Tage näher zu Dir

Meine Liebe zu Dir ist unendlich
Gerhard
__________________
Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. B.Brecht
Wir haben gekämpft und trotzdem verloren.

Die Zeit heilt nicht alle Wunden. Sie lehrt uns nur, mit dem Unbegreiflichen zu leben.
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